Titel: Ueber die fossilen Brennmaterialien und deren Hauptunterscheidungs-Merkmale; von Dr. H. Fleck, Professor der Chemie an der kgl. polytechnischen Schule in Dresden.
Autor: Hugo Fleck [GND]
Fundstelle: Band 180, Jahrgang 1866, Nr. CXXVI., S. 461
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CXXVI. Ueber die fossilen Brennmaterialien und deren Hauptunterscheidungs-Merkmale; von Dr. H. Fleck, Professor der Chemie an der kgl. polytechnischen Schule in Dresden. Mit einer Abbildung auf Tab. VIII. Fleck, über die fossilen Brennmaterialien und deren Hauptunterscheidungsmerkmale. Die Frage nach den Ursachen des Backens und Sinterns der Steinkohlen hat in neuerer Zeit eine wissenschaftliche Erklärung in dem II. Bande des bei R. Oldenbourg in München erschienenen Werkes „über die Steinkohlen Deutschlands und anderer Länder Europas (ihre Natur, Lagerungs-Verhältnisse, Verbreitung, Geschichte, Statistik und technische Verwendung)“ gefunden, deren ausführlichere Darlegung im Interesse aller Kohlen-Consumenten und Producenten seyn dürfte. Aus diesem Grunde versucht es der Verfasser des in dem obengenannten Werke angedeuteten Abschnittes „über den chemischen und physikalischen Charakter der Stein- und Schwarzkohlen“ seine Ansichten über die Ursachen des Backens und Sinterns in Folgendem mitzutheilen: Daß die physikalischen Eigenschaften der Kohlen mit dem Mengenverhältniß der in ihnen enthaltenen Elemente: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff in Einklang stehen, ist bereits von mehreren Chemikern, unter denen Richardson und Regnault voranstehen, zu beweisen versucht worden; doch scheiterten die Bemühungen dieser Autoren zuletzt an dem Mangel hinreichender analytischer Belege aus mehreren bekannten Kohlengebieten, und noch in seinem neuesten technischchemischen Werke spricht sich Knapp bei Erwähnung dieses Umstandes dahin aus, daß die Eigenschaften der Kohle zu backen und zu sintern mit deren chemischen Zusammensetzung nicht in Einklang zu bringen sey. Es muhte daher dem Verfasser Dieses bei Ausarbeitung einer Monographie über dieses Thema vor Allem daran gelegen seyn, sich zur Erlangung vielseitiger Anhaltepunkte aus allen deutschen Kohlendistricten Kohlenproben zur chemischen Untersuchung zu verschaffen, um auf Grund der erlangten Versuchswerthe Gesetzmäßigkeiten in der angedeuteten Richtung aufstellen zu können. Zu dem Zwecke wurden aus den sächsischen, schlesischen und westphälischen Kohlendistricten, aus den Saalbecken, dem Inde- und Wormrevier, aus dem Saarbrücker Kohlenbecken, aus den Badener, Oberbayerischen, Böhmischen und Ober-Pfälzer Kohlendistricten die Hauptrepräsentanten der dasigen Kohlensorten chemisch geprüft und die aus diesen Untersuchungen hervorgehenden Resultate mit den bereits vorliegenden und in vielen Abhandlungen zerstreut vertheilten anderer Analytiker zusammengestellt und nach diesen so erlangten Werthen eine wissenschaftliche Eintheilung der Kohlen in folgenden Gruppen: I. Backkohlen, II. Back- und Gaskohlen, III. Gas- und Sandkohlen, IV. Sinterkohlen und Anthracite versucht, deren endliche Bestätigung die chemische Prüfung als das hauptsächlichste, ich möchte sagen einzig zuverlässige Mittel zur Beurtheilung einer Kohlenqualität erkennen läßt. Was zunächst die hier angenommene Eintheilung der fossilen Brennstoffe in vier Hauptsorten anbelangt, so sind dabei die Namen derselben als allen Betheiligten gleich verständlich und den physikalischen Charakter hervorhebend, allen anderen mehr provinciellen Bezeichnungen, als da sind: Kalkkohlen, Schmiedekohle, Flammkohle, Kohkskohle u.s.w. vorgezogen worden, ohne jedoch damit einräumen zu wollen, daß da, wo die Namen Back-, Sinter- und Gaskohlen in einzelnen Districten Anwendung erfahren, die mit denselben belegten Kohlensorten denselben auch, im Vergleich zu deren physikalischem Charakter, vollständig verdienen; denn die isolirte Stellung, welche die meisten der Hauptkohlendistricte Deutschlands zu einander noch einnehmen, hat dem Praktiker die Möglichkeit eines vollgültigen Vergleiches der Kohlen verschiedener Becken noch im Ganzen zu wenig zu Theil werden lassen, als daß nicht z.B. Sinterkohlen da genannt werden, wo eigentlich der Name Gaskohle mehr am Platze wäre und in dem einen Becken gewisse Kohlensorten mit dem Namen Backkohlen belegt werden, die in einem anderen, wirkliche Backkohlen liefernden, Sinterkohlen heißen müßten. Die uns zur Beantwortung der angeregten Frage zunächst liegende Untersuchung erstreckt sich auf die Beurtheilung und Erklärung des Kohlenbildungsprocesses vom chemischen Standpunkte. Die fossilen Brennstoffe (Torf, Braunkohlen, Molassenkohlen, Schwarzkohlen, Steinkohlen) sind Vermoderungsproducte von Vegetabilien, deren vorwaltend bei Luftabschluß und unter Wasser verlaufender, durch den Einfluß mittlerer Temperaturen unterstützter Zersetzungsproceß auf einer in und aus der organischen Pflanzensubstanz stattfindenden Entwickelung von Kohlensäure und Sumpfgas (Grubengas) beruht, welche, als Zersetzungsproducte austretend, zum Theil von dem über den vermodernden Pflanzen stehenden oder denselben adhärirenden Wasser absorbirt werden (Kohlensäure), zum Theil aus der Flüssigkeit oder dem feuchten Fossil in gewisser Gleichmäßigkeit entweichen (Sumpfgas, Grubengas) und sich der Atmosphäre beimischend mit derselben explosive Gasgemische (schlagende Wetter) bilden können. Die Quantitäten beider sich entwickelnder Gase sind einander äquivalent und ihre in gleichen Zeiträumen auftretenden Volumina von dem Verlaufe des Vermoderungsprocesses und den ihn befördernden Bedingungen, Temperatur und Feuchtigkeit, abhängig. Der Vermoderungsrückstand, der fossile Brennstoff, besitzt eine den organischen Bestandtheilen des vermodernden Pflanzenstoffes der Art und Menge nach entsprechende Zusammensetzung. Die dem Fossil beigemengte Mineralsubstanz (Aschebestandtheile) ist von den localen Verhältnissen, unter denen sich die vermodernde Pflanze befindet, ihrer Art und Menge nach abhängig und steht zu dem Aschengehalte der ursprünglichen Pflanze und dem im Wasser unlöslichen Bestandtheil des letzteren nur dann in bestimmtem Verhältniß, wenn eine Infiltration durch kohlensäurehaltiges Wasser gelöster Stoffe, wie die des Bitterspaths in den Spaltungsräumen der Kohle von Grube Itzenplitz in Saarbrücken, oder mechanisch vertheilter Schlammmassen nicht stattgefunden hat. Diese Thatsachen sind in dem obenerwähnten Werke über die Steinkohlen Deutschlands (Bd. II. S. 215–236) ausführlicher entwickelt worden und bilden die Grundlage, auf welcher fortbauend es möglich ist, aus der Zusammensetzung eines Fossils auf dessen Verwerthbarkeit in der Praxis bestimmte Schlüsse zu ziehen. Aus der chemischen Untersuchung verschiedener Holzsorten ergibt sich nämlich, daß die Menge des in denselben enthaltenen Wasserstoffs größer ist, als zu dessen Vereinigung mit dem in der organischen Pflanzensubstanz vorhandenen Sauerstoff und Stickstoff nothwendig erscheint, sofern man letztere beiden Körper in der Pflanze mit Wasserstoff zu Wasser und Ammoniak verbunden annehmen will oder bei der Zersetzung ersterer eine Bildung von Wasser und Ammoniak adoptirt, hervorgegangen aus der Wechselwirkung dieser drei Grundstoffe. Hiernach kann man, ohne deßhalb dem wirklichen Sachverhalt vorzugreifen, den Wasserstoff in der organischen Pflanzensubstanz als zum Theil gebunden (d.h. durch den vorhandenen Sauerstoff und Stickstoff beanspruchbar) und zum Theil disponibel (d.h. zur Bildung von Kohlenwasserstoffverbindungen verwendbar) betrachten, so daß also z.B. in der organischenSubstanz von: Kohlenstoff disponiblerWasserstoff nichtdisponiblerWasserstoff SauerstoffundStickstoff Procent. Procent. Procent. Procent. Stroh 46,86 0,36 5,87 46,99 Wiesenheu 50,27 0,88 5,43 43,42 Weißbuchenholz 48,50 0,51 5,66 45,33 Eichenholz 49,95 0,57 5,49 43,99 Birkenholz 49,38 0,71 5,54 44,37 Kiefernholz, altes 50,19 0,67 5,46 43,68           „       junges 50,89 0,95 5,35 42,81 enthalten sind, oder auf 1000 Pfund Kohlenstoff in der organischen Pflanzenmasse sind vorhanden: in disponiblerWasserstoff. gebundenerWasserstoff. Stroh   5,55 Pfund 125,26 Pfund Wiesenheu 17,70    „ 107,80    „ Weißbuchenholz 10,40    „ 117,65    „ Eichenholz 11,42    „ 110,00    „ Birkenholz 15,13    „ 108,80    „ Kiefernholz, altes 13,35    „ 108,80    „           „       junges 18,70    „ 105,30    „ Letztere Berechnung ist aus folgender Formel abgeleitet: Wenn C den Procentgehalt an Kohlenstoff in der aschenfreien Substanz, W disponiblem Wasserstoff  in der W gebundenem Wasserstoff in der S Sauerstoff und Stickstoff  in der einer Pflanze oder eines Fossils ausdrückt, so ist: C Proc. Kohlenstoff, (W + W₁) Proc. Wasserstoff, S Proc. Sauerstoff = 100. Der gebundene Wasserstoff W₁ berechnet sich aus der Annahme, daß 8 Proc. Sauerstoff 1 Proc. Wasserstoff binden, mithin ist W₁ = 5/8, und dieser Werth, von der Gesammtzahl des Wasserstoffgehaltes abgezogen, liefert als Differenz den disponiblen Wasserstoff = W. Um nun zu berechnen, wie viel disponibler und gebundener Wasserstoff auf 100 Pfund Kohlenstoff in der organischen Pflanzenmasse enthalten sind, bedient man sich der obigen Formel und erhält in den Gleichungen: C : W  = 1000 : x: x = W  . 1000/C = disponiblem Wasserstoff. C : W = 1000 : y: y = W₁ . 1000/C = gebundenem Wasserstoff. In den fossilen Brennstoffen begegnen wir einer mit dem fortschreitenden Vermoderungsproceß stetig wachsenden Zunahme an disponiblem und Abnahme an gebundenem Wasserstoff, deren Mengenverhältnisse jedoch selbstverständlich abhängig seyn müssen von der ursprünglichen Zusammensetzung der vermodernden Pflanze, so daß z.B. durch Vermoderung des Kiefernholzes sich eine Steinkohle bilden kann, welche 94,5 Proc. Kohlenstoff, 4,85 Proc. Wasserstoff, 0,65 Proc. Sauerstoff enthält und in ihrer Zusammensetzung der Steinkohle vom Flötz Gyr in Centrumgrube (Revier Etschweiler) sehr nahe steht, während bei der Vermoderung des Weißbuchenholzes, den Austritt gleicher Mengen Sumpfgas und Kohlensäure vorausgesetzt, sich eine Steinkohle erzeugt, bestehend aus 82,5 Proc. Kohlenstoff, 4,2 Proc. Wasserstoff, 13,3 Proc. Sauerstoff, welche in ihrer Zusammensetzung der Steinkohle des II. Flötzes vom Bürgerschacht bei Zwickau fast völlig gleich kommt. Diese Vermoderungsproducte erzeugen sich aber unter allmählichem Austritt obiger Gase, langsam und in der Weise, daß sich immer zunächst Braunkohlen oder Torf, ihrer Abstammung und Structur nach verschiedener Pflanzenreste, bilden, deren weitergreifender Zersetzungsproceß die Entstehung kohlenstoffreicherer und sauerstoffärmerer Fossilien, wie Molassenkohle, Wälderkohle es sind, bedingt und mit dem Uebergang in eigentliche Steinkohle endigt. – Wirken nun auf derartige Vermoderungsreste Plutonische Einflüsse gleichzeitig ein, so entstehen aus ersteren Verkohlungsproducte, welche in zweifacher Form auftreten und einerseits anthracitische Kohlen bilden, andererseits zur Erzeugung bituminöser Schiefer Veranlassung geben können. Im Verlaufe der chemischen Untersuchung der Steinkohlen Deutschlands waren zwei Sorten Steinkohlen aus Berghaupten in Baden unter der Bezeichnung: Kohlen bester und geringer Qualität eingeliefert worden, von denen die erstere eine grauschwarze, schieferige, leicht zerbrechliche Masse bildet, welche aus 80,92 Proc. Kohlenstoff, 3,65 Proc. Wasserstoff, 7,37 Proc. Sauerstoff, 8,06 Proc. Asche bestand und auf 1000 Pfund Kohlenstoff 33,78 Pfund disponiblen Wasserstoff 11,39    „ gebundenen enthielt, während die zweite geringere Qualität 10,02 Proc. Kohlenstoff, 1,16 Proc. Wasserstoff, 4,08 Proc. Sauerstoff, 84,75 Proc. Asche enthielt und auf 1000 Pfund Kohlenstoff 68,03 Pfund disponiblen Wasserstoff 43,86    „ gebundenen besaß, von graphitähnlichem Fettglanze, sehr weich und leicht zerreiblich erschien und als ein bituminöser Talkstein zu betrachten ist, welcher in den oberen Schichten der Berghauptener Kohlenlager in größeren Quantitäten auftritt und eine Veränderung der ursprünglichen, jedenfalls der Mulenkohle von Stockheim sehr ähnlichen, backenden Kohle durch plutonische Einflüsse voraussetzt, in Folge deren die Backkohle zur anthracitischen Sinterkohle umgewandelt und durch Verdichtung entweichender Theerdämpfe in den überlagernden Talksteinschichten ein bituminöser Schiefer gebildet wurde. Demnach sind die Anthracite und bituminösen Schiefer (Bogheadkohle), sowie jedenfalls ein großer Theil der Sinterkohlen des Inde- und Wormreviers, die Anthracite von Südwales und Pennsylvanien als secundäre Umwandelungsproducte in der Fossilienbildung zu betrachten und von den eigentlichen Vermoderungsfossilien zu unterscheiden; gleichzeitig aber gibt uns das im Vorhergehenden entworfene kurze Bild über den Uebergang der Pflanzen in den fossilen Zustand genügend Zeugniß für die Mannichfaltigkeit der Braun- und Steinkohlen in ihrer Zusammensetzung und die durch letztere bedingten physikalischen Verschiedenheiten derselben. Eine Reihe zahlreicher Erörterungen über das Verhalten der Fossilien unter dem Einfluß höherer Temperaturen, nach welchem sich namentlich deren Eintheilung in Back- und Sinterkohlen bestimmt, ließ in der Berechnung des disponiblen und gebundenen Wasserstoffs auf 1000 Gewichtstheile vorhandenen Kohlenstoffs ein Mittel erkennen, den physikalischen Charakter und zumal das angedeutete Verhalten der Kohlen, höherer Temperatur gegenüber, als von der chemischen Zusammensetzung abhängig zu betrachten und zu beurtheilen. Die Eigenschaften der Kohlen zu backen und dichte, geflossene Kohks zu liefern, sind dadurch bedingt, daß auf 1000 Pfund Kohlenstoff nicht weniger als 40 Pfund disponibler Wasserstoff enthalten sind; wir dürfen demnach alle Kohlen, welche eine diesem Verhältniß entsprechende Zusammensetzung besitzen, als Back- oder Kohkskohlen im engeren Sinne betrachten, während alle Kohlen von geringerem Gehalte an disponiblem Wasserstoff den Sinterkohlen, den Sand- und Gaskohlen angehören. Da mit dem gebundenen, d.h. nicht disponiblen Wasserstoff auch der Sauerstoffgehalt ein größerer ist, so steht zu erwarten, daß sobald solche bei 100° C. getrocknete, sauerstoffreiche Kohlen schnell einer Zersetzungstemperatur, welche der des Wassers nahe liegt, ausgesetzt werden, sich die chemisch gebundenen Gase, Wasserstoff und Sauerstoff in Form von gasförmigen Kohlenwasserstoff- und Kohlensauerstoffverbindungen entwickeln werden. Die Quantität der aus den Stein- und Braunkohlen zu erzielenden Gase wird daher, einen gleichen Aschengehalt und gleich hohe Zersetzungstemperaturen vorausgesetzt, dem nicht disponiblen, also gebundenen Wasserstoff proportional wachsen. Als Gaskohle im weitesten Sinne kann daher jede Kohle, welche mindestens 20 Pfund gebundenen Wasserstoff auf 1000 Pfund Kohlenstoff enthält, angesehen werden; der Werth einer solchen Gaskohle ist aber gleichzeitig abhängig von ihrem Gehalte an disponiblem Wasserstoff, durch dessen Anwesenheit die Leuchtkraft des Gases in Folge gelöster Kohlenwasserstoffdämpfe erhöht werden muß. Kohlen, welche einen Gehalt von wenigstens 20 Pfund gebundenem und 40 Pfund disponiblem Wasserstoff besitzen, sind daher als die besten Kohlensorten mit dem Namen Back- und Gaskohlen belegt worden. Gaskohlen ohne hervorragend backende Eigenschaften, d.h. mit weniger als 40 Pfund disponiblem Wasserstoff, liefern bei ihrer Verkohkung auch schwer backende, leicht zertrümmerte, sandige Kohks und führen daher den Namen Sandkohlen, unter denen die Braunkohlen als Hauptrepräsentanten auftreten. Tritt endlich der Gehalt an disponiblem Wasserstoff unter 40 und der an gebundenem unter 20 Pfund zurück, dann verändern die in dieser Weise zusammengesetzten Kohlen bei der Verkohkung ihr Volumen nur wenig, sie sinken im Kohksofen schwach zusammen, und geben bei wenig Gasausbeute auch lockere, gesinterte Kohks; sie heißen Sinterkohlen. Die Anthracite stehen in Folge ihres geringsten Gasgehaltes überhaupt außer aller Beziehung zu dem Verkohkungs- oder Vergasungsprocesse und sind den Kohks selbst gleich zu rechnen. Von den bis jetzt bekannten bilden die Anthracite von Südwales den Uebergang zu den, ersteren am nächsten stehenden Sinterkohlen. Diese Betrachtungsweise läßt uns in dem Wasserstoffgehalt der Fossilien und dessen Verhältniß dem Kohlenstoffgehalt gegenüber einen Maaßstab zur Beurtheilung ihrer physikalischen Eigenschaften nach ihrer chemischen Zusammensetzung erkennen und gestattet nun die Eintheilung der Kohlen in folgende vier Hauptsorten: Auf 1000 Pfund Kohlenstoff: I. über 40 Pfund disponibler, unter 20 Pfund gebundener    Wasserstoff: Backkohlen. II. über 40 Pfund disponibler, über 20 Pfund gebundener    Wasserstoff: Back- und Gaskohlen. III. unter 40 Pfund disponibler, über 20 Pfund gebundener    Wasserstoff: Gas- und Sandkohlen. IV. unter 40 Pfund disponibler, unter 20 Pfund gebundener    Wasserstoff: Sinterkohlen; Anthracite. Um für diese Ausdrucksweise ein klares Bild zu erlangen, wurde in dem II. Bande des erwähnten Werkes über die Steinkohlen Deutschlands versucht, eine graphische Karte der chemischen Zusammensetzung der Brennmaterialien zu entwerfen, auf welcher durch verticale Linien der disponible, durch horizontale Linien der gebundene Wasserstoff ausgedrückt und mittelst eines auf die Karte errichteten Achsenkreuzes auf der Zahl 40 des disponiblen und 20 des gebundenen Wasserstoffs die Eintheilung der Brennmaterialien in die vier Hauptgruppen verdeutlicht werden sollte. Die Bedeutung einer solchen graphischen Karte für die Praxis ergibt sich, indem wir es versuchen, die bis jetzt untersuchten Steinkohlen Westphalens mit Hülfe derselben zu beurtheilen. Auf Seite 282 jenes Werkes sind die Steinkohlen Westphalens ihrer Zusammensetzung nach verzeichnet und es berechnet sich aus letzterer in denselben der disponible und gebundene Wasserstoff zu folgenden Werthen: Textabbildung Bd. 180, S. 468 Steinkohlen; disponibler; gebundener; Wasserstoff; 1) Zeche Sülzer und Neuack. Flötz Nötgersbank; 2) „ Victoria Matthias. „ Anna; 3) „ Kunstwerk. „ Sonnenschein; 4) „ Hundsrücken. „ Hitzberg; 5) „ Vereinigt Portinssiegen. Flötz Hagenscheidt; 6) „ Eggelsberg. Flötz Stenmannsbank; 7) „ Friedrich Wilhelm. Flötz Siebenhandbank; 8) „ und Flötz Präsident; 9) „ Franzisca Tiefbau. Hangendes Flötz; 10) „ Louise Tiefbau. Flötz; 11) „ Dorstfeld. „ Nr. 7; 12) Flötz Friedrich (oberer Th.); 13) Zeche Vereinigt Hamburg. Flötz I; 14) Eßkohle. Flötz Caspar Friedrich; 15) Eßkohle. Zeche Margarethe; 16) Zeche Verein. Westphalia. Flötz; 17) „ Krone; 18) „ Zollverein; 19) „ Johannes Erbstolle; 20) „ Pluto; 21) „ Schafberg. Flötz Alexander; 22) „ Glücksburg. „ Flottwell; 23) „ Franz; 24) „ Launa bei Minden; im Mittel: Tragen wir diese Werthe als Ordinaten eines rechtwinkligen Koordinatensystems in der Weise auf, daß die verticalen Linien den disponiblen, die horizontalen Linien den gebundenen Wasserstoff einer Kohlenqualität bezeichnen, so schneiden sich diese rechtwinklig auf einander errichteten Linien in einem Punkte, dessen Lage zu dem Achsenkreuze den physikalischen Charakter des Fossiles repräsentirt. Wir finden in der beigegebenen Tafel, Fig. 26 auf Tab. VIII, daß die in dieser Weise aufgetragenen Punkte fast sämmtlich denjenigen Quadraten des Achsenkreuzes angehören, welche die unter dem Namen Backkohlen bezeichneten Kohlensorten einschließen, die ihrer Lage nach mit der Abnahme des disponiblen Wasserstoffs an backenden Eigenschaften verlieren und folgende Reihenfolge einnehmen: Nr. 20. Zeche Pluto, 2. Victoria Matthias, Flötz Anna, 7. Friedrich Wilhelm Siebenhandbank, 16. Ver. Westphalia, B. 6. Engelsberg, Stenmannsbank, 3. Kunstwerk, Sonnenschein, 1. Sülzer Neuack, Nötgersbank, 10. Louise Tiefbau, 8. 12. Ver. Dorstfeld, Friedrich, 15. Margarethe, Hauptflötz, 21. Schafberg, Alexander, 18. Zollverein, 24. Launa bei Minden, 13. Ver. Hamburg, Nr. 1. 19. Johannes Erbstolle, 11. Dorstfeld, Flötz Nr. 7. 9. Franzisca Tiefbau, Hangendes Flötz. 8. Präsident, Flötz Präsident, 23. Glücksburg, Flötz Franz, 14. Flötz Caspar Friedrich bei Kirchhörde, 5. Zeche Vereinigt Portinssiegen, Flötz Hagenscheidt, 22. Glücksburg, Flötz Flottwell, 17. Krone. 4. Hundsrücken, Flötz Hitzberg. Da nun die backenden Eigenschaften in dem Grade abnehmen, als der disponible Wasserstoff nach der Linie 40 zurücktritt, sich also die Kohlen in ihrer Lage der Grenze der Back- und Sinterkohlen nähern, so beginnt hier die Reihe der mageren Kohlen mit der Kohle Nr. 11 Zeche Dorstfeld, Flötz 7 und die Kohle Nr. 4, von Zeche Hundsrücken, Flötz Hitzberg erscheint als die magerste, in ihrer Lage den Sinterkohlen angehörende. Die in dieser Reihenfolge verzeichneten mageren Kohlen gehören aber gleichzeitig den tieferen Flötzen an, von denen diejenigen von Zeche Glücksburg, Krone und Hundsrücken bereits zu den Sinterkohlen gehören. Als Back- und Gaskohlen, d.h. sauerstoffreiche Backkohlen, sind bis jetzt nur die von Zeche Louise Tiefbau, Flötz 8 befunden worden, denen die von Zeche Vereinigt Dorstfeld, Flötz Friedrich am nächsten stehen. Gas- und Sandkohlen in dem Sinne der diese Bezeichnung einschließenden chemischen Zusammensetzung, wie solche das Saarbecken in vorwaltendem Grade enthält, besitzt, wie es scheint, Westphalen nicht, sowie auch die Anzahl der Sinterkohlen, für welche das Inde- und Wormrevier als Hauptvertreter zu betrachten ist, eine nur geringe und nur in den tiefsten Flötzlagern vorkommende zu bezeichnen ist. Das Vorkommen von gut backenden Kohlen in dem Westphälischen Kohlendistricte läßt letzteren aber auch als denjenigen erscheinen, in welchem der Kohksofenbetrieb sich wesentlich günstig gestalten muß. Obgleich sich die Backkohlen im Allgemeinen durch größere Festigkeit als die Gas- und Sinterkohlen auszeichnen, und demnach das bei ihrer Förderung gewonnene Kohlenklein, wie es hauptsächlich die Anlage von Aufbereitungs- und Verkohkungsanstalten beansprucht, der Qualität nach gering zu nennen ist, so bietet doch gerade die Leichtigkeit, mit welcher an dieser Kohlensorte der Verkohkungsproceß verläuft und die durch diesen Umstand bedingte Vereinfachung der Kohksofeneinrichtungen eine Reihe von Vortheilen, die bei den meisten übrigen Kohlen Deutschlands in deren Verwendung zum Verkohkungsproceß nicht auftreten können. Der Verf. Dieses behält sich vor, in einer späteren Abhandlung über die Bedingungen, welche sich an die Errichtung bestimmter Kohksofeneinrichtungen bei Beurtheilung der Kohlenqualitäten knüpfen, ausführlicher zu berichten, und glaubt hier im Allgemeinen nur folgende Sätze als aus dem Vorhergehenden sich ergebende Consequenzen aufstellen zu dürfen. Durch den hohen Gehalt an disponiblem Wasserstoff und die mit demselben zunehmende Eigenschaft, unter Einwirkung hoher Temperaturen im Verkohkungsproceß aufgetrieben zu werden und dadurch einen porösen Verkohkungsrückstand zu liefern, ist es erforderlich, daß Backkohlen in dicken, durch ihr eigenes Gewicht drückenden Lagen zur Verkohkung gelangen. Es ergibt sich hieraus die Nothwendigkeit der Anlage von Kohksöfen von mehr hoher als flacher Form und verhältnißmäßig geringer Sohlenfläche bei entsprechender Gewölbhöhe. Die während des Verkohkungsprocesses auftretenden Gase und Dämpfe werden bei Backkohlen reicher an Kohlenwasserstoffverbindungen seyn und daher bei ihrer Verbrennung höhere Wärmeeffecte bedingen, als die bei der Verkohkung von Gas- und Sandkohlen auftretenden sauerstoffreicheren Verkohkungsgase. Hieraus folgt, daß unter Erzielung dichter Kohksmassen gleiche Volumina aus mit Backkohlen gefüllten Kohksöfen entweichender Dämpfe einer vielseitigeren Ausnutzung fähig sind, als aus Gas- und Sandkohlen entweichender Dämpfe und Gase. Wie schon erwähnt, ist es unter den deutschen Kohlenbecken vorzüglich das westphälische, welches sich durch einen großen Reichthum an Kohlen mit vorwaltend backenden Eigenschaften auszeichnet; ihm am nächsten scheint das böhmische und schlesische Kohlenrevier zu stehen, in welchen beiden Districten bis jetzt die Pilsener Kohlenlager in Böhmen und die Kohlen der Segengottesgrube, die Graf Hochberggrube und Fuchsgrube in Niederschlesien als die backendsten zu betrachten sind. Hieran reihen sich die Kohlen von Mährisch Rassitz und die Schaumburger Wälderkohle, welche letztere, ihren etwas hohen Aschengehalt abgerechnet, zu den besten Backkohlen zu rechnen sind, indem in ihnen der Gehalt an disponiblem und gebundenem Wasserstoff so hoch erscheint, daß sie sich bereits in ihrer Lage auf der graphischen Karte an der Grenze der Backkohlen und Back- und Gaskohlen befinden. (Steinkohlen Deutschlands, Bd. II.) Die Aufgabe nun folgender Untersuchungen auf dem hier angebahnten Gebiete wird darin bestehen, den physikalischen Charakter der übrigen deutschen Kohlenlager nach dem hier besprochenen Maaßstabe, wie es über das Westphälische Becken bereits geschehen, specieller in das Auge zu fassen, um hierdurch dem größeren Publicum Gelegenheit zu geben, sich ebenso, wie es über die Industrie- oder Bodenerzeugnisse einzelner Districte Deutschlands schon längst möglich geworden, auch über die Qualität der wichtigsten Brennmaterialien, der Steinkohlen, ein klares Bild zu verschaffen.