Titel: | Ueber die Entwässerung des Gypses; von Zeidler. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. CXXVII., S. 471 |
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CXXVII.
Ueber die Entwässerung des Gypses; von Zeidler.
Aus dem Laboratorium für technische Chemie in
Braunschweig.
Zeidler, über die Entwässerung des Gypses.
Bei den Praktikern, Gypsformatoren, Stuccaturarbeitern u.s.w. gilt es als ausgemacht,
daß der einmal zum Gießen gebrauchte Gyps „seine
Kraft verloren habe,“ zur weiteren Verwendung nicht mehr
tauglich sey. In der Porzellanmanufactur zu Nymphenburg, wo zu dem Betrag der im
laufenden Geschäft sich sammelnden abgenutzten Gypsformen, der Drehspäne und
sonstigem Abfallgyps noch Hunderte von Centnern zum Theil sehr werthvoller Formen aus dem
Inventar hinzukamen, welche aus Mangel an Sachkenntniß und Aufsicht über die Halde
gestürzt worden waren, – war die Frage sehr nahe gelegt, jene Vorräthe von
altem Gyps wieder in der Gypsformerei verwenden zu können. Es war dieß um so mehr
der Fall, als selbst die Landwirthe der Umgebung dem gebrauchten Gyps keine Kraft
mehr zutrauten und kaum mehr als den Fuhrlohn dafür bezahlen wollten. So fest die
Ueberzeugung bei dem Personal der Porzellanmanufactur von der Unbrauchbarkeit des
Gypses aus alten Formen stand, so wenig ließ sich diese Abneigung auf Erfahrung
zurückführen. Man beschloß daher, die Sache einer näheren Prüfung zu
unterwerfen.
Nachdem durch einen vorläufigen Versuch im Kleinen überhaupt festgestellt war, daß
der Gyps von alten Formen bei höherer Temperatur Wasser abgibt und nachher unter
Erhärten wieder aufnimmt, ließ man mehrere Centner alte Gypsformen gerade so
vorbereiten, wie den frischen Gyps, d.h. pochen, mahlen und feinsieben zu Mehl. Von
diesem Mehl wurde eine Beschickung von gleichem Gewicht wie der frische Gyps in
denselben Brennofen wie dieser eingesetzt und demselben geübten Arbeiter zu gleicher
Behandlung übergeben. Der Arbeiter meldete nach einiger Zeit, daß der Gyps aus alten
Formen sich nicht brenne. Die Erscheinung des „Aufkochens“
(d.h. einer so starken Entwicklung von Wasser, daß das Gypsmehl auf der Ofensohle zu
schweben scheint und die Bewegung einer kochenden Flüssigkeit unter Kraterbildung
annimmt), welche die Arbeiter mit der Entwässerung des Gypses identificiren, war
nämlich ausgeblieben. Sie ließ sich in der That nicht herbeiführen, weder durch Zeit
noch verstärktes Feuer. Nichtsdestoweniger zeigte der Beschlag von kühlen
Glasplatten etc., die man über die Oberfläche des Gypses hielt, fortwährend
reichliche Entwickelung von Wasserdampf. Immerhin bedurfte es beträchtlich mehr
Feuer und Zeit, um das Wasser soweit aus dem einmal gebrauchten Gyps auszutreiben,
daß die Probeplatten nicht mehr beschlugen. Der Gyps erhärtete dann mit Wasser und
ließ sich gießen wie frischer Gyps; der einzige Unterschied, der sich ergab, war die
geringere Reinheit des Gypses aus alten Formen, weil sich den Gypsbrocken und
Formstücken auf der in Wind und Wetter lagernden Halde im Laufe der Zeit viel Staub
und Schmutz beigemischt hatte.
Nach dieser später wiederholt gemachten praktischen Erfahrung schien es nicht
unwahrscheinlich, daß der durch Gießen erhärtete Gyps nicht identisch mit dem frisch
aus den Brüchen gewonnenen sey, und der Mühe einer eingehenden Untersuchung werth,
der sich Hr. Zeidler in dem Laboratorium der hiesigen
technischen Lehranstalt unterzogen hat.
Vor allen Dingen schien es geboten, den Temperaturgrad festzustellen, unter dem
natürlicher Gyps sein Wasser abgibt, welcher Temperaturgrad bekanntlich sehr
verschieden, oder vielmehr in sehr unbestimmten Grenzen angegeben wird. Wir lassen
zunächst die Beobachtungen selbst folgen, um sie später näher zu beleuchten und mit
den vorhandenen zu vergleichen. Sie wurden mit sehr reinem, farblosen, völlig
durchsichtigen ausgesuchten Marienglas angestellt, worin sich durch qualitative
Analyse neben Kalk und Schwefelsäure Spuren von Chlor, Eisen und Magnesia nachweisen
ließen. Die quantitative Analyse ergab:
Schwefelsäure.
Wasser.
1. 45,96
20,83
2. 45,95
21,01
berechnet aus SO³ CaO,
2HO 46,51
20,93
Zu einem feinen Pulver zerrieben verlor dieser natürliche Gyps fünf Tage über
Schwefelsäure, unter der Luftpumpe nicht nachweisbar an Gewicht. Zur Aufnahme des
Gypses bei drei Entwässerungsversuchen diente eine zweimal gebogene Glasröhre von
der Form der Liebig'schen Trockenapparate, die in ein
Oelbad eintauchte und mit einem Aspirator zum Durchleiten eines Luftstromes in
Verbindung stand. Die von der vorderen Seite zuströmende Luft strich, vor ihrem
Eintreten in den Apparat, zuerst durch concentrirte Schwefelsäure; hinter dem
Apparat und zwar zwischen ihm und dem (Tröpfel)-Aspirator war ein
Chlorcalciumrohr zum Aufsaugen des ausgetriebenen Wassers eingeschaltet. Bei einer
Temperatur von 110°–120° C. des Oelbades und möglichst
langsamem Gang des durchstreichenden Luftstroms ergab sich:
Gewicht desMarienglaspulvers.
Gewichtsverlustdes Pulvers.
Gewichtszunahme desChlorcalciumrohrs.
(I) 2,331 Grm.
0,467 (= 20,03 Proc.)
0,4767 (= 20,40 Proc.)
Bis dahin war die Entwicklung von Wasser immer als Beschlag am hinteren Schenkel des
gläsernen Trockenapparates sichtbar. Als man die Temperatur auf 170° C.
steigerte, hörte zwar das Auftreten von sichtbarem Beschlag auf, aber die
Gewichtszunahme des Chlorcalciumrohrs stieg auf 0,486 Grm. = 20,93 Proc.
Dasselbe Marienglaspulver (3,278 Grm.) im offenen, in's Oelbad eingetauchten
Platintiegel erhitzt, verlor bei einer Temperatur des Oelbades von:
(II.)
150° C.
0,512 Grm.,
entsprechend
15,60
160° C.
noch
weitere
0,103 „
„
3,16
170° C.
„
„
0,052 „
„
1,89
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
im Ganzen
0,667 „
„
20,65 Proc. Wasser.
Im Verlaufe dieser Versuche drängte sich die Beobachtung auf, daß derartige
Bestimmungen der Temperatur, wobei das Wasser austritt, illusorisch sind, und zwar
aus zwei Ursachen. Zunächst weil die Temperatur des Oelbades keineswegs dieselbe
ist, wie die des Gypses im Inneren des Apparates; dann weil es einen entscheidenden
Einfluß ausübt ob man den Gyps in einem Luftstrom oder in stehender Luft erhitzt.
Denn nach obigen Versuchen verlor Marienglas im Luftstrom bei 110° bis
120° C. über 20 Proc., ohne Durchleiten von Luft bei 150° C. erst 15,6
Proc. Wasser. Ueberhaupt wird der Beobachter durch den Umstand sehr leicht irre
geführt, daß die Abscheidung des Wassers im Beginn sehr langsam und unmerklich, bei
gewissen Temperaturgraden aber rasch und mächtig vor sich geht und zuletzt wieder
allmählich abnimmt. Man ist stets in Versuchung, den Temperaturgrad der kräftigen
Abscheidung des Wassers mit demjenigen Temperaturgrad zu verwechseln, bei dem diese
Abscheidung überhaupt beginnt, eine Verwechslung, die der älteren Bestimmung, welche
110–130° C. als die Temperatur der Wasserabscheidung angibt, ohne
Zweifel theilweise zu Grunde liegt.
Nachdem man sich durch sehr allmähliches Steigern der Temperatur des Oelbades und
längeres Festhalten der Temperaturen von 10° zu 10° überzeugt hatte,
daß in dem beschriebenen Liebig'schen Apparate die ersten
Spuren Wasser bei 90° C., die letzten mit 140° C. des Oelbades
auftraten, vertauschte man diesen Apparat mit einem dünnwandigen in ein Wasserbad
eingesetzten Glaskolben, in welchen ein Thermometer bis dicht auf die über dem Boden
ausgebreitete Schichte Gypspulver herabgieng. Man erhielt so die Temperatur des
Gypses selbst statt der der erwärmenden Umgebung. Man ließ die Temperatur langsam
steigen. Als das Wasserbad zum Sieden gekommen war, nahm die Temperatur im Kolben
nur äußerst langsam zu. Während der ganzen Zeit ließ sich in dem sorgfältig
abgekühlten Verbindungsrohr zwischen Kolben und Aspirator kein Hauch von Wasser
sehen. Auch nachdem die Temperatur in dem Kolben nacheinander 90° und
93° C. erreicht hatte, erschien kein solcher. Als man bei dieser Temperatur
den Luftstrom anließ, zeigte sich sofort ein Beschlag; er verschwand bleibend, als
man den Luftstrom wieder absperrte. Das Erscheinen des aus dem Gyps austretenden
Wassers richtete sich unter diesen Umständen ganz nach der Stellung des Hahns am
Aspirator. Es handelte sich noch um die quantitativen Verhältnisse der Abscheidung
des Wassers für diese Umstände. Zu dem Ende öffnete man den Hahn und gab ihm eine
Stellung, bei welcher ein stetiger möglichst langsamer Luftstrom (4–5
erbsengroße Blasen im Schwefelsäuregefäß in der Secunde) durch den Apparat gieng;
die Temperatur des
Gypses hatte sich unter beständigem Sieden des Wasserbades auf 94,5° C.
eingestellt. Eine Beschickung des Kolbens von etwa 3 Grm. Marienglas entwickelte so
1 1/4 Stunde lang ununterbrochen Wasser, welches jeden Augenblick durch künstliche
Abkühlung in dem Rohre nach dem Aspirator als ein deutlicher, aber sehr mäßiger
Beschlag nachgewiesen werden konnte.
(III.) Dabei gieng die Entwickelung des Wassers sehr gleichmäßig; es fand nicht die
geringste Bewegung des Gypses statt, noch trat eine Periode massenhafterer
Entwickelung des Wassers ein. Nach der angegebenen Zeit hörte sie vollständig auf,
selbst durch Abkühlung des Glasrohrs mit Aether konnte nicht der geringste Hauch von
Beschlag an dem Glasrohre mehr erkannt werden. Unmittelbar vor der Bestimmung des
stattgehabten Gewichtsverlustes zerbrach der Kolben.
(IV.) Bei der Wiederholung des Versuches zum Zweck dieser Bestimmung ersetzte man das
Wasserbad durch ein Luftbad mit mäßigem Luftwechsel, um zuletzt erforderlichen Falls
auf höhere Temperaturen übergehen zu können. Man begann mit 50° C. und ließ
die Temperatur nur sehr allmählich steigen und hielt sie in Intervallen von
10° zu 10° C. längere Zeit fest. Das Marienglaspulver (1,0995 Grm.)
wurde in einem Uhrglas eingeführt. Man erhielt so folgende Werthe:
Textabbildung Bd. 180, S. 475
Temperatur 0° C.;
Gewichtsverlust; in Grammen; in Procenten; Dauer der Einwirkung der Temperatur;
Stunde
Bei dieser Temperatur von 96° C. trat ein Stillstand in der Wasserabgabe ein,
so daß während weiterer Erhitzung 2 1/2 Stunden lang keine Gewichtsabnahme mehr
erfolgte, auch nicht (vergl. auch die folgende Tabelle) bei 100° C., welcher Temperatur der Gyps
eine volle Stunde lang ausgesetzt wurde.
In diesem Zeitpunkt, wo die Probe also 15,55 Proc. ihres Gewichtes verloren hatte,
nahm man einen Theil des Marienglaspulvers heraus, um sein Verhalten zum Wasser zu
prüfen (wovon weiter unten das Nähere) und fuhr mit der Entwässerung des Restes =
0,6845 Grm. im Luftbad fort. Dieser Rest verlor, der Temperatur von 100° C.
eine ganze Stunde lang ausgesetzt, nichts. Bei 105° C. begann die Abgabe von
Wasser auf's Neue und endete erst mit 170°C. vollständig. In dem
Temperaturintervall von 105°–130° C. gieng die
Wasserabscheidung ziemlich gleichmäßig, aber so langsam, daß von 10° C. zu
10° C. immer mehrere Stunden (2 bis 6) Zeit erforderlich waren. Zwischen
130° C. und 150°C. hörte sie Wieder vollkommen auf, stellte sich aber
mit 150° C. abermals ein und in demselben gleichmäßigen und langsamen Gang,
bis mit 170° C. die vollständige Entwässerung erreicht war.
(V.) Ganz wie der natürliche, verhielt sich auch künstlicher aus Chlorcalciumlösung
dargestellter schwefelsaurer Kalk. Die Entwässerung von 1,538 Grm. im Luftbad
ergab:
Textabbildung Bd. 180, S. 476
Temperatur 0° C.; Dauer der
Erhitzung: Stunden; Gewichtsverlust; in Grammen; in
Procenten.
also auch hier ein scharf markirter Abschnitt nach dem
Wasserverlust von 15,47 Proc.
Aus den vorstehenden Versuchen geht hervor: daß die Temperatur, bei welcher Gyps
Wasser verliert, zunächst davon abhängt, ob er in einer ruhenden oder strömenden
Gasatmosphäre erhitzt wird, das heißt, ob die aus dem Gyps entwickelten Wassertheile
rasch entfernt werden oder nicht; ferner, daß im Luftstrom von mäßiger
Geschwindigkeit die Wasserentwickelung bei 90° C. beginnt. In letzterer
Beziehung stehen die Versuche einigermaßen im Widerspruch mit E. Million'sAnnales de Chimie et de Physique (3) t. XIX p. 222. Beobachtungen, wornach dieser Beginn schon bei 80–85° C. liegt. Da dieser
Beobachter jedoch nichts über die Art der Erhitzung der von ihm untersuchten Proben
mittheilt, so muß seine Angabe auf sich beruhen bleiben. Das dritte Ergebniß, worin
obige Beobachtungen mit denen Million's ganz und gar
übereinstimmen, ist dieses, daß bei der Wasserabgabe des Gypses ein scharfer
Abschnitt stattfindet, in der Art, daß ein bestimmter und zwar der größere Antheil
des Wassers jederzeit bei einer weit niederern Temperatur weggeht, als der Rest. Die
Sache stellt sich wie folgt:
Textabbildung Bd. 180, S. 477
Million erhielt für Gyps verschiedenen Ursprungs
folgende Werthe:
künstlicher durch Fällung
15,71
Gypsmörtel (angemachter Gyps)
16,22
künstlicher, aus Salzsäure krystallisirt
15,38
natürlicher von Mont Martre, krystallisirt
15,37
Alabaster von Volterre
15,61 Proc.
Wasserverlust; (II.) Marienglas,
ruhende Luft, 150° C. des Oelbades; (IV.) „ wechselnde
„; des Gypses; (V); im Mittel; Proc.
Wenn andere Autoren die Temperatur für die Abscheidung dieses Antheils Wassers
anders, und zwar meist höher angeben, so liegt dieß darin, daß sie nicht die
wirkliche Temperatur des Gypses, sondern die des umgebenden Mediums beobachtet. So
fand sie Plessy (Comptes rendus
t. XXIV p. 658) zu
110°–115° C. in offenen Gefäßen. – Der Wasserverlust von
15,54 Proc. ist fast genau 3/4 von dem gesammten Wassergehalt des Gypses; die
Theorie würde 20,9 × 0,75 = 15,66 verlangen Der gebrannte Gyps der Gewerbe,
wie er zu Stucco- und Gypsgüssen dient, ist daher nicht sowohl wasserfreier
Gyps, als vielmehr Gyps mit 1/4 seines natürlichen Wassergehaltes, dem Million
Nach ihm sollen diese 3/4 des Wassergehaltes zu ihrer Abscheidung aus dem
natürlichen Gyps einer höheren Temperatur (105° C. bis 110°
C.) bedürfen, als aus dem künstlichen (80° bis 85°). Bei den
obigen Versuchen hat sich jedoch kein Unterschied der Art bemerkbar gemacht;
er kann daher nur in zufälligen Umständen seinen Grund haben. die dualistische Formel 2(CaO, SO) + HO gibt. – Das letzte 1/4 des
Wassergehaltes = 5,27 Proc. bedarf zu seiner Austreibung eine entschieden höhere
Temperatur, nach obigen Versuchen zwischen 110° und
150°–170° C., wobei er sich ohne erkennbare Regelmäßigkeit in
verhältnißmäßig langen Zeitabschnitten entwickelt. Wenn Million dafür die Temperatur von 200°– 300° verlangt,
so ist dieß unstreitig zu hoch, und wenn Plessy
Comptes rendus t. XXIV p. 658. mit 110° bis 115° auskommen will, so ist dieß, wenn überhaupt,
wohl nur im Wasserstoffstrom möglich.
Was den entwässerten und wiederangemachten Gyps anbelangt, so verhielt sich dieser
unter den Bedingungen der obigen Versuche wie der frische. Von dem entwässerten
Marienglas des Versuches (II) wurde ein Theil mit Wasser angemacht, die erhärtete
Masse zerrieben und über Schwefelsäure getrocknet, bis sie nichts mehr am Gewichte
verlor; 2,308 Grm. davon in den Liebig'schen Apparat in's
Oelbad gebracht, verloren im langsamen Luftstrom:
bei 130° C.
0,400 Grm.,
entsprechend
17,33 Proc.
bei 170° C. noch
0,085 Grm.
„
3,68 „
–––––––
–––––––
0,485
21,01 Proc.
Nach diesem Vorversuch wiederholte man die Entwässerung des gebrauchten Gypses im
Luftbad, welches genauere Bestimmungen zuläßt. Das Material war Marienglas, zweimal
entwässert und jedesmal mit Wasser wieder angemacht, zuletzt über Schwefelsäure
getrocknet. Es verloren 1,353 Grm. (VI.):
Textabbildung Bd. 180, S. 478
Bei einer Temperatur von 0°
C.; Nach einer Einwirkung von Stunden; Wasser; Gramme; Procente.
Also dieselben Erscheinungen wie bei dem frischen Gyps; bei 90° hörte die
Wasserabscheidung in den letzten Stunden gänzlich auf. Die bis dahin abgeschiedene
Menge ist wieder genau 3/4 des gesammten Gehaltes. Auch der Rest des Wassers bedarf,
wie bei dem frischen Gyps, zur Austreibung eine bis 170° gesteigerte
Temperatur.
Die zu Eingang beschriebene, in der Praxis im großen Maaßstabe beobachtete
Erscheinung, daß gebrannter, mit Wasser wieder angemachter Gyps beim Brennen niemals
„aufkocht,“ kann nach den vorstehenden Beobachtungen nicht in der
Quantität des abgeschiedenen Wassers beruhen. Sie erklärt sich auch nicht daraus,
daß das Wasser bei dem wiederangemachten Gyps etwa gleichförmiger und nicht zu 3/4
seines Betrags in dem Temperaturzwischenraum von 90°–100° C.
abgeschieden wird. Die genannte Erscheinung scheint mehr in äußeren Umständen zu
beruhen, wahrscheinlich zumeist darin, daß die über die Halde gestürzten alten
Gypsformen, unter freiem Himmel gelagert, stets sehr feucht waren und nach dem
Pochen sofort ungetrocknet in den Brennofen eingesetzt zu werden pflegten. Die
Feuchtigkeit bedingte eine langsamere Erhitzung, somit auch langsamere Abscheidung
des gebundenen Wassers.
Nach Graham soll der Gyps im luftverdünnten Raum über
Vitriolöl und zwar bei 100° nur 8,1 Proc. Wasser verlieren. Diese Angabe ist
nach den vorstehenden und Million's Beobachtungen,
wornach der Gyps in der Luft bei 90° unzweifelhaft 3/4 seines Wassers abgibt,
unmöglich und bedarf der Berichtigung.
Der bei 90° mit 15,55 Proc. Gewichtsverlust entwässerte Gyps des Versuchs (IV)
erhärtete mit Wasser vollkommen; ebenso nachdem er einer Temperatur von 185°
und 200° ausgesetzt war. Erst einer Temperatur von 210° ausgesetzt,
erfolgt die Erhärtung unvollkommen unter Bildung einer bröcklichen, schlecht
zusammenhängenden Masse; die Erhärtung blieb ganz aus nach der Erhitzung auf
220–225°. Graham gibt die Temperatur des
Todtbrennens nahe übereinstimmend zu 204° C., Mitscherlich dagegen entschieden irrig zu 160° C. an.