Titel: | Ueber Blitzableiter; von A. Chauveau des Roches, Ingenieur. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. IX., S. 40 |
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IX.
Ueber Blitzableiter; von A. Chauveau des Roches,
Ingenieur.
Im Auszuge aus den Annales du Génie civil, Januar
1866, S. 1.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Chauveau des Roches, über Blitzableiter.
In dem Eingange zu dem vorliegenden Aufsatze werden die Bedingungen im Allgemeinen
besprochen, welchen eine sachgemäße Construction des Blitzableiters entsprechen
soll, und namentlich ist es der obere Theil des letzteren, nämlich die
Blitzableiter-Spitze, über welche dabei ziemlich umfassende Betrachtungen
angestellt werden. Da aber diese nichts enthalten, was nicht schon vielfach und
unter Anderem in den französischen Instructionen weitläuftig besprochen ist, so
müssen wir uns darauf beschränken, bei dem Wesentlichen stehen zu bleiben, nämlich
bei den Bemerkungen, welche die Anordnung der Blitzableiter-Spitzen nach dem
Systeme des italienischen Ingenieurs Carlo dell'Acqua
reproduciren. Dieser Ingenieur hat nämlich früher auch das von den französischen
Commissionen vorgeschlagene Material, das Platin, für diesen Zweck durch längere
Zeit angewendet. Seine Erfahrungen zeigten ihm aber, daß die Platinspitzen der
Blitzableiter (vermuthlich in Folge der wirksamen Thätigkeit der betreffenden
Blitzableiter) in der Regel abgeschmolzen und nach einiger Zeit unbrauchbar geworden
waren.
Es werden daher die Umstände besprochen, von welchen die Wahl des Materiales für
Blitzableiterspitzen am wesentlichsten abhängig ist; an die wissenschaftlichen
Arbeiten über die Leitungsfähigkeit der bekanntesten Metalle und namentlich an die
von Wiedemann und Franz (s.
Poggendoff's Annalen der Physik und Chemie, Bd. LXXXIX S.
497) anbindend, stellt nun der Verfasser zunächst eine Tabelle über das
Leitungsvermögen der Metalle für elektrische und Wärmewirkungen und die
Schmelzpunkte derselben auf. Diese Tabelle können wir hier nicht mittheilen, da die
in derselben enthaltenen Zahlen zum größten Theile unrichtig sind; hingegen ist die
Reihe, nach welcher die Metalle bezüglich ihres Leitungsvermögens auf einander
folgen, im Allgemeinen richtig wiedergegeben und sachgemäß folgert dann der
Verfasser hieraus, daß für beide Fälle das Silber ein besserer Leiter als das Platin
sey und daß daher, obgleich der Schmelzpunkt des Platins zu 2000° C., der des
Silbers aber nur zu 1000° C. angenommen werden könne, letzteres für den
vorliegenden Zweck entschieden den Vorzug verdiene, namentlich wenn man auch seine
übrigen Eigenschaften, von welchen der Verfasser einige aufführt, dabei
berücksichtigt. „Dell'Acqua und eine große
Anzahl anderer italienischer Physiker haben daher das Platin für die
Construction der Blitzableiter gänzlich beseitigt und wenden dafür das Silber
an; dasselbe kostet auch viermal weniger als das Platin.“
Es sey übrigens nicht entschieden, ob nicht ein anderes der Metalle des Platinerzes
für den gedachten Zweck vorzuziehen sey. Zu diesen gehören nämlich, nach dem Grade
ihrer Schmelzbarkeit geordnet: Palladium, Rhodium, Iridium, Ruthenium und Osmium.
Dem Verfasser scheint es, daß, wenn es gelingen werde in ökonomischer Weise
schweißbares Iridium in reinem Zustande herzustellen, dieses Metall allen übrigen
dennoch vorzuziehen seyn dürfte; über die Leitungsfähigkeit dieses Metalles für
Elektricität bringt derselbe übrigens keine Angaben bei. Für jetzt müsse man jedoch
bei dem reinen Silber als Material für Blitzableiterspitzen stehen bleiben.
Die Einrichtung der Auffangstange eines Blitzableiters – von bekannten
Anordnungen übrigens nicht verschieden – beschreibt der Verfasser beiläufig
in folgender Weise: „Man gieße aus Silber einen kleinen hohlen Kegel von 2
Centimetern Durchmesser, 5 Centimetern Höhe und 2 Millimetern Metalldicke; die
Metallwand muß dabei vollkommen dicht seyn. Dieser Silberkegel A, B (Fig. 22) wird mit
Zinn an einen Kupferstab B, C von 50 Centimetern
Länge in sicherer Weise angelöthet, ohne daß hierbei Luftblasen undnnd leere Räume zurückbleiben; die Verbindungsstelle kann auf eine gewisse
Länge mit einer passenden Hülse M umgeben werden. In
die aus zwei Theilen D, E und F, G zusammengesetzte eiserne Auffangstange wird in angedeuteter Weise
der Kupferstab A, B, C eingeschraubt, während das
untere Ende der Stange mittelst der durch Fortsatz verlängerten Metallhülse G (Fig. 23 und 24) mit
der Leitung und
den Versenkungsbrunnen etc. in metallische Verbindung gebracht wird. –
Nach den von dell'Acqua getroffenen Anordnungen, wie
sie in der Sitzung des Athenäums zu Mailand vom 13. Juli 1865 von ihm bekannt
gegeben wurden, ist die Zusammensetzung des oberen Theiles der Blitzableiter
dieselbe, die Construction aber etwas abweichend von der eben angegebenen und
wie in Fig.
25 angedeutet, angenommen worden.“
Es muß als ein erfreulicher und wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden,
daß die herkömmliche und von vielen Seilen adoptirte Anordnung der Spitzen
der Blitzableiter verlassen und von mehreren Seiten dafür einfachere und
richtigere Constructionen nunmehr gewählt worden sind. Es mag uns jedoch die
Bemerkung gestattet seyn, daß die Priorität für jenen Vorschlag nicht den
italienischen Physikern und dem Ingenieur dell'Acqua gebührt; ein derartiger präcisirter und begründeter
Vorschlag und zwar „chemisch reines Silber“ für die
Spitze der Blitzableiter zu wählen und die Anordnung in nahezu ähnlicher
Weise zu machen, wie sie oben beschrieben worden ist, ist im Jahr 1860
– unseres Wissens – zum erstenmale von Prof. Kuhn in München ausgegangen und im
polytechnischen Journal (Bd. CLV S. 276) damals von ihm mitgetheilt worden.
(Näheres hierüber s. m. in: „Allgemeine Encyklopädie der Physik,
Bd. XX S. 94.“)
Die Schlußbetrachtungen des Verfassers beziehen sich auf die von dell'Acqua angegebenen Verbesserungen der
Versenkungsbrunnen; diese gehen nämlich im Allgemeinen darauf hinaus, daß es
unzweckmäßig sey, die Versenkungsbrunnen bloß bis zur feuchten Erde zu bohren,
während er es für nothwendig hält, das unterste Ende des Blitzableiters entweder
unmittelbar in permanentes Grundwasser oder wenigstens bis in die Nähe des letzteren
zu führen, die Bodenleitung selbst aber mit kupfernen in Spitzen ausgehenden
Ansätzen zu versehen.