Titel: Neues Verfahren zum feinen des Roheisens mittelst des pneumatischen Processes) von Robert Mushet.
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LIV., S. 205
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LIV. Neues Verfahren zum feinen des Roheisens mittelst des pneumatischen Processes) von Robert Mushet. Aus dem Mechanics' Magazine, März 1866, S. 133. Mushet's Verfahren zum pneumatischen Feinen des Roheisens. Wenn flüssiges Roh- oder Gießereieisen zum Behufe seiner Umwandlung in Stahl oder homogenes Stabeisen dem sogenannten pneumatischen oder Bessemerprocesse unterworfen wird, so wird in der Praxis gegen Ende der Operation eine Quantität Spiegeleisen oder manganhaltiges Roheisen zugesetzt, um dem entkohlten Eisen wieder die erforderliche Menge Kohlenstoff zuzuführen, da letzterer durch die erste Operation in zu starkem Maaße oder gänzlich entfernt worden ist. Mushet beobachtete, daß, wenn pneumatisirtes (entkohltes) Gußeisen, welches mit Schwefel verunreinigt ist, mit Spiegeleisen gemengt und dann der Kohlenstoff und das Mangan des letzteren durch weitere Anwendung des pneumatischen Gebläses entfernt wird, gleichzeitig mit diesem Kohlenstoff und Mangan auch ein Theil des in dem vorher pneumatisirten Roheisen enthaltenen Schwefels ausgeschieden wird, so daß das mit Schwefel verunreinigte Eisen, durch wiederholten Zusatz von Spiegeleisen und Entfernung des im letzteren enthaltenen Kohlenstoffs und Mangans mittelst des Gebläses, von seinem Schwefelgehalte theilweise oder gänzlich befreit werden kann. Auch wenn pneumatisirtes, sowohl Schwefel als Phosphor enthaltendes Roheisen mit Spiegeleisen und titanhaltigem Roheisen versetzt und dann mehrmals pneumatisirt wird, wodurch der Kohlenstoff, das Mangan und das Titan des Spiegel- und des titanhaltigen Roheisens entfernt werden, so läßt sich in ähnlicher Weise der Schwefel- und Phosphorgehalt gänzlich oder theilweise beseitigen. Gegen Ende des Processes setzt dann Mushet in der gewöhnlichen Weise so viel Spiegeleisen zu, als erforderlich ist, um das erhaltene Metall in dem gewünschten Grade wieder zu kohlen. Spiegeleisen ist bekanntlich ein manganhaltiges, vorzugsweise auf rheinpreußischen (aber auch auf vielen anderen) Hütten dargestelltes Roheisen. – Titanhaltiges Roheisen erhält man am besten durch Verschmelzen von Hämatiten (rothem und braunen Glaskopf) mit 5 bis 10 Proc. Ilmenit, einer in Norwegen, Sibirien, Cornwall etc. vorkommenden Verbindung von Titan- und Eisenoxyden, in Gebläseöfen. Die zur technischen Anwendung von Mushet's Erfindung dienenden Oefen haben die gleiche Einrichtung wie die zur gewöhnlichen Behandlung von Roheisen durch den pneumatischen Proceß angewendeten. Hat das in dem Umwandlungsgefäße (Birne) entkohlte und dann mit Spiegeleisen versetzte Roheisen einen nachtheiligen Schwefelgehalt, so wird das Gebläse wieder angelassen und durch Oxydation des dem entkohlten Metalle in Form von Spiegeleisen zugeführten Kohlenstoffes und Mangans der Schwefel entfernt; dann wird der Wind abgestellt und eine zweite Quantität Spiegeleisen in flüssigem Zustande oder in gehörig vorgewärmten Stücken zugesetzt, welche letztere rasch schmelzen und sich mit dem Eisen verbinden. Zeigt hernach das Eisen noch einen nachtheiligen Schwefelgehalt, so wird nochmals das Gebläse angelassen, um die Oxydation des Mangans und Kohlenstoffs des zweiten Zusatzes von Spiegeleisen zu bewirken, und in dieser Weise wird fortgefahren bis das Eisen vollständig gereinigt ist. Um die Entfernung des Schwefels, sowie auch des Phosphors zu begünstigen, wird Titanroheisen, zusammen mit Spiegeleisen, in geschmolzenem Zustande oder in Form von vorgewärmten Stücken dem pneumatisirten Eisen zugesetzt, in welchem es leicht in Fluß geräth. Nun wird das Gebläse angelassen, wodurch Titan und Kohlenstoff des Titanroheisens und Mangan und Kohlenstoff des Spiegeleisens oxydirt und entfernt werden, wie oben nachgewiesen wurde. Die Menge des bei jeder der successiven Operationen zuzusetzenden Spiegeleisens kann verschieden seyn; doch gibt ein Zusatz von 20 bis 100 Pfd. per Tonne des zu pneumatisirenden Eisens sehr gute Resultate. Ebenso verhält es sich mit der Menge des zuzuschlagenden Titanroheisens; auch hier erzielt man bei Zusatz von 20 bis 100 Pfd. per Tonne ganz vortreffliche Producte. Durch das im Vorstehenden mitgetheilte Verfahren läßt sich bei Anwendung des pneumatischen Processes das Roh- und Gießereieisen, welches so viel Schwefel, oder Phosphor, oder beide Körper gleichzeitig enthält, daß es in bisheriger Weise nicht zur Darstellung von Bessemerstahl oder homogenem Stabeisen benutzt werden kann, sehr gut zu diesen beiden Producten verarbeiten.