Titel: | Die Darstellungsarten des Jodäthyls; von Dr. M. Reimann. |
Autor: | August Reimann |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LXI., S. 220 |
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LXI.
Die Darstellungsarten des Jodäthyls; von Dr.
M. Reimann.
Mit Abbildungen.
Reimann, über Darstellung des Jodäthyls.
Durch die allgemeine Anwendung des nach A. W. Hofmann's
Methode (polytechn. Journal Bd. CLXXII S.
306) mit Jodäthyl bereiteten Anilinvioletts ist eine billige und schnelle
Darstellungsweise des Jodäthyls wünschenswerth geworden. Die früheren
Darstellungsarten, – nach Gay-Lussac aus
Alkohol und Jodwasserstoffsäure, nach Serullas aus
Jodphosphor und Alkohol, nach E. Kopp aus einer Lösung
von Jod in Alkohol durch Zufügen von Phosphorstücken, nach Marchand aus einer Mischung von Jod und Alkohol durch Einhängen von
Phosphorstangen, nach Soubeiran durch Einhängen eines mit
Jod gefüllten Siebes in eine Flasche welche einige Phosphorstangen und Alkohol
enthält, nach de Vrij durch Destillation einer Mischung
von Chloräthyl und Jodkalium, nach Berthelot durch
einfaches Zusammenbringen von ölbildendem Gase (C⁴H⁴) mit
Jodwasserstoffsäure – bieten für die Gewinnung größerer Mengen des besagten
Präparates beträchtliche Schwierigkeiten dar.
Am meisten angewandt, besonders für die Darstellung des zur Fabrication des Hofmann'schen Violetts nöthigen Jodäthyls, ist die
Methode von J. Personne
Comptes rendus, t. LII p. 468; Journal für praktische Chemie, Bd. LXXXIII S. 379., obgleich man von deren Verhältnissen gewöhnlich abweicht. Derselbe bringt
in eine mit Vorlage versehene Retorte 30 Grm. pulverigen amorphen Phosphors und 120
Grm. absoluten Alkohols, fügt alsdann auf zweimal in einer Zwischenzeit von einigen
Minuten 100 Grm. Jod hinzu und destillirt nun so lange, bis das Uebergehende durch
Wasser nicht mehr geschieden wird; das von Jod gelb gefärbte Product wird mit
einigen Tropfen Kalilösung entfärbt u. mit Wasser gewaschen.
Fig. 1., Bd. 181, S. 220
Man verwendet, um das Jodäthyl im Großen nach dieser Methode darzustellen, eine
zweihalsige Woulf'sche Flasche, Figur 1, deren eine Oeffnung durch ein gebogenes Bleirohr mit einer
bleiernen Kühlschlange in Verbindung steht. Der zweite Hals der Flasche wird durch
einen leicht zu entfernenden Deckel, welcher nöthigenfalls noch gedichtet werden
kann, geschlossen. Die Woulf'sche Flasche steht, in Stroh
wohl verpackt, in einem passenden Holzgefäße. Man bringt nun in die Flasche eine
geeignete Quantität amorphen Phosphors, gießt auf denselben 80-procentigen
Alkohol, und fügt nun unter Umrühren mit einem hölzernen Stäbe die entsprechende
Menge Jod mit einem bleiernen Löffel hinzu. Dann schließt man den Deckel und läßt
die Mischung vierundzwanzig Stunden stehen. Hernach leitet man in das hölzerne
Standgefäß, in welchem die Woulf'sche Flasche sich
befindet, Wasserdampf ein, der die in der Flasche enthaltene Mischung bald zum
Sieden bringt. Es destillirt Jodäthyl, Alkohol und Wasser. Man unterbricht die
Destillation, sobaldsodald das Uebergehende von Wasser nicht mehr getrübt wird. – Das
Uebermaaß des vom eingeleiteten Dampfe herrührenden condensirten Wassers kann durch
einen am oberen Theile des Holzgefäßes angebrachten Hahn abgelassen werden.
Fig. 2., Bd. 181, S. 221
Das durch Jod stark gefärbte Destillat wird mit Wasser geschüttelt, welchem man
eine geringe Menge Natronlauge zufügte. Das hierbei sich unten abscheidende
Jodäthyl kann ohne Weiteres zur Violettfabrication benutzt werden.
In ganz derselben Weise verfährt man zur Darstellung des jetzt häufig zu dem
gleichen Zwecke angewandten Jodmethyls. Man verwendet hierbei einfach Holzgeist
statt des Alkohols.
Auf eine bequeme Art läßt sich das Jodäthyl darstellen nach der von A. W. Hofmann vorgeschlagenen MethodeAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXV S. 272. des Zusammenbringens einer durch Cohobiren gebildeten Lösung von (1000
Th.) Jod in (700 Th.) Alkohol von 0,84 spec. Gew. mit (50 Th.) gewöhnlichem
Phosphor, wenn man dieselbe für die Anwendung im Großen in geeigneter Weise
modificirt.
Darnach bringt man in eine kleine Woulf'sche Flasche, Fig. 2, Phosphorstücke und übergießt dieselben mit Alkohol, welchen
man mittelst Wasserdampf von außen zum Sieden erhitzt. Während der eine Hals dieser
Flasche mit einem Stöpsel verschlossen ist, geht durch den durchbohrten Stöpsel des
anderen Halses ein weites Bleirohr senkrecht herauf, das an seinem unteren Ende
durch ein bleiernes Sieb geschlossen ist. Das obere Ende desselben ist mit einem
übergreifenden Deckel von Blei geschlossen, dessen unterer Rand in einer um das Rohr
sich herumziehenden, mit Glycerin oder Oel, am besten aber mit Paraffin gefüllten
Rinne steht, so daß durch einfaches Einsalzen des Deckels in die Rinne ein
luftdichter Verschluß gesichert ist. Unterhalb dieser Vorrichtung geht ein Bleirohr
seitlich zu einer aufsteigenden Kühlschlange ab. Man schüttet von oben in das
Bleirohr mit einem bleiernen Löffel das Jod ein, verschließt alsdann mit Hülfe des
Oelverschlusses und bringt hernach den Alkohol in der Woulf'schen Flasche zum Sieden. Die Dämpfe desselben treten durch das
bleierne Sieb in das auf demselben liegende Jod und von hier in die Kühlschlange,
von wo der condensirte Alkohol wieder durch das Jod und nach Aufnahme eines Theiles
desselben in die Woulf'sche Flasche zurückläuft. Läßt man
daher das Sieden des Alkohols in der Flasche längere Zeit andauern, so wird
schließlich alles in dem Rohre befindliche Jod als alkoholische Lösung in die
Flasche eingetropft und durch den vorhandenen Phosphor bei der Siedetemperatur des
Alkohols in Jodäthyl umgewandelt seyn. Man hat alsdann nur nöthig, die in der
Flasche befindliche Flüssigkeit von dem Phosphor abzulassen und mit Wasser zu
behandeln, um sofort reines Jodäthyl zu erhalten.
Dieses Verfahren ist offenbar das gefahrloseste und einfachste zur Bereitung des
Jodäthyls.
Es steht fest, daß man zur Darstellung von Jodäthyl den Phosphor umgehen und ihn
durch andere desoxydirende Agentien ersetzen kann, welche gleichzeitig im Stande
sind, Jod abzutreten. So habe ich gefunden, daß man durch Aufgießen von Aether auf
Jodaluminium und nachherige Destillation im Stande ist, Jodäthyl zu erzeugen. Durch
Waschen mit Kalilauge erhält man diesen Körper chemisch rein. Das Jodaluminium
zersetzt sich mit dem Aether in der Weise, daß der Sauerstoff des Aethers an das
Aluminium geht und Thonerde bildet, während das freiwerdende Jod im status nascens an sich mit dem im nämlichen Zustande
befindenden Aethyl zu Jodäthyl vereinigt. Das Jodaluminium dürfte aber wohl das
einzige Jodmetall seyn, welches sich so einfach mit dem Aether umsetzt.
Interessant und in manchen Fällen auch in der Praxis von sehr großem Nutzen ist die
Art, wie man das Jodäthyl mit leichter Mühe von den letzten Spuren beigemischten Wassers befreien
kann. Man braucht solches noch trübe erscheinendes Jodäthyl nur mit einem Stückchen
Thierblase oder auch Pergamentpapier lebhaft zu schütteln. Die Poren dieser Körper
nehmen das Jodäthyl nicht auf, wohl aber nehmen sie das in demselben noch enthaltene
Wasser an und halten es fest. Auf diese Weise ist eine Befreiung des Jodäthyls von
den letzten Theilen Wasser auch ohne die oft sehr unbequeme und zeitraubende
Anwendung von Chlorcalcium sehr leicht zu bewerkstelligen.