Titel: Gill's Luftpumpe ohne schädlichen Raum.
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LXVII., S. 253
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LXVII. Gill's Luftpumpe ohne schädlichen Raum. Aus Armengaud's Génie industriel, Juni 1866, S. 315. Mit einer Abbildung auf Tab. V. Gill's Luftpumpe. Wir entnehmen der Presse scientifique et industrielle nachfolgende Beschreibung einer von dem Professor Rob. Gill in Palermo erfundenen und in der Zeitschrift Il Giornale di Scienze naturali ed economiche veröffentlichten Luftpumpe. Mit den gegenwärtig gebräuchlichen Luftpumpen ist es aus mehreren Gründen unmöglich, einen vollkommen luftleeren Raum herzustellen. Erstens arbeitet nämlich der Kolben, da er bei jedem Schube nur einen bestimmten Theil der in der Glocke enthaltenen Luft ausziehen kann, zuletzt nicht mehr in vortheilhafter Weise; wenn wir daher eine Pumpe hätten, die bei jeder Schwingung des Kolbens Luft auszöge, so würde man den Druck der Luft im Recipienten so vermindern, daß die Instrumente denselben bald nicht mehr angeben könnten. Andererseits wird die bei dem Aufsteigen des Kolbens mitgenommene Luft in dem Pumpenstiefel aufgespeichert und muß, ehe sie entweicht, das Gewicht der Ventile und den Druck der diese belastenden Atmosphäre überwinden. Hierdurch wird es unmöglich, die Verdünnung über eine gewisse Grenze hinaus fortzusetzen. Wenn der schädliche Raum nach Belieben reducirt werden könnte, so würde die in demselben enthaltene Luft, obgleich sehr verdünnt, einen Druck erlangen, welcher das Gewicht der Ventile, so groß es seyn mag, zu heben im Stande wäre; aber der Vorgang in einem Pumpenstiefel ist ein ganz anderer: der Kolben legt sich niemals vollständig an den Boden und die Wände des Cylinders an; er füllt daher den Raum nicht aus und es bleibt somit immer eine gewisse Luftmenge zurück, welche bei dem Heben des Kolbens sich ausbreitet, in den Pumpenstiefel gelangt, und darin einen Druck unterhält, der die in der Glocke befindliche Luft zu entweichen verhindert; von nun an hört die Wirkung des Auspumpens auf. Um diese Uebelstände möglichst zu beseitigen, hat Hr. Gill den in Fig. 7 dargestellten Apparat construirt. Anstatt zwei Cylinder anzuwenden, benutzt er nur einen einzigen. Der Boden F des Cylinders C steht in dem Inneren des Pumpenstiefels in die Höhe; zwischen ihm und der Wandung des äußeren Cylinders verbleibt ein kleiner Raum, in welchen der untere Theil des Kolbens bei seinem Niedergange eintritt. In dem hervorstehenden Theile des Bodens sitzt oben das Ventil v, welches abwechselnd die Communication zwischen dem Pumpenstiefel und der Glocke schließt und öffnet; dieses Ventil ist mit einer Spindel versehen, welche in den Balancier des Kolbens eindringt und in einen kleinen Lederkolben endigt, der sich mit geringer Reibung in der Höhlung des Balanciers bewegt, so daß, wenn der Hauptkolben seinen Niedergang beginnt, das Ventil sich schließt, bei dem Aufgange desselben aber sich öffnet. Aus Gründen, die wir unten angeben werden, wurde bei s eine sehr biegsame Spiralfeder angebracht, um das Oeffnen des Ventils, bevor der Kolben einen Theil seines Weges zurückgelegt hat, zu verhindern. Der Kolben P hat dieselbe Form wie der Boden F und sein unterer Theil tritt, wie erwähnt, in den ringförmigen zwischen den beiden Cylindern gelassenen Raum; an seinen Deckel wird die Stange A geschraubt, an die eine Lederscheibe D befestigt ist, welche Oeffnungen bedeckt, die in dem ebenen Theile des Kolbens in einem Kreise angebracht sind; wie wir schon oben gesagt haben, ist die Stange, welche den Kolben mit sich nimmt, hohl und enthält einen kleinen Kolben, welcher mit dem unteren Ventil v durch eine Spindel t verbunden ist; letztere füllt nicht genau das Loch des Balanciers aus, sondern läßt eine enge Passage zwischen dem Raum unter dem Kolben und der Höhlung in der großen Stange; die Oeffnungen y stellen eine Communication zwischen der Ober- und Unterfläche des Kolbens her. In dem Cylinderdeckel ist das gewöhnliche Ventil x für das Entweichen der aus der Glocke gesogenen Luft angebracht. Diese Pumpe arbeitet auf folgende Weise: Wenn der Kolben sich unten am Ende seines Schubes befindet und der Deckel des Cylinders weggenommen ist, so gießt man Oel auf den Kolben, so daß dessen Oberfläche vollständig bedeckt wird; dann setzt man den Deckel wieder auf und der Apparat ist zum Auspumpen der Luft vorbereitet. Beim Aufsteigen des Kolbens strebt das Ventil v sich zu heben, wird aber von der Feder s niedergehalten; auf diese Weise kann das Oel nicht in die Verbindungsröhre und in die Glocke dringen; wenn man aber fortfährt, den Kolben zu heben, so wird der Oelstand entsprechend sinken, und da die Feder springt, so öffnet sich das Ventil (in Folge des kleinen Kolbens) und die Theile des Apparates befinden sich dann in der durch die Figur angezeigten Lage; da der unter dem Kolben befindliche Raum voll Oel war, so muß die Bewegung dieses Kolbens eine vollkommene Leere hervorbringen (wenigstens in Bezug auf die Luft, denn es ist möglich, daß das Oel dünne Dämpfe erzeugt). In diesem Zeitpunkte wird sich der Verbindungscanal zwischen dem Pumpenstiefel und der Glocke mit mehr oder weniger verdünnter Luft füllen; die Luft außerhalb des Kolbens wird gleichzeitig comprimirt werden, und, nachdem sie eine solche Spannung erlangt hat, daß sie das Ventil x heben kann, in die Atmosphäre entweichen. Wie wir oben gesagt haben, wurde eine Verbindung zwischen der Ober- und Unterfläche des Kolbens durch die Löcher y und die Durchgangsöffnung für die Spindel t hergestellt; daraus folgt, daß die Druckdifferenz einen Theil des Oeles zwingen wird, längs dieser Spindel auf das Ventil v herabzufließen und sich in dem ringförmigen Raume b anzusammeln, den es jedoch niemals ganz anfüllen kann. Da der Rand des Kolbens stets in das Oel eintaucht, so kann zwischen dem Kolben und dem Cylinder keine Luft sich ansammeln. Wenn der Kolben niedergeht, wird das Ventil v durch seine Spindel t und das Ventil x durch sein Eigengewicht sowie durch den atmosphärischen Druck geschlossen; die zwischen dem Kolben und dem Boden des Pumpenstiefels eingeschlossene Luft wird durch die Verminderung des Raumes comprimirt, und nachdem der Kolben unten am Ende seines Schubes angekommen ist, wird dieser Raum vollständig von dem Oele eingenommen seyn; ferner wird die Oelmenge, welche während des Aufsteigens des Kolbens durchgesickert ist, gleichzeitig mit der Luft auszutreten gezwungen seyn; da der schädliche Raum Null geworden ist, so wird die Luft, welche sich in demselben befand, so verdünnt sie auch seyn mag, austreten; aus demselben Grunde wird das Aufsteigen des Kolbens eine vollkommene Leere hinterlassen, und so lange als die Luft in der Glocke die Kraft hat sich in diesen leeren Raum zu verbreiten, wird die Pumpe fortarbeiten. Auf diesem Principe beruht die Gill'sche Pumpe. Dieselbe unterscheidet sich also von den gegenwärtig zur Verdünnung der Gase angewandten Pumpen durch mehrere wesentliche Punkte. Wegen der vollständigen Beseitigung des schädlichen Raumes, welche bisher vergebens angestrebt wurde, der Einfachheit des Mechanismus in Folge des Wegfalles des einen Pumpenstiefels und des einen Kolbens, und wegen des sehr niedrigen Preises, zu welchem sie deßhalb hergestellt werden kann, verdient sie die Beachtung der Physiker und Praktiker.

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