Titel: | Ueber die Wiedergewinnung des Mangansuperoxydes aus dem bei der Chlorfabrication sich bildenden Chlormangan; von Dr. P. W. Hofmann in Dieuze (Frankreich). |
Autor: | P. W. Hofmann |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XCIII., S. 365 |
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XCIII.
Ueber die Wiedergewinnung des Mangansuperoxydes
aus dem bei der Chlorfabrication sich bildenden Chlormangan; von Dr. P. W. Hofmann in Dieuze (Frankreich).
Hofmann, über Wiedergewinnung des Mangansuperoxydes aus dem bei der
Chlorfabrication sich bildenden Chlormangan.
Seitdem man in den chemischen Fabriken den größten Theil der bei der Fabrication des
schwefelsauren Natrons sich bildenden Salzsäure vermittelst Braunstein auf Chlor
verarbeitet, ist man bemüht gewesen, das dabei als Nebenproduct erhaltene
Chlormangan zu verwerthen. In den meisten chemischen Fabriken des Kontinents ist das
Chlormangan nicht nur ein vollständig werthloses Product, sondern die Fabrikanten
würden oft nicht unbedeutende Summen zahlen, wenn sie es nur aus ihren Fabriken
entfernen könnten. So ist z.B. Kuhlmann in Lille
gezwungen, den größten Theil des Chlormangans mit Kreide in Oefen
zusammenzuschmelzen, um es in ein trockenes Product überzuführen, das dann mit
größerer Leichtigkeit als werthloser Körper fortgeschafft werden kann.
In der letzten Zeit, wo der Braunstein im Preise sehr gestiegen ist und viele der
bedeutendsten Gruben, besonders in Spanien, gänzlich erschöpft sind, haben mehrere
Chemiker Versuche angestellt, um aus dem Chlormangan wieder eine höhere
Oxydationsstufe des Mangans zu gewinnen. Auf einer längeren, kürzlich zurückgelegten
Reise durch England, Belgien, Frankreich und Deutschland, wo es mit vergönnt war in
den bedeutendsten chemischen Fabriken Eingang zu finden, habe ich nun die
Beobachtung gemacht, daß von allen Vorschlägen, die zu diesem Zweck gemacht und von
allen Patenten, die hierzu genommen worden sind, nur ein einziges Verfahren zur
praktischen Verwerthung gekommen ist, und diese Methode ist erst seit vorigem Jahre
so ausgebeutet, daß die ganze in der betreffenden Fabrik erhaltene Quantität
Chlormangan darnach verarbeitet wird. Es ist dieß die Methode von Dunlop, welche Tennant in
Glasgow auf die kolossalste Weise in seinem Etablissement eingeführt hat; sie
besteht bekanntlich darinPolytechn. Journal Bd. CXLVII S.
440., das saure Chlormangan mit Kalk zu neutralisiren und hernach vermittelst
Kreide unter Druck in kohlensaures Manganoxydul zu verwandeln, welches dann bei
300º C. unter Luftzutritt erhitzt, eine Waare gibt, die bis zu 70 Proc.
MnO² enthält. Diese Methode, so sinnreich sie auch ist, kann wegen des großen
Bedarfs an Brennmaterial nur in einem Lande eingeführt werden, wo dieses billig zu
beschaffen ist, und die enormen Kosten, welche eine derartige Anlage erfordert,
haben bis jetzt jeden andern Fabrikanten abgeschreckt sie zu befolgen.
Außer dieser Methode gibt es von den vielen in Vorschlag gebrachten nur noch eine,
welche ein praktisches Interesse hat, und das ist die von Gatty; sie besteht darin, das zur Trockne verdampfte Chlormangan mit
seinem Aequivalente salpetersaurem Natron zu glühen; es entsteht Chlornatrium und ein Oxyd des
Mangans, welches bis zu 66 Proc. MnO² enthält. Diese Thatsache hat Hr. Kuhlmann in Lille im Großen zu verwerthen gesucht; die
Versuche, welche ich längere Zeit hindurch persönlich dort verfolgt habe, gaben
insofern ein sehr gutes Resultat, als die Umsetzung des Chlormangans mit dem
salpetersauren Natron sehr leicht stattfand, die dabei sich entwickelnden
salpetrigen Dämpfe ohne Verlust in steinernen Gefäßen, durch die beständig Luft ging
und die Wasser enthielten, sich condensiren ließen und zwar zu Salpetersäure; aber
die Verdampfung des Chlormangans war mit solchen Schwierigkeiten und Kosten
verbunden, daß diese Methode sich nicht leicht Eingang verschaffen wird.
Alle diese Uebelstände finden nicht statt, wenn man aus dem Chlormangan durch
geeignete Fällungsmittel Schwefelmangan darstellt und dieses durch Oxydationsmittel
in eine zur Chlorfabrication geeignete höhere Oxydationsstufe des Mangans überführt.
Diese Methode hat ein so günstiges Resultat gegeben, daß man keinen Anstand genommen
hat, sie in großartigem Maaßstabe hier einzuführen.
Ehe ich nun auf die fabrikmäßige Verarbeitung der Rückstände eingehe, erlaube ich mit
das Verhalten des Schwefelmangans gegen Oxydationsmittel, welches ich bei dieser
Gelegenheit genau studirt habe, mitzutheilen. Ich habe zu diesem Zwecke auf die
bekannte Weise durch Sättigen von Natronlauge mittelst Schwefelwasserstoff und
nachheriges Hinzufügen des gleichen Gewichtes Natronlauge, Schwefelnatrium
dargestellt, das durch wiederholtes Umkrystallisiren völlig rein erhalten wurde.
Damit wurde nun aus einer reinen Chlormanganlösung Schwefelmangan gefällt. Schon
beim Waschen des Niederschlages fand eine bedeutende Oxydation und Ausscheidung von
Schwefel statt, und als derselbe, bei 100º C. getrocknet, nach einigen
Stunden mit Schwefelkohlenstoff behandelt wurde, konnten bis zu 27,7 Proc. Schwefel
ausgezogen werden; schon nach 24 Stunden gab er auf Zusatz von Säuren keine weitere
Entwickelung von Schwefelwasserstoff; nach einigen Tagen war das Schwefelmangan in
Mn²O³ und Schwefel verwandelt, nur bildete sich zu gleicher Zeit etwas
schwefelsaures Manganoxydul, ein Umstand, der beachtungswerth ist, wenn man bei
Analysen das Mangan als Schwefelmangan abscheiden will; man muß dabei das Auswaschen
so viel wie möglich beschleunigen oder dem Waschwasser etwas Schwefelammonium
zusetzen.
Wird die Oxydation des Schwefelmangans durch die Luft bei einer höheren Temperatur
vorgenommen, so ist das Resultat ein anderes; ein Theil des Schwefels verbrennt als
schweflige Säure, ein anderer verwandelt sich in schwefelsaures Manganoxydul; je
nachdem der Luftzutritt erleichtert wird, entsteht eine größere oder geringere Menge
des letzten Körpers;
Schwefelmangan, in einer Platinschale fünf Minuten lang bei Luftzutritt erhitzt, gab
ein Product, das folgende Zusammensetzung hatte:
schwefelsaures
Manganoxydul
44,50
Mangansuperoxyd
18,90
Manganoxydul
36,60
–––––
100,00
Ich will hiermit nicht sagen, daß das Product Mangansuperoxyd (MnO²) wirklich
enthielt, sondern nur, daß es mit Salzsäure behandelt eine Chlormenge gab, die 18,90
MnO² entspricht.
Wie vorhin schon erwähnt, ist durch Gatty nachgewiesen worden, daß Chlormangan, mit
salpetersaurem Natron geglüht, ein Product liefert, welches bis zu 66 Proc.
MnO² enthält. Es war daher anzunehmen, daß eine ähnliche Umsetzung sich mit
dem schwefelsauren Manganoxydul vornehmen lasse; ich habe, um diese Frage zu
entscheiden, reines schwefelsaures Manganoxydul mit seiner äquivalenten Menge
salpetersauren Natrons geglüht, wobei eine 69,7 Proc. MnO² enthaltende Waare
resultirte. Durch diesen Versuch ermuthigt, habe ich das durch Verbrennen des reinen
Schwefelmangans erzielte Product mit einer dem schwefelsauren Manganoxydul
äquivalenten Menge salpetersauren Natrons geglüht und ein Oxyd des Mangans erhalten,
welches 51,6 Proc. MnO² anzeigte. Hieraus läßt sich der Schluß ziehen, daß
man ein an MnO² um so reicheres Product erhält, je größer der Gehalt an
schwefelsaurem Manganoxydul in dem Körper war, der mit dem salpetersauren Natron
geglüht wurde.
Nach Constatirung dieser Thatsache habe ich das Schwefelmangan im Großen dargestellt,
und zwar nach einer Methode, die mit Leichtigkeit überall befolgt werden kann, denn
in fast allen chemischen Fabriken, wo Chlormangan erhalten wird, hat man eine
entsprechende Menge Sodaschlamm zur Verfügung; dieser gibt, der Luft ausgesetzt und
dann mit Wasser ausgelaugt, eine gelbe Flüssigkeit, welche außer schwefelsaurem,
schwefligsaurem und unterschwefligsaurem Kalk eine große Quantität Zwei-,
Drei-, Vier- und Fünffach-Schwefelcalcium enthält. Obgleich man
nun diese gelben Laugen durch einfache Oxydation des Sodaschlammes an der Luft
erhalten kann, so habe ich hier in Dieuze, wo solche enorme Quantitäten zur
Umsetzung der ganzen Menge Chlormangan nöthig sind, eine eigene Methode eingeführt,
welche die Laugen in größerer Ausbeute bei geringerem Kostenpreise liefert.
Besondere Rücksichten veranlassen mich, auf diese Methode nicht weiter
einzugehen.
Diese gelben Laugen werden nun zur Fällung des Chlormangans benutzt; ist letzteres
sauer, so entwickelt sich etwas Schwefelwasserstoff, aber selten viel, da die
zugleich frei werdende schweflige und unterschweflige Säure sich damit in Wasser und
Schwefel (auch Pentathionsäure) umsetzen. Im Falle man übrigens jeden unangenehmen
Geruch vermeiden will, hat man nur nöthig das Chlormangan vorher mit Kalk oder
Kreide zu neutralisiren. Diese Fällung wird hier in kolossalen Behältern von 2000
Kubikfuß Inhalt ausgeführt; man läßt 24 Stunden absetzen und zieht dann die
wasserhelle Flüssigkeit durch Heber ab. Bekanntlich übt sowohl das Chlormangan, als
auch besonders die stets aus dem Sodaschlamm sich bildende gelbe Flüssigkeit, einen
schädlichen Einfluß auf die Vegetation aus; dagegen ist die durch Vereinigung beider
Körper erhaltene Flüssigkeit in jeder Beziehung unschädlich, sie besteht
hauptsächlich aus schwefelsaurem Kalk und Chlorcalcium, indem die niedrigen
Oxydationsstufen des Schwefels bald in Schwefelsäure übergehen. Ich kann den
Fabrikanten, welche durch Anhäufung dieser beiden höchst unangenehmen Laugen
belästigt werden, nicht genug empfehlen, diese Methode, sie unschädlich zu machen,
zu befolgen. In Dieuze wird selbst noch die völlig farblose und Chlorcalcium
enthaltende Flüssigkeit dazu benutzt, durch schwefelsaures Natron, welches, wie ich
später angeben werbe, auch als Nebenproduct erhalten wird, schwefelsauren Kalk zu
fällen, den man an Papierfabrikanten zu einem hohen Preise verkaufen kann.
Das durch Vermischen der gelben Laugen und des Chlormangans erhaltene Schwefelmangan
setzt sich mit der größten Leichtigkeit ab; es wird an der Luft oder besser an einem
durch verlorene Hitze erwärmten Ort getrocknet und ist dann eine für die
Schwefelsäure-Fabrikanten höchst werthvolle Quelle von schwefliger Säure.
Dieses Schwefelmangan enthält nämlich bis zu 57,5 Proc. Schwefel und zwar fast
vollständig im freien Zustande; es kann mit der größten Leichtigkeit in
Schwefel- oder Kiesöfen verbrannt werden. Ich habe auf diese Weise aus dem
Schwefelmangan 41 Proc. Schwefel in Form von schwefliger Säure und einen Rückstand
erhalten, der bei der Analyse ergab:
schwefelsaures
Manganoxydul
75,4
Mangansuperoxyd
8,8
Manganoxydul
15,8
–––––
100,00
Dieser Rückstand wird nun mit einer gewissen Menge salpetersauren Natrons und zwar
für je 1 Aequivalent MnO und MnO, SO³ mit 1 Aeq. NaO, NO⁵ geglüht;
schon bei einer niedrigen Temperatur, welche 300º C. nicht übersteigt,
entwickeln sich rothe Dämpfe, die durch Wasser und Luft sich mit Leichtigkeit zu
Salpetersäure condensiren lassen; nach kurzem Glühen enthält das Gemisch nur noch Spuren von
Salpetersäure. Das Endresultat der Umsetzung ist schwefelsaures Natron und
Mangansuperoxyd. Zur Trennung dieser beiden Körper wird das Product mit Wasser
ausgelaugt; man erhält in Lösung reines schwefelsaures Natron, sehr geeignet zur
Fabrication des früher schon erwähnten schwefelsauren Kalks, und als Rückstand eine
zur Chlorfabrication geeignete höhere Oxydationsstufe des Mangans mit 55,5 Proc.
MnO². Die letzte Zahl kann als Mittel der im Großen ausgeführten Versuche
dienen, obgleich der Gehalt an MnO² zuweilen noch bedeutender ausfällt.
Welchen Werth eine auf diese Weise dargestellte Waare für den Fabrikanten hat, geht
am besten aus einer vergleichenden Analyse hervor, die ich mit einem in unserem
Etablissement sehr häufig angewandten Braunstein ausgeführt habe.
Der natürliche Braunstein enthält:
Zur Sättigung desselben mit Salzsäurevon 1,17
spec. Gew. verbraucht man:
MnO²
55,86
287 Kilogr.
MnO
9,63
30 „
Fe²O³
17,17
70 „
BaO
3,29
5 „
–––––––––––
SiO³
12,81
392 Kilogr.
Wasser und Verlust
1,24
––––––
100,00
100 Kilogr. des Braunsteins liefern 45,5 Kilogr. Chlor.
Das künstlich dargestellte Product enthält:
Zur Sättigung desselben mit Salzsäurevon 1,17
spec. Gew. verbraucht man:
MnO²
55,5
271 Kilogr.
MnO
44,5
137 „
–––––
––––––––––
100,0
408 Kilogr.
100 Kilogr. des künstlich dargestellten Productes liefern 45,2 Kilogr. Chlor.
Diese Resultate zeigen, daß bei ungefähr gleicher Chlorentwickelung für das künstlich
dargestellte Mangansuperoxyd 2–3 Proc. Salzsäure mehr verbraucht werden;
erwägt man aber, daß dasselbe sich mit viel größerer Leichtigkeit als der natürliche
Braunstein und ohne einen Rückstand zu hinterlassen auflöst, so wird man jedenfalls
kein Bedenken tragen, diesem Product den Vorzug zu geben. Der künstlich dargestellte
Braunstein ist außerdem frei von Eisen, wenigstens kann man ihn sehr leicht so
erhalten; zu diesem Zwecke neutralisirt man das Chlormangan mit Kalk oder Kreide und
fügt dann einige Procente Sodaschlamm hinzu; durch die beiden ersten Körper wird das Eisen nur
schwierig, dagegen durch letzteren vollständig und nach sehr kurzer Zeit gefällt.
Das eisenfreie Chlormangan wird dann auf die angegebene Weise in die höhere
Oxydationsstufe des Mangans übergeführt, welche besonders für die Glasindustrie von
hohem Werthe ist. Um nämlich das Eisenoxydul, welches dem Glase eine grüne Farbe
ertheilt, in Eisenoxyd, das ihm eine gelbe, aber viel weniger intensive Farbe gibt,
zu verwandeln, wird in die Glasöfen Mangansuperoxyd gebracht, welches natürlich um
so geringeren Werth hat, je größer sein Gehalt an Eisen ist; den Fabrikanten kommt
es dabei viel weniger darauf an, daß das anzuwendende Manganoxyd sehr reich an
Superoxyd und arm an Manganoxydul ist, da letzteres dem Glase keine Farbe ertheilt.
Das nach meiner Methode dargestellte Mangansuperoxyd findet daher bei den
Glasfabrikanten reichlichen Absatz.
Ich will nun noch der Uebersicht wegen im Kurzen die Operationen zusammenstellen,
welche ausgeführt werden müssen, um aus dem Chlormangan eine zur Chlorfabrication
sich eignende höhere Oxydationsstufe des Mangans darzustellen:
1) Fällen des mit Kalk oder Kreide (auch Sodaschlamm)
neutralisirten Chlormangans mittelst der bei der Oxydation des Sodaschlammes
erhaltenen gelben Laugen.
2) Trocknen und Verbrennen des 57 Procent Schwefel enthaltenden
Schwefelmangans zur Fabrication der Schwefelsäure.
3) Glühen des gerösteten Schwefelmangans mit einer entsprechenden
Menge salpetersauren Natrons; Verwendung der salpetrigen Dämpfe für die
Schwefelsäurekammern oder zur Salpetersäurefabrication.
4) Auslaugen des gebildeten schwefelsauren Natrons und
Verwerthung desselben zur Fabrication von schwefelsaurem Kalke.
5) Verarbeitung des 55,5 Proc. MnO² enthaltenden
Manganoxydes auf Chlor, oder Verwendung desselben bei der
Glasfabrication.