| Titel: | Die Gewinnung des Chlorkaliums aus dem Staßfurter Carnallit. | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XCV., S. 376 | 
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                        XCV.
                        Die Gewinnung des Chlorkaliums aus dem Staßfurter
                           Carnallit.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1866 S. 186.
                        Verfahren zur Gewinnung des Chlorkaliums in Staßfurt.
                        
                     
                        
                           Der Bergingenieur G. Fuchs hat in den Annales des mines,
                              1865, t. VIII p. 1–113 eine ausführliche Arbeit über das Steinsalzlager zu
                              Staßfurt veröffentlicht, in welcher auch eine Beschreibung des dort zur Gewinnung
                              des Chlorkaliums angewendeten Verfahrens mitgetheilt wird.
                           Bekanntlich ist das reine Steinsalz dort von einer mächtigen Lage eines unreinen
                              Salzes (Abraumsalz) bedeckt, worin sich außer mehreren anderen interessanten
                              Mineralien zwei technisch nutzbare in reichlicher Menge finden, der Kieserit, eine
                              schwefelsaure Talkerde mit 1 Atom Wasser, und der Carnallit, ein wasserhaltiges
                              Doppelsalz von Chlormagnesium mit Chlorkalium (KCl + 2MgCl + 12HO). Die beiden
                              Chlorüre sind nur durch eine sehr schwache Verwandtschaft vereinigt, so daß sie sich
                              beim Auflösen in heißem Wasser trennen, indem beim Erkalten Chlorkalium
                              herauskrystallisirt, das Chlormagnesium aber gelöst bleibt. Auch wenn das Doppelsalz
                              mit wenig kaltem Wasser Uebergossen oder der feuchten Luft ausgesetzt wird, löst
                              sich das Chlormagnesium auf, und es bleibt Chlorkalium zurück. Dieses Doppelsalz,
                              welches schon vor längerer Zeit von Liebig in der
                              Mutterlauge einer Saline gefunden ward, bietet daher ein sehr bequemes Material zur
                              Bereitung von Chlorkalium dar. – Das Chlorkalium ward bisher angewendet zur
                              Verwandlung des salpetersauren Natrons aus Peru in salpetersaures Kali und zur
                              Darstellung des Kalialauns. Es ward erhalten aus der Asche des Seetangs (Kelp),
                              besonders zu Cherbourg in Frankreich und zu Glasgow in Schottland, und in größerer
                              Menge bei den Seesalzsalinen der Camargue im südlichen Frankreich, nach einem von
                              Balard erfundenen Verfahren. Aus dem Carnallit läßt
                              es sich aber soviel wohlfeiler darstellen, daß es schon in Paris mit dem
                              französischen Fabricat concurrirt und das letztere ganz zu verdrängen droht.
                           
                           Der Carnallit findet sich zu Staßfurt in unerschöpflicher Menge. Man schätzt die
                              Oberfläche des Abraumsalzes auf 450 Quadrat-Kilometer (8 Quadratmeilen).
                              Davon hat die den Carnallit vorzüglich (circa 60
                              Procent) enthaltende Schicht eine Dicke von 19 Meter. Schon der kleine Theil des
                              Lagers, welcher bei Staßfurt und Anhalt aufgeschlossen ist, sichert der
                              Chlorkaliumfabrication eine in technischer Hinsicht fast unbegrenzte Zukunft. Leider
                              ist die Fabrication mit einer fieberhaften Eile betrieben worden – 18
                              Fabriken existiren dort – so daß der Bedarf zu Salpeter und Alaun die
                              Production nicht aufnehmen konnte. Es wird daher nöthig nach andern Anwendungen zu
                              suchen. Was sich zuerst darbietet, ist die Verwandlung des Chlorkaliums in
                              kohlensaures Kali (Potasche), welche sich ganz auf gleiche Weise bewerkstelligen
                              läßt wie die des Chlornatriums (Kochsalz) in kohlensaures Natron (Soda). Das
                              Chlorkalium kann durch Erhitzen mit Schwefelsäure in schwefelsaures Kali verwandelt
                              werden. Dieses wird dann mit kohlensaurem Kalk und Kohle geschmolzen, wodurch
                              Schwefelcalcium und kohlensaures Kali entstehen, welches letztere durch Wasser
                              ausgezogen wird. Im südlichen Frankreich gewinnt man auf diese Weise bereits
                              kohlensaures Kali im Großen. Man wendet jedoch dort nicht Schwefelsäure zur
                              Verwandlung des Chlorkaliums in schwefelsaures Kali an, sondern bewirkt diese durch
                              schwefelsaure Talkerde. Die Mutterlaugen des Seesalzes liefern durch Verdunstung an
                              der Luft zuerst fast reines Kochsalz, dann ein Gemenge von schwefelsaurer Talkerde
                              und Kochsalz, und endlich ein sehr unreines Chlorkalium. Von den beiden letzteren
                              Absätzen löst man entsprechende Mengen in kochendem Wasser auf, so daß auf 1 Atom
                              Chlorkalium mehr als 2 Atome schwefelsaure Talkerde kommen. Beim Erkalten
                              krystallisirt dann ein Doppelsalz von schwefelsaurer Kalkerde mit schwefelsaurem
                              Kali (MgO, SO³ + KaO, SO³ + 6HO) in großen schönen Krystallen heraus,
                              indem zugleich Chlormagnesium sich bildet. Dieses zersetzt sich beim Wiederauflösen
                              in heißem Wasser in auskrystallisirendes schwefelsaures Kali und gelöst bleibende
                              schwefelsaure Talkerde. Diese Zersetzung geht nicht so leicht von statten, wie die
                              des Carnallits, indeß kann man durch ein zweimaliges Umkrystallisiren ein Salz mit
                              80 Proc. schwefelsaurem Kali erhalten, welches schon reich genug ist, um mit
                              kohlensaurem Kalk und Kohle geschmolzen werden zu können.
                           Dieses Verfahren wird möglicher Weise auch zu Staßfurt der Behandlung des
                              Chlorkaliums mit Schwefelsäure vorzuziehen seyn, weil das dort dargestellte
                              Chlorkalium noch 15–20 Proc. Kochsalz und andere Salze enthält und daher eine
                              sehr natronhaltige Potasche liefern würde, während bei dem französischen Verfahren
                              das Kochsalz abgesondert wird. Man hat indeß zu Staßfurt noch nicht mit der Fabrication
                              von Potasche begonnen, aber die Herren Vorster und Grüneberg fabriciren schwefelsaures Kali von
                              verschiedenem Grade der Reinheit für den Ackerbau. Sie halten ihr Verfahren noch
                              geheim, wenden jedoch gleichfalls schwefelsaure Talkerde dazu an, welche der dort
                              reichlich vorkommende Kieserit (MgO, SO³ + HO) liefert.
                           Die Pflanzen bedürfen bekanntlich Kali, das sich ja in ihrer Asche in Menge findet,
                              zum Gedeihen. Wenn es nun auch scheint, als ob die meisten Bodenarten davon
                              reichlich genug enthielten, so ist doch nur wenig in einem solchen Zustande, daß es
                              leicht von den Pflanzen aufgenommen wird. Es ist meist als Feldspath (kieselsaures
                              Thonerde-Kali) darin enthalten, und dieser wird ja selbst von starken
                              Mineralsäuren kaum angegriffen. Durch die Verwitterung wird das Kali allerdings aus
                              demselben ausgezogen, aber dieß ist ein sehr langsamer Proceß, welcher früher, als
                              man noch Brache anwendete, allenfalls ausreichen konnte, jetzt aber bei der
                              vermehrten Menschenmenge und der intensiven Cultur nicht mehr. Man hat bis jetzt
                              hauptsächlich nur auf Zufuhr von Stickstoff und Phosphorsäure sein Augenmerk
                              gerichtet, allein die Erfahrung zeigt schon deutlich genug, daß es bald nothwendig
                              wird, dem Boden auch das entzogene Kali wieder zurück zu erstatten.
                           Ein Boden, welcher einige Jahre Klee getragen hat, gibt bald nur schlechte und
                              ungenügende Ernten. Die Asche des Klees hält dann nur 1/10 ihres früheren
                              Kaligehaltes, und ein Boden, welcher 13,4 Kali in 100000 Theilen enthalten hatte,
                              hielt dann nur noch 3 Theile. – Beim Bau der Runkelrüben hat man schon
                              vielfältig erfahren, daß trotz reichlicher Zufuhr von Phosphorsäure der Zuckergehalt
                              der Rüben plötzlich abnahm, weil der Boden zuviel Kali verloren hatte. Es ist nun
                              nicht erforderlich, kohlensaures Kali auf das Land zu bringen, obgleich dieß
                              hauptsächlich in der Pflanzenasche vorkommt. Ein etwas Thon und Kalk enthaltender
                              Boden hat die wunderbare Eigenschaft, aus schwefelsaurem Kali und Chlorkalium Kali
                              aufzunehmen und unlöslich in Wasser zu machen, während die Säuren sich mit dem Kalk
                              oder der Talkerde im Boden vereinigen. Da aber Chlorcalcium und Chlormagnesium in
                              den Rübensaft übergehen, und die Reinigung des Zuckers erschweren, ist es besser,
                              statt Chlorkalium das schwefelsaure Kali anzuwenden, da der hier entstehende
                              schwefelsaure Kalk diesen schädlichen Einfluß nicht zeigt, sondern günstig wirkt,
                              indem er den Pflanzen den nöthigen Schwefel liefert, Ammoniak bindet und das
                              kieselsaure Kali im Boden in lösliches schwefelsaures Kali verwandelt. Es ist daher
                              sehr zu wünschen, daß die Anwendung des schwefelsauren Kalis zunehmen möge, wodurch
                              der Staßfurter Industrie
                              aufgeholfen und das dortige Lager ein Segen für den Ackerbau werden würde.
                           ––––––––––
                           Der Carnallit sieht beinahe aus wie Steinsalz, ist aber meistens von Eisenoxyd roth
                              gefärbt. Da er an der Luft zerfließt, läßt er sich nicht wohl über Tage aufbewahren.
                              Er wird daher schon in der Grube ausgesucht, was glücklicher Weise die großen Räume
                              in derselben gestatten. Man fördert nur das täglich von den Fabriken benöthigte
                              Quantum, welches nach denselben auf Schienenwegen in geschlossenen Wagen unmittelbar
                              zu den Auslaugegefäßen gefahren wird. Einige Fabriken wenden den Carnallit in grob
                              gemahlenem Zustande an. Das Mahlen wird von der Grubendirection besorgt, und werden
                              dazu große eiserne Kaffeemühlen von 0,4 Meter Durchmesser gebraucht. Eine solche
                              Mühle zerkleinert in 24 Stunden 30 Tonnen (à 1000
                              Kilogrammen). Von jedem Eisenbahnwagen wird eine Probe genommen und darin der Gehalt
                              an Chlorkalium bestimmt. In der letzten Hälfte des Januars 1865 betrug z.B. der
                              Gehalt 16, 15, 14, 16, 15, 16, 16, 17, 18, 19, 17, 18, 18, 16, im Durchschnitt 16,5
                              Proc.
                           1864 erhielten die Fabriken von den beiden Gruben zu Staßfurt und Anhalt 125,000
                              Tonnen Carnallit, welcher im Durchschnitt folgende Zusammensetzung hatte:
                           
                              
                                 Chlorkalium
                                   17,5 (15–20)
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                   22,0
                                 
                              
                                 Chlormagnesium
                                   23,5 
                                 
                              
                                 schwefelsaure
                                    Talkerde      
                                     9,0
                                 
                              
                                 Wasser
                                   28,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Fuchs konnte keine genaue Angabe über den Gestehungspreis
                              des Carnallits erhalten, die mündlichen Angaben schwankten zwischen 8 Frcs. 75 Cent,
                              bis 10 Frcs. die Tonne.
                           Der Verkaufspreis variirt nach dem Gehalt an Chlorkalium.
                           Reiches Salz nennt man das mit 18 Proc., gewöhnliches das mit 15 Proc. – 1865
                              kostete: reiches Salz in Stücken 21 Frcs. 25 Cent. die Tonne, gemahlenes 23 Frcs. 15
                              Cent. Gewöhnliches gemahlen 17 Frcs. 30 Cent.
                           Diese Preise galten bis Anfang 1865, wo eine Ermäßigung um 2 Frcs. eintrat; der Preis
                              des mittleren Salzes in Stücken war dann 17 Frcs. 50 Cent., im Anfange fiel er auf
                              16 Frcs. 25 Cent. und nach späteren Nachrichten hat die preußische Regierung im
                              Verein mit der anhaltischen den Preis des mittleren Salzes in Stücken auf 12 Frcs. 50 Cent.
                              herabgesetzt.
                           ––––––––––
                           Aus dem Carnallit wird bis jetzt nur das Chlorkalium gewonnen, das Chlormagnesium
                              läßt man verloren gehen. Das Verfahren besteht aus folgenden Operationen:
                           1) Auslaugen des Carnallits mit einer zur völligen Lösung unzureichenden Menge heißen
                              Wassers, wodurch hauptsächlich nur Chlorkalium und Chlormagnesium gelöst werden, die
                              größte Menge des Kochsalzes und der schwefelsauren Talkerde aber zurückbleibt.
                           2) Auskrystallisiren des Chlorkaliums durch Abkühlung.
                           3) Abdampfen und Erkälten der Mutterlauge, wodurch eine zweite Krystallisation von
                              Chlorkalium erhalten wird.
                           4) Nochmaliges Abdampfen und Erkälten der Mutterlaugen, wo das Doppelsalz von
                              Chlorkalium und Chlormagnesium (KaCl + 2MgCl + 12HO), künstlicher Carnallit,
                              erhalten wird, welcher dann eben so wie der natürliche verarbeitet wird.
                           5) Auswaschen des Chlorkaliums, Trocknen und Einpacken.
                           
                        
                           1) Auslaugung.
                           Der Carnallit wird aus den Wagen sogleich in gußeiserne Auslaugegefäße gebracht und
                              mit 3/4 seines Gewichts von Wasser, welches zum Waschen von Chlorkalium gedient hat
                              und viel Kochsalz und etwas Chlorkalium enthält, übergossen und dann durch ein
                              ringförmiges Rohr Dampf von 120º C. hineingeleitet. In der Fabrik von Grüneberg, wo man den Carnallit in Stücken anwendet,
                              fassen die Gefäße nur 2,5 Tonnen Carnallit, sind offen, und ein Arbeiter rührt
                              beständig darin, um die Auflösung zu beschleunigen. In der von Douglas, welche gemahlenen Carnallit verarbeitet, fassen sie 20 Tonnen
                              davon, sind mit einem dicht schließenden Deckel bedeckt, in welchem nur eine
                              Oeffnung zum Entweichen des überflüssigen Dampfes befindlich ist. Eine von einer
                              Dampfmaschine bewegte verticale eiserne Welle mit Armen geht durch die Achse des
                              Gefäßes und bewegt das Salz beständig umher. Dieß dauert etwa drei Stunden, worauf
                              man zwei Tage ruhig stehen läßt. Die Auflösung ist dann ganz gesättigt und zeigt 32
                              Grad Baumé. Der obere Hahn wird nun geschlossen und ein unterer mit einer
                              aufwärtsgehenden Röhre geöffnet. Der Dampf drückt die Lösung in diese hinauf nach
                              dem Krystallisationsraume. Der Rückstand, welcher etwa 1/3 des angewendeten
                              Carnallits beträgt, wird noch ein- oder zweimal mit Wasser ausgelaugt. Seine Zusammensetzung
                              schwankt etwas, ist reicher an Chlorkalium, wenn man Stücke, ärmer wenn man Pulver
                              anwendet. Er enthält nach
                           
                              
                                 
                                 
                                    Bischof
                                    
                                 
                                    Grüneberg
                                    
                                 
                              
                                 schwefelsaure
                                    Talkerde       
                                 33,9
                                 30,35
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 54,1
                                 50,55
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                   3,1
                                 5
                                 
                              
                                 Chlormagnesium
                                   3,0
                                 5
                                 
                              
                                 Wasser
                                   5,6
                                 5
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,7
                                 95,9
                                 
                              
                           Diese Rückstände wurden bisher fortgeworfen. Man geht aber jetzt damit um, daraus
                              durch Auflösen in Wasser und Abkühlen der Losung unter 0º Glaubersalz (NaO,
                              SO³ + 10HO) zu gewinnen. Die HHrn. Grüneberg und
                              Vorster haben auch hierin zuerst die Bahn
                              gebrochen.
                           
                        
                           2) Krystallisiren und
                                 Waschen.
                           Die Krystallisationsgefäße aus Eisenblech oder Holz sind entweder flache Kästen (Grüneberg) oder hölzerne Fässer von 1m,20 Durchm. und 1m,5 bis 1m,9 Höhe. Beim Abkühlen
                              krystallisirt das Chlorkalium mit etwas Kochsalz gemischt und stark mit
                              Chlormagnesium imprägnirt. Das an den Seiten der Gefäße sich ansetzende ist reiner
                              und enthält etwa 70 Procent Chlorkalium, das Bodensalz unreiner (55 Proc.). Nach
                              vier Tagen beträgt der Absatz in der Fabrik von Douglas
                              in tiefen Krystallbottichen 7,5 Proc. des Carnallits oder 1500 Kilogr. von 20
                              Tonnen. In flachen Gefäßen (Grüneberg) geht die Abkühlung
                              schneller, das Salz ist feiner, was zu weiterer Verwendung vortheilhaft ist, aber es
                              ist unreiner als das größer krystallisirte von Douglas
                              und verlangt längeres und sorgfältigeres Auswaschen. Letzteres geschieht in flachen
                              Kästen von Eisenblech mit geneigtem Boden. Man nimmt dazu reines Wasser, welches man
                              eine Stunde darauf stehen läßt und dann abzapft. Dieses Wasser dient wie oben
                              erwähnt zum Auskochen des Carnallits. Eine einzige solche Waschung bringt das grob
                              krystallisirte von den Seiten der Gefäße auf 80 Proc. Chlorkalium, das fein
                              krystallisirte verlangt zwei bis drei Waschungen. Die meisten Fabriken liefern das
                              Salz mit diesem Gehalt von 80 Proc., einige wenige treiben es auf 85–87.
                              Ueber diesen Gehalt ist es nicht vortheilhaft, das Salz anzureichern.
                           
                        
                           3) Eindampfung der ersten
                                 Mutterlauge.
                           Sie geschieht in eisernen Pfannen von verschiedener Größe. In der Fabrik der
                              englischen Gesellschaft dienen dazu zwei sehr große von 16 Meter Länge, welche durch die
                              verlorene Hitze eines Dampfkessels erwärmt werden. In anderen werden kleinere von
                              6–8 Meter direct durch Braunkohlen erhitzt. Letztere kommen in der Nähe von
                              Staßfurt vor und werden durch Tagebau gewonnen. Sie sind sehr billig, 5 Fr. 75 Cts.
                              die Tonne, brennen jedoch ziemlich schwierig und man gibt ihnen meistens einen
                              Zusatz von 1/13 bis 1/10 ihres Gewichts an Steinkohle, wovon die Tonne auf 16 Fr. zu
                              stehen kommt. Einige Fabriken, namentlich die von Grüneberg, wenden jedoch
                              Braunkohle allein an. Da beim Eindampfen reichlich Kochsalz niederfällt, welches am
                              Boden festbrennen könnte, so läßt man die Flamme nur die Wände des Kessels umspielen
                              und rührt beständig um, damit sich an diesen das Salz nicht festsetzt. Nachdem die
                              Lauge auf etwa 2/3 ihres Volumens eingedampft ist, zeigt sie 33º B. Man läßt
                              sie dann in die Krystallisationsgefäße ablaufen und nimmt das niedergefallene Salz
                              aus den Pfannen heraus. Es besteht aus 60–65 Proc. Kochsalz, 6 Proc.
                              Chlorkalium und 30 Proc. eines Doppelsalzes von schwefelsaurer Talkerde und
                              schwefelsaurem Kali (MgO, SO³ + KaO, SO³ + 6HO). Es wird als Dünger
                              verwandt, und man hofft 1865 davon 2000–2500 Tonnen abzusetzen.
                           In der Fabrik von Douglas, wo ein Theil der Lauge durch
                              die verlorene Hitze des Dampfkessels vorläufig eingedampft wird, gebraucht man 1250
                              Kilogr. Braunkohle und 120 Kilogr. Steinkohle zum Eindampfen von 22 Kubikmeter
                              Mutterlauge, was 5,15 Liter verdampftes Wasser auf 1 Kilogr. Kohle ergibt.
                           In einigen Fabriken erhitzt man die Abdampfkessel durch Dampf. Vier Röhren liegen
                              dazu parallel den langen Seiten im Kessel und öffnen sich dann in den Raum zwischen
                              dem Kessel und einem ihn umgebenden Mantel. Die Concentration geht schneller als bei
                              der directen Erhitzung.
                           Die Krystallisation der zweiten Lauge gibt eine neue Quantität Chlorkalium, welches
                              aber nur 50–60 Proc. enthält und 2–3 Waschungen erfordert, um auf 80
                              gebracht zu werden.
                           
                        
                           4) und 5) Behandlung der zweiten
                                 Mutterlauge, Trocknen und Einpacken des Chlorkaliums.
                           Sie wird bis auf 35º B. concentrirt, wobei ein ähnliches Salzgemenge, wie bei
                              der ersten Concentration niederfällt, welches mit diesem vereinigt wird. Dieses
                              Gemenge enthält dann gegen 10 Proc. Kali und wird, wie schon erwähnt, mit Vortheil
                              als Dünger verwandt.
                           Diese concentrirte Lauge gibt nun aber beim Krystallisiren nicht Chlorkalium, sondern
                              künstlichen Carnallit (2MgCl + KaCl + 12HO), welcher ebenso behandelt wird wie der natürliche, nur ist
                              die Arbeit bei seiner größeren Reinheit viel einfacher und rascher. Man löst etwa
                              drei Tonnen davon auf einmal in heißem Wasser auf, was drei Stunden erfordert, läßt
                              zwei Stunden ruhig stehen und zapft dann in die Krystallgefäße ab. Da der künstliche
                              Carnallit nur wenig Kochsalz enthält, so fällt das Chlorkalium viel reiner aus, und
                              man kann es durch Auswaschen auf 85 bis 90 Proc. bringen. Darüber hinauszugehen,
                              scheint aber nicht vortheilhaft zu seyn.
                           Die Lauge, woraus der künstliche Carnallit krystallisirte, enthält nur noch 1/2 bis 1
                              Proc. Chlorkalium und wird in den Fluh ablaufen gelassen. Die von dem Wiederauflösen
                              desselben enthält nach Bischof:
                           
                              
                                 schwefelsaure
                                    Talkerde      
                                 2,5
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 0,2
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                 2,3
                                 
                              
                                 Chlormagnesium
                                 30,2
                                 
                              
                                 Wasser
                                 64,2
                                 
                              
                                 
                                 –––
                                 
                              
                                 
                                 99,4
                                 
                              
                           Man läßt sie jetzt noch fortlaufen, ist aber mit Versuchen beschäftigt, daraus
                              Magnesiasalze darzustellen.
                           ––––––––––
                           Das durch Waschen gereinigte Chlorkalium wird schnell getrocknet entweder in einem
                              Flammofen, wo es eine schwache Calcination erleidet, oder auf dem metallenen Boden
                              einer Kammer, welche durch Röhren erhitzt wird, die durch die Feuerluft eines
                              Braunkohlenfeuers geheizt werden. 6 Tonnen Salz werden in 24 Stunden mit 600
                              Kilogramm. Braunkohle von zwei Arbeitern getrocknet.
                           Nach dem Trocknen wird das Salz zerdrückt, gesiebt und in Fässer von Tannenholz
                              gepackt, welche etwa 500 Kilogramme enthalten. Sie werden dann in der Fabrik selbst
                              auf Waggons der Magdeburger Eisenbahn geladen und nach den verschiedenen
                              europäischen Märkten versandt.
                           Um einen Begriff von der Bedeutung der dortigen Chlorkalium-Fabriken zu geben,
                              folgt hier eine kleine Tabelle mit den Angaben, welche Fuchs von drei derselben erhalten konnte:
                           
                              
                                 
                                 Fabrik der engl. Gesellschaft
                                 
                                    Grüneberg
                                    
                                 
                                    Douglas
                                    
                                 
                              
                                 
                                 1863.
                                 1864.
                                 1864.
                                 
                              
                                 Anlagekosten
                                 160,000 Frcs.
                                 –
                                 200,000 Frcs.
                                 
                              
                                 Carnallit täglich verarbeitet   
                                 40 Tonnen
                                 50
                                 40
                                 
                              
                                 Anzahl der Arbeiter
                                 36
                                 45
                                 40
                                 
                              
                                 Auslösungskessel
                                 2 große
                                 13 kleine
                                 2 große 1 kleiner
                                 
                              
                                 Krystallgefäße
                                 36
                                 70
                                 60–70
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 
                                 Fabrik der engl. Gesellschaft
                                 
                                    Grüneberg
                                    
                                 
                                    Douglas
                                    
                                 
                              
                                 
                                 1863.
                                 1864.
                                 1864.
                                 
                              
                                 Braunkohle tägl. verbraucht   
                                 12
                                 40
                                 
                                 
                              
                                 Steinkohle
                                 1
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Concentrationskessel
                                 2 große
                                 8 kl. n. 1 Cisterne
                                 2 gr. mit directemFeuer, 1 m. Dampfund 1
                                    Cisterne
                                 
                              
                                 Trockenvorrichtung
                                 
                                 1 Flammofen
                                 1 Kammer
                                 
                              
                                 Verlust an Chlorkalium
                                 40 Procent
                                 33–38
                                 33–34
                                 
                              
                           Außerdem enthalten alle diese Fabriken Dampfkessel zur Auflösung, Pumpen, Waschkästen
                              und eine oder mehrere kleine Dampfmaschinen.
                           Die Fabrik der englischen Compagnie bildet ein Viereck von etwa 40 Meter Seite und
                              besteht aus 4 neben einander liegenden Räumen, der erste zum Auflösen, der zweite
                              zum Krystallisiren, der dritte zum Concentriren, der vierte für den Dampfkessel.
                           Sämmtliche Fabriken von Staßfurt und Anhalt producirten 1864 16,500 Tonnen
                              Chlorkalium von 80 Proc.
                           In der Fabrik von Grüneberg betrugen die Productionskosten
                              von 100 Kilogrm. Chlorkalium von 80 Proc. im April 1865:
                           
                              
                                 700 Kilogr. Carnallit à 17,5 Procent Chlorkalium. Verlust zu 33 Proc.,
                                 
                              
                                        die
                                    Tonne à 16 Frcs. 25 Cts.
                                 11,55 Fr.
                                 
                              
                                 1 1/2 Arbeitstage0,46 Tonnen
                                    BraunkohleReparaturenTransport, Emballageallgemeine Kosten,
                                    Aufsicht   
                                 4,1252,6250,5000,6250,625
                                 
                                    
                                    
                                   8,55  „
                                 
                              
                                 Zinsen des Capitals, 10 Procent für
                                    Immobilien,        15
                                    für Apparate
                                   1,5   „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 21 Frcs. 60 Cts.
                                 
                              
                           Der seitdem eingetretene ermäßigte Preis des Carnallits vermindert aber den
                              Gestehungspreis zu 18 Frcs. 80 Cent.
                           Im Anfang 1863 galten 100 Kilogrm. Chlorkalium à
                              80 Procent zu Staßfurt 40 Frcs., im Januar 1865 war der Preis auf 29 Frcs. gefallen,
                              und gegen Ende desselben Jahres auf 18 Frcs. 70 Cent., also weniger als der
                              Selbstkostenpreis.Jetzt soll er nur 15 Frcs. betragen. Dieß erklärt sich nur daraus, daß man auf die Amortisation des Capitals
                              verzichtet oder daß die Nebenproducte noch einen Vortheil abwerfen. Die fieberhafte
                              Concurrenz der 18 rivalisirenden Fabriken wird sie nöthigen, jeden möglichen solchen
                              Nebengewinn aufzusuchen und auch wohl die Gewinnung des Chlorkaliums zu
                              vervollkommnen, wovon jetzt noch der dritte Theil verloren geht.
                           
                           Es geht aber daraus hervor, daß das Chlorkalium von Staßfurt bald alle Concurrenz
                              damit unmöglich machen und die Märkte Europa's hauptsächlich oder ausschließlich
                              versorgen wird.
                           
                              Stromeyer