Titel: | Die Gewinnung des Chlorkaliums aus dem Staßfurter Carnallit. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XCV., S. 376 |
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XCV.
Die Gewinnung des Chlorkaliums aus dem Staßfurter
Carnallit.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1866 S. 186.
Verfahren zur Gewinnung des Chlorkaliums in Staßfurt.
Der Bergingenieur G. Fuchs hat in den Annales des mines,
1865, t. VIII p. 1–113 eine ausführliche Arbeit über das Steinsalzlager zu
Staßfurt veröffentlicht, in welcher auch eine Beschreibung des dort zur Gewinnung
des Chlorkaliums angewendeten Verfahrens mitgetheilt wird.
Bekanntlich ist das reine Steinsalz dort von einer mächtigen Lage eines unreinen
Salzes (Abraumsalz) bedeckt, worin sich außer mehreren anderen interessanten
Mineralien zwei technisch nutzbare in reichlicher Menge finden, der Kieserit, eine
schwefelsaure Talkerde mit 1 Atom Wasser, und der Carnallit, ein wasserhaltiges
Doppelsalz von Chlormagnesium mit Chlorkalium (KCl + 2MgCl + 12HO). Die beiden
Chlorüre sind nur durch eine sehr schwache Verwandtschaft vereinigt, so daß sie sich
beim Auflösen in heißem Wasser trennen, indem beim Erkalten Chlorkalium
herauskrystallisirt, das Chlormagnesium aber gelöst bleibt. Auch wenn das Doppelsalz
mit wenig kaltem Wasser Uebergossen oder der feuchten Luft ausgesetzt wird, löst
sich das Chlormagnesium auf, und es bleibt Chlorkalium zurück. Dieses Doppelsalz,
welches schon vor längerer Zeit von Liebig in der
Mutterlauge einer Saline gefunden ward, bietet daher ein sehr bequemes Material zur
Bereitung von Chlorkalium dar. – Das Chlorkalium ward bisher angewendet zur
Verwandlung des salpetersauren Natrons aus Peru in salpetersaures Kali und zur
Darstellung des Kalialauns. Es ward erhalten aus der Asche des Seetangs (Kelp),
besonders zu Cherbourg in Frankreich und zu Glasgow in Schottland, und in größerer
Menge bei den Seesalzsalinen der Camargue im südlichen Frankreich, nach einem von
Balard erfundenen Verfahren. Aus dem Carnallit läßt
es sich aber soviel wohlfeiler darstellen, daß es schon in Paris mit dem
französischen Fabricat concurrirt und das letztere ganz zu verdrängen droht.
Der Carnallit findet sich zu Staßfurt in unerschöpflicher Menge. Man schätzt die
Oberfläche des Abraumsalzes auf 450 Quadrat-Kilometer (8 Quadratmeilen).
Davon hat die den Carnallit vorzüglich (circa 60
Procent) enthaltende Schicht eine Dicke von 19 Meter. Schon der kleine Theil des
Lagers, welcher bei Staßfurt und Anhalt aufgeschlossen ist, sichert der
Chlorkaliumfabrication eine in technischer Hinsicht fast unbegrenzte Zukunft. Leider
ist die Fabrication mit einer fieberhaften Eile betrieben worden – 18
Fabriken existiren dort – so daß der Bedarf zu Salpeter und Alaun die
Production nicht aufnehmen konnte. Es wird daher nöthig nach andern Anwendungen zu
suchen. Was sich zuerst darbietet, ist die Verwandlung des Chlorkaliums in
kohlensaures Kali (Potasche), welche sich ganz auf gleiche Weise bewerkstelligen
läßt wie die des Chlornatriums (Kochsalz) in kohlensaures Natron (Soda). Das
Chlorkalium kann durch Erhitzen mit Schwefelsäure in schwefelsaures Kali verwandelt
werden. Dieses wird dann mit kohlensaurem Kalk und Kohle geschmolzen, wodurch
Schwefelcalcium und kohlensaures Kali entstehen, welches letztere durch Wasser
ausgezogen wird. Im südlichen Frankreich gewinnt man auf diese Weise bereits
kohlensaures Kali im Großen. Man wendet jedoch dort nicht Schwefelsäure zur
Verwandlung des Chlorkaliums in schwefelsaures Kali an, sondern bewirkt diese durch
schwefelsaure Talkerde. Die Mutterlaugen des Seesalzes liefern durch Verdunstung an
der Luft zuerst fast reines Kochsalz, dann ein Gemenge von schwefelsaurer Talkerde
und Kochsalz, und endlich ein sehr unreines Chlorkalium. Von den beiden letzteren
Absätzen löst man entsprechende Mengen in kochendem Wasser auf, so daß auf 1 Atom
Chlorkalium mehr als 2 Atome schwefelsaure Talkerde kommen. Beim Erkalten
krystallisirt dann ein Doppelsalz von schwefelsaurer Kalkerde mit schwefelsaurem
Kali (MgO, SO³ + KaO, SO³ + 6HO) in großen schönen Krystallen heraus,
indem zugleich Chlormagnesium sich bildet. Dieses zersetzt sich beim Wiederauflösen
in heißem Wasser in auskrystallisirendes schwefelsaures Kali und gelöst bleibende
schwefelsaure Talkerde. Diese Zersetzung geht nicht so leicht von statten, wie die
des Carnallits, indeß kann man durch ein zweimaliges Umkrystallisiren ein Salz mit
80 Proc. schwefelsaurem Kali erhalten, welches schon reich genug ist, um mit
kohlensaurem Kalk und Kohle geschmolzen werden zu können.
Dieses Verfahren wird möglicher Weise auch zu Staßfurt der Behandlung des
Chlorkaliums mit Schwefelsäure vorzuziehen seyn, weil das dort dargestellte
Chlorkalium noch 15–20 Proc. Kochsalz und andere Salze enthält und daher eine
sehr natronhaltige Potasche liefern würde, während bei dem französischen Verfahren
das Kochsalz abgesondert wird. Man hat indeß zu Staßfurt noch nicht mit der Fabrication
von Potasche begonnen, aber die Herren Vorster und Grüneberg fabriciren schwefelsaures Kali von
verschiedenem Grade der Reinheit für den Ackerbau. Sie halten ihr Verfahren noch
geheim, wenden jedoch gleichfalls schwefelsaure Talkerde dazu an, welche der dort
reichlich vorkommende Kieserit (MgO, SO³ + HO) liefert.
Die Pflanzen bedürfen bekanntlich Kali, das sich ja in ihrer Asche in Menge findet,
zum Gedeihen. Wenn es nun auch scheint, als ob die meisten Bodenarten davon
reichlich genug enthielten, so ist doch nur wenig in einem solchen Zustande, daß es
leicht von den Pflanzen aufgenommen wird. Es ist meist als Feldspath (kieselsaures
Thonerde-Kali) darin enthalten, und dieser wird ja selbst von starken
Mineralsäuren kaum angegriffen. Durch die Verwitterung wird das Kali allerdings aus
demselben ausgezogen, aber dieß ist ein sehr langsamer Proceß, welcher früher, als
man noch Brache anwendete, allenfalls ausreichen konnte, jetzt aber bei der
vermehrten Menschenmenge und der intensiven Cultur nicht mehr. Man hat bis jetzt
hauptsächlich nur auf Zufuhr von Stickstoff und Phosphorsäure sein Augenmerk
gerichtet, allein die Erfahrung zeigt schon deutlich genug, daß es bald nothwendig
wird, dem Boden auch das entzogene Kali wieder zurück zu erstatten.
Ein Boden, welcher einige Jahre Klee getragen hat, gibt bald nur schlechte und
ungenügende Ernten. Die Asche des Klees hält dann nur 1/10 ihres früheren
Kaligehaltes, und ein Boden, welcher 13,4 Kali in 100000 Theilen enthalten hatte,
hielt dann nur noch 3 Theile. – Beim Bau der Runkelrüben hat man schon
vielfältig erfahren, daß trotz reichlicher Zufuhr von Phosphorsäure der Zuckergehalt
der Rüben plötzlich abnahm, weil der Boden zuviel Kali verloren hatte. Es ist nun
nicht erforderlich, kohlensaures Kali auf das Land zu bringen, obgleich dieß
hauptsächlich in der Pflanzenasche vorkommt. Ein etwas Thon und Kalk enthaltender
Boden hat die wunderbare Eigenschaft, aus schwefelsaurem Kali und Chlorkalium Kali
aufzunehmen und unlöslich in Wasser zu machen, während die Säuren sich mit dem Kalk
oder der Talkerde im Boden vereinigen. Da aber Chlorcalcium und Chlormagnesium in
den Rübensaft übergehen, und die Reinigung des Zuckers erschweren, ist es besser,
statt Chlorkalium das schwefelsaure Kali anzuwenden, da der hier entstehende
schwefelsaure Kalk diesen schädlichen Einfluß nicht zeigt, sondern günstig wirkt,
indem er den Pflanzen den nöthigen Schwefel liefert, Ammoniak bindet und das
kieselsaure Kali im Boden in lösliches schwefelsaures Kali verwandelt. Es ist daher
sehr zu wünschen, daß die Anwendung des schwefelsauren Kalis zunehmen möge, wodurch
der Staßfurter Industrie
aufgeholfen und das dortige Lager ein Segen für den Ackerbau werden würde.
––––––––––
Der Carnallit sieht beinahe aus wie Steinsalz, ist aber meistens von Eisenoxyd roth
gefärbt. Da er an der Luft zerfließt, läßt er sich nicht wohl über Tage aufbewahren.
Er wird daher schon in der Grube ausgesucht, was glücklicher Weise die großen Räume
in derselben gestatten. Man fördert nur das täglich von den Fabriken benöthigte
Quantum, welches nach denselben auf Schienenwegen in geschlossenen Wagen unmittelbar
zu den Auslaugegefäßen gefahren wird. Einige Fabriken wenden den Carnallit in grob
gemahlenem Zustande an. Das Mahlen wird von der Grubendirection besorgt, und werden
dazu große eiserne Kaffeemühlen von 0,4 Meter Durchmesser gebraucht. Eine solche
Mühle zerkleinert in 24 Stunden 30 Tonnen (à 1000
Kilogrammen). Von jedem Eisenbahnwagen wird eine Probe genommen und darin der Gehalt
an Chlorkalium bestimmt. In der letzten Hälfte des Januars 1865 betrug z.B. der
Gehalt 16, 15, 14, 16, 15, 16, 16, 17, 18, 19, 17, 18, 18, 16, im Durchschnitt 16,5
Proc.
1864 erhielten die Fabriken von den beiden Gruben zu Staßfurt und Anhalt 125,000
Tonnen Carnallit, welcher im Durchschnitt folgende Zusammensetzung hatte:
Chlorkalium
17,5 (15–20)
Chlornatrium
22,0
Chlormagnesium
23,5
schwefelsaure
Talkerde
9,0
Wasser
28,0
–––––––––––
100,00
Fuchs konnte keine genaue Angabe über den Gestehungspreis
des Carnallits erhalten, die mündlichen Angaben schwankten zwischen 8 Frcs. 75 Cent,
bis 10 Frcs. die Tonne.
Der Verkaufspreis variirt nach dem Gehalt an Chlorkalium.
Reiches Salz nennt man das mit 18 Proc., gewöhnliches das mit 15 Proc. – 1865
kostete: reiches Salz in Stücken 21 Frcs. 25 Cent. die Tonne, gemahlenes 23 Frcs. 15
Cent. Gewöhnliches gemahlen 17 Frcs. 30 Cent.
Diese Preise galten bis Anfang 1865, wo eine Ermäßigung um 2 Frcs. eintrat; der Preis
des mittleren Salzes in Stücken war dann 17 Frcs. 50 Cent., im Anfange fiel er auf
16 Frcs. 25 Cent. und nach späteren Nachrichten hat die preußische Regierung im
Verein mit der anhaltischen den Preis des mittleren Salzes in Stücken auf 12 Frcs. 50 Cent.
herabgesetzt.
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Aus dem Carnallit wird bis jetzt nur das Chlorkalium gewonnen, das Chlormagnesium
läßt man verloren gehen. Das Verfahren besteht aus folgenden Operationen:
1) Auslaugen des Carnallits mit einer zur völligen Lösung unzureichenden Menge heißen
Wassers, wodurch hauptsächlich nur Chlorkalium und Chlormagnesium gelöst werden, die
größte Menge des Kochsalzes und der schwefelsauren Talkerde aber zurückbleibt.
2) Auskrystallisiren des Chlorkaliums durch Abkühlung.
3) Abdampfen und Erkälten der Mutterlauge, wodurch eine zweite Krystallisation von
Chlorkalium erhalten wird.
4) Nochmaliges Abdampfen und Erkälten der Mutterlaugen, wo das Doppelsalz von
Chlorkalium und Chlormagnesium (KaCl + 2MgCl + 12HO), künstlicher Carnallit,
erhalten wird, welcher dann eben so wie der natürliche verarbeitet wird.
5) Auswaschen des Chlorkaliums, Trocknen und Einpacken.
1) Auslaugung.
Der Carnallit wird aus den Wagen sogleich in gußeiserne Auslaugegefäße gebracht und
mit 3/4 seines Gewichts von Wasser, welches zum Waschen von Chlorkalium gedient hat
und viel Kochsalz und etwas Chlorkalium enthält, übergossen und dann durch ein
ringförmiges Rohr Dampf von 120º C. hineingeleitet. In der Fabrik von Grüneberg, wo man den Carnallit in Stücken anwendet,
fassen die Gefäße nur 2,5 Tonnen Carnallit, sind offen, und ein Arbeiter rührt
beständig darin, um die Auflösung zu beschleunigen. In der von Douglas, welche gemahlenen Carnallit verarbeitet, fassen sie 20 Tonnen
davon, sind mit einem dicht schließenden Deckel bedeckt, in welchem nur eine
Oeffnung zum Entweichen des überflüssigen Dampfes befindlich ist. Eine von einer
Dampfmaschine bewegte verticale eiserne Welle mit Armen geht durch die Achse des
Gefäßes und bewegt das Salz beständig umher. Dieß dauert etwa drei Stunden, worauf
man zwei Tage ruhig stehen läßt. Die Auflösung ist dann ganz gesättigt und zeigt 32
Grad Baumé. Der obere Hahn wird nun geschlossen und ein unterer mit einer
aufwärtsgehenden Röhre geöffnet. Der Dampf drückt die Lösung in diese hinauf nach
dem Krystallisationsraume. Der Rückstand, welcher etwa 1/3 des angewendeten
Carnallits beträgt, wird noch ein- oder zweimal mit Wasser ausgelaugt. Seine Zusammensetzung
schwankt etwas, ist reicher an Chlorkalium, wenn man Stücke, ärmer wenn man Pulver
anwendet. Er enthält nach
Bischof
Grüneberg
schwefelsaure
Talkerde
33,9
30,35
Chlornatrium
54,1
50,55
Chlorkalium
3,1
5
Chlormagnesium
3,0
5
Wasser
5,6
5
–––––––––
––––––––
99,7
95,9
Diese Rückstände wurden bisher fortgeworfen. Man geht aber jetzt damit um, daraus
durch Auflösen in Wasser und Abkühlen der Losung unter 0º Glaubersalz (NaO,
SO³ + 10HO) zu gewinnen. Die HHrn. Grüneberg und
Vorster haben auch hierin zuerst die Bahn
gebrochen.
2) Krystallisiren und
Waschen.
Die Krystallisationsgefäße aus Eisenblech oder Holz sind entweder flache Kästen (Grüneberg) oder hölzerne Fässer von 1m,20 Durchm. und 1m,5 bis 1m,9 Höhe. Beim Abkühlen
krystallisirt das Chlorkalium mit etwas Kochsalz gemischt und stark mit
Chlormagnesium imprägnirt. Das an den Seiten der Gefäße sich ansetzende ist reiner
und enthält etwa 70 Procent Chlorkalium, das Bodensalz unreiner (55 Proc.). Nach
vier Tagen beträgt der Absatz in der Fabrik von Douglas
in tiefen Krystallbottichen 7,5 Proc. des Carnallits oder 1500 Kilogr. von 20
Tonnen. In flachen Gefäßen (Grüneberg) geht die Abkühlung
schneller, das Salz ist feiner, was zu weiterer Verwendung vortheilhaft ist, aber es
ist unreiner als das größer krystallisirte von Douglas
und verlangt längeres und sorgfältigeres Auswaschen. Letzteres geschieht in flachen
Kästen von Eisenblech mit geneigtem Boden. Man nimmt dazu reines Wasser, welches man
eine Stunde darauf stehen läßt und dann abzapft. Dieses Wasser dient wie oben
erwähnt zum Auskochen des Carnallits. Eine einzige solche Waschung bringt das grob
krystallisirte von den Seiten der Gefäße auf 80 Proc. Chlorkalium, das fein
krystallisirte verlangt zwei bis drei Waschungen. Die meisten Fabriken liefern das
Salz mit diesem Gehalt von 80 Proc., einige wenige treiben es auf 85–87.
Ueber diesen Gehalt ist es nicht vortheilhaft, das Salz anzureichern.
3) Eindampfung der ersten
Mutterlauge.
Sie geschieht in eisernen Pfannen von verschiedener Größe. In der Fabrik der
englischen Gesellschaft dienen dazu zwei sehr große von 16 Meter Länge, welche durch die
verlorene Hitze eines Dampfkessels erwärmt werden. In anderen werden kleinere von
6–8 Meter direct durch Braunkohlen erhitzt. Letztere kommen in der Nähe von
Staßfurt vor und werden durch Tagebau gewonnen. Sie sind sehr billig, 5 Fr. 75 Cts.
die Tonne, brennen jedoch ziemlich schwierig und man gibt ihnen meistens einen
Zusatz von 1/13 bis 1/10 ihres Gewichts an Steinkohle, wovon die Tonne auf 16 Fr. zu
stehen kommt. Einige Fabriken, namentlich die von Grüneberg, wenden jedoch
Braunkohle allein an. Da beim Eindampfen reichlich Kochsalz niederfällt, welches am
Boden festbrennen könnte, so läßt man die Flamme nur die Wände des Kessels umspielen
und rührt beständig um, damit sich an diesen das Salz nicht festsetzt. Nachdem die
Lauge auf etwa 2/3 ihres Volumens eingedampft ist, zeigt sie 33º B. Man läßt
sie dann in die Krystallisationsgefäße ablaufen und nimmt das niedergefallene Salz
aus den Pfannen heraus. Es besteht aus 60–65 Proc. Kochsalz, 6 Proc.
Chlorkalium und 30 Proc. eines Doppelsalzes von schwefelsaurer Talkerde und
schwefelsaurem Kali (MgO, SO³ + KaO, SO³ + 6HO). Es wird als Dünger
verwandt, und man hofft 1865 davon 2000–2500 Tonnen abzusetzen.
In der Fabrik von Douglas, wo ein Theil der Lauge durch
die verlorene Hitze des Dampfkessels vorläufig eingedampft wird, gebraucht man 1250
Kilogr. Braunkohle und 120 Kilogr. Steinkohle zum Eindampfen von 22 Kubikmeter
Mutterlauge, was 5,15 Liter verdampftes Wasser auf 1 Kilogr. Kohle ergibt.
In einigen Fabriken erhitzt man die Abdampfkessel durch Dampf. Vier Röhren liegen
dazu parallel den langen Seiten im Kessel und öffnen sich dann in den Raum zwischen
dem Kessel und einem ihn umgebenden Mantel. Die Concentration geht schneller als bei
der directen Erhitzung.
Die Krystallisation der zweiten Lauge gibt eine neue Quantität Chlorkalium, welches
aber nur 50–60 Proc. enthält und 2–3 Waschungen erfordert, um auf 80
gebracht zu werden.
4) und 5) Behandlung der zweiten
Mutterlauge, Trocknen und Einpacken des Chlorkaliums.
Sie wird bis auf 35º B. concentrirt, wobei ein ähnliches Salzgemenge, wie bei
der ersten Concentration niederfällt, welches mit diesem vereinigt wird. Dieses
Gemenge enthält dann gegen 10 Proc. Kali und wird, wie schon erwähnt, mit Vortheil
als Dünger verwandt.
Diese concentrirte Lauge gibt nun aber beim Krystallisiren nicht Chlorkalium, sondern
künstlichen Carnallit (2MgCl + KaCl + 12HO), welcher ebenso behandelt wird wie der natürliche, nur ist
die Arbeit bei seiner größeren Reinheit viel einfacher und rascher. Man löst etwa
drei Tonnen davon auf einmal in heißem Wasser auf, was drei Stunden erfordert, läßt
zwei Stunden ruhig stehen und zapft dann in die Krystallgefäße ab. Da der künstliche
Carnallit nur wenig Kochsalz enthält, so fällt das Chlorkalium viel reiner aus, und
man kann es durch Auswaschen auf 85 bis 90 Proc. bringen. Darüber hinauszugehen,
scheint aber nicht vortheilhaft zu seyn.
Die Lauge, woraus der künstliche Carnallit krystallisirte, enthält nur noch 1/2 bis 1
Proc. Chlorkalium und wird in den Fluh ablaufen gelassen. Die von dem Wiederauflösen
desselben enthält nach Bischof:
schwefelsaure
Talkerde
2,5
Chlornatrium
0,2
Chlorkalium
2,3
Chlormagnesium
30,2
Wasser
64,2
–––
99,4
Man läßt sie jetzt noch fortlaufen, ist aber mit Versuchen beschäftigt, daraus
Magnesiasalze darzustellen.
––––––––––
Das durch Waschen gereinigte Chlorkalium wird schnell getrocknet entweder in einem
Flammofen, wo es eine schwache Calcination erleidet, oder auf dem metallenen Boden
einer Kammer, welche durch Röhren erhitzt wird, die durch die Feuerluft eines
Braunkohlenfeuers geheizt werden. 6 Tonnen Salz werden in 24 Stunden mit 600
Kilogramm. Braunkohle von zwei Arbeitern getrocknet.
Nach dem Trocknen wird das Salz zerdrückt, gesiebt und in Fässer von Tannenholz
gepackt, welche etwa 500 Kilogramme enthalten. Sie werden dann in der Fabrik selbst
auf Waggons der Magdeburger Eisenbahn geladen und nach den verschiedenen
europäischen Märkten versandt.
Um einen Begriff von der Bedeutung der dortigen Chlorkalium-Fabriken zu geben,
folgt hier eine kleine Tabelle mit den Angaben, welche Fuchs von drei derselben erhalten konnte:
Fabrik der engl. Gesellschaft
Grüneberg
Douglas
1863.
1864.
1864.
Anlagekosten
160,000 Frcs.
–
200,000 Frcs.
Carnallit täglich verarbeitet
40 Tonnen
50
40
Anzahl der Arbeiter
36
45
40
Auslösungskessel
2 große
13 kleine
2 große 1 kleiner
Krystallgefäße
36
70
60–70
Fabrik der engl. Gesellschaft
Grüneberg
Douglas
1863.
1864.
1864.
Braunkohle tägl. verbraucht
12
40
Steinkohle
1
Concentrationskessel
2 große
8 kl. n. 1 Cisterne
2 gr. mit directemFeuer, 1 m. Dampfund 1
Cisterne
Trockenvorrichtung
1 Flammofen
1 Kammer
Verlust an Chlorkalium
40 Procent
33–38
33–34
Außerdem enthalten alle diese Fabriken Dampfkessel zur Auflösung, Pumpen, Waschkästen
und eine oder mehrere kleine Dampfmaschinen.
Die Fabrik der englischen Compagnie bildet ein Viereck von etwa 40 Meter Seite und
besteht aus 4 neben einander liegenden Räumen, der erste zum Auflösen, der zweite
zum Krystallisiren, der dritte zum Concentriren, der vierte für den Dampfkessel.
Sämmtliche Fabriken von Staßfurt und Anhalt producirten 1864 16,500 Tonnen
Chlorkalium von 80 Proc.
In der Fabrik von Grüneberg betrugen die Productionskosten
von 100 Kilogrm. Chlorkalium von 80 Proc. im April 1865:
700 Kilogr. Carnallit à 17,5 Procent Chlorkalium. Verlust zu 33 Proc.,
die
Tonne à 16 Frcs. 25 Cts.
11,55 Fr.
1 1/2 Arbeitstage0,46 Tonnen
BraunkohleReparaturenTransport, Emballageallgemeine Kosten,
Aufsicht
4,1252,6250,5000,6250,625
8,55 „
Zinsen des Capitals, 10 Procent für
Immobilien, 15
für Apparate
1,5 „
––––––––––––
21 Frcs. 60 Cts.
Der seitdem eingetretene ermäßigte Preis des Carnallits vermindert aber den
Gestehungspreis zu 18 Frcs. 80 Cent.
Im Anfang 1863 galten 100 Kilogrm. Chlorkalium à
80 Procent zu Staßfurt 40 Frcs., im Januar 1865 war der Preis auf 29 Frcs. gefallen,
und gegen Ende desselben Jahres auf 18 Frcs. 70 Cent., also weniger als der
Selbstkostenpreis.Jetzt soll er nur 15 Frcs. betragen. Dieß erklärt sich nur daraus, daß man auf die Amortisation des Capitals
verzichtet oder daß die Nebenproducte noch einen Vortheil abwerfen. Die fieberhafte
Concurrenz der 18 rivalisirenden Fabriken wird sie nöthigen, jeden möglichen solchen
Nebengewinn aufzusuchen und auch wohl die Gewinnung des Chlorkaliums zu
vervollkommnen, wovon jetzt noch der dritte Theil verloren geht.
Es geht aber daraus hervor, daß das Chlorkalium von Staßfurt bald alle Concurrenz
damit unmöglich machen und die Märkte Europa's hauptsächlich oder ausschließlich
versorgen wird.
Stromeyer