Titel: | Die Mineralöl-Probe; von Salleron und Urbain. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XCVII., S. 397 |
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XCVII.
Die Mineralöl-Probe; von Salleron und Urbain.
Aus den Annales du Génie civil, März 1866, S.
154.
Mit einer Abbildung.
Salleron und Urbain, über Probiren der Mineralöle.
Die Vorwürfe, welche man dem Petroleum macht und die seiner allgemeineren Verbreitung
als Leuchtmaterial hinderlich sind, gründen sich auf seine zu große Entzündlichkeit
und auf den unangenehmen Geruch, welchen es beim Brennen verbreitet. Diese
Uebelstände, mit welchen die im Handel vorkommenden Oele dieser Art zum ziemlich
großen Theile wirklich behaftet sind, rühren bekanntlich von der Gegenwart von
Kohlenwasserstoffen her, welche theils ein zu niedriges, theils ein zu hohes
specifisches Gewicht haben, indem die ersteren dem Brennöle ihre große
Entzündlichkeit mittheilen, während die letzteren beim Brennen einen übeln Geruch
entwickeln. Das Gemisch dieser Producte wird übrigens meistentheils in solchen
Verhältnissen hergestellt, daß die resultirende Flüssigkeit ein mittleres
specifisches Gewicht von 800 zeigt. Es ergibt sich daraus, daß die bloße
Untersuchung des specifischen Gewichtes einer gegebenen Petroleumprobe zur
Nachweisung ihrer Reinheit keineswegs genügen kann. Nur wenn wir durch irgend ein
Mittel das Vorhandenseyn von Essenz
Als Essenz betrachtet man im Allgemeinen alle
durch die Destillation des Rohpetroleums erhaltenen Producte, deren spec.
Gewicht geringer ist als 735; als Schweröl
hingegen diejenigen, deren Dichtigkeit 820 übersteigt; die
dazwischenliegenden Producte kommen als Brennöle
zum Verbrauch. in diesem Oele zu erkennen im Stande sind, können wir sicher seyn, daß es
auch Schweröl enthält, sonst würde sein spec. Gewicht
niedriger seyn als das von uns gefundene.
Alle Verfahrungsarten, welche bisher vorgeschlagen und angewendet wurden, um zu
untersuchen, ob ein gegebenes Oel von guter Qualität ist und folglich ob es keine
Essenz enthält, bestehen im Messen seiner
Entzündlichkeit, d.h. in der Bestimmung der Temperatur,
be welcher dieses Oel entzündliche Dämpfe entwickelt. Diese Messung bleibt
aber immer nur eine sehr annähernde Schätzung; denn die mittelst dieser Methode
erhaltenen Resultate werden stets von verschiedenen Umständen beeinflußt, welche
nicht constant dieselben bleiben können, so z.B. von der Intensität der zum Erhitzen
des zu probirenden Oeles angewendeten Flamme, der Entfernung dieser Flamme von der
Oberfläche der
Flüssigkeit, von der mehr oder minder raschen Erhitzung der letzteren etc.
Das Verfahren dagegen, welches wir zur Ausführung dieser Proben empfehlen, besitzt
alle wünschenswerthe Genauigkeit. Dasselbe ist darauf gegründet, daß der Entzündlichkeitsgrad von Flüssigkeiten, welche beim
Erhitzen entzündliche Dämpfe entwickeln, bei einer gewissen Temperatur der
Spannung der Dämpfe proportional ist, welche sie bei dieser Temperatur
entbinden; mit anderen Worten, daß ihre
Entzündlichkeit um so größer ist, je flüchtiger sie sind.
Beim Petroleum insbesondere läßt sich die gegenseitige Beziehung zwischen seiner
Entzündlichkeit und der Spannung seines Dampfes leicht nachweisen. Wie schon gesagt,
besteht dieses Oel aus einer Reihe von Substanzen, welche bei immer höheren,
zwischen 150° und 250° C. liegenden Temperaturen überdestilliren und
deren specifisches Gewicht gleichfalls von 735 bis 820 zunimmt. Fängt man nun die
schwereren Destillationsproducte, deren Dichtigkeit zwischen 800 und 820 liegt, für
sich auf, so zeigt sich, daß deren Entzündlichkeit ebenso gering wie diejenige des
Colzaöls und ihre Dampfspannung bei gewöhnlicher Temperatur gleich Null ist. Es sind
demnach die Kohlenwasserstoffe von einem unter 800 liegenden spec. Gewichte, welche
dem das Brennöl bildenden Gemische seine Entzündlichkeit und gleichzeitig seine
Dampfspannung verleihen, und beide werden um so größer seyn, je größer der Gehalt
dieses Oels an Substanzen ist, welche selbst eine bedeutende Entzündlichkeit und
Dampfspannung besitzen.
Um nachzuweisen, wie bedeutend die Differenzen sind, welche die verschiedenen, aus
dem Petroleum darstellbaren Flüssigkeiten in dieser Beziehung zeigen, geben wir
nachstehend eine Uebersicht der Dampfspannung der Producte, welche nach je zwei
Stunden bei der Destillation von 2500 Litern Rohpetroleum erhalten wurden, sowie die
entsprechenden specifischen Gewichte dieser Proben, welche den das
„Brennöl“ bildenden Destillationsproducten angehören.
Specifisches Gewicht derFlüssigkeiten bei +
15° C.
Spannung ihres Dampfesbei derselben Temperatur.
812
0
Millim. Wassersäule.
797
5
788
15
772
40
762
85
756
125
Das bei dieser Destillation durch das Zusammenmischen aller dieser Flüssigkeiten
erhaltene Brennöl selbst zeigte bei + 15° C. ein specifisches Gewicht von 800 und eine
Dampfspannung von 64 Millim. Wassersäule, also ziemlich das Mittel aus den
Dampfspannungen seiner näheren Bestandtheile.
Unterwerfen wir die Flüssigkeiten von einer unter 735 liegenden Dichtigkeit, welche
zusammengemischt die Petroleumessenz bilden, derselben
Prüfung, so erhalten wir die nachstehenden Zahlen:
Specifisches Gewicht derFlüssigkeiten bei +
15° C.
Spannung ihres Dampfesbei + 15°
C.
735
410
Millim. Wassersäule.
695
930
680
1185
650
2110
Da, wie man aus diesen beiden Tabellen ersieht, die Dampfspannung dieser
verschiedenen Flüssigkeiten mit der Abnahme ihres specifischen Gewichtes rasch
zunimmt und in dem Maaße als wir von den Producten, welche zusammen das Brennöl
bilden, zu denjenigen gelangen, welche die Essenz ausmachen, so ist die große
Empfindlichkeit unserer Probirmethode einleuchtend. Auch läßt sich bekanntlich die
Dampfspannung eines Oeles mit großer Genauigkeit bestimmen, während die directe
Messung seiner Entzündlichkeit keiner großen Genauigkeit fähig ist. Wir machten es
uns deßhalb zur Aufgabe, einen einfachen Apparat von kleinem Volum zu construiren,
womit sich jene Bestimmung leicht ausführen läßt und hielten es für das Beste, den
vor mehreren Jahren von Pouillet angegebenen Apparat zur
Messung der Dampfspannungen für unseren speciellen Zweck abzuändern.
Textabbildung Bd. 181, S. 399
Das zu unseren Untersuchungen angewendete Instrument ist in nebenstehender Figur
abgebildet. B ist ein kleines Gefäß aus Kupfer,
welches durch den auf seine Ränder aufgeschliffenen Deckel d hermetisch verschlossen wird. Durch letzteren geht
ein gläsernes, 30 bis 35 Centimet. langes, in Millimeter getheiltes
Manometerrohr m, sowie ein kleines Thermometer t; außerdem ist er mit einer kreisförmigen Oeffnung
o versehen, die sich verschließen oder zur
Herstellung der Verbindung zwischen dem Gefäße B und
einer kleinen cylindrischen Kammer c benutzen läßt,
welche in dem auf dem Deckel aufgeschliffenen massiven Stücke G ausgebohrt ist, zu welchem Zwecke man letzteres
nach rechts oderlinks verschiebt.
Der ganze Apparat ist so construirt, daß er sich mit der
größten Leichtigkeit aus einander nehmen läßt, was durchaus nothwendig ist, um ihn nach jedem
Versuche reinigen zu können, denn das einzige Mittel, die einzelnen Theile von dem
ihren Wandungen anhaftenden Petroleum zu befreien, besteht darin, sie mit einem
weichen, ganz trockenen Leinentuche abzureiben.
Bei Anstellung einer Probe gießt man zunächst in das Gefäß B 50 Kubikcentimeter Wasser, bringt dann das Stück G in die Stellung, in welcher es die Oeffnung o verschließt, und gießt einige Kubikcentim. des zu untersuchenden
Mineralöles in die Kammer c, welche hierauf hermetisch
verschlossen wird. Dann taucht man den ganzen Apparat in ein mit Wasser gefülltes
Gefäß, damit er eine durchaus gleichmäßige Temperatur annimmt, welche er während der
Dauer des Versuches behalten muß.
Ist dieß erreicht, so comprimirt man die in B enthaltene
Luft ein wenig durch Einblasen in das mit einem kleinen Hahne versehene Rohr l, so daß die Flüssigkeit im Manometerrohre auf Null zu
stehen kommt; dann verschiebt man das Stück G, bis die
Oeffnung o mit dem unteren Ende der Kammer c zusammenfällt. Sofort fließt das in letzterer
enthaltene Oel in das Gefäß B hinab und wird durch ein
gleiches Volum Luft ersetzt, daher durch den Eintritt des Petroleums der Druck der
im Apparate vorhandenen Luft nicht geändert wird; dieser Druck wird aber durch die
Spannung des Dampfes von dem auf der Oberfläche des Wassers verbreiteten Oele
vermehrt, und diese Druckvermehrung zeigt das Manometer m an. Sobald der Stand des letzteren stationär geworden ist, liest man
denselben nebst der durch das Thermometer t angegebenen
Temperatur ab. Man erhält auf diese Weise die einer bestimmten Temperatur
entsprechende Spannung des Dampfes von dem zu untersuchenden Oele in Millimetern
Wassersäule.Die Theilung des Manometers m muß auf
experimentellem Wege geschehen, denn in Folge des Steigens der Flüssigkeit
im Rohre m sinkt das Niveau des Wassers im
Gefäße B, und somit vergrößert sich der von dem
Gemisch von Luft und Dampf, dessen Spannkraft wir messen wollen,
eingenommene Raum.
Kennt man nun im Voraus die Dampfspannung, welche ein gutes, zur Norm genommenes Oel
bei dieser Temperatur zeigt, so kann man durch Vergleichung der die Dampfspannungen
dieser beiden Flüssigkeiten ausdrückenden Zahlen den Werth der untersuchten Probe
unmittelbar beurtheilen.
Um diese Vergleichung zu erleichtern, haben wir mit dem beschriebenen Apparate eine
Reihe von Versuchen angestellt, um die Spannungen des Dampfes einer und derselben
Oelsorte bei den verschiedenen zwischen 0° und 35° C. liegenden
Temperaturen zu bestimmen. Die dazu verwendete Oelprobe nahmen wir von dem bei der Destillation von 2500
Liter Rohpetroleum erhaltenen Producte; diese Destillation wurde von uns selbst mit
der größten Sorgfalt ausgeführt, um ein Oel zu erhalten, welches ganz frei von allen
Producten ist, deren Dichtigkeit weniger als 735 und mehr als 820 beträgt. Man darf
jedoch nicht glauben, daß es unmöglich sey, das von uns auf diese Weise erhaltene
Product auch fabrikmäßig zu gewinnen; den positiven Beweis für diese Möglichkeit
lieferte uns die nach unserer Methode ausgeführte Werthbestimmung verschiedener, von
den bedeutendsten Pariser Fabrikanten bezogener Petroleumsorten, von denen mehrere
die gleiche, oder beinahe gleiche Dampfspannung zeigten, wie unser Normalöl. Eine
dieser Sorten zeigte sogar eine geringere Dampfspannung.
Die folgende Tabelle gibt die Spannung des Dampfes dieses Normalöles bei den
verschiedenen Temperaturen an:
Temperatur.
Dampfspannung inMillim. Wassersäule.
Temperatur.
Dampfspannung inMillim. Wassersäule.
0° C.
34,5
18° C.
73
1°
36
19°
76
2°
37,5
20°
79
3°
39
21°
82,5
4°
41
22°
86
5°
43
23°
90
6°
45
24°
95
7°
47
25°
100
8°
49
26°
105
9°
51
27°
110
10°
53
28°
116
11°
55
29°
122
12°
57
30°
129
13°
59
31°
136
14°
61,5
32°
144
15°
64
33°
153
16°
67
34°
163
17°
70
35°
174
Demzufolge möchte die von uns für die Dampfspannung des Normalöles bei der Temperatur
von 15° C. gefundene Zahl – 64 Millimeter Wassersäule – als
Grenze der Dampfspannung anzunehmen seyn, welche die im Handel vorkommenden Oele
zeigen dürfen, und es erscheint uns nicht unmöglich, daß das beschriebene
Instrument, oder wenigstens das von uns empfohlene Probirverfahren, zur
Werthbestimmung der für den Gebrauch des Publicums bestimmten Oele eingeführt werden
könnte.