Titel: | Ueber die Bereitung des Kaffee's; von Justus v. Liebig. |
Autor: | Justus Liebig [GND] |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. CXVII., S. 467 |
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CXVII.
Ueber die Bereitung des Kaffee's; von Justus v. Liebig.
v. Liebig, über die Bereitung des Kaffee's.
Der Verfasser ist zu seinen Versuchen über die zweckmäßigste Bereitungsweise des
Kaffee's ursprünglich durch die Absicht veranlaßt worden, einen Kaffeeextract
darzustellen, welcher für Reisende und Armeen auf dem Marsche dienlich seyn könnte,
und er hat bei dieser Gelegenheit zuerst den Einfluß der Luft oder des Sauerstoffes
der Luft auf den Kaffee wahrgenommen, durch welchen seine guten Eigenschaften sehr
wesentlich verschlechtert werden; er hat gefunden, daß ein wässeriger heißer Auszug
der gerösteten Kaffeebohnen, welcher frisch für den Genuß sich vollkommen eignet, beim raschen
oder langsamen Verdampfen in hoher oder niedriger Temperatur durch die Berührung mit
der Luft seinen angenehmen Geschmack nach und nach völlig verliert; es bleibt eine
schwarze extractartige Masse, welche sich nicht mehr vollständig in kaltem Wasser
löst und sich wegen ihres üblen Geschmackes nicht mehr genießen läßt.
Für alle Methoden der Kaffeebereitung ist es zunächst erforderlich, die Kaffeebohnen
mit der Hand zu sortiren; man findet darunter häufig fremde Dinge, Splitter, Holz,
Vogelfedern, in der Regel eine Anzahl ganz schwarzer verschimmelter Bohnen, die man
sorgfältig aussondern muß; der Geschmacksinn ist so sein, daß ihm auch die kleinste
fremde Beimengung nicht entgeht. Kaffeebohnen von dunkler oder dunkelgrüner Farbe
sind meistens gefärbt; es ist bei diesen nothwendig, die Farbe mit etwas Wasser
abzuwaschen und die Bohnen mit einem warmen Leinentuche abzutrocknen; bei den hellen
Sorten ist dieses Waschen unnöthig. Die nächste Operation, welche man vorzunehmen
hat, ist das Rösten. Von der Röstung hängt die gute Beschaffenheit des Kaffee's ab;
die Bohnen sollten eigentlich nur bis zu dem Punkte geröstet werden, wo sie ihre
hornähnliche Beschaffenheit verloren haben, so daß man sie auf einer gut geschärften
Kaffeemühle mahlen, oder, wie im Orient geschieht, in einem hölzernen Mörser zu
einem feinen Pulver zerstoßen und zerreiben kann.
Der Kaffee enthält bekanntlich einen krystallinischen Körper, das Caffein, welcher
auch Thein genannt wird, da er ebenfalls einen Bestandtheil des Thee's ausmacht;
dieser Stoff ist flüchtig, und alle Sorgfalt muß darauf gerichtet werden, denselben
im Kaffee zu erhalten. Dieß geschieht, wenn man die Bohnen langsam röstet, bis sie
eine hellbraune Farbe angenommen haben. In den dunkelbraunen gerösteten Bohnen ist
kein Caffein mehr; sind die Bohnen schwarz, so sind die Hauptbestandtheile der
Bohnen völlig zerstört, und das Getränk, welches man daraus bereitet, verdient den
Namen Kaffee nicht mehr.
Die gerösteten Kaffeebohnen verlieren mit jedem Tage der Aufbewahrung an ihrem
aromatischen Geruche in Folge der Einwirkung der Luft, welche die durch das Rösten
porös gewordenen Bohnen leicht durchdringt. Diese schädliche Veränderung kann
zweckmäßig verhütet werden, wenn man am Ende der Röstung, ehe die Bohnen aus dem
noch sehr heißen Röstgefäße geschüttet werden, dieselben mit Zucker bestreut; auf 1
Pfd. Kaffeebohnen genügt 1/2 Unze (1 Loth) Zucker. Der Zucker schmilzt sogleich und
durch starkes Umschütteln und Umrühren verbreitet er sich auf alle Bohnen und
überzieht sie mit einer dünnen, aber für die Luft undurchdringlichen Schicht Caramel; sie sehen
alsdann glänzend aus, wie mit einem Firniß überzogen, und sie verlieren hierdurch
beinahe ganz ihren Geruch, der natürlich beim Mahlen wieder auf das stärkste zum
Vorschein kommt. In Wien und in den böhmischen Bädern, wo man die Kaffeebereitung
aus dem Grunde versteht, wird der Bedarf an Bohnen täglich geröstet, und zwar in
einer offenen eisernen Pfanne (Eierkuchenpfanne), wobei man besser als in
geschlossenen Gefäßen den Grad der Röstung überwachen kann.
Nach dieser Operation schüttet man die Bohnen aus dem Gefäß, in welchem sie geröstet
worden sind, auf ein Eisenblech und verbreitet sie zu einer dünnen Schicht, so daß
sie rasch erkalten. Läßt man die heißen Bohnen zusammengehäuft liegen, so erhitzen
sie sich durch die Einwirkung der Luft, fangen an zu schwitzen, und wenn die Masse
groß ist, so steigt das Erhitzen bis zum vollständigen Entzünden. Die gerösteten
Bohnen müssen an einem trockenen Orte aufbewahrt werden, da der Zucker, mit welchem
sie überzogen sind, leicht Feuchtigkeit anzieht. Beim Rösten bis zur hell
kastanienbraunen Farbe verlieren die rohen Bohnen 15 bis 16 Procent und der aus
diesen gerösteten Bohnen durch siedendes Wasser darstellbare Extract beträgt 20 bis
21 Procent von dem Gewichte der rohen Bohnen. Der Gewichtsverluft ist sehr viel
größer, wenn die Röstung weiter, bis zur dunkelbraunen oder schwarzen Farbe der
Bohnen, fortgesetzt wird. Während die Bohnen beim Rösten an Gewicht verlieren, nimmt
ihr Volumen durch Aufschwellen zu. 100 Volume roher Bohnen geben nach dem Rösten 150
bis 160 Volume, oder 2 Maaß grüner Bohnen geben 3 Maaß gerösteter.
Die üblichen Methoden der Kaffeebereitung sind: 1) Filtration, 2) Infusion und 3)
Kochen.
Die Filtration gibt oft, aber nicht immer, einen guten Kaffee. Wenn das Aufgießen des
siedenden Wassers auf das Kaffeepulver langsam geschieht oder das Wasser nicht rasch
durchläuft, so kommen die Tropfen mit zu viel Luft in Berührung, deren Sauerstoff
die aromatischen Theile verändert, oft ganz zerstört; auch ist die Extraction
unvollkommen. Anstatt 20 bis 21 Proc. löst das Wasser nur 7 bis 10 Proc. Extract auf
und man verliert mithin 11 bis 13 Procent.
Die Infusion geschieht, indem man das Wasser zum Sieden bringt, den gemahlenen Kaffee
hinein schüttet, sodann das Kochgefäß vom Feuer entfernt und etwa 10 Minuten lang
ruhig stehen läßt. Der Kaffee ist zum Gebrauche fertig, wenn das auf der Oberfläche
des Wassers schwimmende Pulver beim Umrühren leicht zu Boden sinkt. Diese Methode
gibt einen sehr
aromatischen Kaffee, aber von geringerem Extractgehalte.
Das Kochen, wie es im Oriente gebräuchlich ist, gibt einen vortrefflichen Kaffee; man
setzt dort das Kaffeepulver mit kaltem Wasser auf das Feuer und läßt die Flüssigkeit
nur bis zum Aufwallen kommen; das feine Kaffeepulver wird dort mit getrunken. Bei
längerem Sieden, wie dieß häufig bei uns geschieht, werden die aromatischen Theile
verflüchtigt; der Kaffee ist alsdann reich an Extract, aber arm an Aroma.
Als die beste Methode der Kaffeebereitung hat der Verfasser folgende gefunden; sie
ist eine Verbindung der zweiten und dritten Methode. Bei der Bereitung des Kaffee's
behält man sein gewohntes Verhältniß von Wasser und geröstetem Kaffee bei; ein
kleines Blechgefäß, welches 1/2 Unze (1 Loth) roher Bohnen faßt, mit gerösteten
Bohnen angefüllt, gibt ein Maaß ab für zwei sogenannte kleine Tassen Kaffee von
mäßiger Stärke. Die gerösteten Bohnen werden erst vor der Bereitung des Getränkes
gemahlen; gröblich-feines Pulver ist dem staubartig-feinen
vorzuziehen. Gemahlenen Kaffee im Vorrath zu halten, ist entschieden nachtheilig.
Man bringt das Wasser mit 3/4 des Kaffeepulvers, welches man zur Bereitung verwenden
will, zum Sieden und läßt diese Mischung volle 10 Minuten kochen. Nach dieser Zeit
wird das zurückbehaltene Viertel Kaffeepulver eingetragen und das Kochgeschirr
sogleich vom Feuer entfernt; es wird bedeckt und 5 bis 6 Minuten lang stehen
gelassen. Beim Umrühren setzt sich alsdann das auf der Oberfläche schwimmende Pulver
leicht zu Boden und der Kaffe ist jetzt, vom Pulver abgegossen, zum Genusse fertig.
Angenommen, man wolle sich acht kleine Tassen Kaffee machen, so mißt man mit dem
erwähnten Blechgefäß 4 Maaß Kaffeebohnen ab; 3 Maaß davon werden zuerst und dann das
vierte Maaß gemahlen und beide Portionen getrennt gehalten. Man mißt alsdann acht
volle Tassen Wasser ab, setzt die 3 Maaß Kaffeepulver zu und verfährt bis zu Ende,
wie so eben beschrieben worden ist. Man kann, um alles Pulver abzusondern, den
fertigen Kaffee vor dem Serviren durch ein reines Tuch fließen lassen; in der Regel
ist dieß nicht nöthig, und für den reinen Geschmack oft nachtheilig.
Das fertige Getränk foll eine braune (nicht schwarze) Farbe haben; es ist immer
trübe, wie etwa mit Wasser verdünnte Chocolade. Die trübe Beschaffenheit des nach
dieser Methode bereiteten Kaffee's kommt nicht vom aufgeschlämmten Kaffeepulver,
sondern von einem eigenthümlichen butterartigen Fette her, wovon die Bohnen etwa 12
Proc. enthalten und welches durch starkes Rösten zum Theil zerstört wird. Ein
geringer Zusatz von Hausenblase oder der Haut eines Seefisches fällt das
Kaffeepulver sehr rasch und klärt den Kaffee. Bei der gewöhnlichen Bereitung des Kaffee's bleibt
häufig mehr als die Hälfte der löslichen Theile der Bohnen im Kaffeesatz zurück.
Der Verfasser bemerkt, daß man, um die nämliche gute Meinung von dem nach seiner
Methode bereiteten Kaffee zu gewinnen, welche er selbst davon habe, nicht den
Geschmack des gewöhnlichen Getränkes zum Muster nehmen dürfe, sondern mehr die guten
Wirkungen beachten müsse, welche sein Kaffee auf den Organismus habe. Er fügt hinzu,
daß Viele, welche mit der dunklen oder schwarzen Farbe den Begriff von Stärke oder
Concentration verbinden, den nach seiner Methode bereiteten Kaffee für dünn und
schwach halten; bei diesen ist es dem Verfasser häufig gelungen, durch Färbung
desselben mit gebranntem Zucker oder einem Kaffeesurrogate, wodurch er eine schwarze
Farbe bekam, eine bessere Meinung für seinen Kaffee zu gewinnen.
Der wahre Kaffeegeschmack ist den meisten Menschen so unbekannt, daß viele Personen,
die den Kaffee des Verfassers zum erstenmale trinken, seinen Geschmack beanstanden,
weil er nach den Bohnen schmecke. Ein Kaffee aber, der nicht nach den Bohnen
schmeckt, ist kein Kaffee mehr, sondern ein künstliches Getränk, dem man irgend ein
anderes ähnliches substituiren kann; daher kommt es denn, daß die Getränke aus den
Kaffeesurrogaten: geröstete Cichorienwurzel, gelbe Rüben, Runkelrüben, wenn man eine
Spur gebrannten Kaffee hinzufügt, von dem echten Kaffee von den Meisten nicht
unterschieden werden können und daß die Kaffeesurrogate eine so große Verbreitung
haben. Eine dunkelbraune Brühe, welche empyreumatisch schmeckt, ist für die meisten
Menschen Kaffee. Theersurrogate gibt es nicht, weil jeder Theetrinker weiß, wie Thee
schmeckt. Man schreibt dem Kaffee in der Regel erhitzende Eigenschaften zu und er
wird als Getränk aus diesem Grunde von vielen Personen gemieden, allein diese
erhitzenden Eigenschaften gehören den flüchtigen Producten an, welche durch die
Zerstörung der Bestandtheile des Kaffee's beim Rösten erzeugt werden. Der nach der
Methode des Verf. bereitete Kaffee ist durchaus nicht erhitzend, und der Verf. hat
gefunden, daß er nach dem Mittagsessen genossen werden kann, ohne die Verdauung zu
stören, was, wenigstens bei dem Verf., die regelmäßige Folge des Genusses von stark
gebranntem Kaffee ist.
Möge man nicht erschrecken vor der Anzahl der Operationen. Es wird viel schlechter
Kaffee getrunken, der bei gleichem Kostenaufwand vortrefflich seyn könnte, wenn man
sich mehr Mühe bei der Bereitung gäbe. Die Köchinnen sollten von den Hausfrauen in
diesem Punkte mehr überwacht werden, wenn die Hausfrau den Kaffee nicht selbst
bereiten will. (Neueste Erfindungen.)