Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. , S. 73 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die Benutzung des Gegendampfes zum Bremsen der Eisenbahnzüge
auf starken Gefällen, von Lechatelier und Ricour.
Das Reversiren und Gegendampfgeben der Locomotive hat bekanntlich den großen
Nachtheil, daß dabei die heiße, trockene und unreine Luft des Rauchkastens in die
Cylinder gesaugt wird, wodurch sich diese sammt Kolben und Schieber sehr bald
erhitzen und verreiben. Man mußte deßhalb auch bis jetzt auf dieses so wirksame
Bremsmittel beim gewöhnlichen Verkehre verzichten und bediente sich desselben nur in
der äußersten Noth bei Gefahr im Verzuge.
Es lag nahe, daß im Laufe der Zeit verschiedene Mittel in Vorschlag gebracht und
versucht wurden, um die angeführten Nachtheile zu beseitigen; dieselben erzielten
jedoch bis zur neuesten Zeit keinen entsprechenden Erfolg.
Um so freudiger begrüßen wir daher die günstigen Resultate, welche so eben mit einem
sehr einfachen Mittel erzielt wurden, das Hr. Lechatelier
zu Paris in Anwendung brachte.
Derselbe schlug nämlich vor, vom Kessel aus ein besonderes Dampfrohr bis zum Fuße des
Ausströmungsrohres der Cylinder zu leiten, um dadurch beim Reversiren ganz einfach
Dampf statt unreiner
Rauchkastenluft zum Einsaugen zu bringen. Die ersten Versuche wurden so
angestellt, daß der Regulator geschlossen blieb und die Dampfeinströmungsrohre Hähne
erhielten, die beim Reversiren geöffnet wurden, um dem eingesaugten und beim
Rücklaufen des Kolbens comprimirten Dampfe einen freien Ausgang zu verschaffen, ohne
ein Aufheben des Regulators und ein Eindringen des Dampfes in den Kessel zu
bewirken.
Hr. Oberingenieur Ricour, welcher diese Versuche auf der
spanischen Nordbahn vornahm, fand jedoch bald, daß die erwähnten Hähne bei den
Einströmungsrohren auch ohne Anstand ganz beseitigt werden können, wenn man den
Regulator, wie beim gewöhnlichen Gegendampfgeben, offen läßt, wodurch sich eine
Vereinfachung der Vorrichtung ergibt.
Ferner zeigten die Versuche, daß durch die Comprimirung des eingesaugten Dampfes eine
den Stopfbüchsen schädliche Hitze erzeugt wurde und Hr. Ricour beseitigte diesen Nachtheil dadurch, daß er eine kleine Quantität
Wasser in das Dampfzuleitungsrohr leitete, welches er vom Ablaßröhrchen des
Wasserstandzeigers nahm.
Hierdurch wurde die Wärme, welche sich beim Comprimiren des Dampfes bildet, zur
Verdampfung des mitgeführten Wassers verwendet und unschädlich gemacht.
Eine auf diese Weise hergerichtete Locomotive der spanischen Nordbahn führte nun im
Monate März l. J. die gewöhnlichen Züge auf dem 98 Kilometer (12,91 öfter.
Meilen) langen Gefälle von La-Canada bis Madrid, welches mit 1/128 von 1404,76
Met. Höhe bis auf 640,00 Met. Höhe herabsteigt, thalwärts, ohne daß dabei irgend eine Bremse angezogen worden wäre.
Der Locomotivführer hat mit Benutzung des Gegendampfes allein die Züge stets in der
vollen Gewalt gehabt, hat deren Geschwindigkeit nach Belieben vermehrt oder
vermindert und sie in den Stationen stets rechtzeitig zum Halt gebracht. Dabei ist
kein Bestandtheil der Maschine warm gegangen oder verrieben worden und nichts wurde
undicht. Die Cylinder und Schieberkästen, sowie die Kolben- und
Schieberstangen waren bei diesen Fahrten mit Gegendampf nicht wärmer geworden, als
beim gewöhnlichen Vorwärtsfahren der Locomotive.
Wenn man bedenkt, daß die ganze Vorrichtung bei einer Locomotive nur auf circa 50 Frs. zu stehen kommt, und daß bei deren
Verwendung auf langen und starken Gefällen die Handhabung der gewöhnlichen Bremsen
ganz unterbleiben kann, so daß hierdurch eine große Schonung der Tyres, der Federn
und der Bremsvorrichtungen erzielt wird, so ist man berechtigt, die glückliche
Lösung der vortheilhaften Verwendung des Gegendampfes zum Bremsen der Züge, wie sie
Lechatelier und Ricour in
Ausführung brachten, als einen Fortschritt zu bezeichnen,
der besonders den Gebirgsbahnen
eine wesentliche
Erleichterung des Betriebes gewähren wird. W. Bender.
(Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins,
1866 S. 104.)
Eisenbahnschienen aus Bessemermetall in Oesterreich.
In den „neuesten Erfindungen“ gibt Hr. J. Schlegel eine Berechnung bezüglich der Anwendung von Eisenbahnschienen,
deren Verbindungslaschen, Mittel- und Stoßplatten, Bolzen und Nägel aus
Bessemermetall bestehen. Er schreibt: Die Kaiser Ferdinands Nordbahn hat ein großes
Quantum von Schienen, ganz aus Bessemermetall bestehend,
zur Anfertigung in Bestellung gegeben. – Das Profil ist die Vignoleschiene
und im Ganzen eine Verjüngung des Südbahn-Schienenprofils bei
gleichgebliebener Höhe und Verschwächung des Kopfes, des Stingels oder Steges und
des Fußes. Das ältere Profil wiegt per 1 Currentfuß
19,96 Pfund österr. Gewicht oder 22,35 Pfd. Zollgewicht. Das Profil der
Bessemermetallschiene wiegt per 1 Currentfuß 17 Pfd.
österr. Gewicht oder 19,04 Pfd. Zollgewicht; es ergibt sich somit eine
Gewichtsdifferenz per Currentfuß von 3,31 Pfd. oder per Stück Schiene von 21 Fuß Länge = 69,51 Pfd., und da
auf 1 Meile Bahn 2528 Stück Schienen jede zu 21 Fuß Länge entfallen, so ergibt sich
in Zollcentnern gerechnet pro Meile eine
Gewichtsersparung von 1758 Zollcentnern, mithin ein Verhältniß mehr wie 8 zu 7. Es
mögen der Gründe vielleicht mehrere obgewaltet haben, warum sich die Nordbahn
veranlaßt fand, dieses Profil und Gewicht für Schienen aus Bessemermetall vor der
Hand zu wählen.
Nach den früheren Proben darf man jedoch annehmen, daß bei sonst entsprechender
Schienenform ein Verhältniß von Eisen gegen Bessemermetall wie 8 zu 5 mehr als
ausreichen sollte, und wäre es gewiß von großem praktischen Werthe, wenn zum
Versuche derlei kleinere Schienen aus Bessemermetall in
Gebrauch kämen, um zur Ueberzeugung ihrer Widerstandsfähigkeit zu gelangen. Bei dem
Verhältnisse des Eisens zum Bessemermetall wie 8 zu 5 müßte nach der bestehenden
Profileisenschiene per Fuß von 22,35 Pfd. Zollgewicht
die Bessemermetallschiene ein Gewicht per Fuß von 14,955
Pfd. Zollgewicht erhalten; es würde demnach an Schienengewicht gegen Eisen pro Meile weniger ausfallen um 3902 Zollcentner. Von
Wesenheit auf Qualität der Schienen ist die leichtere oder schwierigere Form für die
Erzeugung; da hiervon das mehr oder weniger Pressen (Dichtmachen) des Schienenkopfes
abhängt, und bei Vignoleschienen an sich schon der Körper des Kopfes weniger als
alle übrigen Theile gedrückt werden kann, und je höher das Schienenprofil ist, desto
weniger senkrechter Druck auf den Kopf ausgeübt wird. Das Gesagte erweist am besten
die Bruchfläche einer Bessemermetall-Vignoleschiene. Das gröbere Korn zeigt
der Kopf, das seinere der Stingel und das feinste die Ausläufer des Fußes, was auch
Jedem einleuchtend seyn muß, wenn er die Querschnitte oder Profilirung der
Walzenkaliber einer Prüfung und Flächenberechnung unterzieht; denn die Thatsache
kann nicht bestritten werden, daß z.B. Stahlstangen von zwei Zoll bis herab auf drei
Quadrat-Linien aus ein und demselben Materialstück ausgeschmiedet oder
ausgewalzt, ein immer zunehmend feineres Korn im Bruch zeigen werden und müssen,
also an Dichtheit zunehmen. Die Form der Vignoleschiene läßt nun einmal keine andere
Wahl, als das Pressen oder den Druck ungleich ausüben zu müssen, und zugleich
erwächst mit der größeren Höhe dieser Schienen auch die Erzeugungsschwierigkeit, und
zwar in beiden Manipulationsstadien, nämlich beim Walzen, sowie beim Adjustiren; was
denn doch auch auf den Preis der Schienen von Einfluß ist. Man kann übrigens mit dem
früher projectirten Vignoleschienenprofil von 15 Pfd. Zollgewicht einen ebenso
ziemlich richtigen Ueberschlag nachweisen, wozu Detailrechnungen anerkannt
hervorragender Eisenbahn-Ingenieure als Leitfaden dienen, wobei allerdings
die Eisenpreise gegen damals bedeutend abweichen und sich keine so große Differenz
gegen das Bessemermetall, wie z.B. in England, ergibt, wo man gegenwärtig für
Schienen aus Bessemermetall für den Zollcentner 9 fl. 30 kr. österr. Währung
bezahlt, während dort die gewöhnlichen Eisenschienen um 4 fl. und 4 1/2 fl.
verkäuflich waren. Ob übrigens bei Anwendung der oben bezeichneten Vignoleschienen
aus Bessemermetall von 15 Pfd. per Currentfuß an
Mittelschwellen erspart werden dann, z.B. bei 21 Fuß Länge statt 6 nur 5, müßte die
Erfahrung lehren; nach den abgeführten Proben aber bezüglich der Elasticitätsgrenze sollte die
Schwellenentfernung mit 3 1/2 Fuß genügen, während man jetzt 3 Fuß hat. Hieraus
ergibt sich der Kostenaufwand:
(I.) Bei gewöhnlicher
Eisenconstruction für die Meile Bahn
der Oberbau mit
155,452 fl.
(II.) Bei Anwendung des
Bessemermetalls und des
projectirtenVignole-Schienenprofils
130,295 „
––––––––
daher eine Ersparniß bei der ersten Anlage von
25,157 fl.
Die Verwendung von Bessemer-Stahlblechen zu
Dampfkesseln.
In einer der letzten Wochenversammlungen des steierm. Gewerbevereines hielt Hr. Franz
Hlawatschek, Professor des Maschinenbaues an der
technischen Hochschule und Verwaltungsrath des Vereines, einen Vortrag
„über die Verwendung von Bessemer-Stahlblechen zu
Dampfkesseln.“
Nach einer Einleitung, welche die Form der für die verschiedenen Zwecke
anzufertigenden Dampfkessel behandelte, wurden Streifen von
Bessemer-Stahlblechen vorgelegt, welche auf einer Maschine, welche den Zweck
hat, die Zugfestigkeit von Körpern zu ermitteln, zerrissen wurden. Diese von einer
steiermärkischen Hütte herrührenden Blechstreifen,
sechs an der Zahl, von denen je zwei von derselben Blechtafel geschnitten wurden,
und zwar einer nach der Walzrichtung und der zweite senkrecht darauf, waren von
verschiedener Qualität.
Bei der besten Qualität zeigte sich eine ganz regelmäßige und gleichförmige Structur,
wogegen bei der geringsten eine Aufeinanderschichtung nicht vollkommen geschweißter
Blechlagen zu erkennen war. Die Versuche mittelst der obenerwähnten Zerreißmaschine
haben nun dargethan, daß selbst bei der geringsten vorliegenden Qualität die
Festigkeit keine höhere ist, als die des Schmiedeeilenbleches. Während ein gutes
Schmiedeeisenblech bei 400 bis 450 Centner Belastung auf den Quadratzoll des
Querschnittes zerreißt, ist für die geringste Bessemerblechsorte eine Belastung von
490 bis 510 Centnern nöthig. Die mittlere Sorte konnte erst mit einer Kraft von 510
bis 540 Centnern und endlich die beste mit 720 bis 770 Ctrn. auf den Quadratzoll
zerrissen werden.
Hierzu wurde des auffallenden Umstandes Erwähnung gethan, daß bei den zwei besseren
Sorten, sobald die Kraft senkrecht auf die Walzrichtung wirkte, diese zum Zerreißen
größer seyn mußte, als wenn sie nach der Richtung des Walzens wirkend gemacht wurde;
auch haben Versuche mit vorher in einem Glühofen ausgeglühten Blechen gezeigt, daß
diese einen geringeren Grad von Festigkeit hatten, als die von derselben Tafel
genommenen, jedoch nicht ausgeglühten Blechstreifen.
So lange man jedoch bei der Anfertigung der Dampfkessel an das Schmiedeeisenblech
gebunden ist, so lange ferner noch das Gesetz die Blechstärken vorschreibt, könne an
eine Verwendung des Bessemerbleches für diesen Zweck nicht gedacht werden.
Es stehe übrigens zu hoffen, daß unsere Regierung in kurzer Zeit nach dem Vorgange in
anderen Staaten eine Umänderung des Kesselgesetzes in der Weise vornehmen werde, daß
die Blechstärken nicht mehr vorgeschrieben werden und daß auch
Bessemer-Stahlblech zu Dampfkesseln verwendet werden darf. Würde schon unser
steierisches Schmiedeeisenblech ohne Gefahr eine Verringerung der Wandstärke von
Kesseln wegen seiner Vorzüglichkeit gegenüber anderwärts erzeugten Blechen
ermöglichen, so gilt dieß um so mehr von Bessemer-Stahlblech.
So z.B. muß die Wanddicke für einen Dampfkessel, dessen Durchmesser 48 Zoll ist, und
in welchem Dämpfe von 5 Atmosphären effectiver Spannung erzeugt werden, nach dem
gegenwärtig geltenden Gesetze 5,1 Linien betragen, während bei derselben Sicherheit
Bessemerblech nur 3 Linien stark zu seyn brauchte. Es ist sonach nahezu eine
Verminderung des Kesselsgewichtes auf drei Fünftel gegen das der jetzigen Kessel
möglich.
Dadurch vermindern sich selbst bei einem etwas höheren Preise des
Bessemer-Stahlbleches die Anschaffungskosten; die Transportkosten fallen
ebenso geringer aus; außerdem ist von dem verbesserten Materiale eine längere Dauer
des Kessels zu erwarten und endlich ist die Ausnutzung des Brennmaterials, wegen der
schnelleren Wärmeleitung durch eine dünnere Metallschichte, eine bessere, wodurch an
Brennmaterial erspart werden wird. (Steierm. Industrie- und
Gewerbeblatt.)
Drahtseil-Transmission zum Maschinenbetriebe.
In der Schießpulverfabrik der Herren Schlu u. Comp. bei Fallingbostel im Hannover'schen wird nach der Anordnung
des Directors Dippe der Voigtländer'schen Maschinenfabrik in Schladen die Bewegung vom Wasserrade
mit 15 1/2 Maschinen-Pferdekräften durch Drahtseile auf größere Entfernungen
und nach verschiedenen Richtungen hin fortgepflanzt, und zwar zum Umtrieb des
Siebwerkes, des Stampfwerkes und der Schwefelmühle. Drei Zahnradvorgelege pflanzen
die Arbeit des Wasserrades auf eine Welle fort, auf welcher eine Seilscheibe von 5
Fuß Durchmesser befestigt ist, welche ihre Arbeit auf die 3 Werte überträgt. Während
das Wasserrad von 18 Fuß Durchmesser und 8 Fuß Breite mit 44 Schaufeln per Minute 10 Umläufe macht, machen die Seilscheiben
deren 45–46. Letztere bestehen aus einem gußeisernen Kranz mit
Buchenholzbekleidung für das darauf laufende Seil. Bei Gutta-percha statt des
Holzes leidet erstere bei etwas beschädigtem Seile zu viel und verursacht bei
späteren Reparaturen mehr Umstände. Die Leitrollen von 20 Zoll Durchmesser machen
per Minute 136–137 Umläufe. Die 5/8 und 3/4
Zoll dicken Drahtseile aus der Fabrik von Vennemann u.
Comp. in Bochum haben im Ganzen zum Betriebe aller Werke etwa 2000 Fuß
Länge. (Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1865 S. 265.)
Ueber das Biegen feiner Messingröhren.
Für Mechaniker dürfte eine hierauf bezügliche Mittheilung, welche Hr. Gäbler im Hamburger Gewerbeblatte veröffentlicht hat,
nicht unwichtig seyn. Während man nämlich die Messingröhren gewöhnlich mit
geschmolzenem Harze oder Schellack ausgießt und dann biegt, ersetzt der Genannte das
Harz, welches Einbauchungen und sonstige Fehler der Röhren veranlaßt, wenn sich auch
eine noch so kleine Luftblase eingeschlichen hat, durch fein geschlämmten Elbsand,
mit welchem die Röhren gefüllt werden.
Jeder möglichst harte und dabei zartvertheilte Sand wird wohl ähnliche Dienste
leisten, wie der Elbsand, der allerdings durch eine mehrjährige Praxis, in der
Manometerfabrik der HHrn. Gäbler und Veitshans sich vorzüglich zu gedachtem Zwecke bewährt
hat.
Ueber Thalliumglas, von Lamy.
Da die vom Verf. dargestellten Thalliumalkoholate sich durch ihr bedeutendes
Brechungs- und Dispersionsvermögen sehr auszeichnen, so hat der Verfasser
jetzt versucht, im gewöhnlichen Glase das Kali oder das Blei durch Thallium zu
ersetzen, um so ein Glas mit größerem Brechungsvermögen zu erhalten. Es ist dich
vollständig gelungen. Bei einem ersten Versuche wurde aus 300 Th. Sand, 400 Th.
reinem kohlensauren Thallium und 100 Th. kohlensaurem Kali ein leicht schmelzbares
und leicht affinirbares Glas erhalten, aber die erkaltete Masse war nicht homogen.
Die oberen Schichten im Tiegel waren weniger gelb, specifisch leichter und weniger
reich an Thallium als die unteren. Eine zweite Probe wurde aus 300 Th. Sand, 200 Th.
Mennige und 335 Th. kohlensaurem Thallium bereitet. Das Gemenge schmolz leichter und
ließ sich leichter affiniren, als das vorige; das Glas war völlig homogen und besaß
eine angenehme gelbe Farbe. Das spec. Gewicht 4,235 und der Brechungsindex 1,71 (für
den gelben Strahl) waren größer als bei allen bekannten Glassorten. Durch
Veränderung der Thalliummenge erhielt der Verf. Glasarten, deren specifisches
Gewicht zwischen 4,235 und 5,625 und deren Brechungsindex zwischen 1,71 und 1,965
schwankte.
Aus diesen Versuchen schließt der Verf. 1) daß das Thallium das Kalium besser als das
Blei im Glase ersetzen kann; 2) daß das Thallium dem Glase eine gelbe Farbe
ertheilt; 3) daß das Thalliumglas specifisch schwerer und stärker brechend als das
Kaliglas ist; und 4) daß sich diese Eigenschaften des Thalliumglases unzweifelhaft
bei der Darstellung gewisser optischer Gläser und künstlicher Edelsteine verwerthen
lassen. (Aus dem Bulletin de la Société chimique, März
1866, durch die Zeitschrift für Chemie.)
Neues Verfahren zur Sodafabrication.
Walter Weldon ließ sich kürzlich in England ein Verfahren
zur Sodafabrication patentiren, welches von großer Wichtigkeit wäre, wenn es sich
mit Vortheil im Großen anwenden ließe. Mittelst desselben könnte man nämlich ein
beträchtliches Quantum Kochsalz in einer einzigen
Operation, zu deren Ausführung nur eine Viertelstunde
Zeit erforderlich ist, ohne Anwendung von Schwefelsäure oder einer sonstigen nicht
wieder benutzbaren Substanz (mit Ausnahme der erforderlichen Kohle), und ohne daß
irgend ein Abfall entsteht, in Natron-Bicarbonat verwandeln.
Weldon's Verfahren besteht einfach darin, daß man in
einem geeigneten Behälter, welcher einem mäßigen inneren Drucke zu widerstehen
vermag, 1 Aequivalent Magnesia und 1 Aequivalent Kochsalz mit einer kleinen Menge
Wasser zusammenbringt und dann kohlensaures Gas einpumpt, welches man erhält indem
man Luft durch ein Kohlenfeuer bläst. Der Erfolg ist, daß die Kohlensäure die
Magnesia in Magnesia-Bicarbonat verwandelt, welches nur in Lösung existiren
kann, und daß diese Verbindung, sobald sie sich gebildet hat, 1 Aequivalent Kochsalz
zersetzt, wobei sich einerseits Chlormagnesium bildet, welches außerordentlich
löslich ist, somit in Lösung bleibt, und andererseits Natron-Bicarbonat,
welches viel weniger löslich ist, daher zu Boden fällt. Das so erhaltene
Natron-Bicarbonat kann durch Anwendung sehr mäßiger Hitze in neutrales Salz
umgewandelt werden, wobei es 1 Aequiv. Kohlensäure abgibt, welche wieder verwendbar
ist. Die entstandene Lösung von Chlormagnesium wird zur Trockne verdampft und der
Rückstand dann bis ein wenig unter der Rothgluth erhitzt, wobei die Salzsäure
ausgetrieben wird, welche man in gewöhnlicher Weise condensirt, und Magnesia
zurückbleibt, die sich immer wieder verwenden läßt. Der Werth der gewonnenen
Salzsäure soll die Gesammtkosten für Rohmaterial, Brennmaterial, Arbeit, Abnutzung
der Apparate und Interesse des Capitals decken. (Mechanics'
Magazine, März 1866, S. 164.)
Photographie auf Seide; von H. Cooper.
Man gießt zwanzig Unzen kochendes Wasser auf 100 Gran Salmiak und 60 Gran
isländisches Moos. Man filtrirt den Auszug und taucht, ehe er ganz kalt geworden,
die Seide eine Viertelstunde lang hinein. Um empfindlich zu machen, taucht man die
Seide eine Viertelstunde in zwanziggränige ziemlich saure Silberlösung. Nach dem
Trocknen legt man die präparirte Seide auf ein etwas kleineres Stück Carton, schlägt
die Enden um, und befestigt sie mit gummirtem Papier. Man copirt sehr kräftig,
wascht gut aus, und tont in folgendem Bad: 20 Unzen Wasser, 2 Drachmen essigsaures
Natron, 4 Gran Chlorgold, einige Gran Schlämmkreide. Dieses Bad muß mindestens einen
Tag vor der Anwendung präparirt werden. Fixiren mit unterschwefligsaurem Natron 1:
5. (Photographisches Archiv, Juni 1866, S. 222.)
Ueber die vollständige Entfernung des unterschwefligsauren
Natrons aus den photographischen Abdrücken.
Das einzige Mittel, das unterschwefligsaure Natron aus den Abdrücken zu entfernen,
war bis jetzt: möglichst sorgfältiges Auswaschen. Wer einigermaßen die Einrichtungen
der photographischen Ateliers kennt, weiß, wie wenig Aufmerksamkeit meistens diesem
Proceß geschenkt wird. Wenn auch nicht mehr wie früher die Bilder stundenlang in
demselben Wasser bleiben – man hat die praktische Erfahrung gemacht, daß sie
dadurch gelb werden – so sind doch oft die mit dem Auswaschen betrauten
Personen nicht gewissenhaft genug, die Controle wird unterlassen, den fertigen
Bildern ist nicht
anzusehen, ob sie gut gewaschen sind oder nicht, man läßt sie also gehen,
unbekümmert darum, ob sie nächstens das gelbe Fieber bekommen.
Es ist daher die endlich gelungene Auffindung eines anderen bequemeren und mehr
Sicherheit versprechenden Mittels als eine sehr bedeutende Verbesserung des
Copirprocesses zu betrachten. Dr. Angus Smith schlägt das Wasserstoffsuperoxyd (HO²) vor.
Dieser Stoff ist bekanntlich ein kräftiges Oxydationsmittel, er verwandelt, wie Dr. Smith gezeigt, das
unterschwefligsaure Natron, indem er ihm Sauerstoff zuführt, in schwefelsaures
Natron, welches wahrscheinlich auf den Abdruck keinen schadlichen Einfluß ausübt.
Diese Umwandlung läßt sich leicht nachweisen durch Prüfung der Mischung von
unterschwefligsauer Natronlösung und Wasserstoffsuperoxyd mittelst eines
Barytsalzes. Es entsteht ein weißer Niederschlag, der Schwefelsäure anzeigt, während
die Lösung ohne Wasserstoffsuperoxyd mit Barytlösung klar bleibt.
Sehr nett ist auch das im British Journal mitgetheilte
Experiment. Man löse in einem Weinglas etwas schwefelsaures Natron und setze einige
Tropfen Jodtinctur hinzu. Die Flüssigkeit bleibt farbig, weil schwefelsaures Natron
kein Jod löst.
In ein anderes zur Hälfte mit Wasser gefülltes Weinglas tröpfle man so viel
Jodtinctur, daß die Flüssigkeit rothweinfarben wird: dann tröpfle man so lange
schwache Auflösung von unterschwefligsaurem Natron hinzu, bis sich die Färbung
vollständig verliert, vermeide aber möglichst einen Ueberschuß von Natronsalz.
Dieser Versuch zeigt, daß Jod in unterschwefligsaurem Natron löslich ist. Nachdem
man aber das Glas mit einer wässerigen Lösung von Wasserstoffsuperoxyd aufgefüllt,
bemerkt man, daß die Mischung wieder die anfängliche Rothweinfarbe annimmt, Dieß
erklärt sich so: die mit dem Natron verbundene unterschweflige Säure
(S²O²) wird durch das Wasserstoffsuperoxyd zunächst in schweflige
Säure (SO²) und dann in Schwefelsäure (SO³) verwandelt. Die Säure
bleibt natürlich stets an das Natron gebunden. Schwefelsaures Natron aber besitzt
nicht die Eigenschaft der unterschwefligsauren Salze, Jod auszulösen.
Das Wasserstoffsuperoxyd enthält doppelt so viel Sauerstoff als das Wasser; es ist
gleichsam oxydirtes Wasser, wie es sein Erfinder Thénard auch genannt hat. Es ist eine farblose ölige Flüssigkeit,
welche die Haut angreift, Farben bleicht, zusammenziehend schmeckt und eigenthümlich
riecht. Da das zweite Aequivalent Sauerstoff sehr schwach gebunden ist, so wirkt es
äußerst kräftig oxydirend. Man bereitet es durch Behandlung von Baryumsuperoxyd mit
verdünnter Salzsäure. Der beim Auflösen freiwerdende Sauerstoff wird durch das
Wasser absorbirt und verwandelt dasselbe in Wasserstoffsuperoxyd. Der in Lösung
befindliche Baryt wird dann durch Schwefelsäure ausgefällt. Dieselbe Procedur wird
so lange wiederholt, bis das Wasser mit Sauerstoff gesättigt ist.
Man taucht die Bilder, nachdem sie sorgfältig ausgewaschen wurden, in eine sehr
verdünnte Auflösung von Wasserstoffsuperoxyd. Die geeignetsten Verhältnisse wären
noch festzustellen. Dr. Smith
macht darauf aufmerksam, daß das käufliche Präparat meistens sauer ist und kurz vor
dem Gebrauch durch Zusatz von etwas Soda entsäuert werden sollte, damit es die
Bilder nicht bleicht. (Photographisches Archiv, Mai 1866, S. 185.)
Unterscheidung der Carbolsäure (Phenylsäure) von
Steinkohlentheeröl.
W. Crookes macht darauf aufmerksam, daß statt der
Carbolsäure, die jetzt in England als Desinfectionsmittel viel verwendet wird,
betrügerischer Weise nicht selten Steinkohlentheeröl verkauft wird. Als
Unterscheidungsmittel der käuflichen Carbolsäure von diesem ganz werthlosen Surrogat
dient ihre Eigenschaft, sich in 25 bis 70 Theilen Wasser oder ihrem zweifachen
Volumen Natronlauge zu lösen, während Kohlentheeröl fast unlöslich ist. Man braucht
also nur einen Theelöffel voll Carbolsäure in eine Flasche zu bringen, 1/2 Liter
warmes Wasser zuzugießen und die Flasche 1/2 Stunde lang von Zeit zu Zeit zu
schütteln, worauf der übrige Rückstand die Verunreinigung anzeigen wird; oder man
schüttelt 5 Theile Carbolsäure mit einer Lösung von 1 Theil Aetznatron in 10 Theilen
warmen Wassers und sieht wieder, ob und wie viel Rückstand bleibt.
Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls.
In größeren Massen erscheint dieses Oel röthlich, während kleinere Mengen mehr oder
weniger dunkel schmutziggelb sind. Es besitzt keinen eigenthümlichen Geruch und
Geschmack. Werden einige Tropfen Baumwollsamenöl in einem Reagensglase mit
Chlorzinklösung übergossen, so färbt sich dasselbe dunkelbraun, Rüböl dagegen nur
goldgelb, Olivenöl grün. Englische Schwefelsäure färbt das Oel sofort dunkel
rothbraun; Rüböl auf gleiche Weise behandelt, wird grün, Olivenöl schwach
orangegelb. Zinnchlorid verändert das Oel in eine dicke durchsichtige Masse von
orangerother Farbe; Rüböl wird auch hier grün, Olivenöl grünlichblau, beide
verdicken sich nicht. Phosphorsäure färbt Baumwollsamenöl unter Aufbrausen goldgelb,
Rüböl wird dadurch weißlich gebleicht, Olivenöl bläulichgrün.
Diese wenigen Reactionen, denen noch mehrere hinzufügt werden könnten, geben schon
genügende Anhaltspunkte, um durch leicht zu verschaffende Reagentien zu ermitteln,
ob man reines Baumwollsamenöl oder ein mit diesem Oel verfälschtes Rüb- oder
Olivenöl vor sich hat. (Hamburger Gewerbeblatt, 1866 S. 113.)
Neue Prüfungsweise des Olivenöls.
Nach Lailler kann die Reinheit des Olivenöls sehr gut
mittelst einer Mischung von 2 Theilen Chromsäurelösung (welche 1/8 ihres Gewichts
Chromsäure enthält) und 1 Theil Salpetersäure von 40° Baumé (1,38
spec. Gewicht) erkannt werden.
Concentrirte Chromsäurelösung wirkt auf alle fetten Oele sehr energisch ein, sie
erhitzen sich damit, werden schwarz und dick. Wendet man hingegen die obige Mischung
an und zwar in dem Verhältniß von 1 Theil aus 4 Theile Oel, so erhitzt sich das
Olivenöl (es sey von welcher Qualität und Herkunft es wolle, wenn es nur ächt ist)
gar nicht, fängt erst nach 48 Stunden oder länger an, fest zu werden, und nach
einigen Tagen ist die ganze Mischung fest und blau geworden. Andere fette Oele
zeigen diese Erscheinungen nicht, und wenn das Olivenöl sich nicht ganz so wie
angegeben verhält, so ist es verfälscht. (Wittstein's
Vierteljahrsschrift für praktische Pharmacie, Bd. XV S. 268.)
Anwendung des Acaroidharzes zur Tischlerpolitur und zum Leimen
feinerer Papiersorten; von Prof. V. Kletzinsky.
Das Acaroidharz oder Botanybaiharz (von Xanthorhoea
hastilis) wird hauptsächlich zur Darstellung der Pikrinsäure verwendet, die
es bei seiner Behandlung mit Salpetersäure in reichlichem Maaße liefert. Seine
anfänglich gehoffte Substituirung als billiges Surrogat für Schellack in der
Politur- und Siegellackfabrication hat sich praktisch nicht bewährt.
Erschöpft man gepulvertes Acaroidharz mit siedender Naphta, so erhält man ein
Product, das für Siegellackcompositionen und in alkoholischer Lösung zu
Tischlerpolitur weit besser geeignet ist als das rohe Botanybaiharz. Kocht man
Acaroidharz mit Sodalösung oder Natronlauge, so erhält man unter Entwickelung nach
Rosenöl riechender Dämpfe eine dunkelbraune Auflösung einer Harzseife, die zum
Leimen feinerer Papiersorten sehr geeignet ist, welchen sie einen angenehmen Geruch,
einen schönen gelben Farbenton und eine große Zähigkeit verleiht. (Aus des
Verfassers „Mittheilungen aus dem Gebiete der reinen und angewandten
Chemie.“ Wien 1865.)
Naphtaquellen in der Krim.
In Temrjuk (auf der Halbinsel Taman nördlich von Anapa)
sind unlängst überaus reiche Naphtaquellen entdeckt. Aus einem Bohrloche von 2 1/2
Zoll im Durchmesser werden 6000 Eimer in 24 Stunden gewonnen und beim Einsetzen von Röhren größeren
Durchmessers hofft man die Ausbeute noch bedeutend zu steigern. Wie russische
Blätter berichten, ist auch noch eine andere Localität, 30 Werst von der Meerenge
entfernt, aufgefunden, die einen nicht geringeren Naphtareichthum enthält. Die
gleiche geologische Beschaffenheit der Krim und des Kaukasus war ein deutliches
Anzeichen, daß in der Krim ebenso Naphta vorhanden seyn mußte, wie im Kaukasus. Wenn
in letzterem bei den zu beiden Seiten der Meerenge angestellten Versuchen früher ein
Resultat erzielt wurde, so lag dieß wohl nur an dem Umstande, daß man daselbst
früher ein reichhaltiges Naphtabassin aufgefunden hat. Die Auffindung dieser
Naphtaquellen an der Meerenge verspricht der Ausgangspunkt für einen neuen und
großartigen Industriezweig in der Krim zu werden, und die Lage derselben in der Nähe
der Meerenge gestattet eine sichere Concurrenz mit Amerika. (Berggeist, 1866, Nr.
49.)
Einfache Erkennungsmittel für vollkommen oder unvollkommen
gegerbtes Leder.
Als solche gibt Ed. Marquis in Archangel (pharmaceutische
Zeitschrift für Rußland) folgende an:
Vollkommen gegerbtes
Leder.
Unvollkommen gegerbtes
Leder.
Aussehen.
1) Es hat stets eine dunkle, gewöhnlich
rothbraune Farbe.
1) Es hat stets eine helle, gewöhnlich gelbe
bis gelbbraune Farbe.
2) Besitzt auf der Durchschnittsfläche ein
gleichmäßiges, wie
die Epidermisfläche dunkel gefärbtes
Aussehen, ohne dunkle Streifen weder an
den Seiten noch in der Mitte zu
haben.
2) Besitzt auf der Durchschnittsfläche in der Regel
ein ungleichmäßiges Aussehen, ist
gewöhnlich heller als die
Epidermisfläche; entweder an den Seiten oder
in der Mitte sind braune Streifen
sichtbar.
3) Ist gleichmäßig fest, biegsam, ohne Risse oder
Falten zu hinterlassen.
3) Ist lockerer und hinterläßt oft beim
Biegen, namentlich auf schwarz gebeiztes
Oberleder Falten, die leicht brüchig
werden.
Verhalten zu kochendem
Wasser.
1) Wird ein dünngeschnittener Lederstreifen mit
Wasser bis zum Kochen erhitzt, so
schrumpft das Leder stark zusammen, wird
undurchsichtig, kaffeebraun von Farbe
und zwischen den Fingern nach dem
Erkalten bröcklich.
1) Wird ein dünngeschnittener Lederstreifen mit
Wasser bis zum Kochen erhitzt, so bläht
sich das Leder bedeutend auf, wird
durchsichtig, und zähe wie
eine Speckhaut; nur die Stellen, welche
gegerbt sind, erscheinen undurchsichtig
kaffeebraun. Zwischen den Fingern
getrieben ist ein solches Leder weich
und klebrig.
2) Der vom Leder erhaltene Absud ist
durchsichtig, rothbraun gefärbt und
zeigt nach dem Verdampfen bis zur
Syrupdicke beim Erkalten kein Gelatiniren.
2) Der vom Leder erhaltene Absud ist gewöhnlich
schon während des Erkaltens trübe, gelb
bis gelbbraun gefärbt und zeigt nach dem
Verdampfen der Flüssigkeit bis zur
Syrupdicke beim Erkalten starkes Gelatiniren.