Titel: Ueber einige Reductionsversuche mit Zink; von Dr. C. Stahlschmidt.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XIV., S. 26
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XIV. Ueber einige Reductionsversuche mit Zink; von Dr. C. Stahlschmidt. Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1866, Bd. CXXVIII S. 466. Stahlschmidt, Reductionsversuche mit Zink. Schönbein hat zuerst nachgewiesen, daß die salpetersauren Salze der Alkalien durch Zink und Cadmium zu salpetrigsauren Salzen reducirt werden. Wenn man nach ihm eine Lösung von salpetersaurem Ammoniak mit einem Zink- oder Cadmiumstäbchen zusammenbringt, so läßt sich nach kurzer Zeit, besonders wenn die Lösung erhitzt wird, durch verdünnte Schwefelsäure und Jodkaliumstärkelösung die Bildung der salpetrigen Säure nachweisen. Die Menge derselben, welche sich gebildet hat, ist jedoch eine sehr geringe, so daß dieser Weg zur Darstellung von salpetrigsauren Salzen ungeeignet, ja unmöglich ist. Im feinvertheilten Zustande jedoch wirkt das Zink rascher ein und führt bei gleichzeitiger Gegenwart von einem löslichen Alkali die salpetersauren Salze fast momentan in salpetrigsaure Salze über. Der auf jeder Zinkhütte leicht zu habende Zinkstaub, welcher auch an vielen Orten als gemeine Anstrichfarbe vielfach gebraucht wird, eignet sich sehr gut zu den verschiedensten Reductionsversuchen und ist besonders ein vorzügliches Material, um in kurzer Zeit sich reine Lösungen von salpetrigsauren Salzen darzustellen. Nach einer von dem Hrn. Aldendorf im unorganischen Laboratorium der kgl. Gewerbe-Akademie zu Berlin ausgeführten Analyse besteht ein Zinkstaub von dem Radtberger Hüttenwerke in 100 Theilen aus: Zink 39,99 Blei 2,47 Cadmium 4,09 Zinkoxyd 49,76 kohlensaurem Zinkoxyd           3,29 Rückstand 0,39 ––––– 99,99 Uebergießt man den Zinkstaub unter Umrühren so lange mit verdünnter Salz- oder Schwefelsäure bis sich Wasserstoffgas entwickelt, so wird der größte Theil des Zinkoxyds und des kohlensauren Zinkoxyds aufgelöst, während das Zink und die übrigen Metalle zurückbleiben. Durch Waschen mit Wasser wird es von den löslichen Verbindungen befreit und stellt dann ein feines, schweres, graues Pulver dar, welches direct zu den Versuchen angewendet werden kann. Einwirkung des Zinkpulvers auf salpetersaure Salze. Bringt man zu einer gesättigten Lösung von salpetersaurem Kali Zinkpulver, und läßt das Ganze mehrere Tage stehen, so entsteht salpetrigsaures Kali und freies Kali. Die Menge beider ist nur gering und beträgt nur wenig mehr, als wenn Zinkstäbe angewendet worden wären. Erwärmt man das Zinkpulver mit der Salpetersäure im Wasserbade auf 60° C., so entwickelt sich unter Bildung von Ammoniak und Kali Stickgas und es erzeugt sich salpetrigsaures Kali, dessen Menge wenig mehr als im ersten Falle beträgt. Erhöht man die Temperatur bis zum Kochen, so entweicht viel Stickgas, es bilden sich große Mengen von Ammoniak und Alkali und fast kein salpetrigsaures Salz. Es geht hieraus hervor, daß die Reduction der salpetersauren Salze drei Stadien durchläuft, stets unter Oxydation des Zinks zu Zinkoxyd. Im ersten Stadium wird das salpetersaure Salz zu salpetrigsaurem Salze umgewandelt, dann bildet sich aus diesem, unter vollständiger Reduction der salpetrigen Säure und unter Freiwerden von Stickstoff Aetzkali; und schließlich tritt in dem dritten Stadium noch von dem entstehenden Wasserstoff zu dem Stickstoff und erzeugt Ammoniak. Die Ammoniakentwickelung ist bei der kleinsten Menge Salpeter nachzuweisen, und kann bei Gegenwart oder Zusatz von Aetzkali als Erkennungsmittel der salpetersauren Salze in Salzgemengen dienen. Obgleich nun bei 60° C. in der Salpeterlösung salpetrigsaures Kali entsteht und bei einer Einwirkung von mehreren Stunden die Menge desselben zunimmt, so erkennt man doch sehr bald, daß auch eine weiter gehende Reduction stattfindet, und daß überhaupt eine solche erst dann anfängt energisch von statten zu gehen, wenn sich Ammoniak in der Lösung gebildet hat. Es läßt sich deßhalb annehmen, daß die Bildung der salpetrigen Säure aus den salpetersauren Salzen in wässeriger Lösung mit der Temperatur zusammenhängt, und daß erst bei höherer Temperatur eine kräftigere Reduction in Folge der Gegenwart des gebildeten Ammoniaks, dann aber unter gleichzeitiger weitergehender Reduction erfolgt. Hiernach lag es auf der Hand, die Bildung der salpetrigsauren Salze bei gewöhnlicher Temperatur auf die Weise zu versuchen, daß man der Lösung des Salpeters noch Ammoniak zusetzte und dann das Zinkpulver hineinbrachte. Der Versuch hat ergeben, daß unter diesen Verhältnissen die Reduction bei gewöhnlicher Temperatur sehr rasch und unter Temperaturerhöhung von statten geht, stets unter Bildung von Kali und Stickgas, deren Mengen abhängig sind von der Temperatur der Lösung. Um nun nach dieser einfachen Methode salpetrigsaure Salze darzustellen, möge hier die Erzeugung des salpetrigsauren Kalis angeführt werden; es ist dann leicht, für andere Salze die Methode entsprechend zu modificiren. Eine bei 30 bis 40° C. gesättigte Lösung von Salpeter wird mit ungefähr 1/10 des Volums Ammoniak versetzt und zu der in einem Kolben befindlichen Flüssigkeit Zinkpulver in nicht zu großer Menge zugesetzt. Beim ruhigen Stehen erwärmt sich das am Boden befindliche Zinkpulver, weßhalb es nöthig ist, durch Umschütteln und Abkühlen des Kolbens die Temperatur der Flüssigkeit nicht über 50° C. steigen zu lassen. Nach kurzer Zeit bringt man frisches Zink hinzu und verfährt auf gleiche Weise, und wiederholt dieses so lange, bis nur noch geringe Mengen von Salpeter unzersetzt sind. Um dieses zu erfahren, wird eine geringe Menge der Flüssigkeit so lange gekocht, bis alles Ammoniak verflüchtigt und das darin gelöste Zinkoxyd gefällt ist, worauf die von demselben abgegossene klare Lösung mit dem drei- bis vierfachen Volumen Sprit versetzt wird. Bei Gegenwart von viel Salpeter entsteht ein starker flockig-krystallinischer Niederschlag von demselben, im entgegengesetzten Falle nur eine Trübung. Durch Zusatz von Salpetersäure wird unter Freiwerden von salpetriger Säure alsdann in der Flüssigkeit ein Niederschlag von Salpeter gebildet. Versetzt man die heiße Flüssigkeit unmittelbar mit Salpetersäure, so deutet ein starkes Aufbrausen von Stickoxyd ebenfalls die Reduction des Salpeters an. Wenn nur noch wenig Salpeter unverändert sich vorfindet, so wird die Flüssigkeit vollständig abgekühlt, und nach einiger Zeit, während welcher sich das Zink abgesetzt hat, dieselbe abgegossen, und so lange in einem Kolben gekocht, bis alles Ammoniak verflüchtigt ist, worauf sie von dem abgeschiedenen Zinkoxyd abfiltrirt wird. In derselben findet sich nun der Hauptmasse nach salpetrigsaures Kali, mehr oder weniger unzersetzter Salpeter, Zinkoxydkali und salpetrigsaures Zink- und Cadmiumoxyd, letztere drei Verbindungen jedoch nur in geringen Mengen. Indem man in die kochende Lösung längere Zeit Kohlensäure einleitet, auch wohl gleichzeitig geringe Mengen von kohlensaurem Kali zusetzt, wird unter Bildung von salpetrigsaurem Kali und kohlensaurem Kali, Zink- und Cadmiumoxyd gefällt und die Lösung enthält dann nur noch außer dem salpetrigsauren Kali, salpetersaures und kohlensaures Kali. Durch Versetzen derselben mit verdünnter Salpetersäure wird das kohlensaure Kali in Salpeter übergeführt und dieser auf dem Wege der Krystallisation von dem salpetrigsauren Kali getrennt. Wenn man eine concentrirte Salpeterlösung mit einem Ueberschuß von Salpeter, Ammoniak und viel Zink versetzt, so tritt eine so heftige Reaction ein, daß die ganze Masse aus dem Kolben geschleudert wird; die Temperatur steigt dabei bis zum Kochen der Flüssigkeit, unter vollständiger Reduction des Salpeters zu Kali. Bei Gegenwart von Kali statt Ammoniak tritt dasselbe ein, unter heftiger Entwickelung von Stickstoff und Ammoniak. Das metallische Zink verhält sich also bei Gegenwart von Ammoniak oder Kali gegen die salpetersauren und salpetrigsauren Salze, wie das Natriumamalgam, welches nach de Wilde (Annalen der Chemie III. Suppl. Bd. S. 175) die salpetersauren Verbindungen des Kalis und Natrons, unter Bildung von salpetrigsauren Salzen, von Stickoxydul, Stickgas und Ammoniak reducirt. Ich habe nicht untersucht, ob bei der Reduction mit Zink auch Stickoxydul gebildet werde; möglich ist es, weil die Reduction bei diesem Proceß bis zu einer Addition des Wasserstoffs zu Ammoniak ebenfalls ausgedehnt wird. Die Aehnlichkeit der Wirkungen beider Körper machen es wahrscheinlich, daß das Zink unter den angegebenen Bedingungen das Natriumamalgam in vielen Fällen zu ersetzen im Stande ist, und vielleicht für viele Reductionen, die weniger energisch verlaufen dürfen, statt desselben mit Vortheil in der organischen Chemie angewendet werden kann. Nach Maly (Annalen der Chemie Bd. CXXXV S. 118) bildet sich, wenn ein Gemenge von Zink und kohlensaurem Zinkoxyd in heiße Kalilauge eingetragen wird, unter Addition des freiwerdenden Wasserstoffs ameisensaures Kali. Bei einem Versuche, den ich mit Zinkstaub und kohlensaurem Zinkoxyd angestellt habe, war es mir nicht möglich die Bildung der Ameisensäure nachzuweisen. Gegen andere unorganische Verbindungen wirkt das Zink auf dieselbe Weise; ein Gleiches findet bei salpetersauren Verbindungen, z.B. beim salpetersauren Aethyloxyd und wahrscheinlich bei allen Nitroverbindungen statt. Außer den salpetersauren Verbindungen werden auch noch andere unorganische und organische Körper in alkalischer Flüssigkeit reducirt. Zu den ersteren gehören z.B. die jodsauren Salze; während diese sofort in Jodmetalle umgewandelt werden, bleiben die chlorsauren Salze selbst beim Erwärmen unverändert. Zu den organischen Verbindungen gehört unter anderen das rothe Blutlaugensalz, welches in gelbes umgewandelt wird; ferner das Indigoblau, welches zu Indigoweiß reducirt wird. Für die Darstellung der kalten Indigoküpe ist der Zinkstaub ein vorzügliches Mittel, indem der Indigo in einer ammoniakalischen Flüssigkeit rasch reducirt wird, und die Zinkküpe vor der Vitriolküpe den Vortheil besitzt, daß die gefärbten Waaren leichter zu reinigen sind und keine Rostflecke bekommen. Indem man den Indigo mit dem Zinkstaub zusammen in die Mühle bringt, wird das Zerreiben desselben erleichtert; dabei braucht die Vertheilung nicht so weit getrieben zu werden wie gewöhnlich, indem schon Indigo, welcher mit Wasser in einer Reibschale gerieben wurde, sehr bald durch das Zink in Lösung gieng. Verhalten des Zinkstaubes gegen Wasser. Gegen Wasser verhält sich der Zinkstaub wie gewöhnliches Zink gegen verdünnte Säure, d.h. in dieser Form ist das Zink befähigt das Wasser bei gewöhnlicher Temperatur zu zersetzen. Selbstverständlich darf hierunter nicht verstanden werden, daß das Zink das Wasser unter lebhafter Gasentwickelung zersetze, sondern die Einwirkung ist nur eine allmähliche, langsame und dadurch eine lange andauernde. Durchschnittlich entwickelt ein Volumen nasser Zinkstaub in 24 Stunden ein Volumen Wasserstoffgas, wobei wohl vorausgesetzt werden darf, daß bei höherer Temperatur eine raschere Zersetzung des Wassers eintritt. In letzterer Zeit hat Dufour die Dampfkesselexplosionen dadurch zu erklären versucht, daß er ein Ueberhitzen des Wassers annimmt, aus dem sich von Zeit zu Zeit, plötzlich, wie bei Flüssigkeiten, welche beim Kochen stark stoßen, eine große Menge Dampf entwickelt. Das Wasser geht nach demselben dann leicht in diesen Zustand über, wenn durch Kochen alle Luft aus demselben vertrieben ist, indem dadurch der Anstoß zu einer continuirlichen Dampfentwickelung fortgenommen wird. Bringt man in solche Flüssigkeiten pulverige Körper, oder solche, welche, wie Platinblech, Luft auf der Oberfläche verdichtet enthalten, so findet eine plötzliche, überaus heftige Dampfentwickelung statt, welche nach und nach in ein ruhiges Sieden übergeht, so lange dauernd als noch Luft vorhanden ist. Dufour hat deßhalb vorgeschlagen, in den Dampfkesseln ein Zurückbleiben des Siedens auf die Weise zu verhindern und ein continuirliches Sieden dadurch hervorzubringen, daß in denselben durch einen schwachen galvanischen Strom eine fortwährende Gasentwickelung hervorgerufen wird (polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 266). Einfacher möchte es seyn, die Gasentwickelung durch eine Handvoll Zinkstaub hervorzubringen, welche dann von Zeit zu Zeit erneuert werden müßte. Zum Schlusse mag hier noch die Einwirkung des Zinkstaubs auf lösliche Schwefelmetalle erwähnt werden. Die große Menge des Zinkoxyds, welches in dem Zinkstaube enthalten ist, befähigen den letzteren die löslichen Schwefelmetalle auf gleiche Weise wie das Kupferoxyd zu zersetzen. Bringt man z.B. Schwefelbarium mit Zinkstaub zusammen, so bildet sich Schwefelzink und Barythydrat. Diese Methode ist wohlfeiler als die mit Kupferoxyd und liefert gute Resultate.