Titel: Verfahren zum Oxydiren der Rohsodalaugen; von J. Hargreaves zu Appleton in Widnes, Lancashire.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XVI., S. 40
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XVI. Verfahren zum Oxydiren der Rohsodalaugen; von J. Hargreaves zu Appleton in Widnes, Lancashire.Eine Notiz über dieses Verfahren wurde im polytechn. Journal Bd. CLXXXI S. 333 mitgetheilt. Aus der Chemical News, vol. XIII p. 265; Juni 1866. Mit einer Abbildung. Hargreaves, über Oxydiren der Rohsodalaugen. Textabbildung Bd. 182, S. 40 Die Rohsodalaugen enthalten gewöhnlich kleine Mengen von Schwefelnatrium, dessen Entfernung sehr wünschenswerth ist, namentlich wenn diese Laugen auf festes Aetznatron verarbeitet werden sollen. Die üblichen Methoden zur Beseitigung des Schwefelnatriums bestehen in der Umwandlung desselben in schwefelsaures Natron durch Oxydirung mittelst des atmosphärischen Sauerstoffs, oder salpetersauren Natrons, Chlorkalks etc. Die erstgenannte dieser Methoden – die Oxydirung durch die Einwirkung der Luft – erforderte bisher die Anwendung complicirter und voluminöser Apparate, während durch die Benutzung von Natronsalpeter od. von Chlorkalk etc. die Productionskosten des festen Aetznatrons bedeutend erhöht werden. Um die Kosten der zur Oxydirung der Rohlaugen durch den Sauerstoff der atmosphärischen Luft erforderlichen Apparate zu vermindern, erfand ich die nebenstehend im Maaßstab von 1/4 Zoll per Fuß abgebildete einfache Vorrichtung. A ist das Oxydirungsgefäß (der Oxydator); B ist ein mit kleinen Löchern versehener Siebboden; C ein Rohr, durch welches Luft unter den Siebboden geleitet wird; D ist ein kurzes, oben ausgeschweiftes Rohr, die sogen. „Luftröhre,“ etwas enger als das Rohr C: E ist das Ausströmungsrohr eines Dampfkessels, welcher Dampf von 40 Pfd. Druck per Quadratzoll erzeugt. Das Gefäß wird ungefähr fünf Fuß hoch mit der Rohlauge gefüllt und dann wird durch das Rohr E Dampf zugelassen, welcher, mit äußerer Luft sich mischend und dieselbe mit sich fortreißend, durch die Luftröhre in das Oxydirungsgefäß einströmt. Die Luft steigt durch die Lauge auf, wobei sie eine heftige Bewegung derselben hervorbringt, daher sich ihrer oxydirenden Wirkung eine große Fläche darbietet, während der Dampf die Lauge erwärmt und dadurch die Oxydation des Schwefelnatriums beschleunigt. Wird der Apparat, wie bereits angegeben, etwa fünf Fuß hoch mit Rohlauge gefüllt, so läßt sich bei einem Dampfdrucke von 40 Pfd. per Quadratzoll die in demselben enthaltene Rohsodalauge binnen etwa vier und einer halben Stunde oxydiren. Der Apparat wurde von mir vor etwa sechzehn Monaten eingeführt und ist jetzt in den Sodafabriken von Süd-Lancashire und Nord-Cheshire in allgemeine Aufnahme gekommen, wogegen der bisherige kostspielige Oxydationsapparat immer mehr verdrängt wird. In einigen Fällen wurde der bisherige Apparat als altes Metall verkauft und der dafür erzielte Preis betrug mehr als die sämmtlichen Kosten für die Anschaffung und Aufstellung des neuen Oxydators, welcher dasselbe leistet wie jener, während die Betriebskosten sich mit demselben als beträchtlich geringer herausstellen. In Fabriken, in denen große Mengen von festem Aetznatron producirt werden und wo der neue Apparat in ununterbrochenem Betriebe stand, wurde in Folge der Ersparniß der Ausgabe für Natronsalpeter bei einem vierzehntägigen Gebrauche desselben ein Nutzen erzielt, welcher seinen gesammten Anschaffungskosten gleichkam. Mit geringen Abänderungen, auf die ich hier nicht näher einzugehen brauche, da jeder Fabrikant dieselben nach seinen Bedürfnissen selbst zu treffen im Stande seyn wird, läßt sich der Apparat auch zur Darstellung von krystallisirter Soda und von calcinirtem Sodasalze (soda ash) benutzen, wobei die Productionskosten gleichfalls weit niedriger sich stellen als bei Befolgung der bisher üblichen Verfahrungsweisen. Sobald die erforderliche Menge Rohlauge in den Oxydator eingelaufen ist, wird der Dampfstrahl, welchem sich atmosphärische Luft beimischt, durch die Luftröhre unter den Siebboden injicirt, und dieß wird so lange fortgesetzt, bis eine ausgeschöpfte Probe der Lauge mit essigsaurem Bleioxyd keinen schwarzen oder braunen Niederschlag mehr gibt. Dich ist nach drei bis fünf Stunden der Fall, was von dem größeren oder geringeren Schwefelnatriumgehalte der Lauge, von dem mehr oder minder starken Dampfdrucke und von dem Zustande der Atmosphäre abhängt. Wenn man das in der Lauge schon vorhandene Aetznatron, ohne vorherige Behandlung derselben mit Aetzkalk, zu gewinnen beabsichtigt, so wird sie so lange concentrirt, bis die vorhandenen Salze – kohlensaures und schwefelsaures Natron nebst Chlornatrium – in der starken Aetzlauge unlöslich werden, worauf letztere sich selbst überlassen wird und zum Erkalten ruhig stehen bleibt, so daß sich die fremdartigen Beimengungen absetzen können. Zuletzt wird die Aetznatronlauge noch weiter concentrirt, bis sie 60–70 Proc. Natronhydrat enthält. Wenn man nun die Thätigkeit dieses oder irgend eines anderen Apparates, bei welchem atmosphärische Luft als Oxydationsmittel benutzt wird, unterbricht, sobald die Lauge auf Schwefelnatrium keine Reaction mehr gibt, so ist noch eine gewisse Menge von salpetersaurem Natron erforderlich, um das Aetznatron zum marktfertigen Präparate zu machen, weil der Oxydationsproceß nur so weit gegangen ist, daß das Schwefelnatrium in unterschwefligsaures und schwefligsaures Salz verwandelt wurde. Bei der hohen, zur letzten Concentration der Aetzlauge angewendeten Temperatur finden die nachstehenden Reactionen statt: 2 NaO, S²O² = NaO, SO³ + NaS, und 4 NaO, SO²  = 3 NaO, SO³ + NS, und es ist also zur Vervollständigung der Oxydation ein Zusatz von salpetersaurem Natron erforderlich. Doch braucht man davon höchstens den vierten Theil der Quantität, welche nöthig seyn würde, wenn die Lauge nicht vorher mittelst atmosphärischer Luft oxydirt worden wäre. Wird dagegen der Apparat nach dem Eintritte der bezeichneten Vorgänge noch einige Zeit in Thätigkeit erhalten, so daß das unterschwefligsaure und schwefligsaure Natron in schwefelsaures Salz verwandelt werden, so ist die noch erforderliche Menge Natronsalpeter fast gleich Null.