Titel: Ueber Glasschmelzöfen mit Gasfeuerung und Regeneratoren.
Autor: Hermann Pütsch
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. X., S. 25
Download: XML
X. Ueber Glasschmelzöfen mit Gasfeuerung und Regeneratoren. Pütsch, über Glasschmelzöfen mit Gasfeuerung und Regeneratoren. Im ersten Novemberheft 1866 dieses Journals (Bd. CLXXXII S. 216) rechnet Hr. Schinz aus dem von mir in einem früheren ArtikelPolytechn. Journ Bd. CLXXX S. 127. angegebenen Brennmaterialverbrauch eines Glasschmelzofens mit Gasfeuerung und Regeneratoren die schädliche Wirkung der Regeneratoren heraus. Vor Allem will ich bemerken, daß meine Angaben über Verbrauch von Holz und Torf, sich immer auf solche Brennmaterialien beziehen, welche ohne Trockenschuppen, frei der Witterung ausgesetzt, ohne vorherige Trocknung direct vom Lagerplatz aus verfeuert werden, und daß wir unter Umständen sogar nur vollständig nasse Schwarten und nasse Sägespäne, ungefähr von jedem die Hälfte,“ Aus dem Bericht des Director Fahlström, Bevollmächtigten des Jern contors in Schweden (December 1862). zur Erzielung von Schweißhitze anwenden. Hieraus folgt ganz einfach, daß Hr. Schinz ein derartiges Brennmaterial nicht auf gleiche Stufe mit dem von ihm selbst angewendeten stellen kann, sondern mindestens 20 Proc. von vornherein als Wassermehrgewicht in Abrechnung bringen muß, ganz abgesehen von der Verminderung des pyrotechnischen Effectes, den die Anwesenheit eines solchen Wasserquantums bei der Verbrennung erzeugt. Ich überlasse es Hrn. Schinz als Theoretiker, sich unter solchen Umständen den Brennwerth von Holz und Torf in obigem Zustande für seine rationellen Glasöfen herauszurechnen, indem ich mich selbst nur mit der praktischen Seite der Glasfabrication im Folgenden beschäftigen will. Der in meinem angezogenen Artikel, – welcher übrigens auf etwas Anderes als den theoretischen Brennmaterialverbrauch der Regenerativöfen Bezug hatte, – angegebene Consum stellt sich wie folgt: Ein 8häfiger Grünglasofen mit einem Gemenge aus Kochsalz, Mergel, Torfasche und Sand, verbraucht in 6 Schmelzen per Woche, bei 6 1/2 Ctr. Glasinhalt per Hafen 140000 Stück Torf à 3/4 Pfund; ferner   35000 Stück Torf à 3/4 Pfund zum Calcinirofen. Die angegebenen 6 1/2 Ctr. Glasinhalt beziehen sich nun nicht auf das Gewicht des eingetragenen Gemenges, sondern auf das Gewicht des ausgearbeiteten fertigen Glases, da 2 Glasmacher per Hafen jeder 10–11 Hüttenhundert Medocflaschen à 26 Stück anfertigen, und sind diese 6 1/2 Ctr. Hafeninhalt der Rentabilitätsrechnung der Hütte und der Calculation der Verkaufspreise der Flaschen zu Grunde gelegt. Die Häfen haben beim Einsetzen 34'' obere Weite, bei 24'' Höhe, halten also 8 Ctr. Gemenge, von welchem beim Ausarbeiten gut 1 1/2 Ctr. Abgang gerechnet werden müssen. Dieß ergibt also, um von der praktischen Seite der Reichsthaler, Silbergroschen und Pfennige abzusehen, und den Brennmaterialverbrauch wie Hr. Schinz aufzufassen, 384 Ctr. geschmolzenes Gemenge per Woche. Außerdem liefert der Ofen, da schließlich die Häfen wieder vollgelegt werden, durch Ueberschäumen des eigenthümlichen Gemenges, ungefähr 6 Ctr. Herdglas per Schmelze, welches geschränkt und der nächsten Schmelze als Brocken zugesetzt wird. Also kommen für 6 Schmelzen 3 Ctr. Herdglas hinzu, so daß sich die wirkliche Leistung des Ofens, wenn sie sich auch theilweis der praktischen Benutzung entzieht, zu 420 Ctr. Rohglas per Woche ergibt, und zwar mit einem Aufwand von 140000 Stück Torf à 3/4 Pfund in derselben Zeit, indem ich von den 35000 Stück absehe, welche der Calcinirofen verbraucht, da Hr. Schinz doch nicht mir allein, und sich selbst nicht, den Verbrauch des vollständig abgesonderten Calcinirofens bei der Ermittelung des theoretischen Nutzeffectes eines rationellen Gasschmelzofens anrechnen wird. Es ergibt sich demnach, wenn angenommen wird, daß 2/3 der Torfmenge für die Schmelze verwendet werden, 70000 Pfund Torf für 42000 Pfund Rohglas, mithin 1,66 Pfd. Torf für ein Pfund Rohglas. Zieht man die oben erwähnten 20 Procent Wassermehrgewicht ab, so bleiben 1,33 Pfd. Torf für 1 Pfd. Glas. Auf derselben Hütte, wo der angezogene Ofen arbeitet, mußte ein zweiter zeitweis, trotz der hohen Holzpreise, wegen Torfmangels mit Holzgas betrieben werden, und stellte sich der Verbrauch desselben folgendermaßen: Ausgearbeitetes Glas 5 1/2 Ctr., Hafendurchmesser 32'' bei 24'' Höhe, also factischer Inhalt 7 Ctr., 6 Schmelzen per Woche und 5 Ctr. Herdglas per Schmelze. Es ergibt sich daher die Leistungsfähigkeit des Ofens zu 360 Ctr. per Woche, welche mit 31 1/2 Klafter à 108 Kubikfuß Holz zweiter Classe und Knüppeln im Durchschnittsgewicht von 2046 Pfund per Klafter geschmolzen wurden. Also Gesammtgewicht des Holzes 64445 Pfd.; 2/3 für die 6 Schmelzen = 42966 Pfd. auf 36000 Pfd. Rohglas; demnach per Pfd. Glas 1,17 Pfd. Holz; ab hiervon 20 Procent Wassermehrgewicht, bleibt 0,94 Pfd. Holz per 1 Pfd. Glas. Außerdem stelle ich in Folgendem die Resultate eines von Hrn. Schinz angeführten Ofens zu Namur, dann eines von meinem Bruder Albert Pütsch auf Eda in Schweden erbauten Regenerativofens gegenüber, die genau verglichen werden können, da dieselben beide weißes Schleifglas (nicht Bleiglas) produciren, und beide in 12 Stunden blankes Glas liefern. Ofen in Namur. Inhalt 1800 Pfund. Verbrauch per Stunde 136 Pfd. Holz (getrocknet). Gesammtgewicht (in 12 Stunden) 2232 Pfund. Auf 1 Pfund Glas 1,24 Pfund Holz. Ofen in Eda. Inhalt 4000 Pfd. (10 Häfen à 4 Ctr.). Verbrauch per 12 Stunden 155 Kubikfuß Klobenholz erster Classe (ungetrocknet); 108 Kubikfuß = 2406 Pfund.     Gesammtgewicht 3638 Pfund. Auf 1 Pfd. Glas 0,9 Pfd. Holz, abzüglich 20 Proc. Wassermehrgewicht; auf 1 Pfd. Glas 0,72 Pfd. Holz. Aber selbst diese für die Regenerativöfen günstigen Resultate sind allein nicht hinreichend, um den Glasfabrikanten, dessen pecuniäres Interesse doch eigentlich die Entscheidung gibt, zu veranlassen das eine oder das andere System von Oefen auf seiner Hütte einzuführen, da bei der Rentabilitätsfrage noch andere Factoren in Rechnung gezogen werden müssen. Die Mehrausgaben für eine größere Anzahl von Arbeitern, welche zum Herbeischaffen des Brennmaterials für einen Gebläseofen, respective Vorbereiten und Trocknen bei doppeltem Transport nothwendig sind, die Haltbarkeit des Ofens und der Häfen, welche beide durch Flugasche und eine Gebläsestichflamme schärfer angegriffen werden, als durch eine sich ruhig entwickelnde Flamme, die spätere Benutzung des alten Ofenmaterials, welches bei Gebläseöfen fast ganz unbrauchbar wird, die Unbequemlichkeit des Reinigens eines Gebläsegenerators, und schließlich die den Arbeiter belästigende stechende Hitze aus den Arbeitslöchern, alle diese Nachtheile liegen auf der einen Seite, während die Regenerativöfen frei von derartigen Fehlern sind, und die Sicherheit geben, unabhängig von Witterungseinflüssen immer mit derselben Genauigkeit arbeiten zu können, und namentlich nicht an die sonst nöthigen ungeheuren Quantitäten Brennmaterials gebunden zu seyn, welche das Betriebscapital erhöhen und große Räume zum Austrocknen erfordern; nur diese Betrachtungen zusammengenommen, können schließlich über den Werth oder Unwerth einer Construction entscheiden, und nicht eine auf einem rein theoretischen und keineswegs vorurtheilsfreien Standpunkt fußende Ansicht, namentlich wenn dieselbe nachweislich von vornherein Schornsteintemperaturen von 1000° C. annimmt und Schornsteindimensionen ausrechnet, mit denen die Praxis nichts zu thun hat. Hermann Pütsch.         (Firma: Gebr. Pütsch in Berlin.)