Titel: Anwendung der Stimmgabeln zur Zeitmessung; von Niaudet-Breguet.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. LXXX., S. 285
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LXXX. Anwendung der Stimmgabeln zur Zeitmessung; von Niaudet-Breguet. Aus den Comptes rendus, t. LXIII p. 99; December 1866. Niaudet, über Anwendung der Stimmgabeln zur Zeitmessung. Duhamel hat zuerst die Anwendung der Stimmgabel zur Messung sehr kleiner Zeitintervalle vorgeschlagen, und nach ihm sind von mehreren Physikern ähnliche Anwendungen versucht worden. Meine Absicht geht dahin, für den genannten Zweck die Schwingungen einer Stimmgabel durch Anwendung des Uhrwerkes zu verlängern. Der Apparat, welchen ich construirt habe, besteht wie bei einer gewöhnlichen Uhr aus zwei Theilen, nämlich dem Räderwerke und dem Apparate mit isochronen Schwingungen; die gegenseitige Einwirkung dieser beiden Hauptorgane wird, wie gewöhnlich, durch ein Echappement vermittelt. Die Stimmgabel regulirt den Gang des Triebwerkes, während letzteres bei jeder Vibration der Stimmgabel einen kleinen Impuls beibringt, um dieselbe wie immer in Schwingungen zu erhalten; mittelst der an den Achsen der Haupträder angebrachten Zeiger kann man an dem Zifferblatte die Schwingungen der Stimmgabel wie bei einer gewöhnlichen Uhr ablesen. Die präciseste Methode, durch welche man den Gang eines derartigen Instrumentes controliren kann, besteht in der Vergleichung des für das Uhrwerk benutzten Stimmgabel-Regulators mit einer freien oder nicht gehemmten Stimmgabel nach der optischen Methode von Lissajous.Man s. unter Anderem: Comptes rendus, 1855, t. XLI p. 814. Letztere gestattet nämlich die vollkommene Uebereinstimmung zweier Stimmgabeln festzustellen, wenn man die freie Stimmgabel direct mit der Hand so oft als es nothwendig erscheint, in Schwingungen versetzt; ist dann der Einklang hergestellt, so ändert sich derselbe nicht, wenn auch der Motor des Triebwerkes mit dem doppelten oder dreifachen Gewichte in Thätigkeit versetzt wird. Die Stimmgabel, welche ich nach dieser Methode abgestimmt und in Anwendung gebracht habe, macht 100 einfache oder 50 Doppelschwingungen in der Secunde; in der Folge habe ich eine andere in Anwendung gebracht, welche beiläufig 200 einfache Schwingungen in der Secunde vollführt, und der Apparat functionirte ohne irgend welche Störungen. Um die Dimensionen des Echappements möglichst zu verkleinern, kann man nach meiner Erfahrung stark zugespitzte Stimmgabeln in Anwendung bringen. Es ist wohl leicht zu sehen, daß beim Abstimmen einer regulirenden Stimmgabel nach jener Methode man bloß an den Schenkeln der letzteren Massen von gleicher Größe symmetrisch anzuordnen hat; es ist auf diese Weise möglich, Reihen von Stimmgabeln anzuordnen, deren Vibrationsgeschwindigkeit innerhalb gewisser Grenzen beliebig vermindert werden kann. Ich glaube, daß das Princip des von mir construirten Instrumentes in nützlicher Weise für chronoskopische Untersuchungen, nämlich zur Messung sehr kleiner Zeitintervalle angewendet werden kann; ebenso halte ich es für zweckmäßig, die Anwendung desselben für astronomische Chronographen, sowie andere registrirende Apparate, welche eine vollkommen gleichförmige Bewegung der Hauptorgane eines registrirenden Instrumentes erfordern, zu empfehlen.Ueber die Anwendung der Stimmgabel für chronoskopische und chronographische Zwecke sehe man die hierüber gemachten Vorschläge von Lissajous und Schultz (Cosmos, t. XX p. 296, dann Mémoire sur un projet chronographe électrique etc. par M. Schultz, Paris 1859). Martin de Brettes (polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 118) und von Valérius (Bulletin de l'Académie royale de Belgique, 2 série, t. XVIII, No. 8; Poggendorff's Annalen Bd. CXXVI S. 470). Endlich muß noch bemerkt werden, daß man nur auf diese Weise den synchronistischen Gang zweier mit großer Geschwindigkeit in Bewegung zu erhaltenden Uhrwerke herstellen kann, und daß daher hiermit eine für die elektrische Telegraphie und für andere Anwendungen äußerst wichtige Frage endlich ihre Erledigung finden könne.