Titel: Die Anwendung stark gepreßten Wassers, nach Armstrong's System, zur Kraftübertragung auf unterirdische Wassersäulenmaschinen; von Professor R. R. Werner.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XCVIIXCVIII., S. 358
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XCVIIXCVIII. Die Anwendung stark gepreßten Wassers, nach Armstrong's System, zur Kraftübertragung auf unterirdische Wassersäulenmaschinen; von Professor R. R. Werner. Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1867, Bd. XI S. 65. Mit einer Abbildung auf Tab. VIII. Werner, über Anwendung des Armstrong'schen Accumulators zur Kraftübertragung auf unterirdische Wassersäulenmaschinen. In den seltensten Fällen ist die Kraftentwickelung eines Motors – von M Fußpfund (Meterpfund) pro Secunde – in jedem Augenblicke gleich der Größe der zu leistenden Arbeit – von W Fußpfund (Meterpfund) pro Secunde – sey es, daß beide constant oder gleichmäßig veränderlich sind. Im Allgemeinen also eine Ungleichheit und eine solche Veränderlichkeit vorausgesetzt, daß sowohl W als auch M periodisch gleich Null seyn, als auch bis zu ihren Maximalen jeden beliebigen Werth annehmen können, ist es in Rücksicht auf eine ökonomische Verwendung der Betriebskraft durchaus geboten, solche Einrichtungen zu treffen, daß im großen Durchschnitte genommen M nicht größer als W zu seyn braucht, daß mit anderen Worten alle erzeugte Bewegungskraft, soweit sie nicht zur Ueberwindung der passiven Widerstände verloren geht, nutzbar gemacht wird. Es muß zu dem Ende in den Perioden, in welchen ein Kraftüberschuß vorhanden ist, dieser aufgespeichert werden, um in den Perioden des Mangels den letzteren ersetzen zu können. Unter allen den Vorrichtungen, welche zur Kraftaufspeicherung dienen, als: Heben von Gewichten vermittelst Winden, Spannen von Federn, Ansammeln von Wärme in Dampfkesseln oder Anhäufen einer lebendigen Kraft in Schwungmassen, ist für so große Kräfte, wie sie zu gewerblichen Zwecken Verwendung finden, keine so geeignet, als der Armstrong'sche Accumulator.Beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLIII S. 169. Er ist eigentlich nichts anderes, als eine hydraulische Presse, mit welcher ein bedeutendes Gewicht gehoben wird, um dadurch die zum Betriebe der Druck- (oder Preß-) Pumpen aufgewendete Kraft aufzuspeichern. Mit dem gehobenen Gewichte bei gefülltem Cylinder steht uns dann eine Betriebskraft zur Verfügung, welche beliebig kleiner, oder innerhalb gewisser praktischer Grenzen größer als die ursprüngliche Betriebskraft seyn kann. Je größer die beanspruchte Leistung ist, desto kürzer ist natürlich deren Dauer. Den einfachsten Maaßstab für die Krafthaltigkeit eines Accumulators hat man in der Zeit, während welcher er mit einer Kraft zu arbeiten im Stande ist, welche der zu seiner Füllung verwendeten gleich ist (vorausgesetzt, daß das Speisewasser kein natürliches Gefälle hat). Diese Zeit ist der Reibungswiderstände wegen immer etwas kleiner als die Zeit der Füllung. Noch eine andere vorzügliche Eigenschaft hat diese Art von Kraftansammler. Der vermittelnde Körper, das Wasser, ist nämlich gleichzeitig ein sehr gutes Transmissionsmittel der aufgehäuften Kraft nach den an den Arbeitsörtern aufgestellten Wassersäulenmaschinen hin. Die Leitung, aus ein oder zwei engen, frei oder versenkt liegenden Röhrenfahrten bestehend, kann, jeder beliebigen Krümmung folgend, sich auf eine Entfernung von einigen Tausend Fuß hin erstrecken und eine beliebige Anzahl Zweige erhalten, deren Endpunkte wiederum in ganz verschiedenen Höhen liegen können. Wenngleich einerseits bei solchen Wasserleitungen ein verhältnißmäßig größerer Theil der zu übertragenden Kraft durch die passiven Widerstände aufgezehrt wird als bei Drahtseilleitungen, und auch die Anlagekosten sich etwas höher stellen werden als bei den letzteren, so hat andererseits der Accumulatorbetrieb wegen seiner Schmiegsamkeit an die örtlichen Verhältnisse und an den jeweiligen Kraftbedarf große Vorzüge vor der Drahtseiltransmission. Dieß vorausgeschickt, will ich im Folgenden versuchen, einige allgemeine Gesichtspunkte aufzustellen, von denen aus sich beurtheilen läßt, wie groß die durch einen Accumulator zu übertragenden Arbeitskräfte seyn können, und welche Art der Uebertragung unter gegebenen Anforderungen die vortheilhafteste ist. A. Der Motor und Accumulator stehen über Tage, und von letzterem aus wird das Kraftwasser so weit wie möglich durch ein gemeinschaftliches Rohr und dann durch Zweigröhren nach den an verschiedenen Oertern aufgestellten, zum Betriebe von Steinbohrmaschinen, Schrämmaschinen, Fördermaschinen, Pumpen u.s.w. dienenden Wassersäulenmaschinen geleitet. Das in den letzteren gebrauchte Wasser hat nun entweder a) keinen anderen Abfluß als nach dem Saugebehälter der Druckpumpe zurück, durch Röhren, welche an geeigneter Stelle zu einem gemeinschaftlichen Austragerohre sich vereinigen, oder b) es kann in einer gewissen Höhe unter dem Saugewasserspiegel abfließen; dann wird die Rückförderung des Wassers bis zur ursprünglichen Höhe ganz oder theilweise erspart, und kommt dieß nicht nur der motorischen Kraft zu Gute, sondern das Austragerohr kann auch kürzer, sowie die Wandungen sämmtlicher Röhren der geringeren Totalpressung wegen können schwächer seyn. Die Zurückleitung (Fall a) des gebrauchten Wassers nach dem Saugebehälter der Accumulatorpumpen hat hingegen das Gute, daß ein Verbrauch an Betriebswasser nicht stattfindet, da der einmal vorhandene Vorrath stetig circulirt. Der aus Undichtigkeiten und Verdunstung entspringende Verlust muß natürlich ersetzt werden. B. Den Accumulator tiefer, etwa unter Tage, aufzustellen, wird meistens nicht zu empfehlen seyn, insofern hierdurch seine Krafthaltigkeit vermindert wird. Es läßt sich dieß leicht wie folgt darthun: Der Accumulator möge in einer solchen Höhe aufgestellt seyn, daß seine Kolbenfläche bei ihrem mittleren Stande a Fuß (Meter) unter dem Abflusse des gebrauchten Wassers liegt, Figur 19. Der Inhalt des Accumulators sey = A Kubikfuß (Kubikmeter) (= Querschnitt des Kolbens Mal Totalhub desselben), und die zulässige Belastung des Kolbens so groß angenommen, daß die Wasserpressung (nach Abzug des Atmosphärendruckes) einer Druckhöhe von h Fuß (Meter) entspricht. Der Accumulator hat alsdann eine Leistungsfähigkeit von Aγh Fußpfd. (Meterpfd.); darin γ = 61,74 Pfd., oder rund γ = 62 Pfd. = Gewicht von 1 Kubikfuß Wasser (γ = 2000 Pfd. = Gewicht von 1 Kubikmet. Wasser). Für die nützliche Verwendung geht aber die Arbeit verloren, welche nöthig ist das abfließende Wasser auf die Höhe a zu fördern, so daß die effective Leistungsfähigkeit nur = A γ (ha) Fußpfund (Meterpfund) ist. Es ist deßhalb vortheilhaft, den Accumulator möglichst hoch über dem Abflusse, wobei a negativ wird, aufzustellen. Nimmt man ferner das natürliche Gefälle des Speisewassers = b Fuß (Meter), so daß demnach der Speisewasserspiegel b Fuß (Meter) über dem Abflusse liegt, so ergibt sich, abgesehen von allen Bewegungswiderständen für die Zeit der Füllung x des Accumulators, x . M + (b + a) = Aγh oder x = /M (hab) Secunden. Ist die Zeit der Entleerung des Accumulators, während er mit einer ebenso großen Kraft, wie der Motor, also mit M Fußpfund (Meterpfund) pro Secunde arbeitet, = y, so ist ähnlich wie vorhin Aγh = y M + Aγa und y = (A/M) γ (ha) Secunden. Zur näheren Anschauung von der Wirkungsweise und dem Wirkungsgrade (d. i. des Verhältnisses des Kraftaufwandes zur Kaftnutzung eines Accumulators) möge die Entwickelung der folgenden Aufgabe dienen. Die Speisepumpe eines Accumulators möge von einer 12pferdigen Dampfmaschine betrieben werden. Nimmt man den Wirkungsgrad der Pumpen auf 5/6 gleich 0,8333... an, so bleiben für die Nutzleistung 10 Pferdestärken verwendbar, also M = 10 . 480 Fußpfd. pro Secunde(=10 . 150,65 Meterpfd. pro Secunde). Es sey ferner der Inhalt des Accumulators A = 40 Kbkf. (gleich 1,2366 Kubikmt.); die Wasserpressung betrage 50 Atmosphären oder h = 50 . 32 = 1600 Fuß (= 50 . 10,433 = 502,166 Meter); die Länge der Rohrverbindung der Pumpe und des Accumulators 1 = 200 Fuß (= 62,771 Meter); der lichte Durchmesser d = 1/12 Fuß (0,026 Meter) und sind einfach a und b = 0, so findet man die Zeit t, in welcher der Motor den Accumulator zu füllen vermag, wie folgt. Das während t Secunden verbrauchte Kraftquantum ist = t M Fußpfund (Meterpfund). Die Leistung besteht: 1) In der Füllung des Accumulators oder der Nutzleistung = A h γ Fußpfund (Meterpfd.). 2) In der Erzeugung der an der Pumpe durch Windkessel regulirten, daher als gleichförmig anzunehmenden Geschwindigkeit c Fuß (Meter) pro Secunde, mit welcher das Wasser durch das Speiserohr getrieben wird, plus der Arbeit, welche die Reibung darin verursacht. Diese Bewegungswiderstände sind einer Wasserdruckhöhe von (c²/2g + c³/2g . λ 1/d) Fuß (Meter) äquivalent und ist diese zur Nutzhöhe h noch hinzuzufügen. 3) In der Arbeit der Reibung des Accumulatorkolbens, welche erfahrungsmäßig auf etwa 5 Proc. der Bruttoarbeit, oder = 0,05 Ahγ = ζAhγ angenommen werden kann.Während Andere den Verlust durch Reibung eines Plungerkolbens in der Liderung noch größer anzunehmen Pflegen, beträgt diese nach Versuchen von John Hick, Civilingenieur in Bolton, unabhängig von der Breite der Stulpen nur 3,88/D bis 9,55/D (100,88/D bis 248,30/D) Proc. der Belastung, unter D den Kolbendurchmesser in preußischen Zollen (Millimeter) verstanden. (Man s. den Bericht über Hick's Versuche S. 118 in diesem Bande des polytechn. Journals.) Es muß daher seyn: Mt = [h + c²/2g (1 + λ 1/d)] + ζAhγ       (1). Die Abhängigkeit des Coefficienten λ von c, welche nach Weisbach λ = 0,01439 + 0,016921/√c(λ = 0,01439 + 0,0094711/√c) (1a) ist, soll der Einfachheit wegen zunächst außer Acht gelassen und erst bei einer sich als nothwendig ergebenden Correctur in Betracht gezogen werden. Weiterhin ist: πd²/4 c . t = A oder Textabbildung Bd. 183, S. 363 In der Summe 1 + λ 1/d kann für die vorliegenden Fälle 1 vernachlässigt werden, und so findet man nach gehöriger Substitution: Textabbildung Bd. 183, S. 363 Die obigen Zahlenwerthe eingeführt, ergibt eine versuchsweise Berechnung c nahe = 8 (2,57 Met.) und daraus λ = 0,02; Textabbildung Bd. 183, S. 363 t = 826,66 (1,05 + 25927/t²) t = 894,8 Secund. (rund 895 Sec.) und c = 8,196 Fuß (= 2,572 Met.). Ohne die Reibungs- und Bewegungswiderstände, d. i. für ζ und λ = 0, könnte der Speisekolben so viel größer genommen werden, daß die Füllung schon in Ahγ/M = 826,66 Secunden erfolgen würde. Der Wirkungsgrad mit η bezeichnet, ist daher η = 826,66/894,8 = 0,9238.Für d = 1/24 Fuß (= 0,013 Met.) würde c = 23,08 (= 7,244 Met., λ = 0,019, t = 1271 Secunden und η = 0,651 werden. (Der Schluß folgt.)