Titel: Ueber gegossene schwefelsaure Thonerde; von Professor Dr. H. Fleck.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. CVCVI., S. 395
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CVCVI. Ueber gegossene schwefelsaure Thonerde; von Professor Dr. H. Fleck. Aus dem Journal für praktische Chemie, 1866, Bd. XCIX S. 243. Fleck, über gegossene schwefelsaure Thonerde. Die ungleichartige Zusammensetzung einzelner Sorten schwefelsaurer Thonerde, auf welche schon Varrentrapp (polytechnisches Journal Bd. CLXVI S. 443) aufmerksam machte, und in Folge deren die Erzielung übereinstimmender, analytischer Resultate oder maaßgebender Mittelwerthe große Schwierigkeiten bietet, wurde die Veranlassung zur Anstellung von Versuchen, um diesem Uebelstande durch Veränderungen in dem Fabricationsverfahren entgegen zu treten, zumal bereits eine Sorte schwefelsaurer Thonerde zur Untersuchung vorlag, welche sich durch ihre gleichmäßige krystallinische Beschaffenheit, durch große Härte und schönes Aussehen auszeichnete und in allen ihren Theilen sich von gleicher Zusammensetzung erwies. Wie bekannt, bedienen sich die meisten Fabriken von schwefelsaurer Thonerde in neuerer Zeit der Kryolith-Thonerde, welche, wie folgende Untersuchungen beweisen, in der Hauptsache als eine Mischung von Thonerdehydrat nach der Formel Al²O³ + 3(HO) mit hygroskopischem Wasser und einem geringen Gehalt von kohlensaurem Natron zu betrachten ist. I. II. III. Thonerde 62,95 Proc. 56,82 Proc. 54,62 Proc. Wasser 35,62 41,05 43,62 kohlensaures Natron 1,43 2,13 1,76 Nach obiger Formel enthält das Thonerdehydrat 69,46 Proc. Thonerde und 30,54 Proc. Wasser, woraus sich ergibt, daß in Probe I. II. III. 27,67 Proc. 24,97 Proc. 23,88 Proc. Hydratwasser, 7,95 16,08 19,74 hygroskopisches Wasser enthalten waren. Kocht man diese Thonerdesorten in kupfernen Kesseln mit Schwefelsäure (Pfannensäure von 60° B.), deren Menge sich durch einen Glühversuch der zu verwendenden Thonerde berechnen läßt, so löst sich letztere vollständig auf; in den Fällen jedoch, in welchen man, zur Vermeidung eines Gehalts an freier Schwefelsäure in dem zu erzielenden Producte, mit einem Ueberschuß von Thonerde arbeitet, scheidet sich der letztere als schlammiger Bodensatz in den Kochgefäßen ab, bis deren Inhalt zur Syrupconsistenz gebracht, diese Ablagerung nicht mehr gestattet. Derartige Lösungen von schwefelsaurer Thonerde haben in ihrem Verhalten bei zunehmenden höheren Temperaturen die größte Aehnlichkeit mit Zuckerlösungen, und durchlaufen, wie diese, eine Reihe verschiedener Zustände, unter welchen derjenige der sogenannten Tafelconsistenz für die Erzielung eines homogenen Productes von Wichtigkeit ist. Die Tafelconsistenz gibt sich bei ihrem Eintreten dadurch zu erkennen, daß die gleichmäßig geflossene schwefelsaure Thonerde an dem Rührscheite schnell erstarrende Fäden bildet und nach dem Erkalten hart wie Glas, alabasterartig durchscheinend ist. Entfernt man die bis zu diesem Grade gebrachte Schmelzmasse schnell durch Ausgießen in vorgewärmte, kupferne Formen, so erhält man nach dem Erkalten eine strahlig-krystallinische Masse von ganz gleicher chemischer und physikalischer Beschaffenheit. – Ueberschreitet man jedoch den angedeuteten Schmelzgrad, so geht die schwefelsaure Thonerde in eine trübe Teigmasse über, welche die Form zwar auch noch ausfüllt, sich aber während der Abkühlung, zumal in dickeren Lagen, in eine untere wasserärmere und eine obere wasserreichere Schicht trennt. Die Untersuchung mehrerer Sorten bei Tafelconsistenz gegossener, schwefelsaurer Thonerde ergab: I. II. III. schwefelsaure Thonerde 47,35 Proc. 50,80 Proc. 51,63 Proc. schwefelsaures Natron 4,35 1,24 0,77 freie Schwefelsäure 0,73 0,27 Wasser 47,37 47,47 46,94 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 99,80 Proc. 99,78 Proc. 99,34 Proc. Nach Abzug des schwefelsauren Natrons und der freien Schwefelsäure berechnet sich aus diesen Resultaten die Zusammensetzung der gegossenen schwefelsauren Thonerde annähernd:   I. [Al²O³ + 3(SO³) + 19 (HO)]. II. [Al²O³ + 3(SO³) + 18 (HO)]. III. [Al²O³ + 3(SO³) + 17 (HO)]. In wie weit hier der Gehalt an schwefelsaurem Natron und Schwefelsäure von Einfluß auf den Eintritt der Tafelconsistenz sey, läßt sich aus dem Umstande entnehmen, daß die letztere bei höherem Sulfatgehalte schon einzutreten pflegt, bevor noch alles hygroskopische Wasser verdampft ist, sowie daß das schwefelsaure Natron einen Antheil Krystallwasser zurückhält und mithin durch seinen höheren Gehalt, wie in Probe I, größere Wassermengen in dem geschmolzenen Product bedingt, oder daß, wie in Probe III anzunehmen, das Glaubersalz einen Antheil Krystallwasser vertritt. Die Menge der wasserfreien Schwefelsäure läßt sich durch Titrirung mit Sodalösung und unter Anwendung von Curcumapapier nur annähernd, genau aber durch Berechnung, nach Abzug der durch Thonerde und Natron bindbaren Mengen, aus dem schwefelsauren Baryt finden, während mir die qualitative Nachweisung derselben unter Anwendung von unterschwefligsaurem Natron, Thonerdeultramarin, Ultramarinpapier oder Schwefelnatrium nicht entsprechende Resultate lieferte, da auch neutrale Alaunlösungen, aus mehreremal umkrystallisirtem Ammoniakalaun dargestellt, nach längerer Einwirkung zersetzend auf diese Agentien wirkten.Ein Verfahren zur sicheren Ermittelung und maaßanalytischen Bestimmung der freien Säure in der schwefelsauren Thonerde hat kürzlich C. Giseke mitgetheilt; man sehe Seite 43 in diesem Bande des polytechn. Journals.Anm. d. Red.