Titel: Prüfung des Seidengarnes oder der Seidenzeuge auf Beimischung von Wolle; von Prof. Dr. Rudolph Wagner in Würzburg.
Autor: Johannes Rudolph Wagner [GND]
Fundstelle: Band 184, Jahrgang 1867, Nr. CXX., S. 527
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CXX. Prüfung des Seidengarnes oder der Seidenzeuge auf Beimischung von Wolle; von Prof. Dr. Rudolph Wagner in Würzburg. Wagner, Prüfung des Seidengarnes auf Beimischung von Wolle. Bei der Prüfung des Seidengarnes und gewisser Seidenzeuge auf Beimischung von Schafwollfaser und Thierhaar läßt das Mikroskop oft gänzlich im Stiche, besonders wenn Seidengarn aus Florettseide oder gemischte Gewebe mit Seidengarnkette vorliegen, die mit Fancygarn, mit Kammwolle, Alpaka und Mohair durchschossen sind. Bei dem gleichen Verhalten der Seide und Wolle gegen die Theerfarbstoffe und gegen Alizarin ist auch die Farbeprobe, die zur Unterscheidung von Wolle und Baumwolle, Seide und Baumwolle, ja selbst von Baumwolle und Leinenfaser mit Erfolg angewendet wird, im vorliegenden Falle nicht zu benutzen. In solchen Fällen wende ich folgendes Mittel an, das mit äußerst geringen Gewichtsmengen der zu prüfenden Gespinnstfasern, der Garne oder des Gewebes überraschend zuverlässige Resultate gibt. Es beruht darauf, daß Wollfaser, sowohl die Schafwolle als auch das unter dem Namen Kaschmirwolle technisch verwendete wollige Flaumenhaar der Ziegen, ferner das Mohair, die Alpakawolle und die Vigognewolle – als Rohstoff, im versponnenen oder im verwebten Zustande – durch Kochen in reiner (völlig schwefelfreier) Kali- oder Natronlauge gelöst, eine Flüssigkeit geben, die Alkalisulfuret und Sulfhydrat enthält, welche Nitroprussidnatrium durch die bekannte prächtig violette Färbung anzeigt. Seide – Rohseide, gezwirnte Seide, entschälte Seide, Flockseide und gesponnene Florettseide – gibt, als schwefelfreie Substanz, beim Kochen mit Alkalilauge eine Flüssigkeit, in welcher Nitroprussidnatriumlösung keine Veränderung hervorruft. Nach diesem Verfahren gelingt es bei Anwendung eines Stückchens seidenen Gewebes von 0,5 Quadratcentimeter die Abwesenheit oder Gegenwart von Woll- oder Haarfaser nachzuweisen. Am besten ist es, den zu untersuchenden Stoff (wozu dem Gewichte nach 0,1 Grm. völlig ausreicht) durch Kochen mit etwa 5–10 Kubikcentimeter Kalilauge zu lösen, die Lösung mit destillirtem Wasser bis auf 100 K. C. zu bringen und von dieser Flüssigkeit ungefähr 1 K. C. mit einigen Tropfen einer verdünnten Lösung von Nitroprussidnatrium zu prüfen. Tritt keine violette Färbung der Flüssigkeit ein, so weiß man sicher, daß keine Wolle der Seide beigemischt war. Behufs der Controle ist es anzurathen, der unverändert gebliebenen Flüssigkeit einige Tropfen einer vorräthig gehaltenen Wolllösung zuzusetzen, wo dann die violette Färbung sofort eintreten wird. (Vom Hrn. Verfasser mitgetheilt.)