Titel: Ueber den Stickstoffgehalt im Stahl und Roheisen, sowie über die Beschaffenheit der Kohle im gehärteten und ungehärteten Stahl; von L. Rinman.
Fundstelle: Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XXXIX., S. 134
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XXXIX. Ueber den Stickstoffgehalt im Stahl und Roheisen, sowie über die Beschaffenheit der Kohle im gehärteten und ungehärteten Stahl; von L. Rinman. Rinmann, über den Stickstoffgehalt im Stahl und Roheisen, sowie über den Zustand der Kohle im gehärteten und ungehärteten Stahl. L. Rinman (Oefvers. af Akad. Förh. 22, No. 6, p. 443) theilt das Resultat seiner Untersuchungen über den oben genannten Gegenstand mit, welche in folgender Art ausgeführt wurden: Zur Bestimmung des Stickstoffgehalts wurden je 2 Grm. Stahl oder Roheisen in Stücken mit 13 Kubikcentim. Chlorwasserstoffsäure von 1,12 spec. Gewicht in einer Retorte (unter Abschluß der Luft) so stark erwärmt als es nur angieng, ohne die Flüssigkeit aus der Retorte zu jagen. Bisweilen war mit der Retorte ein Verdichtungsrohr verknüpft, um darin etwaige entweichende Dämpfe von Ammoniak oder vielmehr Salmiak aufzufangen, aber meist fand sich davon nichts vor. Nach vollendeter Lösung wurde die abgekühlte Flüssigkeit mit frisch gelöschtem Kalkbrei gefällt, der Niederschlag in eine tubulirte Retorte gebracht und in einem Wasserbad einige Stunden lang erhitzt. Das in dieser Zeit übergehende Wasser (etwa 1/10 der Masse) wurde in einer Vorlage verdichtet, mit Lackmuslösung versetzt und mit Oxalsäure titrirt. Die untenstehende Zusammenstellung der Zahlen weist nach, daß die Ungleichheit verschiedener Stahlsorten schwerlich in ungleichem Stickstoffgehalt ihre Ursache haben kann und darum setzte der Verfasser seine Untersuchungen in dieser Richtung nicht weiter fort. Den Kohlegehalt bestimmte der Verf. nach V. Eggertz's Methode (polytechn. Journal Bd. CLXX S. 350) mittelst Jod bei 0°, in welcher sich durch zahlreiche Versuche herausgestellt hatte, daß der dabei hinterbleibende ungelöste Rückstand nach Abzug des in einem besonderen Versuch ermittelten Graphitgehaltes 60 Proc. reinen Kohlenstoff enthält. Dieses Verfahren findet der Verfasser genau genug und im Allgemeinen praktisch recht anwendbar. Gehärteter Stahl hinterläßt bei Behandlung mit Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure mit oder ohne Wärme, mit oder ohne Ausschluß der Luft, keinen kohlehaltigen Rückstand. Das bestätigt auch Caron. Bleibt etwas Rückstand, so rührt dieser von ein wenig ungehärtetem Stahl her. Ungehärteter Stahl, in den beiden Säuren unter Anwendung möglichst starker Wärme und ziemlichem Abschluß der Luft behandelt, hinterläßt ebenfalls keinen kohligen Rückstand; aber wenn die Lösung nicht gleich Anfangs oder zu rechter Zeit durch Wärme unterstützt wurde, dann scheidet sich Kohle aus und diese wird auch durch späteres Erhitzen nicht gelöst. Wie weit hierbei der Luftzutritt von Einfluß ist, hat der Verf. nicht erforscht. Während der Lösung des ungehärteten Stahls in der Wärme sieht man, daß viel fein zertheilte Kohle in der Flüssigkeit aufgeschlämmt ist, die bei fortgesetztem Kochen nachher verschwindet. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen dieser Kohle und Graphit. Die Menge der aus ungehärtetem Stahl durch langsame Lösung ohne viel Wärme erhaltenen Kohle hängt theils von der zur Lösung verbrauchten Zeit, theils von der auf das Glühen des gehärteten Stahls verwendeten Zeit ab. (Caron). Aus 1 Grm. ungehärtetem Stahl in Stücken erhielt der Verf. bei rascher Lösung in der Wärme keinen Rückstand, nach Eggertz's Methode 0,3 Proc. und beim Lösen in gelinder Wärme innerhalb 48 Stunden 0,9 Proc. Für diese Kohle paßt der Name Graphit nicht und schon Karsten benannte sie Polycarburet, aber da er dessen Existenz nicht sicher darthun konnte, hat diese Bezeichnung keinen allgemeinen Eingang gefunden. Die Kohle im Stahl und Roheisen scheidet sich also bei seiner Lösung in Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure unter drei verschiedenen Gestalten ab: als Graphit (aus Roheisen), als Kohleeisen (aus ungehärtetem Roheisen und Stahl) und als Kohlenwasserstoff (aus gehärtetem Roheisen und Stahl). Alle drei treten zusammen auf im ungehärteten Roheisen, die beiden letzteren im ungehärteten Stahl und Roheisen. Bis auf Weiteres benennt der Verf. den aus ungehärtetem Stahl bei langsamer Lösung sich abscheidenden Kohlenstoff Cementkohle, den aus gehärtetem Stahl entweichenden Härtungskohle. Im Roheisen muß also die Summe des Graphits, der Cement- und Härtungskohle ermittelt werden und dieß geschieht so: durch schnelle Lösung in höchst möglicher Wärme erhält man den Graphit, durch langsame Lösung Graphit und Cementkohle, durch Jod endlich Cement- und Härtungskohle. Sicherlich fordert es die directe Untersuchung, nachzuweisen, ob Cementkohle auf dieselbe Weise mit Jod, Stickstoff, Wasserstoff etc. sich vereinigt wie Härtungskohle; aber vorläufig scheint auf Grund mehrerer Berechnungen von Analysen diese Annahme gerechtfertigt. Die Resultate der Analysen des Verf. sind folgende; er fand in 100 Thln. Eisen oder Stahl Textabbildung Bd. 185, S. 136 Kohlenstoff; Stickstoff; gebunden; als Graphit; Summa; weißes Roheisen von Langbanshytta; graues; weißes  „ „ Vestansjö; Cementstahl, ungehärtet gereckt, kalt gehämmert; Cementstahl, ungehärtet gereckt; gehärtet; Bessemerstahl, ungehärtet Nr. 2; gehärtet Nr. 3,5; ungehärtet Nr. 4,5; ohne Spiegeleisen, rothbrüchig; Bessemerstahl mit Spiegeleisen, nicht rothbrüchig Bei der Untersuchung auf die drei verschiedenen Arten Kohlenstoff fand der Verf. in dem ungehärteten, gereckten Cementstahl 0,52 Härtungskohle und 0,9 Cementkohle, zusammen 1,42 Proc. In der obigen Tabelle findet sich für diesen Stahl 1,24 gebundener Kohlenstoff und 0,30 Graphit. Die Zahl 1,24 macht 60 Proc. von 2,07 aus, das Gewicht der ganzen Kohle nach der Lösung des Stahls in Jod würde also 2,07 + 0,3 – 2,37 betragen haben. Da nun durch besonderen Versuch die sogenannte Cementkohle sich zu 0,9 Proc. herausgestellt hatte und der Rückstand nach der Lösung des Stahls in Jod 60 Proc. reinen Kohlenstoff enthält, so muß der ganze Kohlegehalt = (60 . 2,37)/100 = 1,42 Proc. betragen und davon sind 0,9 Proc. Cementkohle. Der Fehler, den man in Rücksicht auf den ganzen Kohlegehalt bei der sogenannten Graphitbestimmung im ungehärteten Stahl macht, ist übrigens von keiner praktischen Bedeutung. Aber es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Forschung über die Beschaffenheit der sogen. Cementkohle wichtige Ausschlüsse für die Praxis geben wird. Die Graphitbestimmungen im Roheisen dagegen führen ohne Zweifel nicht selten zu bemerkenswerthen Fehlern, wie sich aus folgender Betrachtung ergibt. Wenn das weiße und graue Roheisen von Langbanshytta nach Eggertz's Methode untersucht wurden, so ergab sich im ersteren der gebundene Kohlenstoff zu 4,24 (statt 4,43), der Graphit zu 0,42 (statt 0,11), im zweiten der gebundene Kohlenstoff zu 1,36 (statt 2,05), der Graphit zu 3,42 (statt 2,05). Der Verf. zeigt, daß hier folgende Correction zu richtigen Zahlen führe: man muß im ersten den Graphitgehalt um 0,11, im zweiten denselben um 2,50 vermindern, und von diesem Rest 60 Proc. zu dem gebundenen Kohlenstoff addiren; dann ergibt sich: gebundene Kohle Graphit im weißen Roheisen (0,42    0,11) . 0,6 + 4,24 = 4,426   0,11 im grauen        „ (3,42 – 2,50) . 0,6 + 1,36 = 1,912   2,50 Diese Zahlen stimmen nahezu überein mit den nach des Verfassers Methode durch schnelle Lösung in Salzsäure gefundenen. (Durch das Journal für praktische Chemie, 1867, Bd. C S. 33.)