Titel: Ueber quantitative Bestimmung des Mirbanöles (Nitrobenzols) im Bittermandelöle; von Prof. Dr. Rudolph Wagner in Würzburg.
Fundstelle: Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LXIX., S. 238
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LXIX. Ueber quantitative Bestimmung des Mirbanöles (Nitrobenzols) im Bittermandelöle; von Prof. Dr. Rudolph Wagner in Würzburg.Vom Verfasser aus Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie mitgetheilt. Wagner, über Bestimmung des Mirbanöles im Bittermandelöle. Das für die Zwecke der Parfümisten und Seifenfabrikanten im Handel vorkommende Bittermandelöl ist bekanntlich sehr häufig mit Mirbanöl (Essence de Mirbane, einem Gemische von Nitrobenzol und Nitrotoluol) verfälscht, und zwar mitunter bis zu der enormen Menge von 60 Proc. An Vorschlägen, diese Verfälschung nachzuweisen, hat es in den letzten Jahren nicht gefehlt und ich erinnere in dieser Hinsicht nur an die von Maisch Zeitschrift für analytische Chemie, 1862 S. 377. und von Dragendorff Polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 398. herrührenden, welche, wie mir Versuche gezeigt haben, der Schärfe entbehren. Beachtenswerther ist die Anwendung der Zinin'schen Reaction, durch welche reines Benzoylhydrür nicht verändert, das Mirbanöl dagegen in ein Gemenge von Anilin und Toluidin übergeführt wird, welches auf bekannte Weise in eine gefärbte Rosanilinverbindung verwandelt und dadurch erkannt wird; es ist jedoch dadurch nicht wohl möglich, auch nur annähernd Schlüsse auf das Mengenverhältniß der Nitroverbindungen in dem untersuchten Bittermandelöl zu ziehen. Dagegen gestattet die Bertagnini'sche Reaction, die übrigens qualitativ von Duflos A. Duflos, Prüfung chemischer Arzneimittel, 3. Aufl. 1866, S. 196. u.a. zur Prüfung des Bittermandelöles bereits empfohlen wurde, eine im technischen Sinne sehr genaue Ermittelung der Menge des in dem Bittermandelöl enthaltenen Mirbanöles. Die in Rede stehende Bertagnini'sche Reaction, deren Vorläufer in den Arbeiten Redtenbacher's Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXV S. 37. über das mit dem Taurin isomere saure schwefligsaure Aldehyd-Ammoniak, und in Tilley's Journal für praktische Chemie, Bd. XLV S. 306. und meinen VersuchenEbendaselbst Bd. LII S. 48. über die mit vorstehendem Körper homologen Verbindungen des Oenanthyl- und Caprinylhydrürs mit Ammonbisulfit zu suchen sind, gründet sich auf die Leichtlöslichkeit des Benzoylhydrürs in einer wässerigen Lösung von Natronbisulfit, worin sich Mirbanöl nicht löst. Die hierbei entstehende Verbindung, welche bei hinreichender Concentration der Bisulfitlösung in Form einer krystallinischen Masse sich ausscheidet, ist nach der Formel C²⁸H¹⁶Na²S⁴O¹⁸ zusammengesetzt. Aus ihr kann durch Behandeln mit einer erwärmten Lösung von kohlensaurem Natron das Benzoylhydrür vollständig wieder abgeschieden werden. Das echte (blausäurehaltige) Bittermandelöl hat ein spec. Gewicht von 1,040 – 1,044. Das aus den Anilinfabriken stammende und zur Darstellung der Theerfarben nicht geeignete Nitrobenzol oder Mirbanöl hat eine Dichte von 1,180 – 1,201 (= 24 – 25° Baumé). Haben qualitative Proben gezeigt, daß ein verdächtiges Bittermandelöl Mirbanöl enthält, so ermittelt man dessen Menge auf folgende Weise: 5 Kubikcentimeter des zu prüfenden Oeles werden genau gewogen. Beständen sie aus reinem Bittermandelöl, so würden sie (bei 12,5° C.) 5,205 bis 5,220 Grm. wiegen; wären sie dagegen nur Mirbanöl, so wäre ihr Gewicht = 5,9 – 6,0 Grm. Aus dem Gewicht obiger 5 K. C. läßt sich mithin ein annähernder Schluß auf die quantitativen Verhältnisse der beiden Flüssigkeiten in der untersuchten Probe ziehen, wobei folgende Tabelle benutzt werden kann: 5  K. C. reines Bittermandelöl (100 Proc.) wiegen 5,20 Grm 5    „ eines Gemisches von 75 B. und 25 Mirbanöl wiegen 5,39 Grm. 5    „    „           „           „ 50  „    „ 50       „            „ 5,57   „ 5    „    „           „           „ 25  „    „ 75       „            „ 5,76   „ 5    „ Mirbanöl (100 Proc.) wiegen 5,9 – 6,0 Grm. Die 5 K. C. des Oeles bringt man in eine Mischflasche mit 35 bis 40 K. C. einer Lösung von Natronbisulfit von mindestens 1,225 spec. Gew. (= 28° Baumé) zusammen, schüttelt tüchtig um, bringt das Volumen der Mischung durch Wasserzusatz auf 50 K. C. und gibt dieselbe in die Bürette, die man sich selbst überläßt, bis das Mirbanöl auf der Oberfläche der specifisch schwereren Flüssigkeit als klare Oelschicht sich abgeschieden hat, deren Menge man abliest. Wendet man zum genauen Messen des abgeschiedenen Mirbanöls noch eine in Zehntel-Kubikcentimeter eingetheilt Pipette an, so kann man die Menge des Zusatzes zum Bittermandelöl bis auf 1–2 Proc. genau bestimmen. Um die Consistenz des Oeles zu verringern und die Vereinigung der Oeltröpfchen zu beschleunigen, empfehle ich, die Gesammtflüssigkeit mit 5 K. C. Benzol oder leichtem Petroleum durchzuschütteln, um durch dessen Volumenzunahme die Quantität des Mirbanöls zu erfahren. Versuch I. 5 K. C. einer Mischung von gleichen Raumtheilen Bittermandelöl und Mirbanöl gaben, nach obiger Methode behandelt, 24,25 Zehntel-Kubikcentimeter Mirbanöl. Versuch II. 5 K. C. eines käuflichen (für die Seifenindustrie bestimmten, äußerst wohlfeilen) Bittermandelöles ergaben 29,2 Zehntel-Kubikcentimeter (mithin ungefähr 60 Proc.) Zusatz.