Titel: | De Bergue's Bremsvorrichtung mit comprimirter Luft. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. CXX., S. 432 |
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CXX.
De Bergue's Bremsvorrichtung mit comprimirter Luft.
Nach dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, März 1867, S. 167.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
De Bergue's Bremsvorrichtung mit comprimirter Luft.
In vielen Fällen genügen die in einem Eisenbahnzuge befindlichen Bremsvorrichtungen
nicht, um den Zug bei eintretender Gefahr rasch zum Stehen zu bringen, einestheils
weil die Geschwindigkeit durch dieselben nicht schnell genug gemäßigt werden kann,
anderntheils weil die Bremser nicht aufmerksam genug sind und dem Signale nicht
sofort Folge leisten. Der Locomotivführer ist deßhalb gezwungen in solchen
Nothfällen von dem Gegendampfe Gebrauch zu machen. Dieses Mittel sollte aber nur in
den äußersten Fällen angewendet werden, da die mit dem Dampfe in Berührung kommenden
Theile der Maschine durch diese Manipulation und den damit verbundenen Stoß stets
mehr oder weniger benachtheiligt werden. Ein Mittel, welches dem Führer gestattet
die Geschwindigkeit des Zuges durch die Wirkung der Locomotive selbst zu mäßigen,
ohne Gegendampf zur Anwendung bringen zu müssen, dürfte daher sehr erwünscht seyn,
was uns veranlaßt, die Beschreibung eines hierzu geeigneten Apparates
mitzutheilen.
Der Erfinder desselben, Hr. de Bergue, bedient sich zur
Erreichung seines Zweckes der comprimirten Luft.
Fig. 15 zeigt
die Locomotive mit dem Bremsapparat in der Vorderansicht;
Fig. 16 den
Grundriß;
Fig. 17 zeigt
den Dampfkessel nebst dem Bremsapparate im Durchschnitt und
Fig. 18 in
der oberen Ansicht (Daraufsicht).
Der Regulator C, welcher die Zuströmung des Dampfes nach
den Dampfschiebern vermittelt, ist so angeordnet, daß derselbe das zu den
Dampfschiebern führende Rohr x sowohl mit dem Dampfrohre
y, als auch mit einem zu dem Windkörper D führenden Rohre E in
Verbindung setzen kann; so daß, wenn der Dampf abgesperrt ist, die Verbindung nach
D hin offen steht.
Der Windkörper D hat zwei Oeffnungen, wovon die eine G durch ein Ventil geschlossen wird, welches so regulirt
ist, daß die in dem Windkörper befindliche comprimirte Luft eine gewisse Spannung
nicht überschreiten kann. Die andere Oeffnung F steht
mit der freien Luft in Verbindung und wird durch einen Hahn abgeschlossen, welcher
mittelst der Stange Z vom Führerstande aus gehandhabt
werden kann. Von derselben Stelle aus kann auch mit Hülfe der Stange a eine Klappe A geöffnet
oder geschlossen werden, welche das Dampfausströmungsrohr gegen den Rauchfang
abschließt und mit der freien Luft durch die Oeffnung B
in directe Verbindung setzt.
Soll nun der Apparat in Thätigkeit gesetzt werden, so schließt man vor Allem mittelst
des Regulatorschiebers den Dampf ab und setzt damit zugleich die Cylinder durch das
Dampfeinströmungsrohr und die Röhre E mit dem Windkörper
D in Verbindung. Hierauf öffnet man die Klappe A und legt den Steuerungshebel so, als ob man nach
Rückwärts fahren wollte. Da die Bewegung des Zuges auch nach dem Absperren des
Dampfes fortdauert, so saugen die Kolben nun durch das Ausströmungsrohr Luft an und
drängen dieselbe durch die Rohre X und E nach dem Windkörper D.
Wird nun an diesem der in's Freie führende Hahn F
geschlossen, so comprimirt sich die in demselben befindliche Luft so weit, als es
das Sicherheitsventil G gestattet und wirkt dem Gange
des Kolbens entgegen.
Um das Trockenlaufen der Kolben zu vermeiden, wird ein besonderes Rohr angebracht,
welches den Cylindern stets etwas Dampf zuführt.
Dem Locomotivführer ist es durch diesen Apparat ermöglicht, den Zug ohne Hülfe der Wagenbremsen
in langsamere Bewegung zu versetzen, ohne Gegendampf aufgeben zu müssen. Er hat
statt einer heftigen und momentan mit hohem Drucke auf die Kolben wirkenden Kraft
eine solche, die sich erst nach und nach erhöht und welche er in jedem Augenblicke
durch Stellen des Hahnes F reguliren kann.
Nach Versuchen, die auf der Eisenbahnstrecke von Pecq nach Saint-Germain
(welche das größte Steigungsverhältniß in Frankreich hat) angestellt wurden, beträgt
die Compression der Luft per Radumgang 1 1/2 Atmosphären
und kann mit Leichtigkeit bis zu 8 Atmosphären getrieben werden. Hat man die
comprimirte Luft nicht mehr nöthig, so läßt man dieselbe langsam durch die Oeffnung
bei F entweichen.
De Bergue's Erfindung dürfte die Aufmerksamkeit der
Eisenbahntechniker in hohem Grade verdienen und ist noch mancher Verbesserung fähig.
Dieselbe kann mit wenig Kosten und kleinen Abänderungen an jeder Locomotive
angebracht werden.