Titel: | Mahlgänge mit rotirendem Bodenstein. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LVIII., S. 281 |
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LVIII.
Mahlgänge mit rotirendem Bodenstein.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Mahlgänge mit rotirendem Bodenstein.
Auf die Vortheile, welche die Anordnung eines beweglichen rotirenden Bodensteins und
eines festen Läufers bei Mahlgängen bietet, haben wir durch den Aufsatz im
polytechn. Journal Bd. CLXXXV. S. 342
aufmerksam gemacht, und
lassen nun Beschreibung und Zeichnung eines derartigen Mahlganges nach Wiebe's „Skizzenbuch für den Ingenieur und Maschinenbauer“ hier folgen. Herr Mühlenbaumeister Bohn zu Fredersdorf bei Berlin hat dergleichen Mahlgänge
zahlreich und mit Erfolg ausgeführt. Die in Fig. 33–35
mitgetheilte Zeichnung gibt mit einigen Abänderungen die von Hrn. Bohn angewandte Construction, welche
sich durch Einfachheit auszeichnet.
A ist die treibende Riemenscheibe. B ist das Mühleisen (die Mühlspindel), welches unten in
einem Spurlager mit Steinstellung, oben in einem gewöhnlichen an dem Mühlgerüst
befestigten Zapfenlager sich bewegt. C ist das Spurlager
mit Steinstellung. Die Centrirung geschieht durch vier Keile, die Stellung durch
einen schmiedeeisernen Hebel mit Stellschraube. D ist
das obere Lager des Mühleisens. E ist eine gußeiserne
Schale, welche zwischen den Balken des Mühlgerüstes ruht und das aus den Steinen
fallende Mahlgut aufnimmt. F ist eine gußeiserne Scheibe
mit vier Armen; dieselbe ist auf dem Kopf des Mühleisens befestigt und trägt den
Bodenstein. Die obere Ansicht der Scheibe F ist
besonders gezeichnet. Der vorspringende Rand übergreift einen hölzernen auf dem
Boden der Schale ruhenden Ring, und hindert, daß sich der mittlere Raum der Schale
E mit Mahlgut fülle. Die in der oberen Ansicht der
Scheibe F sichtbaren Flügel fördern das Mahlgut, welches
sich in dem äußeren Raume der Schale sammeln würde, nach einer im Boden oder in der
Seitenwand der Schale angeordneten Ausflußöffnung.
Die in Fig. 34
gezeichneten, in dem mittleren Theile der Scheibe F
eingeschraubten Hängeisen mit Oesen dienen dazu, den Bodenstein, wenn es nöthig seyn
sollte, sammt der Scheibe F abzuheben und zu entfernen;
während des Betriebes des Mahlganges sind dieselben herausgenommen, G ist der rotirende Bodenstein, welcher auf der Scheibe
F festgegypst ist. G'
ist der ruhende Läuferstein. Letzterer liegt auf einem, auf dem Fußboden des
Mühlgerüstes befestigten gußeisernen Ringe, der an drei Stellen nach Innen
vorspringende Nasen hat, welche in die äußere Peripherie des Läufersteins
eingelassen sind. – Damit der Läuferstein, wenn er zu leicht ist, nicht
abgehoben wird, ist derselbe durch ein darüber gelegtes Dreieck von Gußeisen oder
von Holz und mittelst dreier Zugbolzen an den gußeisernen Ring angeschraubt. H ist ein gußeiserner, in das Auge des Läufersteins
eingelegter Ring zur Unterstützung des Rumpfes I;
letzterer ist von Kupferblech mit Centrifugal-Ausschüttung. K ist ein schmiedeeiserner Hebel, welcher zum Heben und
Senken des Rumpfes I dient, behufs der Regulirung der
den Steinen zuzuführenden Arbeit L ist die Stellkurbel
für den Hebel K, um denselben von dem unteren Raum der Mühle aus
zu reguliren; eine zweite Kurbel dient dazu, den Hebel K
von dem oberen Raume des Mühlgerüstes (dem Steinboden) aus zu stellen.
Das 46ste Heft des Skizzenbuchs für den Ingenieur und Maschinenbauer enthält eine
andere Construction von Mahlgängen mit rotirendem Bodenstein, bei welcher die
Vortheile des Systemes des rotirenden Bodensteins mit demjenigen der Anwendung der
schwebenden Haue (Balancier-Haue) verbunden sind.
Man kann diese schwebende Aufhängung mittelst Universalgelenkes entweder dem oberen
ruhenden Steine, oder dem unteren rotirenden Steine geben. Der Herausgeber des
Skizzenbuches wählte bei seiner Construction die letztgenannte Anordnung, weil
dieselbe manche Vorzüge der Einfachheit und der leichteren Behandlung der Steine zu
bieten versprach. Ein System von mehreren, etwa vier Mahlgängen der vorliegenden
Construction bildet ein in sich geschlossenes Ganze, das, auf einem
gemeinschaftlichen Fundament befestigt, von der Balkenlage und den Umfassungswänden
des Mühlgebäudes ganz unabhängig ist. Alle Gerüste stehen nämlich auf
gleichgeformten Grundplatten, und diese werden durch schwache gußeiserne Balken in
richtiger Entfernung von einander gehalten. Ganz ähnlich dieser Verbindung der
Grundplatten ist die obere Verbindung der Gerüste in der Höhe des Säulencapitäls.
Die Bewegung der Gänge erfolgt von einer Königswelle aus, hier durch Räderbetrieb;
doch kann man eben so leicht den Riemenbetrieb anwenden. Ebenso wie das System
mehrerer Gänge ein geschlossenes Ganze bildet, so auch jedes Mühlgerüst in sich. Die
beiden Säulen stehen in unwandelbarer Verbindung, indem ihr Fuß in der festen
Grundplatte lagert und ihre Capitäle durch den angeschraubten Lagerbalken und die
aufgekeilte ringförmige gußeiserne Rinne oder Platte gehalten werden. Der Läufer
ruht mit Holzkeilen auf drei Böcken, die auf den Rand der Rinne geschraubt sind, und
ist durch Krammen niederzuhalten. Direct auf den Läufer ist der Bock für den
Schüttrumpf gestellt. Der Bodenstein ist nicht direct an der Haue aufgehängt,
sondern ruht mittelst untergelegter Klötze, welche beim Abmahlen eine Erhöhung
gestatten, auf einem gußeisernen Teller, gegen den er in der Mitte durch Holzkeile
centrirt ist. Dieser Teller ruht mittelst eines besonders eingelegten Gußringes auf
der Kugelhaue. An seiner Unterfläche trägt der Teller zwei Schaufeln von Eisenblech,
die das Mahlgut aus der Rinne heraus in das Abfallrohr jagen. Das Auge des
Bodensteins ist oberhalb der Haue durch eine Holzscheibe zugeschlossen, welche,
indem sie sich mit dem Bodenstein gleichzeitig dreht, als Streuteller für
Centrifugalschüttung dienen kann. Bei Anwendung dieser Schüttung ist die gußeiserne Zuführungshülse an
einem gegabelten schmiedeeisernen Hebel aufgehängt, der vom Erdgeschoß aus durch ein
unten beschriebenes Handrädchen zu stellen ist. Der Mantel oder Umlauf wird durch
drei Blechstreifen gebildet, welche als Theile eines Cylindermantels sich an die
drei Tragböcke anschließen. Mit der Unterkante sitzen sie auf der Flansche der
Rinne; ihre Oberkante nimmt mittelst Winkeleisens einen ringförmigen Deckel auf.
Jeder der drei Theile des Mantels setzt sich mit einer Seitenkante in eine Nuth des
Bockes und wird an der anderen Seitenkante durch Schräubchen mit breiten Köpfen am
Bock befestigt. Die Steinbuchse wird durch ein dreitheiliges Pockholzlager gebildet,
dessen Backen von unten durch Flügelmuttern anzuziehen sind. Fest auf der
Mühlspindel sitzt, durch einen Stellring unterstützt, die Nabe des Getriebes. Dieses
selbst kann durch zwei miteinander durch Zahnstangen verbundene schmiedeeiserne
Stege gehoben werden. Diese Stege führen sich und die oberen Enden der Zahnstangen,
indem sie die Säulen umfassen. Das untere Ende der Zahnstangen wird von dem
eingreifenden Rade und einem statt Gegenrolle dienenden Gußstück geführt. Letzteres
ist mit denselben Schrauben wie das Lager der Vorgelegswelle an der Säule befestigt.
Die Handkurbel ist direct an dem kleinen Stirnrad befestigt. Eine Sperrklinke hält
diese Ausrückvorrichtung in jeder beabsichtigten Lage fest. Die eine Säule trägt die
Dorne für Sperrklinke und Kurbel, die andere trägt ein Holzstück, welches in
conischer Bohrung die kurze Achse des oben erwähnten Handrädchens zur Regulirung der
Aufschüttung aufnimmt. Eine vorgeschraubte Feder strebt die Achse festzupressen und
gestattet eine Drehung und somit Regulirung der Aufschüttung. Das Handrädchen der
Steinstellung liegt nicht unter der Regulirvorrichtung. Die Steinstellung ist die
von dem Herausgeber des Skizzenbuches angegebene und seitdem von ihm und von Anderen
vielfach ausgeführte Coulissenstellung. (Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen,
1867, Nr. 32.)