Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 186, Jahrgang 1867, Nr. , S. 487
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Miscellen. Miscellen. Die Stille-Oceanbahn (Pacific Railroad) in Nordamerika. Einen Begriff von amerikanischer Energie können folgende Notizen (aus der Cincinnati Gazette durch das Mechanics' Magazine) über die Art geben, wie das enorme Unternehmen der Bahn quer durch den Continent von Nordamerika betrieben wird. Zuerst gehen zweitausend Nivelleure, welche den Unterbau der Bahn machen und sich zugleich fortwährend gegen die Indianer verschanzen müssen. Dann kommen 1500 Holzhauer und Zimmerleute, welche die Schwellen herzustellen haben und jetzt schon einen Vorrath von 100,000 Schwellen im Ueberfluß geliefert haben. Eine englische Meile vor den Schienenlegern kommen die Abtheilungen, welche die Schwellen legen, drei an der Zahl. Zuerst setzen die Ingenieure ihre Nivellirpfähle in Distanzen von 100 Fuß auf den geraden Strecken und 50 Fuß auf den Curven; an diesen Punkten legen sie gesägte Schwellen und nivelliren sie. Dann kommen zwei Mann mit einer Meßlatte, welche die Enden und Mitten der Schienen markiren; die zweite Abtheilung legt an diesen Stellen Schwellen im Niveau der ebenerwähnten Leitschwellen durch Visiren. Die dritte Abtheilung fügt dann die übrigen (ungesägten) Schwellen ein, und jetzt ist Alles für die Schienen fertig. 20 englische Meilen zurück fanden wir immense Materialien-Züge, beladen mit Schwellen, Schienen und allem Erforderlichen; diese sind die große Reserve. Nur 6 Meilen zurück fanden wir ähnliche Züge von gleicher Art; dieß ist die zweite Linie. Endlich dicht am Endpunkte und ihm Stunde für Stunde folgend sind die Wohnungswagen und ein Materialienzug mit Schienen u.s.f., als eigentliche Schlachtlinie. Die Wohnungswagen (boarding cars) sind je 80 Fuß lang und meist mit Schlaf-Kojen versehen; zwei sind Speisesäle und einer dient für Küche, Vorrathskammer und Bureau. Unter allen sind Hängematten für diejenigen, welche lieber im Freien schlafen; auf den Wagen sind geladene Büchsen in hinreichender Anzahl und handlich zum Gebrauch, denn die Gesellschaft vertheidigt sich selbst gegen die Indianer ohne Staatshülfe. Die Abtheilung zum Schienenlegen zählt 350 Mann; außerdem repariren 1000 Mann fortwährend den Damm auf den schon vollendeten 350 Meilen. Die Arbeit geht nun in folgender Weise vor sich. Zuerst kommen die Wohnungswagen, welche bis zum äußersten Ende der Linie gehen. Dann kommt ein Materialienzug, welcher seinen Inhalt abladet und hernach zurückfährt, um von der zweiten Linie neuen Vorrath zu holen. Der Wohnungszug fährt dann zurück, bis hinter das abgeladene Material. Drei Waggons, jeder mit zwei Pferden bespannt, gehen zwischen den Schienenlegern und ihren Vorrath hin und zurück; die Pferde laufen außerhalb des Gleises und ziehen die Waggons an langen Leinen, wie Canalboote, um den Arbeitern nicht in den Weg zu kommen; an beiden Seiten des Waggons sind, zur Erleichterung des Abladens, Rollen angebracht. Einer dieser Waggons nimmt eine Ladung Schienen, etwa 40, mit den erforderlichen Stühlen, Laschen, Hakennägeln u.s.f. auf und geht in vollem Galopp zu den Schienenlegern ab. Der letzte bei diesen befindliche Waggon ist nach dem Abladen aus die Seite gelegt worden, um dem neuen Platz zu machen, und dieser fährt bis an das Ende der' letzten Schiene; dort hält er still, und ein einzelnes Pferd bewegt ihn über jede folgende Schiene weg. während die beiden ersten Pferde in vollem Galopp zurückgehen, um einen neuen Waggon zu holen, der in gleicher Weise vorwärts kommt, und so fort den ganzen Tag lang. Zur Handhabung der Schienen stehen fünf Mann auf jeder Seite der Linie. Einer der Hintermänner wirft eine Schiene auf die Rollen, drei Vordermänner erfassen sie und laufen mit ihr bis zur erforderlichen Distanz. Inzwischen sind unter dem letztgelegten Schienenpaar die Stühle angebracht worden. Die beiden Hintermänner zwängen mit einem einzigen Schwunge das Ende der Schiene in den letzten Stuhl und der Anführer der Abtheilung ruft: „Runter!“ mit einem Ton, wie das „Vorwärts“ einer Armee. Alle dreißig Secunden kam das wackere „Runter!“ auf jeder Seite des Gleises. Einer der Hintermänner fährt die Waggons, außer seiner Hülfe beim Handhaben der Schienen. Die Pferde ziehen an, so wie jede Schiene auf ihren Platz fällt, der Waggon rollt bis an ihr Ende, und eine neue Schiene wird in die Wildniß hinausgeworfen mit derselben Geschwindigkeit und Präcision; dann kommt das magische „Runter!“, der Waggon rollt wieder vorwärts und eine neue Länge ist fertig. Zwei „Nagler“ folgen jeder Schiene, einer etwas vor dem anderen. Eine Schiene wird am Ende und in der Mitte festgemacht; der zweite zieht die Gegenschiene in die genaue Spurweite und befestigt sie in der Mitte und an den Enden. Dann kommen andere Abtheilungen von „Naglern,“ die mit militärischer Präcision marschiren und jeder ihren besonderen Hakennagel oder Keil anzuschlagen haben, ohne daß einer dem anderen in den Weg kommt. Diesen folgen andere Leute, welche mit eisernen Gabeln das Gleis ganz genau verificiren. Zuletzt kommen die „Füller;“ ein Theil derselben füllt die Räume an den Enden und Mitten der Schienen mit Schotter und stampft ihn fest; der andere Theil vollendet den dazwischen liegenden Theil und die Arbeit bleibt stehen, bis die oben erwähnten 1000 Ausbesserer nachkommen und den Bau ganz beenden können. Aber schon, wie ihn die „Füller“ lassen, können beladene Züge in Sicherheit mit einer Geschwindigkeit von 20 englischen Meilen per Stunde darüber fahren. So wird diese Bahn mit ganz unglaublicher Geschwindigkeit und dabei doch mit aller Vollständigkeit und Sicherheit angelegt; ein Telegraph folgt ihr stets auf dem Fuße. Dr. G. Lunge. (Breslauer Gewerbeblatt, 1867, Nr. 18.) Notizen über die Gußstahlfabrik von Fr. Krupp in Essen. Hr. Oehlschläger aus Posen hielt in dem Breslauer Gewerbeverein einen sehr spannenden Vortrag über die Krupp'sche Gußstahlfabrik, dem wir folgende Notizen entlehnen. Neben der Anwendung zu Geschützen findet der Gußstahl neuerdings mit bestem Erfolge beim Brückenbau Verwendung. Redner macht hierüber nähere Mittheilungen. Betreffs der Geschütze haben die gezogenen vor den glatten nicht nur dadurch bedeutende Vorzüge, daß die Sicherheit des Treffens bei den ersteren ebenso, wie die Tragfähigkeit der Geschosse eine viel größere ist, sondern auch deßhalb, weil Geschosse jeden Kalibers in den gezogenen Geschützen Verwendung finden können. Die erste Anwendung gezogener Geschütze fällt in das Jahr 1859. Mit gezogenen Sechspfündern wird geschossen auf geschlossene Truppenkörper bei 2000, auf größere Objecte bei 5000 Schritt Entfernung. Alfred Krupp übernahm die Fabrik im Alter von 14 Jahren. Er brachte 1859 den ersten gezogenen Dreipfünder nach Berlin; von da ab war die Fertigung gezogener Gußstahl-Geschütze nur noch Frage der Zeit; doch erst seit 1859 gewann die Fabrik den enormen Aufschwung, wie kaum ein anderes Etablissement der Welt. Nicht unwesentlich begünstigt wurde jener durch die Lage Essens, 4 Meilen vom Rhein entfernt und mit 132 Meilen Anschlußbahnen der Bergisch-Märkischen, 85 Meilen der Cöln-Mindener Bahn, welche einen so regen Verkehr vermitteln, daß im Jahre 1865 die Brutto-Einnahme der Cöln-Mindener Bahn pro Meile sich auf 140,500 Thaler, der Bergisch-Märkischen Bahn sich auf 104,000 Thlr. stellte, während er bei der Oberschlesischen Bahn 134,500 Thlr. betrug. Davon kommen auf den Güterverkehr bei der letzteren 77 Proc., bei der Bergisch-Märkischen 74 Proc., bei der Cöln-Mindener 71 1/2 Proc., während er bei der Ostbahn nur 48 Proc. der Einnahmen beträgt. – Der Flächeninhalt der Krupp'schen Fabrik beläuft sich auf 920 Morgen. (Die Festung Posen hat einen Flächeninhalt von 1270 Morgen.) Die Fabrikgebäude bedecken 240 Morgen. Für den inneren Verkehr der Fabrik bestehen 2 2/3 Meilen Eisenbahn, auf welcher 6 Locomotiven mit 150 Waggons den Verkehr vermitteln. Außerdem stehen 60 Pferde für kleinere Transporte zur Disposition. Den telegraphischen Depeschendienst besorgen 15 Bureaux. Zwei Gasometer speisen 9000 Gasflammen in der Fabrik, welche an trüben Tagen 200,000 Kubikfuß Gas consumirt, während z.B. der Gesammtverbrauch Posens an solchen Tagen sich nur auf 160,000 Kubikfuß beläuft. Die Fabrik enthält u.a. ein chemisches Laboratorium, ein photographisches Atelier; für den Polizeidienst ist ein eigenes Polizei- und für den Feuersicherheitsdienst ein eigenes Pompier-Corps in Function. Die Zahl der Arbeiter beläuft sich auf 10,000, die der Arbeiter in den Bergwerken, Hohöfen u.s.w. auf 1200. Der Arbeitslohn der Arbeiter beträgt in 14 Tagen 120,000 Thlr., während eines Jahres 3,100,000 Thlr. Zur Krankencasse der Fabrik zahlt jeder Arbeiter einen halben bis einen Silbergroschen pro Thlr., und Krupp so viel, wie die gesammten Arbeiter. Verunglücken solche bei der Arbeit, so erhalten sie während ihrer Curzeit den vollen Lohn. Mit 25 Jahren Dienstzeit erlangen sie Pensionsberechtigung. Mit den Fabrikanlagen stehen in Verbindung: Arbeiterwohnungen, ein Lazareth, eine Bäckerei etc. für den Bedarf der Arbeiter. Für den Betrieb sind im Gange 160 Dampfmaschinen mit 6000 Pferdekräften: eine große Dampfmaschine hat allein 1000 Pferdekräfte. 130 Dampfkessel setzen jene Maschinen in Bewegung. An Kohlen werden unter diesen Kesseln täglich 13,500 Schäffel verbraucht; der Bedarf an Steinkohlen und Kohks in der Fabrik beläuft sich auf 22,500 Schüssel. Der Verbrauch an Wasser beträgt 200,000 Kubikfuß in 24 Stunden. Der höchste Schornstein der Fabrik hat 240 Fuß Höhe circa 300 hessische Fuß oder 75 Meter). An Dampfhämmern sind in Bewegung 35, von denen das Gewicht des schwersten 1000 Ctr. beträgt (das Gewicht des schwersten Borsig'schen Dampfhammers in Moabit beläuft sich auf 100 Ctr.). Die Amboßgehäuse wiegen 30,000 Ctr., die transportirten Chabotten 5000 Ctr. Die Kosten des Dampfhammers betragen 600,000 Thlr. Projectirt ist ein Dampfhammer von 2500 Ctr. Schwere zum Preise von 1,4 Millionen Thlr. Werkzeugmaschinen gibt es über 600. Der Laufkrahn mit 70 Fuß Weite transportirt Lasten von 1500 Ctr. Oefen zum Schmelzen, Glühen, Cementiren etc. 400, Schmiedeessen 110. Die Zahl der Schmelztiegel beträgt über 1400. Jeder faßt 60 bis 70 Pfund Gußstahl. Für den Guß eines Blockes von 900 Ctr. wird der Stahl in den 1400 Tiegeln von 1200 Arbeitern geschmolzen, welche nach der schweren 1/4stündigen Arbeit 2 Stunden Ruhe genießen. Neunzoller schießen Geschosse von 300 Pfd., Elfzöller solche von 600 Pfd. Ein Elfzöller wiegt 540 Ctr. Der Preis des Niesengeschützes, welches für die Pariser Ausstellung bestimmt ist, stellt sich auf 130,000 Thlr.; es wurde daran gearbeitet seit dem November 1865. Das innere Rohr, dargestellt aus einem Rohblock von 850 Ctr., wiegt 400 Ctr., die vier aufgezogenen Ringe wiegen 600 Ctr. Das Geschütz ist 4 1/2 Fuß lang und an der schwächsten Stelle 2 1/2 Fuß stark. An der dicksten Stelle ist es 4 1/4 Fuß stark und hat an dieser stelle einen Umfang von 13 1/2 Fuß. Der Schildzapfen-Durchmesser beträgt 16 Zoll, die Seele des Geschützes 14 Zoll. Das Geschoß hat einen Umfang von 43 Zoll. Der Durchmesser eines Bronze 24 Pfünders beträgt 13 Zoll, der Seelendurchmesser 5 Zoll, die Länge 113 1/2, das Gewicht 52 Ctr. Die Laffette hat eine Länge von 10 1/2 Fuß und wiegt 300 Ctr. Der Rahmen ist 30 Fuß lang und wiegt 500 Ctr. – Im Jahre 1863 wurden 250,000 Ctr., 1864 schon 500,000 Ctr. und 1866 bereits eine Million Ctr. Gußstahl in der Krupp'schen Fabrik erzeugt. Der Weich der bisher abgelieferten Geschütze beläuft sich auf 7 Millionen Thlr. Gegenwärtig sind in Bestellung 2370 Geschütze, die nach allen Ländern gehen. Der Vicekönig von Aegypten bestellte die ersten gezogenen Kanonen. Von den in der Fabrik befindlichen Officieren werden die Geschütze probirt und dazu monatlich an Schießpulver 30–40 Ctr. verbraucht. – Schon diese flüchtige Skizze wird einen Einblick in die Großartigkeit der Krupp'schen Fabrik bieten. (Breslauer Gewerbeblatt, September 1867, Nr. 12.) Neues Verfahren zur Stahlfabrication von Heaton. Die Aufmerksamkeit der südstaffordshirer Eisenwerksbesitzer hat sich neuerlich allgemein auf ein von Heaton (auf den Langley-Mills zu Nottingham) erfundenes Verfahren zum Feinen von Roheisen und zur Umwandlung desselben in Stahl gerichtet. Das Nachstehende enthält eine kurze Beschreibung des Verfahrens. „Sieben bis neun Pfund Natronsalpeter werden in einen beweglichen eisernen Boden gebracht, der mit einer durchlöcherten Eisenplatte bedeckt und dann durch Verbolzung mit einem cylindrischen, mit feuerfestem Thone ausgefütterten Umwandlungsgefäße (statt der gewöhnlichen Birne) verbunden wird. In letzteres wird aus einem Kupolofen eine Charge von ungefähr vierzehn Centner Eisen abgestochen, worauf etwa dritthalb Minuten lang ein rasch verlaufender Verbrennungsproceß stattfindet. Zuerst entwickeln sich in Folge der Zersetzung des Salpetersäuresalzes rothe Dämpfe; dann wird die Flamme bläulich und zuletzt färbt sie sich dunkel; darauf tritt in rascher Folge eine Reihe von scharfen Explosionen auf und glänzende Funken fliegen umher, eine Erscheinung, welche dem beim Bessemern zu beobachtenden Funkensprühen einigermaßen ähnlich ist. Wenn die Reaction aufgehört hat, wird das Metall in Zaine abgestochen oder gegossen.“ – Mittelst dieses Verfahrens soll ein ganz stahlähnliches Product erzeugt werden; allein allem Anscheine nach sind die Versuche bis jetzt noch nicht mit der Gründlichkeit abgeführt worden, welche erforderlich ist um Vertrauen auf die Resultate zu erwecken. Jedenfalls werden die Fachmänner die beabsichtigte Fortsetzung der Versuche mit großem Interesse verfolgen und mit Spannung der Veröffentlichung der auszuführenden Analysen entgegensehen, welche über die Natur der durch diesen chemischen Proceß erzeugten Producte Aufschluß geben sollen. Schon haben sich mehrere bedeutende staffordshirer Häuser der Sache angenommen und diese sollen sich auch von dem reellen Werthe des Verfahrens überzeugt haben. Sie beabsichtigen, dasselbe hauptsächlich zum Feinen des in dieser Grafschaft in großen Mengen producirten sogen. „Cindereisens“ anzuwenden. Die von Tag zu Tag sich mehr geltend machende Nothwendigkeit, sehr bedeutende Mengen von Stahl zu produciren, welche jetzt zu Zwecken verwendet werden, für die man früher Schmiedeeisen benutzte, hat ein Verfahren zur Stahlfabrication höchst wünschenswerth gemacht, dessen Ausführung nicht mit so bedeutenden Kosten verbunden ist, wie die Einführung des Bessemerprocesses. Zur Statistik des Eisens.     In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres (1867) wurden in Frankreich an Schmiedeeisen producirt 605082 Tonnen,     in dem ersten Halbjahre 1866 dagegen 633958     „     entsprechend einem Ausfalle von   28876     „     Auch in der Roheisenproduction macht sich eine ähnliche Abnahme fühlbar; dieselbe betrug im ersten Halbjahre 1866 454406 Tonnen,     im ersten Halbjahre 1867 dagegen nur 429854     „     woraus sich eine Productionsverminderung ergibt von   24552     „ Diese Zahlen geben den Beweis, daß auch die französische Eisenindustrie, ebenso wie die anderer Staaten, unter der allgemeinen Depression, die vor einiger Zeit vorwaltete, nicht unbedeutend gelitten hat. H. H. Putzpulver für Goldsachen. Goldarbeiter halten seit einiger Zeit ein Putzpulver feil, welches bei unläugbarer Güte doch ungemein theuer steht. Ein Schächtelchen mit etwa 10 Grammen kostet in Cöln 1/2 Thaler. Dr. W. Hofmann, welcher das Pulver analysirte, theilte uns mit, daß dasselbe eine sehr einfache Zusammensetzung besitzt, indem es bloß ein Gemenge von circa 70 Proc. Eisenoxyd und 30 Proc. Salmiak ist. Man kann sich das Gemenge selbst leicht zu einem billigen Preise darstellen, indem man vorerst Eisen in Salzsäure auflöst, bis jede Gasentwickelung aufhört, und das gebildete Eisenchlorür sodann mit Ammoniakflüssigkeit versetzt, so lange noch ein Niederschlag entsteht. Man sammelt den Niederschlag auf einem Filter und trocknet ihn, ohne ihn vorher auszuwaschen, bei einer Temperatur, die den adhärirenden Salmiak noch nicht verflüchtigt. Das anfänglich gefällte Eisenoxydul verwandelt sich dabei in Eisenoxyd. (Badische Gewerbezeitung, 1867, Nr. 11.) Die norwegische automatische Küche im Park der Pariser Industrie-Ausstellung. Die in der Cuisine automatique norvégienne ausgestellten Gegenstände bestehen in viereckigen hölzernen Kästchen, welche mit Filz aus Pferdehaaren innen so ausgefüttert sind, daß nur noch Raum für zwei runde blecherne Töpfe bleibt. Vermittelst dieser Kästchen kann man Fleisch, das man fünf Minuten lang in einem der Töpfe mit Wasser über dem Feuer stehen hatte, ohne weitere Anwendung des Feuers in drei Stunden weich kochen und eine sofort genießbare Fleischbrühe bereiten. Man setzt zu dem Zweck die Speise, welche man gaarbringen will, in einem der mit Deckeln versehenen Töpfe fünf Minuten lang über ein Feuer, hebt dann den Topf in den Kasten ein und schließt den Deckel desselben, worauf man nach drei Stunden bei Suppe und nach mehr oder weniger Zeit bei anderen Speisen den Topf wieder herausnehmen kann, dessen Inhalt nun vollständig gaar ist. Man wäre geneigt zu glauben, es sey hier auf eine Täuschung des Publicums abgesehen, wenn nicht in dem Pavillon die so eben beschriebene Operation vor den Augen der Anwesenden ausgeführt würde. In den Nachmittagsstunden kann man sich an bereitwilligst abgegebenen, den Töpfen entnommenen, kleinen Portionen von der Zweckmäßigkeit der Apparate durch Selbstversuche überzeugen. Auch für Gemüse und andere Speisen sind die Apparate anzuwenden. Die Grundsätze, auf denen diese Erfindung beruht, sind nicht schwer zu finden. Die Kästen sind so eingerichtet, daß der Topf, wenn er eingesetzt ist, von einem besonders schlechten Wärmeleiter vollständig umschlossen ist. Man weiß, daß man die Abkühlung eines erwärmten Körpers durch Umgeben desselben mit besonders schlechten Wärmeleitern bedeutend verzögern kann. Ein auf 100° C. erwärmter Gegenstand erleidet dabei in mehreren Stunden einen Wärmeverlust von nur einigen Graden. Eine constante Wärme von 70° C. reicht aber schon aus, um Fleisch und Gemüse weich zu kochen, und es erklärt sich hieraus hinlänglich die Möglichkeit des oben Gesagten. Die Anwendung einer fortwährenden Siedhitze zur nahrhaften und schmackhaften Zubereitung des Fleisches ist bekanntlich nicht einmal rationell, weil dadurch alles Albumin gerinnt und die Fleischfaser hart und zähe wird. Liebig sagt über das zweckmäßigste Verfahren Fleisch zu kochen: „Wird das zur Speise bestimmte Fleisch in den Topf gethan, wenn sich das darin enthaltene Wasser im starken Aufwallen befindet und das Sieden einige Minuten unterhalten, alsdann so viel kaltes Wasser hinzugeschüttet, daß die Temperatur des Wassers dadurch auf 59 oder 56° Reaumur (= 74 oder 70° C.) herabgebracht wird und in dieser Temperatur einige Stunden erhalten, so hat man alle Bedingungen vereinigt um dem Fleischstück die zum Genusse geeignetste Beschaffenheit zu geben.“ Die Vortheile der Anwendung der norwegischen Kochapparate werden außer der enormen Brennmaterialersparniß noch manche andere seyn. Verbrannte Speisen wird es darin wohl nicht geben, ein Ueberlaufen ist nicht zu befürchten, die Speisen sind zur bestimmten Zeit fertig und während des Kochens braucht Niemand anwesend zu seyn. Apparate dieser Art sind durch J. Sorensen in Paris, 27 Avenue rue d'Antin, Champs Elisées, in verschiedenen Größen zu beziehen und es kosten z.B. Apparate mit zwei Töpfen von 2 und 3 Liter Inhalt 24 Frcs. 30 Cent., und Apparate mit zwei Töpfen à 3 Liter 25 Frcs. 50 Cent. W. Moeser. Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1867, Nr. 43.) Die neue Methode zur Darstellung anatomischer Präparate von Prof. Brunetti. Die anatomischen Präparate von Dr. Ludwig Brunetti, Professor der pathologischen Anatomie in Padua, erregten auf der Pariser Ausstellung allgemeine Bewunderung, und Brunetti erhielt nicht nur den großen Preis, sondern hat auch von den ersten Vertretern der heutigen Medicin zahlreiche Anerkennungen erhalten, welche einstimmig sind in der Bewunderung der genialen Methode, die nach Liebig's Ausdruck der Wissenschaft neue Wege eröffnet. Auf seiner Durchreise durch München hatte Hr. Brunetti die Güte, den Mitgliedern der dortigen medicinischen Facultät und einem kleineren wissenschaftlichen Kreis einige seiner Präparate vorzuzeigen, wobei es möglich wurde dieselben eingehender zu betrachten als es durch die Verhältnisse auf der Ausstellung gestattet war. Die Museen von Hyrtl in Wien und Orfila in Paris schienen die höchsten Leistungen der Präparirkunst zu Tage gefördert zu haben, die Petrification durch Segato und die Exsiccationsmethode Gorini's schienen das denkbar Mögliche für die Conservirung der Präparate zu leisten. Es blieb noch übrig eine Methode zu finden, welche zu diesen Vortheilen die Möglichkeit gesellte in gleich vollkommener Weise die pathologischen Erscheinungen zu fixiren, und die primitiven Bestandtheile in solcher Integrität zu bewahren, daß dieselben jeden Augenblick zur mikroskopischen Untersuchung geeignet seyen. Dieses Problem ist durch die Erfindung Brunetti's gelöst. Das Verfahren, welches Brunetti mit größter Liberalität mitgetheilt hat, ist im Wesentlichen folgendes: der Proceß umfaßt die Operationen des Waschens, der Entfettung, der Behandlung mit Tannin und die Austrocknung. Um das betreffende Stück zu waschen, läßt Brunetti einen Strom reinen Wassers durch die Blutgefäße und Secretionsleitungen gehen, und vertreibt dann das Wasser durch Alkohol. Zur Entfettung wird in gleicher Weise Aether durch die Gefäße getrieben, welcher bis in die Gewebe vordringt und alle fetten Materien auflöst. Diese Operation dauert ein paar Stunden, und das so vorbereitete Object kann dann in Aether beliebig lang aufbewahrt werden. Das Tannin wird in destillirtem Wasser gelöst, auf die obige Weise in die Gefäße eingebracht und darauf der Aether durch einen Strom reinen Wassers entfernt. Die Austrocknung geht in folgender Weise vor sich: das betreffende Stück wird in ein mit kochendem Wasser gefülltes Gefäß mit doppeltem Boden gebracht, um die früheren Flüssigkeiten durch trockene warme Luft zu ersetzen. In einem Reservoir wird die Luft auf etwa zwei Atmosphären comprimirt; durch eine Hahnvorrichtung und ein Röhrensystem wird dieselbe durch eine Chlorcalciumröhre und ein erwärmtes Gefäß in die Blut- und Secretionscanäle eingeleitet, der Gasstrom vertreibt die Flüssigkeiten, und die Operation ist vollendet. Das so behandelte anatomische Stück ist leicht, behält sein Volumen, seine normalen Verhältnisse und alle festen histologischen Elemente bei. Es lassen sich nach allen Richtungen die feinsten Schnitte führen, und die feinsten histologischen Untersuchungen mittelst Loupe und Mikroskop ausführen, ja man möchte sagen: diese anatomischen Präparate lassen sich auf den Toilette-Tisch legen. Da die gegenseitige Lage der Organe beibehalten wird, so können keine instructiveren anatomischen und pathologischen Demonstrationen gedacht werden; die Zeit der mangelhaften Weingeistpräparate ist vorüber. Da das Blut entfernt wird, so bleibt nur die pathologische Farbe, aber es bleibt nicht zu bezweifeln, daß die Vervollkommnung der Methode noch jede Art von Injection zulassen wird. Von der Demonstration im anatomischen Hörsaale zu München waren denn auch sämmtliche medicinische Autoritäten voll Bewunderung für diese Erfindung, welche für die pathologische und vergleichende Anatomie eine neue Epoche bezeichnet. Bei den vorgezeigten Präparaten erregten die Darstellungen des Herzens, der Nieren, verschiedene pathologische Zustände der Lunge und Leber, sowie die mikroskopischen Präparate die größte Bewunderung. (Allgemeine Zeitung vom 2. Dec. 1867.) Neues Anästheticum. Das von Dr. Richardson entdeckte Anästheticum ist das Methylchlorid (bichlorure de mèrhylene); dasselbe scheint die Schmerzen der chirurgischen Operationen vollständig aufzuheben, ohne eine der Gefahren und Uebelstände darzubieten, welche mit der Anwendung seiner Vorgänger, namentlich des Chloroforms, verbunden sind. Die Medical Times, welche über zwei schwierige, mit Hülfe dieses neuen Agens von Dr. Spencer ausgeführte Operationen berichten, constatiren, daß im ersten Falle eine absolute Unempfindlichkeit in vier Minuten hervorgebracht wurde, und im zweiten Falle in sechs Minuten. Die Kranken verfielen allmählich in den unästhetischen Schlaf, ohne das geringste Anzeichen von Ueberreizung oder innerem Kampfe, gewissermaßen „wie man über einen sanften Abhang hinabgleitet.“ In einem der beiden Fälle, wo die Zimmerluft auf einer ziemlich hohen Temperatur war, verflüchtigte sich die Flüssigkeit so rasch, daß sich Eisstückchen im Einathmungsapparate bildeten. (Les Mondes, t. XV p. 472; November 1867.) Die Darstellung und daher auch die Anwendung des neuen Anästheticums dürfte das Stadium bloßer Versuche noch nicht überschritten haben. Ueber die Einwirkung von Chlor auf Methyl sind bis jetzt nur von C. Schorlemmer Versuche veröffentlicht worden (Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXXXI S. 76). Hiernach verhält sich Methyl gegen Chlor wie Aethylamyl und andere Alkoholradicale. Das durch Zerlegung einer concentrirten Lösung essigsauren Kalis durch den galvanischen Strom dargestellte Methyl bildet, bei 5° C. und im Schatten mit dem gleichen Volum Chlor gemischt, ein leichtflüssiges ölartiges Liquidum (aus 8 Liter Methyl etwa 8 Gramme), welches aus Chloräthyl (Siedepunkt 11 bis 12° C.) und aus einfach-gechlortem Chloräthyl (Siedepunkt 62 bis 65° C.) besteht. Die Redact. Vergiftete Visitenkarten. Die (französische) Industrie ist mit einem neuen Erzeugniß aufgetreten, welches nicht rasch genug zurückgewiesen werden kann. Schon früher habe ich auf den Unfug, welcher in dem Ueberziehen der Visitenkarten mit Bleiweiß besteht, aufmerksam gemacht.Wittstein's Vierteljahresschrift, Bd. III S. 454. Jetzt probirt man das Manöver mit einem anderen und, weil im Wasser leicht löslich, noch gefährlicheren Bleipräparate, nämlich mit Bleizucker. Seit Kurzem circuliren nämlich Visitenkarten, welche einen Ueberzug auf einer oder auf beiden Flächen haben, der dem bekannten Moiré metallique des Weißbleches ähnlich sieht. Beim Biegen dieser Karten vernimmt man ein schwaches Knistern, wie wenn Kryställchen sich aneinander reiben, und es lösen sich auch feine Nadeln davon ab; der Nase genähert, bemerkt man einen schwachen Geruch nach Essigsäure. Dadurch aufmerksam gemacht, brachte ich die Krystallfläche an die Zunge, sie schmeckte süßlich – dann mit Schwefelammonium in Berührung, sie wurde schwarz und – die qualitative Untersuchung war fertig. Die quantitative Untersuchung übernahm in meinem Laboratorium Hr. Apotheker Alb. E. Ebert aus Chicago (Illinois, Nord-Amerika). Eine auf beiden Flächen moirirte Karte von 4 Zoll Länge und 2 1/2 Zoll Breite, welche 33 1/2 Gran wog, wurde mit destillirtem Wasser, welchem man ein paar Tropfen Essigsäure zugesetzt hatte, ausgelaugt, die Lösung mit Schwefelsäure gefällt und das entstandene Bleisulphat gewogen. Es betrug 4,187 Gran, welche 5,234 Gran krystallisirtem Bleizucker entsprechen. Die Karte war durch diese Behandlung um etwa 7 Gran leichter geworden, enthielt aber, wie vorauszusehen, noch Blei, welches man durch Einäschern, Digeriren der Asche mit verdünnter Salpetersäure und Fällen der Flüssigkeit mit Schwefelsäure gleichfalls in Sulphat verwandelte. Dieses wog 1,0937 Gran, enthielt also ungefähr 1/6 des Metalles der ganzen ursprünglichen Karte und entsprach 1,367 Gran Bleizucker. Der Karte hasteten mithin im Ganzen 6,601 Gran Bleizucker an, genug um ein 3 bis 5 jähriges Kind zu tödten oder doch dem Tode nahe zu bringen. Dr. Wittstein.