Titel: Neues einfaches photographisches Trockenverfahren; von Carey Lea in Philadelphia.
Fundstelle: Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXXVIII., S. 327
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LXXVIII. Neues einfaches photographisches Trockenverfahren; von Carey Lea in Philadelphia. Lea's photographisches Trockenverfahren. Ich habe mich längere Zeit sehr viel mit dem Studium einiger neuer Trockenverfahren befaßt und glaube nunmehr etwas gefunden zu haben, was alle jetzt gebräuchlichen Verfahren wesentlich übertrifft. Das Verfahren, welches ich in Folgendem beschreiben will, ist sehr viel einfacher als alle mir bekannten Trockenverfahren, und hat außerdem den Vorzug, sehr empfindlich zu seyn. Es gibt sehr reiche harmonische Negativs. Die meisten Trockenverfahren besitzen die schlimme Eigenschaft, die Contraste zu vermehren, was namentlich bei Landschaftsaufnahmen unangenehm ist. Mein neues Verfahren ist frei hiervon. Wenn z.B. ein Theil eines Gebäudes von der Sonne beleuchtet und ein anderer im Schatten ist, gibt diese Methode ein Bild, welches im Licht wie im Schatten alle Details zeigt. Dieser wesentliche Vorzug und die außerordentliche Einfachheit des Verfahrens werden dasselbe allgemein empfehlen. Es basirt auf dem Verfahren mit Bromsilbercollodium; das Collodium präparire ich in folgender Weise: Alkohol     8 Unzen (240 Gramme). Aether     8     „ (240 Gramme). Bromcadmium 128 Gran (16   Gramme). Bromammonium   32    „ (4     Gramme). Pyroxylin   96    „ (12   Gramme). Das Collodium muß vor dem Gebrauche einen Monat stehen. Wenn man es früher anwendet, gibt es verschleierte Negativs. Um es zu sensitiren, setzt man auf jede Unze genau 16 Gran äußerst fein gepulvertes salpetersaures Silberoxyd (1 Grm. auf 30 Grm. Collodium) zu; man schüttelt gut um, und nach einigem Stehenlassen noch einigemale. Dann läßt man es zwei bis drei Stunden stehen, und decantirt darauf den überstehenden klaren Theil. Das gesilberte Collodium hält sich 24 Stunden. Man hat es natürlich mit der größten Sorgfalt vor Licht zu schützen. Gerade bevor man das Collodium auf die Platte gießt, setzt man auf jede Unze (30 Gramme) 24 Tropfen alkoholische Gallussäurelösung (1 Theil Gallussäure, 8 Theile Alkohol) zu und schüttelt etwas um. Die Ränder der Glasplatte sind vorher mit benzolischer Kautschuklösung (von 1/2 Procent Gehalt) bestrichen. Sobald das Collodium erstarrt ist, nach etwa zwei bis drei Minuten, wird die Platte fünf Minuten lang unter einem Krahnen gewaschen, dann getrocknet. Das ist die ganze Präparation: Collodioniren, Waschen und Trocknen. Mit den übrigen Trockenverfahren verglichen, ist es nur die halbe Arbeit. Die Empfindlichkeit der Platten ist bedeutend größer als die der gewöhnlichen Trockenplatten; deßhalb aber ist auch bei der Präparation besondere Vorsicht unerläßlich. Ich habe in meinem Dunkelzimmer eine Gasflamme hinter einem gelben Glas. Aber wenn ich die Platten auf einem Trockenständer trocknen lasse, zeigen sich schon nach drei bis vier Minuten die Holznuthen auf den Platten abgebildet. Diese Platten werden alkalisch entwickelt. Man setze nach Russell's Vorschrift gleich ein wenig Bromkalium zu, und entwickle sehr langsam. Wenn das Bild durch zu lange Belichtung flach und contrastlos herauskommt, wäscht man am besten den alkalischen Entwickler ab und verstärkt mit saurer Pyrogallussäure und Silber, nachdem man vorher die Platte mit verdünnter Essigsäure übergossen hat. Ich habe eine äußerst interessante Modification dieses Verfahrens aufgefunden, welche merkwürdige Resultate liefert. Eine Platte wird nur collodionirt, nicht gesilbert, und nicht einmal gewaschen. In diesem Zustand wird sie in die Camera gebracht, belichtet und in der Cassette gelassen oder in einen dunkeln Kasten gesetzt. In ein paar Stunden entwickelt sich das Negativ von selbst. Hier fallen also alle photographischen Operationen aus, mit Ausnahme der ersten und der letzten. Vom Collodioniren geht man gleich zum Fixiren über; Empfindlichmachen, Waschen, Ueberziehen mit der empfindlichhaltenden Substanz, Entwickeln, alles dieß fällt fort. Das Collodium ist ganz dasselbe wie das oben angegebene, mit ebensoviel Silberzusatz; kurz vor dem Gebrauch mischt man 20 Tropfen Glycerin und 24 Tropfen alkoholischer Gallussäurelösung (von 1 : 8) auf jede Unze (30 Grm.) zu. Dieses Collodium wird aufgegossen und entwickelt sich von selbst. Die Platten müssen bald nach dem Aufgießen belichtet werden, etwa nach zehn bis zwanzig Minuten. Verwahrt man sie länger, so geben sie leicht Schleier. Wenn sie aber einmal belichtet sind, entwickeln sie sich, und können dann acht bis zehn Stunden hingestellt werden, ohne daß sie schleiern. Vermindert man die Quantität des salpetersauren Silbers von 16 auf 14 Gran, und nimmt dazu 30 bis 35 Tropfen Glycerin und 5 bis 8 Tropfen Eisessig, so erhält man Platten, die sich vor dem Belichten einige Stunden und nach dem Belichten einige Tage verwahren lassen, ohne verschleiert zu werden. Diese Modification ist weniger empfindlich als die vorige und gibt nicht so gute Negativs. Diese Schicht wird blauer und durchsichtiger, und es ist nöthig, ein Stück rothes Saugpapier hinter die Platte zu legen, um schädliche Reflexe zu vermeiden. Von diesen beiden Verfahren wird sich das erste wahrscheinlich als das allgemein nützlichste erweisen; doch gibt auch das zweite sehr zufriedenstellende Resultate, namentlich die zuerst beschriebene Modification. (Photographisches Archiv, 1868 S. 21.)