Titel: Ueber die Entflammbarkeit des Petroleums und des Schieferöles; von Dr. Robert Peltzer.
Autor: Robert Peltzer
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XVII., S. 61
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XVII. Ueber die Entflammbarkeit des Petroleums und des Schieferöles; von Dr. Robert Peltzer. Peltzer, über die Entflammbarkeit des Petroleums und des Schieferöles. Ich habe in jüngster Zeit im Laboratorium der Petroleum-Raffinerie der Herren C. Cogniet, Maréchal und Comp. auf Ersuchen des Hrn. CognietHr. Cogniet, aufgefordert von Hrn. Henry Deville, beschäftigte sich in jüngster Zeit viel mit dieser Frage und hat im Journal de l'éclairage au gaz vom 5. und 20. April und 5. Mai einen sehr interessanten Artikel über die Mineralöl-Industrie und den Handel mit diesen Oelen veröffentlicht. Versuche über die Entflammbarkeit verschienener Fractionen aus pennsylvanischem Petroleum sowie aus Schieferkohlenöl von Autun (Departement Saône und Loire) angestellt, deren Ergebnisse folgende sind: Textabbildung Bd. 189, S. 61 Petroleum; Schieferöl; Dichtigkeit; Entflammbarkeit; Rohpetroleum; Rückständige Schweröle von der Darstell. des Leuchtöles; Paraffin v; Schmelzpunkt; Fraction die bei 15°C. fest wurde Rohes Schieferöl Diese Versuche wurden in der Art ausgeführt, daß die Oele in einer kleinen Schale, in welche ein Thermometer reichte, in einem Wasser- oder Paraffinbade erhitzt wurden und ein dünner brennender Docht an die Oberfläche des Oeles gehalten wurde. Die zur Untersuchung gelangten Petroleumproben sind von möglichst verschiedener Darstellung: theils direct von den Kühlschlangen im Großbetrieb herstammend, theils Fractionen in kleineren Retorten angestellter Destillationen, theils auch durch Verdunstenlassen specifisch leichterer Gemische gewonnen. Die zwei ersten Proben von der Dichtigkeit 0,643 und 0,686 entzünden sich noch bei einer Temperatur von 21° C. unter Null, dann vermindert sich die Entflammbarkeit bis zur Dichtigkeit 0,822, und wir sehen sie von diesem Punkte an wieder zunehmen. Das Auffallende dieser Thatsache findet eine Erklärung in der Annahme, daß die hohe Temperatur, welche erforderlich ist um Oele von der Dichtigkeit über 0,822 zu destilliren, genügt um eine theilweise Zersetzung der in der Retorte sich befindenden höher siedenden Oele zu bewirken. Diese Annahme fand durch das Experiment genügende Bestätigung: Nachdem die destillirenden Oele die Dichtigkeit 0,822 erreicht hatten, wurde das Feuer unter der Blase weggezogen. Bei manchen Petroleumsorten wird zur Darstellung eines Leuchtöles von 0,800 spec. Gewicht gerade bis zu diesem Punkte destillirt; die ersten Fractionen, welche mit zum Leuchtöl verwandt werden, haben 0,750 spec. Gew.; das Gemisch zeigt dann die Entflammbarkeit nicht unter 36° C. Der Blasenrückstand konnte bis 173° C. erhitzt werden, bevor ein herangehaltener brennender Docht ihn entzündete. Wurde jedoch, nachdem im Destillat das spec. Gew. 0,822 erreicht worden war, zur Gewinnung der schweren und Paraffin-Oele weiter geheizt, so vermehrte sich die Entflammbarkeit, wie aus der mitgetheilten Tabelle ersichtlich ist. Raffinirtes Paraffin von 54° C. Schmelzpunkt konnte bis 221° C. erhitzt werden, die Temperatur welche ich für seine Entflammbarkeit fand, ohne daß eine ähnliche Zersetzung wie sie offenbar bei den schweren Rohölen und rohen ölführenden Paraffinmassen stattfindet, wahrzunehmen war. Die Schieferölproben stammen von einer Destillation im Kleinen; sie wurde in einer 10 Liter haltenden gußeisernen Retorte mit behandelten Oelen von Autun über freiem Feuer bewerkstelligt. — Die bedeutend größere Entflammbarkeit der den Petroleumfractionen in der Dichtigkeit entsprechenden Proben ist auffallend; übrigens gibt auch Hr. Professor Marx in Stuttgart für ein Schieferöl, welches er nicht näher bezeichnet, die Entflammbarkeit bei + 14° R. an. Auch bei den Schieferölen geht aller Wahrscheinlichkeit nach bei hoher Temperatur eine ähnliche Zersetzung vor sich, nur in einem weniger ausfallenden Maaße wie beim Petroleum. Leider war meine Wahl sehr beschränkt und fehlten mir besonders die Destillate aus der weiteren Verarbeitung der Rohschweröle zur Gewinnung der Paraffinöle; ich hätte sonst wohl die Zersetzung der Schieferöle sicherer nachweisen können. Auf diese Zersetzbarkeit ließe sich sicher ein Verfahren gründen, um die schweren Petroleumöle durch hohe Temperatur wenigstens zum Theil in Leuchtöle umzuwandeln, welches für die schweren Torföle von Chlumetz in Böhmen von Hrn. BreitenlohnerPolytechn. Journal Bd. CLXVII S. 378. bereits angewandt wurde. In der Fabrik der Herren C. Cogniet, Maréchal und Comp. fand dieses Princip, allerdings in nur sehr geringem Maaße, ebenfalls Anwendung. Aus den mitgetheilten Tabellen ersieht man, so lange noch keine Zersetzung durch zu hohe Temperatur stattfindet, eine Verminderung der Entflammbarkeit mit der Zunahme der Dichtigkeit; eine auch nur annähernd genaue Beziehung zwischen diesen zwei Punkten ist jedoch kaum wahrzunehmen. Wenn die größere oder geringere Neigung der Oele zu entflammen, einfach von dem Siedepunkte einzelner Fractionen abhinge, welche mehr oder minder constante Gemische der von Cahours und Pelouze,Comptes rendus, t. LVI p. 505; t. LVII p. 62. — Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXXVII S. 190. sowie von SchorlemmerChemical News, 1863 p. 157; polytechnisches Centralblatt, 1863 S. 1312. aus dem Petroleum isolirten Kohlenwasserstoffe der Reihe C2n H2n + 2 repräsentiren müßten, so wäre wohl eine feste Beziehung zwischen Entflammbarkeit und Dichtigkeit eine nothwendige Folge; sie wird jedoch, meiner Ansicht nach, wohl hauptsächlich verdeckt durch eine wahrscheinlich sehr verschiedene Absorptionsfähigkeit der einzelnen Fractionen für die in den Oelen vorkommenden und sehr leicht entzündbaren Gase. Eine Fraction, welche ein gewisses Quantum Gas in Lösung hat, wird auch eine entsprechend größere Neigung zum Entflammen zeigen. Um das Rohpetroleum zur Heizung der Schiffsmaschinen verwendbar und wirklich ungefährlich zu machen, müßte man ihm alle Oele bis zur Dichtigkeit 0,783 entziehen und es von absorbirten Gasen befreien; obgleich dann noch bei 50 bis 75° C. entflammbare Oele vorhanden seyn werden, so ist doch ihr Procentgehalt in der ganzen Masse ein so geringer, daß das Material eine Temperatur bis 80 und 100° C. ertragen kann, ohne feuergefährlich zu werden. — Die Oele bis 0,783 Dichtigkeit würden dann zum Theil als Leuchtöl, zum Theil als Essenz für die sogenannte Wunderlampe in den Handel zu bringen seyn. Courbevoie, im Mai 1868.