Titel: Ueber die Darstellung der als feuerfestes Material dienenden Magnesia; von H. Caron.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXIX., S. 110
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XXIX. Ueber die Darstellung der als feuerfestes Material dienenden Magnesia; von H. Caron. Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 839; April 1868. Caron, über Darstellung von Magnesia zur Verwendung als feuerfestes Material. Vor zwei Jahren machte ich in einer Abhandlung über die Blasen des Stahles auf die großen Vortheile aufmerksamPolytechn. Journal Bd. CLXXX S. 228., welche dem Metallurgen, namentlich dem Eisenhüttenmann, aus der Verwendung von Magnesia als feuerfestes Material erwachsen würden. Gleichzeitig sprach ich mein Bedauern über den damals noch zu hohen Preis dieser Erde aus, in Folge dessen ihre Benutzung allem Anscheine nach auf die Laboratorien beschränkt bleiben würde. Diese Verhältnisse haben sich jetzt in sehr günstiger Weise geändert. Einerseits nämlich machen die neuesten Fortschritte in der Gußstahlfabrication, namentlich die Einführung der Siemens'schen Oefen und des Martin'schen Verfahrens, die Anwendung von Ziegelsteinen, welche einen höheren Grad von Feuerfestigkeit besitzen als die besten bisher benutzten Sorten dieses Baumateriales, zur unumgänglichen Nothwendigkeit, mag der Preis der Steine noch so hoch seyn. Andererseits kann die natürliche kohlensaure Magnesia, welche vor Kurzem noch 250 Frcs. per Tonne (1000 Kilogrm.) kostete, bereits zum Preise von 70 Frcs. ab Marseille oder zu 100 Frcs. ab Dünkirchen bezogen werden. Ein Brennen des Carbonats an Ort und Stelle vor der Versendung würde vielleicht eine noch billigere Preisnotirung ermöglichen.Ein solches erstes Brennen erfordert weniger Hitze als das Brennen von gewöhnlichem Kalk; die kohlensaure Magnesia verliert dadurch die Hälfte ihres Gewichtes. Ich werde im Nachstehenden die von mir erfundenen Methoden beschreiben, um der Magnesia Zusammenhalt zu ertheilen; dieselben ermöglichen dem Chemiker die Anfertigung feuerfester Gefäße von jeder Form, dem Physiker die Darstellung von Stiften für die Hydrooxygengas-Beleuchtung und dem Techniker die Fabrication von Backsteinen als Ersatz für diejenigen, welche bisher als die den höchsten Grad von Feuerfestigkeit besitzenden Producte galten, für gewisse pyrotechnische Zwecke aber nicht mehr genügen. Die von mir bisher angewendete Magnesia kommt von der Insel Euböa, wo sie im Zustande von weißem, sehr dichtem und ziemlich hartem Kohlensäuresalze (Magnesit) in bedeutender Menge vorkommt. Dieser Magnesit enthält Spuren von Kalkerde, Kieselsäure und Eisenoxyd, ist aber auch zuweilen von einer serpentinartigen Substanz, sowie von Quarz in Trümern und Platten durchsetzt, so daß seine Unschmelzbarkeit beeinträchtigt und er auch zur Verwendung für die Hydrooxygengas-Beleuchtung untauglich werden würde, wenn man es versäumte, diese fremdartigen Beimengungen zu beseitigen. Diese Platten lassen sich übrigens sehr leicht erkennen und selbst bei der Fabrication im Großen ohne Schwierigkeit aushalten. Bei der Anfertigung feuerfester Backsteine im Großen könnte das Vorhandenseyn einer geringen Menge dieser fremden Körper wohl nur bewirken, daß die Steine bei den höchsten Hitzegraden eine schwache Verglasung erleiden, was keinen wesentlichen Nachtheil herbeiführen würde. Bevor man diesen Magnesit zerkleinert, muß er bei einer zum Austreiben der Kohlensäure hinreichenden Temperatur gebrannt werdenNach Dr. H. Schwarz (polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 26) reicht zum Austreiben der Kohlensäure eine mäßige Dunkelrothgluth hin, wenn die Höhe der Magnesitschicht nicht zu groß ist.A. d. Red; dadurch wird das Mineral sehr zerreiblich und ist in diesem Zustande leichter zu pulvern; auch lassen sich dann die Beimengungen von Quarz und Serpentin leichter ausscheiden, indem diese Mineralien durch die Hitze nicht aufgelockert werden. Diese erste Behandlung genügt noch nicht, um der Magnesia Zusammenhalt zu ertheilen und selbst wenn diese Schwierigkeit überwunden wäre, würde die Masse, wenn sie später einer höheren Temperatur ausgesetzt wird, als der bei welcher sie gebrannt worden, außerordentlich stark schwinden und dergestalt reißen und sich verziehen, daß die Steine nicht verwendet werden könnten. Es ist demnach unumgänglich nöthig, die Magnesia vor dem Formen einer sehr intensiven Hitze auszusetzen, welche derjenigen, die sie später zu ertragen hat, mindestens gleichkommt. Nachdem sie in dieser Weise bei einer sehr hohen Temperatur gebrannt worden, ist sie nicht mehr plastisch, sondern hat nunmehr ein sandiges Ansehen angenommen und erhält in Folge eines starken Druckes keineswegs Zusammenhalt. Diesen ertheilt man ihr jedoch durch inniges Vermengen mit weniger scharf gebrannter Magnesia.Die Menge dieses Zusatzes hat sich natürlich nach dem Grade zu richten, in welchem jede der beiden Substanzen gebrannt worden: sie beträgt beiläufig ein Sechstel von der Gewichtsmenge der am stärksten (bei Gußstahlschmelzhitze) geglühten Magnesia. Von der (weniger scharf calcinirten) Sorte, welche bloß als Bindemittel dienen soll, muß man übrigens der anderen (schärfer gebrannten) Magnesia stets nur die gerade hinreichende Menge zusetzen. Hierauf wird sie mit 10 bis 15 Proc. ihrer Gewichtsmenge Wasser befeuchtet, und in ähnlicher Weise, wie man bei der Briquettefabrication verfährt, in gußeisernen Formen einem starken Drucke unterworfen. Der in dieser Weise geformte Ziegelstein erhärtet beim Trocknen an der Luft und wird noch fester, wenn man ihn nachher bei Rothgluth brennt. Ein gleiches Verfahren würde sich wohl auch zum Formen großer Schmelztiegel eignen; allein es ist schwierig, größere Massen gehörig zu pressen, besonders wenn die Formen eine bedeutende Oberfläche haben, da die Magnesia den Wänden stark anhaftet. Zwar ist es mir gelungen, auf diese Weise Schmelztiegel von kleineren Dimensionen für Laboratorien anzufertigen; allein nach meiner Erfahrung ist dieses Verfahren zur Herstellung großer Tiegel, z. B. zum Schmelzen von Stahl, nicht verwendbar. In diesen, wie in verschiedenen anderen Fällen ist es vorzuziehen, der Magnesia auf nassem Wege Zusammenhalt zu ertheilen. Um der Magnesia eine gewisse Plasticität zu ertheilen, benutze ich eine von Berzelius angegebene Eigenschaft dieser Erde. Stark gebrannt und dann angefeuchtet, erhärtet sie beim Trocknen. Dieser Erscheinung liegt ohne Zweifel eine Hydratbildung zu Grunde, welcher Proceß sich indessen durch eine Temperaturerhöhung nicht verräth. Nach meiner Beobachtung verliert die auf diese Weise fest gewordene Magnesia das aufgenommene Wasser erst bei einer hohen Temperatur und dann wird sie durch das Brennen nicht allein keineswegs locker und zusammenhangslos, sondern sie erhält dadurch eine Härte und eine Festigkeit, welche denen der gewöhnlichen Thonschmelztiegel nach dem Brennen gleichkommen. Um von dieser Eigenschaft Vortheil zu ziehen, wird die zur Anfertigung von Schmelztiegeln bestimmte Magnesia nach dem Brennen angefeuchtet, in die Formen eingedrückt, getrocknet und schließlich gebrannt. Zum Ausfuttern der Stahlschmelzöfen versieht man die Wandungen der letzteren mit einem angemessen starken Ueberzuge von dem mit Wasser angemachten Magnesiateige, welcher sich dann beim Heizen der Oefen von selbst brennt, ohne daß die Beobachtung besonderer Vorsichtsmaßregeln erforderlich wäre. Es kommt indessen zuweilen vor, daß die aus Magnesia angefertigten Gefäße — entweder weil sich das Material zu stark oder zu schwach hydratisirt hatte, oder weil ihm Kieselsäure beigemengt war — vor oder nach dem Brennen nicht den gewünschten Grad von Festigkeit besitzen; sie werden dann, um denselben zu erhalten, einfach in eine kalt gesättigte wässerige Borsäurelösung getaucht, getrocknet und hernach wie vorher gebrannt. In Folge dieser Operation wird die Magnesia keineswegs leichter schmelzbar, sondern es erhalten dadurch die einzelnen Körner der Substanz nur einen innigeren Zusammenhalt. Ganz reine, recht scharf gebrannte und fein gepulverte Magnesia kann in Form von Schlicker angewendet und zur Anfertigung der dünnsten, fast durchsichtigen Tiegel, sowie zu den zartesten Abgüssen benutzt werden. Ich bin überzeugt, daß diese Erde in naher Zukunft in der Keramik mit großem Vortheile angewendet werden wird, obgleich die Masse sich weit schwieriger formen läßt als eigentliche Porzellanmasse.