Titel: Ueber die Zusammensetzung des zur Hydrooxygengas-Beleuchtung dienenden Gasgemisches und über eine neue, die Magnesia für diese Beleuchtung ersetzende Substanz; von H. Caron.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXXI., S. 116
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XXXI. Ueber die Zusammensetzung des zur Hydrooxygengas-Beleuchtung dienenden Gasgemisches und über eine neue, die Magnesia für diese Beleuchtung ersetzende Substanz; von H. Caron. Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 1040; Mai 1868. Caron, über Zirkonerde-Stifte für die Hydrooxygengas-Beleuchtung. Die nach meinen Vorschriften durch Pressen oder auf nassem Wege erhaltenen Magnesiastifte vermögen der durch die Verbrennung des Gemisches von Leuchtgas und Sauerstoff erzeugten intensiven Hitze auf die Dauer nicht zu widerstehen. Die Anwendung dieser Substanz bei der Benutzung eines Gemisches von reinem Wasserstoff und Sauerstoff, bei dessen Verbrennung eine noch intensivere Hitze entsteht und eine raschere Corrosion herbeigeführt wird, würde sogar mit großen Schwierigkeiten verknüpft seyn. Sollte diese Abnutzung, diese Verflüchtigung der Magnesia nicht von der Bildung reducirten und sublimirten Magnesiums herrühren, welches sich unter dem Einfluß der Verbrennungsproducte dann wieder oxydirt? Dieß war die Frage, deren Lösung ich mir zur Aufgabe machte. Bekanntlich hat H. Deville durch Versuche nachgewiesen, daß wenn man Zinkoxyd in einem schwachen Strome von Wasserstoffgas zu intensiver Rothgluth erhitzt, dasselbe fortgerissen wird und sich an den weniger heißen Stellen des Apparates in krystallinischer Form absetzt, obgleich das Zinkoxyd bei dieser Temperatur nicht flüchtig ist.Annales de Chimie et de Physique, 3. série, t. XLIII p. 477. Ueberdieß hatte ich nach gewissen, später zu erwähnenden Thatsachen einigen Grund anzunehmen, daß das zur Erzeugung des stärksten Lichtgrades erforderliche Gasgemisch stets einen Ueberschuß von dem brennbaren und reducirend wirkenden Wasserstoffgase enthalten müsse. Um mich hiervon zu überzeugen, konnte ich zweierlei Wege einschlagen: einmal nämlich das Messen der respectiven Volume der verzehrten Gase mit Hülfe von Gasuhren, um zu sehen ob ein Volum verbrannter Sauerstoff genau zwei Volumen reinen Wasserstoffes entsprach; es war mir jedoch bei Anwendung des letzteren, in den Apparaten so schwierig aufzubewahrenden Gases mit den mir zu Gebote stehenden Mitteln unmöglich, Entweichungen zu verhüten, welche zwar nur von geringer Bedeutung, indessen hinreichend sind, um die Resultate der Berechnungen unzuverlässig zu machen. Ich gab daher einer anderen Methode den Vorzug, indem ich in geschlossenem Gefäße operirte und die Producte der dem Lichtmaximum entsprechenden Verbrennung analysirte. Zu diesem Zwecke führte ich das Ende der mit ihrem Magnesiastifte versehenen und angezündeten Lampe in einen Glasballon, dessen Hals nach unten gerichtet war, so ein, daß sich der leuchtende Theil in der Mitte des Ballons befand; ein die Oeffnung hermetisch verschließender Stopfen war mit einem für den Abzug der Verbrennungsproducte bestimmten Rohre versehen. Dann regulirte ich mittelst äußerlich angebrachter Hähne das Verhältniß der beiden Gase in der Weise, daß das unter diesen Umständen erreichbare stärkste Licht erzielt wurde. Bei diesem Verfahren sammelte ich mittelst des Abzugsrohres jedesmal Wasser und Wasserstoffgas auf, mit Spuren von Stickstoff, welche wahrscheinlich aus dem von diesem Körper nicht vollkommen freien Wasserstoff- und Sauerstoffgase Herrührten.Wendet man Wasserstoffgas an, welches mit Zink und Salzsäure, wie sie im Handel vorkommen, entwickelt worden ist, so bekleidet sich der Ballon mit Arsenigsäurekrystallen und der über dem Brenner befindliche Theil überzieht sich mit einer braunen Schicht von metallischem Arsen. Demnach ist es wohl erwiesen, daß die größte Lichtmenge stets einem vorhandenen Ueberschusse von Wasserstoff entspricht. Setzt man andererseits zur höchsten Stufe oxydirte, durch Wasserstoff aber auf ihre niedrigste Oxydationsstufe reducirbare Substanzen, bei derselben Zusammensetzung des Gasgemisches, diesen hohen Temperaturen aus, so kann man sicher seyn, nach dem Auslöschen den Theil des Stiftes, welcher der Flamme ausgesetzt war, in niederes Oxyd umgewandelt zu finden. Dieß ist die Thatsache, welche ich im Eingange dieser Mittheilung andeutete. So z. B. schmilzt Titansänre, in einer Sauerstoffatmosphäre zur höchsten Temperatur erhitzt, nicht; setzt man aber diese Substanz der (überschüssigen Wasserstoff enthaltenden) Lampenflamme direct aus, so schmilzt sie sofort und nimmt anstatt ihrer gelben eine blaue, häufig selbst schwarze Farbe an. Außerdem beobachtet man eine sehr merkwürdige Erscheinung: regulirt man nämlich die beiden Gase in der Weise, daß man die größte Lichtstärke erhält, so entsteht ein vom Stifte ausgehendes Funkensprühen, ähnlich dem beim Verbrennen von Eisen in Sauerstoffgas. Wahrscheinlich rührt diese Erscheinung daher, daß die anfänglich reducirte Titansäure sich in der Luft oder dem Wasserdampfe wieder oxydirt. Das Funkenwerfen hört sogleich auf, wenn man etwas mehr Sauerstoff zuströmen läßt. In gleicher Weise schmelzen Wolframsäure, Niobsäure und Tantalsäure; diese Substanzen zeigen sogar noch einen höheren Grad von Schmelzbarkeit, denn wenn sie im Platintiegel mit Hülfe des Schlösing'schen Löthrohres um Weißglühen erhitzt werden, so schmelzen sie, sobald die Flamme überschüssigen Wasserstoff enthält. Beim Erkalten krystallisiren sie und nehmen dann eine eigenthümliche Farbe an, welche auf ein Gemenge von höchstem und niedrigstem Oxyde hindeutet. Titansaure, wolframsaure etc. Magnesia schmelzen in der Hydrooxygengas-Flamme gleichfalls und werden schwarz; demnach sind alle diese Körper zur Beleuchtung ungeeignet. In der Hoffnung, eine absolut feuerbeständige Substanz zu finden, versuchte ich noch viele andere Verbindungen, die ich hier kurz angeben will. Kieselsäure, Thonerde und feuerfeste Thone schmelzen bekanntlich, geben aber nur wenig Licht. Beryllerde schmilzt nicht und gibt ein mindestens eben so starkes Licht wie die Magnesia, ist aber noch flüchtiger als diese und krystallisirt ebenso leicht. Chromoxyd, Ceriumoxyd und Lanthanoxyd schmelzen leicht und sind mehr oder weniger flüchtig; die Färbung ihrer Krystalle deutet stets auf eine Reduction hin, wenn eine niedrigere Oxydationsstufe entstehen kann. Auch kieselsaure Zirkonerde, deren Unschmelzbarkeit mir bekannt war, wendete ich an; allein gepulverte und in diesem Zustande zu Stiften gepreßte Zirkone gaben sehr wenig Licht (was bei den Silicaten gewöhnlich der Fall ist). Nach Berzelius besitzt die reine Zirkonerde (Zirkonsäure) die Eigenschaft, unschmelzbar zu seyn und in der Löthrohrflamme mit blendendem Glanze zu leuchten. Ich fand diese Angabe bestätigt, überdieß scheint die Zirkonsäure bei der Temperatur der Hydrooxygengas-Flamme nicht flüchtig zu seyn. Seit länger als einem Monate gebrauche ich denselben Zirkonsäurestift tagtäglich, und erhitze ihn unter einem scharfen Winkel, habe aber noch keine Spur von Abnutzung, Verflüchtigung oder theilweiser Reduction bemerken können. Diese Thatsache ist von großer Wichtigkeit; denn mit einem so schwachen Gasstrahl wie bei der von mir benutzten Lampe ist der das Licht gebende Theil der Flamme sehr eng begrenzt und es ist deßhalb erforderlich, daß die weißglühende Substanz stets in demselben Abstande vom Brenner bleibt; in dem Maaße als sich der Stift abnutzt, wird dieser Abstand größer und das Licht immer schwächer. Die Anwendung von Zirkonsäure zur Erzeugung des Hydrooxygengas-Lichtes dürfte demnach ein bedeutender Fortschritt seyn; denn diese Substanz besitzt außer ihrer werthvollen Eigenschaft, sich nicht abzunutzen, noch ein stärkeres Leuchtvermögen als Magnesia (annähernd dem Verhältnisse 6 : 5 entsprechend). Allerdings kommt die Zirkonerde in der Natur ohne Vergleich seltener vor, als die Magnesia; allein sie findet sich doch in vielen vulcanischen Sanden, namentlich in großer Menge in den Zirkongesteinen des Ilmensees am Fuße des Uralgebirges.Die zu meinen Versuchen angewendeten Zirkone rühren von diesem Vorkommen her; ich verdanke dieselben der Freundlichkeit des Hrn. H. Sainte-Claire Deville. Ich habe übrigens ein sehr einfaches Mittel zur Ersparung an Material aufgefunden, indem ich nur den der Flamme ausgesetzten Theil des Stoffes aus Zirkonsäure, den übrigen Theil aus Magnesia oder selbst aus feuerfestem Thone anfertige. Die Zirkonsäure wird mit der anderen Substanz durch Comprimiren verbunden und diese Art von Löthung wird durch das Erhitzen noch fester. Das Verfahren, welches ich für die Anfertigung der Magnesiastifte angegeben habe, ist auch für die Zirkonsäure geeignet.