Titel: Ueber die Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes in Graphitsorten; von Dr. Wilh. Friedr. Gintl, Assistenten für Chemie an der k. k. Universität zu Prag.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LIV., S. 235
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LIV. Ueber die Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes in Graphitsorten; von Dr. Wilh. Friedr. Gintl, Assistenten für Chemie an der k. k. Universität zu Prag. Aus den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. LVII, Aprilheft 1868. Gintl, über Werthbestimmung der Graphitsorten. Der relative Werth der Graphitsorten ist wesentlich abhängig von der Höhe des Kohlenstoffgehaltes derselben. Es erwächst sonach dem praktischen Chemiker nicht selten die Aufgabe, den Kohlenstoffgehalt einzelner Graphitsorten zu ermitteln. Wenn es nun auch durchaus keinen Zweifel duldet, daß sich dergleichen Bestimmungen mit großer Genauigkeit auf dem Wege der Elementaranalyse, d. i. durch Verbrennen mit chromsaurem Bleioxyd oder im Sauerstoffstrome durchführen lassen, so ist es doch andererseits nicht zu läugnen, daß sich eben diese Art der Analyse, theils ihrer Umständlichkeit, theils der besonderen Uebung wegen, die ihre Ausführung fordert, für gewöhnliche Fälle zur Anwendung nicht gut eignet, nicht zu gedenken dessen, daß zu ihrer Ausführung der Besitz gewisser Apparate nöthig ist, die nicht jedem Chemiker zu Gebote stehen. Es war sonach schon längst ein Bedürfniß, auf einem einfacheren Wege die Ausführung solcher Bestimmungen zu ermöglichen, ohne zugleich auf Genauigkeit der Resultate verzichten zu müssen. SchwarzBreslauer Gewerbeblatt, 1863, Nr. 18; polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 77. hat in diesem Sinne eine Methode vorgeschlagen, die im Principe mit dem Verfahren zusammenfällt, wie es Berthier zur Bestimmung des Heizwerthes von Brennmaterialien in Anwendung brachte und nach seiner Angabe sehr genaue Resultate erreichen läßt. In der That wäre diese Methode eine leicht ausführbare und deßhalb sehr empfehlenswerthe, denn das Zusammenschmelzen einer gewogenen Graphitmenge mit Bleioxyd und das Zurückwägen des erhaltenen Bleiregulus sind ohne Zweifel weder zeitraubende noch schwer ausführbare Operationen. Indeß die Resultate, die sich auf diesem Wege erreichen lassen, sind zu schwankend, als daß sie selbst für technische Zwecke genügen könnten. Im Allgemeinen fallen, wie ich mich wiederholt zu überzeugen Gelegenheit hatte, die Resultate zu hoch aus. Es kann dieß auch keineswegs befremden. Die gewöhnlich vorkommenden Graphitsorten enthalten eine gewisse, oft nicht unbedeutende Menge von Eisen und Silicium mit Kohlenstoff verbunden. Beim Schmelzen des Graphits mit Bleioxyd oxydiren sich natürlich auch diese auf Kosten des Sauerstoffes des Bleioxydes und es verdankt sohin nicht die ganze Menge des schließlich resultirenden metallischen Bleies ihre Entstehung dem vorhandenen Kohlenstoff, als dessen Maaß sie doch in Rechnung gesetzt wird. Dazu kommt noch, daß sich der praktischen Ausführung dieser Methode Schwierigkeiten in den Weg stellen, die nur mit Mühe zu umgehen sind. Als solche erscheint mir namentlich der Umstand, daß sich das durch den Reductionsproceß gebildete metallische Blei nur schwer und nie vollständig aus der Masse des überschüssig angewandten geschmolzenen Bleioxydes trennt. Während sich zwar die Hauptmasse des entstandenen regulinischen Bleies am Boden des Schmelztiegels ansammelt, bleiben immer kleinere Bleikügelchen zum Theile in der strengflüssigen Bleioxydmasse suspendirt, zum Theile an den Tiegelwandungen haften und entziehen sich so der Wägung. Man ist, will man mit ein und derselben Graphitprobe nur irgend übereinstimmende Zahlen bekommen, immer genöthigt, die geschmolzene Masse in etwas verkleinertem Zustande mit Essigsäure bis zur vollständigen Lösung des Bleioxydes zu behandeln und die sich hierbei abscheidende Kieselsäure und das Eisenoxyd durch Abschlämmen vom metallischen Blei zu trennen. Es ist klar, daß hierdurch die Methode an ihrer Einfachheit wesentlich Schaden leidet. Es schien mir unter diesen Umständen nicht ganz zwecklos, die Lösung dieser Aufgabe auf andere Weise zu versuchen. Von mehreren Methoden, die ich zu diesem Ende gelegentlich mir wiederholt vorgekommener Graphit-Werthbestimmungen in Anwendung brachte, haben sich zwei vorzüglich bewährt, und ich nehme sonach keinen Anstand, dieselben mitzutheilen. Beide haben das Gemeinsame, daß der Kohlenstoffgehalt der fraglichen Graphitsorte in Kohlensäure überführt und als solche bestimmt wird, und stimmen sonach principiell mit dem Wesen der Elementaranalyse überein, von der sie sich indeß durch leichtere Ausführbarkeit unterscheiden. Ich lasse im Folgenden eine kurze Beschreibung meines Verfahrens in dem einen wie im anderen Falle folgen. 1. Methode. Eine gewogene Menge feingeriebenen, bei 150–180° C. getrockneten Graphits, wird in ein 10–12 Centimet. langes circa 1 Centim. weites Röhrchen aus schwerschmelzbarem Glase gebracht, das einerseits zugeschmolzen und vortheilhaft zu einer mäßigen Kugel aufgeblasen ist. Es wird nun eine circa das 20fache des verwendeten Graphits betragende Menge vorher geglühten reinen Bleioxydes in das Röhrchen gebracht und dasselbe, so beschickt, gewogen. Nachdem mit Hülfe eines Mischdrahtes das Bleioxyd mit dem Graphit möglichst innig gemengt wurde, wird das Röhrchen vor einer Gebläselampe oder mit Hülfe einer guten Löthrohrflamme nun so stark und so lange erhitzt, bis sein Inhalt völlig geschmolzen und kein Schäumen desselben mehr wahrnehmbar ist. Nach Beendigung dieser Operation, die soferne man nicht zu große Quantitäten von Graphit verwendet hat, höchstens einen Zeitaufwand von 10 Minuten erfordert, läßt man das Röhrchen völlig erkalten und wägt abermals. Der sich ergebende Gewichtsverlust ist Kohlensäure, aus deren Menge sich der Kohlenstoffgehalt mit Leichtigkeit berechnet. Man kann bei Anwendung dieser Methode mit sehr geringen Quantitäten arbeiten, ohne daß, zumal bei etwas sorgfältigerer Ausführung, die Genauigkeit der Resultate irgend wesentlich beeinträchtigt wird. Im Allgemeinen genügt es, 0,05–0,1 Grm. Graphit und 1,5–3 Grm. Bleioxyd in Verwendung zu nehmen. Während der Operation des Schmelzens kann man das betreffende Röhrchen, das man, da bloß das eine Ende zu erhitzen nöthig ist, am besten mit bloßer Hand hält, ein wenig neigen und fleißig drehen, damit die Verbrennung möglichst beschleunigt werde. War der Graphit völlig trocken und hat man reines, gut geglühtes Bleioxyd verwendet, so sind die Resultate dieser Methode völlig genau. 2. Methode. Man mengt eine gewogene Menge des zu untersuchenden feinpulverigen Graphits, der zu diesem Ende nicht getrocknet zu seyn braucht, auf's innigste mit einem Ueberschusse von salpetersaurem Kali, trägt das Gemenge in einen Porzellantiegel ein und erhitzt so lange bis kein unveränderter Graphit mehr wahrnehmbar ist. Die erhaltene Schmelze, welche nun allen Kohlenstoff des Graphits als an Kali gebundene Kohlensäure enthält, kann behufs der Bestimmung dieser, entweder geradezu mit Vermeidung jeglichen Verlustes, in einen Kohlensäure-Bestimmungs-Apparat gebracht werden und durch Zersetzung mit Salpetersäure die Kohlensäure ausgetrieben und aus dem Verluste bestimmt werden, und diesem Verfahren gebe ich entschieden den Vorzug, oder aber man kann in der wässerigen Lösung der Schmelze durch Fällen mittelst Chlorcalciumlösung die Kohlensäure als Kalksalz fällen, und die Menge dieses auf gewöhnliche Weise acidimetrisch bestimmen. Auch hier ist die Menge der gefundenen Kohlensäure, beziehungsweise des kohlensauren Kalkes, das Maaß des Kohlenstoffgehaltes in dem betreffenden Graphit. Auch diese, ziemlich leicht ausführbare Methode gibt, mit einiger Vorsicht gehandhabt, ganz brauchbare Resultate, und der Einfluß, welchen der Siliciumgehalt des betreffenden Graphits auf die Richtigkeit der erhaltenen Zahlen auszuüben vermag, fällt bei der Bestimmung der entstandenen Kohlensäuremenge aus dem Gewichtsverluste völlig außer Betracht. Indessen hat man bei Anwendung dieser Methode nicht selten damit zu kämpfen, daß Graphitsorten vorkommen, die beim Schmelzen mit Salpeter nur äußerst langsam eine vollständige Oxydation erfahren, so daß man oft genöthigt ist das Glühen der Masse durch längere Zeit hindurch fortzusetzen. Es ist dieß ein Umstand, der diese Methode zu einer minder empfehlenswerthen macht, als die erstere, und es möchte sich sonach diese letztere nur dann besonders zur Anwendung empfehlen, wo es sich außer der Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes auch gleichzeitig um die Bestimmung der Eisen- und Siliciummengen handelt, welche sich in diesem Falle ziemlich leicht zugleich bestimmen lassen. Die folgenden gelegentlich mir vorgekommener Graphitbestimmungen, erhaltenen Zahlenresultate mögen als Belege für die Brauchbarkeit obiger Methoden einen Platz finden. Graphitsortea. Durch Verbrennung von 0,135 Grm. des lufttrockenen Graphits mit chromsaurem Bleioxyd wurden erhalten 0,479 Grm. Kohlensäure = 96,74 Proc. Kohlenstoff. 0,095 Grm. desselben Graphits wurden bei 180° C. vollkommen getrocknet und nach Methode 1. mit Bleioxyd geschmolzen. Der Gewichtsverlust des Röhrchens nach dem Schmelzen betrug 0,3355 Grm. d. i. = 96,31 Proc. Kohlenstoff. 0,102 Grm. des gleichen Graphits nach Methode 2. mit salpetersaurem Kali oxydirt, ergaben 0,3595 Grm. Kohlensäure = 96,11 Proc. Kohlenstoff. Graphitsorteb. Durch Verbrennen von 0,114 Grm. des Graphits mit chromsaurem Bleioxyd wurden erhalten: 0,367 Grm. Kohlensäure = 87,71 Proc. Kohlenstoff. 0,0525 Grm. desselben Graphits, bei 150° C. getrocknet, nach Methode 1. mit Bleioxyd geschmolzen. Der Gewichtsverlust der Masse betrug nach vollendeter Operation 0,1675 Gramme, d. i. = 86,85 Proc. Kohlenstoff und 0,1015 Grm. gleichfalls bei 150° C. getrockneten Graphits in derselben Weise analysirt, ergab sich ein Gewichtsverlust des Röhrchens nach vollendeter Operation von 0,327 Grm. = 87,78 Proc. Kohlenstoff. 0,082 Grm. desselben Graphits nach Methode 2. mit salpetersaurem Kali oxydirt, lieferten 0,2645 Grm. Kohlensäure = 87,92 Proc. Kohlenstoff.