Titel: Reißfeder mit während des Ausziehens verstellbaren Zungen; von Dr. F. Heinzerling, Professor der Bauwissenschaften an der Universität Gießen.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXXII., S. 306
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LXXII. Reißfeder mit während des Ausziehens verstellbaren Zungen; von Dr. F. Heinzerling, Professor der Bauwissenschaften an der Universität Gießen. Mit Abbildungen auf Tab. V. Heinzerling's Reißfeder. Um mit der gewöhnlichen Reißfeder Linien von verschiedener Stärke ziehen zu können, ist bekanntlich ein jedesmaliges Stellen der Schraube und eine eben so oftmalige Unterbrechung der Arbeit erforderlich. Um nicht nur diese Operation zu vereinfachen, sondern auch um Linien von ab- oder zunehmender Stärke ausziehen zu können, bedient sich Schreiber dieses seit einer Reihe von Jahren einer ReißfederDie erste dieser Reißfedern wurde im Jahre 1852 nach der Zeichnung des Verfassers in der mechanischen Werkstätte von Staudinger in Gießen in vorzüglicher Güte gefertigt. mit federnden Zungen und einem kleinen, um c (Fig. 15) drehbaren Hebel, dessen Drehung mittelst des bei m angelegten Mittelfingers, ohne die Arbeit zu unterbrechen, bewirkt wird, während der Daumen bei d und der Zeigefinger bei z den Stiel der Reißfeder festhalten. Schlägt der Hebel bei a an die Zungen oder befindet er sich in der Stellung a′ der Fig. 16, so berühren sich die Spitzen jener und liefern die feinsten Linien; schlägt der Hebel bei b an die Zungen oder nimmt er die Lage b′ der Fig. 16 an, so stehen die Spitzen jener am weitesten von einander ab und ergeben die stärksten Linien. Allen Stellungen des Hebels zwischen a und b entsprechen mittlere Stärken der Linien. Der Zweck und Vortheil der vorbeschriebenen Reißfeder, welche sich übrigens wie die gewöhnliche gebrauchen läßt, besteht hiernach darin, daß sich mit ihr 1) Linien von variabler, allmählich zunehmender oder abnehmender Stärke (Fig. 17), wie sie z. B. beim Schraffiren kegelförmiger Böschungen oder bei perspectivischen Darstellungen vorkommen; 2) Liniensysteme von constanter aber sprungweise ab- oder zunehmender Stärke (Fig. 18), wie sie beim Schraffiren ebener und geneigter Flächen, z. B. Böschungen oder Dachflächen, oder beim Schattiren gekrümmter Flächen, z. B. von Cylindern und Säulen, vorkommen, ohne Unterbrechung der Arbeit ausziehen, lassen und 3) daß wegen der leichteren Verstellbarkeit ihrer Zungen eine Reinigung derselben sich schneller bewirken läßt, als bei einem Oeffnen der Zungen mittelst der Stellschraube, weil dabei meistens ein Auseinanderspreizen der Zungenspitzen mittelst des Hebels und ein kurzes Ausziehen auf einem bereitgehaltenen Blatt Löschpapier genügt. Die mittelst Hebel verstellbare Reißfeder erheischt eine besonders vorsichtige Härtung der Zungenspitzen zur Vermeidung eines allzu häufigen Schleifens und eine möglichst geringe Reibung resp. sorgfältige Reinhaltung des Hebels zwischen den Zungen zur Erhaltung eines leichten „Ganges.“ Die erforderliche Uebung in dem allmählichen oder sprungweisen Vor- und Zurückbewegen und richtigen Einstellen des Hebels wird durch einige aufmerksame Versuche unschwer erworben und bietet, einmal erlangt, den Vortheil der Handhabung eines Werkzeuges, dessen Gebrauch, wie den Verfasser eine mehrjährige Erfahrung gelehrt hat, eine größere Freiheit und Zeitersparniß beim Ausziehen technischer Zeichnungen gestattet. (Deutsche Bauzeitung, 1868, Nr. 29.)

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