Titel: Ueber die Ursachen der Färbung verschiedener Ziegelsorten; von Ad. Remelé.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CII., S. 388
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CII. Ueber die Ursachen der Färbung verschiedener Ziegelsorten; von Ad. Remelé. Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1868, Nr. 14. Remelé, über die Ursachen der Färbung gebrannter Ziegelsteine. Es sind über die Verbindungsformen, welchen bestimmte Sorten gebrannter Ziegelsteine ihre Färbung verdanken, vielfach irrige Ansichten bei den betreffenden Industriellen von Alters her verbreitet. So ist namentlich immer geglaubt worden, daß die weißen oder gelblichen Mauerziegel nur unter dem Einfluß reducirender Vorgänge entstehen könnten, welche das Eisenoxyd in Oxydul überführen, obschon doch letzteres mit anderen Basen zusammen gefärbte kieselsaure Verbindungen in weit größerer Zahl und mit intensiveren Nuancen liefert, als das Eisenoxyd;Würde das Metalloxyd bei der Desoxydation im unverbundenen Zustande verbleiben können, so müßte eine mehr oder weniger schwarze Masse erhalten werden. man vermuthete, daß die aus schwefelhaltigen Brennstoffen entwickelte schweflige Säure ein wesentliches Agens bei jener vermeintlichen Desoxydation sey, obgleich bei den hohen Hitzegraden der Ziegelbrennöfen die schweflige Säure niemals reducirend zu wirken vermag, sondern umgekehrt die Schwefelsäure, die etwa in den Thonen vorhanden ist, Eisenoxydul zu Sesquioxyd oxydiren oder selbst, bei ihrer Trennung von den Basen, durch den bloßen Einfluß der Hitze in Sauerstoff und schweflige Säure zerfallen könnte. Andererseits behaupten manche Ziegelfabrikanten, daß der Uebergang der weißen Steine in grüne Klinker mit einer von Eisenoxydul bewirkten Sauerstoffaufnahme und daher einer Vermehrung des absoluten Gewichtes verbunden sey. Hier wie dort hat man das thatsächliche Verhältniß auf den Kopf gestellt, indem nach meinen Bestimmungen die weißen Steine bloß Eisenoxyd, die grünen Klinker dagegen eine bedeutende Menge Eisenoxydul einschließen; letztere müssen also ein kleineres absolutes Gewicht besitzen, als in dem Momente, wo sie das Stadium der weißen Steine erreicht hatten, und nur ihr Volumgewicht in ganzen Stücken ist größer geworden, da in Folge der beginnenden Schmelzung die meisten Poren ausgefüllt sind. Vor einiger Zeit untersuchte ich mit Rücksicht auf die vorstehend angeregten Fragen mehrere Ziegelsteine, und habe kürzlich diesen Gegenstand weiter verfolgt. Es kam dabei hauptsächlich auf die Ermittelung der Menge und des Oxydationsgrades des Eisens an, da dieses Metall fast allein die Färbungen wesentlich bedingt und ihr Vorhandenseyn überhaupt an die Existenz desselben geknüpft ist; der Bestimmung etwa anwesenden Eisenoxyduls mußte somit die meiste Aufmerksamkeit zugewandt werden. Diese Bestimmung stieß in sofern auf Schwierigkeiten, als etwas scharf gebrannte Ziegel die widerstandsfähigsten unter allen zusammengesetzten kieseligen Substanzen sind: im zugeschmolzenen Rohre, nach Al. Mitscherlich's Methode, wird durch Schwefelsäure auch bei 8–10stündigem Erhitzen auf 350° C. nicht einmal die Farbe des feinen Ziegelpulvers merklich verändert. Dagegen läßt sich durch Erhitzen mit Fluorwasserstoffsäure eine völlige Zersetzung herbeiführen, und in der mit Wasser verdünnten Flüssigkeit sodann das Eisenoxydul durch übermangansaures Kali bestimmen; durch zahlreiche Controlversuche habe ich mich überzeugt, daß reine (arsenfreie) Flußsäure in verdünnten Lösungen auf die Einwirkung der titrirten Probeflüssigkeit keinen störenden Einfluß ausübt.Auch I. Cooke (Journal für praktische Chemie, Bd. CII S. 456) hat neuerdings constatirt, daß Eisenoxydul in schwefelsauren Lösungen bei Gegenwart von Flußsäure sich durch übermangansaures Kali genau ermitteln läßt. Zur Untersuchung kamen zunächst zwei Ziegelsorten aus dem Ziegelwerke des Hrn. Oppenheim bei Rüdersdorf (aus Diluvialthon des Stienitz-Sees mit Sandzusatz erzeugt), und zwei andere aus der Anlage des Hrn. Dr. Kunheim zu Freienwalde a. d. O. (aus Septarienthon und beigemischtem Sand bereitet). Die äußeren Merkmale der Steine und die Gesammtmengen des Eisens als Oxyd sind im Folgenden zusammengestellt: Rüdersdorfer Steine. Nr. 1. Mattroth, mit etwas entschiedener rothem Kern; nur mäßig hart; bei starker Rothgluth erbrannt; 3,78 Proc. Fe2O3. Nr. 2. Gelblich weiß, mit schwach röthlichem Kern; klinkerartig, härter und fester als Nr. 1; bei einer namhaft höheren, der Weißgluth sich nähernden Temperatur erzeugt; 4,26 Proc. Fe2O3. Freienwalder Steine. Nr. 3. Lebhaft roth; mäßig hart und fest; bei starker Rothgluth dargestellt; 3,79 Proc. Fe2O3. Nr. 4. Dunkler roth, compacter und von größerer Härte als Nr. 3; bei einer der Weißgluth naheliegenden Hitze erhalten; 4,28 Proc. Fe2O3. Bei sämmtlichen Steinen, auch den weißen, ergab sich eine so schwache Reaction auf Eisenoxydul, daß daraus mit Sicherheit nicht einmal auf Spuren dieses Körpers geschlossen werden konnte. Es folgt aus diesen Daten: 1) daß eine verhältnißmäßig kleine Quantität Eisenoxyd genügt, um Ziegel stark roth zu färben; 2) daß bei vollkommen gleichem Eisenoxydgehalt gewisse Steinsorten bis in die Nähe der Weißgluth roth bleiben, während andere sich weiß brennen und dennoch eisenoxydulfrei sich erhalten. Der letztere Unterschied hat seinen Grund lediglich in einem verschiedenen Kalkgehalt der Rohmaterialien: nach den im Laboratorium der Bergakademie zu Berlin unter Hrn. Finkener's Leitung von Hrn. Hey ausgeführten Analysen enthält der Thon vom Stienitz-See 8,69 Proc., der von Freienwalde dagegen nur 2,47 Proc. Kalk, während die in beiden Fällen gefundenen kleineren Mengen Magnesia und Alkalien einander ziemlich gleich sind. Die Kalkerde wirkt in den an dieser Base reicheren Ziegelmassen bei sehr starker Hitze aufschließend auf das Eisenoxyd, so daß letzteres in ein mehrbasisches weißes Silicat eingeht. Eine Bildung von Eisenoxyd-Kalk kann schon wegen des großen Kieselsäureüberschusses nicht angenommen werden; zudem sind die reinen Verbindungen dieser Art rothbraun. Was die Magnesia anbelangt, deren Menge übrigens gewöhnlich gering ist, so scheint sie hier eine mehr passive Rolle zu spielen. Nach den Erfahrungen vieler Ziegelbrenner werden weiße Steine in dem Falle leichter gewonnen, wo zufällig der Rauch sich angesetzt hat oder hineingeschlagen ist; dieß rührt her von einer größeren örtlichen Temperatursteigerung, die durch eine innigere Berührung mit Brennstoff veranlaßt wird. Geht ein kalkarmer Stein aus dem Stadium des Hellrothen in das des Dunkelrothen über, so findet nur eine Aenderung im physikalischen Zustande des freien Eisenoxyds statt, welches die färbende Substanz in allen rothen Ziegeln ist. Meine nächste Mittheilung wird über die grünen und schwärzlichen Klinker handeln.