Titel: Kleine Beiträge zur Maisbrennerei; von Dr. W. Schultze, Brennerei-Techniker in Stettin.
Autor: W. Schultze
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CXXVII., S. 504
Download: XML
CXXVII. Kleine Beiträge zur Maisbrennerei; von Dr. W. Schultze, Brennerei-Techniker in Stettin. Schultze, Beiträge zur Maisbrennerei. I. Eine Spiritusausbeute aus Mais. In der Literatur über Maisbrennerei sind sehr wenig Angaben vorhanden über die aus dem Mais erzielten Spiritusausbeuten. Die wenigen Angaben, welche vorliegen, entziehen sich der genauen Beurtheilung und sind unverständlich, weil ihnen nicht beigefügt ist, entweder auf welche Weise operirt, oder, welcher Antheil der Gesammt-Spiritusausbeute dem zur Saccharification angewandten Malze zugute gerechnet wurde. Eine solche Angabe ist die von Hamilton,Otto, Lehrbuch der rationellen Praxis der landwirthschaftlichen Gewerbe. 5te Aufl. Bd. I S. 475. daß in Ungarn per Pfund Mais etwa 13 Proc. Spiritus erzielt werden; ferner die aus Hohenheim,Otto, Lehrbuch der rationellen Praxis der landwirthschaftlichen Gewerbe, 5te Aufl. Bd. I S. 475 nach welcher 1 Pfd. Mais 13,2 Proc. gab; endlich die von Bergsträsser,Neue Zeitschrift für deutsche Spiritusfabrikanten. Erster Jahrgang, S. 539; polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXVIII S. 254. daß er vom Centner Mais 15 bis 18 Maaß (großh. hessisch) Branntwein à 50 Proc. Tr. gewonnen habe. Dieser dunkle Punkt in der Literatur und einige mercantilische Erwägungen gaben die Veranlassung, daß ich einen Versuchsbrand ausführte, um die Spiritusausbeute aus Mais, natürlich unter den gegebenen localen Verhältnissen, zu constatiren. Nachfolgende Zeilen enthalten die Beschreibung dieses Versuches. Der Mais, welcher zur Anwendung kam, war der kleinkörnige, gelbgefärbte. Ein preußischer Scheffel desselben wog 79 Pfund. Zur näheren Beurtheilung sey hinzugefügt, daß im Handel Mais vorkommt, welcher 84 Pfund und darüber per Scheffel wiegt. Der Mais wurde auf das Feinste geschroten, das Schrot, befreit von den Hülsen, in zwei Theile: in Maismehl und Maisgries zerlegt, der Maisgries nochmals gemahlen und dann wieder mit dem Maismehl vermischt. So zubereitet, wurde der Mais zur Darstellung der Maische verwendet. Der Feuchtigkeitsgehalt dieses Maismehles betrug 18,14 Proc., bei 100°C. getrocknet. Das zur Saccharification des Maisstärkmehles angewandte Malz war Darrmalz. Auch dieses wurde auf das Feinste gemahlen und von seinen Hülsen befreit. Es enthielt 6,73 Proc. Feuchtigkeit. Angewandt zur Darstellung der Maische wurden Maismehl 2240 Pfd. Malzmehl 560 Pfd. ––––––––––– Summa 2800 Pfd. Das Malzgewicht betrug mithin ¼ des Maismehlgewichtes. Zur Einmaischung dieser 2800 Pfd. Mehl wurden 2300 Quart Wasser verwandt. Daß man gerade 2300 Quart Wasser anwandte und nicht mehr, war nicht ein durch chemische Erwägungen herbeigeführter Entschluß, sondern diese Zahl ergab sich aus der Capacität des zu Gebote stehenden Vormaischbottichs. Gern hätte man mehr Wasser zur Einmaischung verbraucht, wenn nur der Vormaischbottich größer gewesen wäre. Denn 2240 Pfd. Maismehl gaben bei Anwendung von 2300 Quart Wasser einen Kleister von solcher Consistenz, daß die arbeitende Maischmaschine in Gefahr war zu zerbrechen. 12 Stunden vor Beginn der Einmaischung mischte man im Vormaischbottich das ganze Maismehl mit dem größten Theile des zur Einmaischung bestimmten Wassers, mit 1920 Quart, auf das Innigste zusammen und überließ dann dieses Gemisch sich selbst. Durch diese Anfeuchtung wird eine Erweichung und dadurch eine schnellere und vollständigere Verkleisterung des Maismehles erzielt. Nach Verlauf dieser 12stündigen Erweichung erhitzte man mittelst Dampfes den Maisbrei auf 75° R. Man erhielt hierdurch einen ungeheuer voluminösen Kleister von angenehm aromatischem Geruch. Weil der Maisbrei die Wärme sehr schlecht leitet, so ist es erforderlich daß die Maischmaschine während der Kochung stets thätig sey. Nachdem der Mais die Temperatur von 75° R. erhalten und etwa ½ Stunde bei diesem Wärmegrade zugebracht hatte, begann man ihn abzukühlen: theils durch den Zusatz des noch vorhandenen Restes Einmaischwasser, theils durch Oeffnen des Bottichs und Arbeit der Maischmaschine. Als die Temperatur durch diese Mittel auf 54° R. gesunken war, setzte man das Malzmehl zu. Ueberraschend war die Wirkung des Malzmehles: kaum war es dem Maiskleister beigemischt, da verwandelte sich momentan die dicke zähe Masse in eine ganz dünnflüssige Flüssigkeit. Durch den Zusatz des Malzmehles war die Temperatur auf 52° R. gesunken. Bei dieser Temperatur ließ man nun die Maische unter beständiger Rotation der Maischmaschine 2½ Stunden lang den Act der Zuckerbildung vollziehen. Die so gewonnene Maische war außerordentlich dünnflüssig, intensiv gelb gefärbt und schmeckte sehr süß; sie gab eine schwache Reaction auf Stärkmehl und Dextrin. Die Maische wurde nun auf einem eisernen Kühlschiffe mit Wind- und Rührapparat auf das Schnellste gekühlt, dann in die Gährbottiche abgelassen, hier mit Wasser und Hefe, welche in einer Maische aus gleichen Theilen Malz und Roggen cultivirt worden war, vermischt und nun bei einer Temperatur von 18° R. der Gährung überlassen. Sie zeigte ein specifisches Gewicht = 16 Proc. Saccharometer. Die Gährung begann nun sofort, nahm aber durchaus keinen stürmischen Charakter an, sondern verlief ganz ruhig. Nach 28 Stunden begann der Hefentrieb; es stieg aus der Maische eine große Menge sehr consistenter, gelb gefärbter Hefe empor und blieb etwa 5 Stunden lang auf der Oberfläche ruhen, dann sank sie wieder unter und es begann nun eine sehr energische Kohlensäureentwickelung. Nachdem die Gährung 64 Stunden gewährt hatte, war die steuergesetzlich vorgeschriebene Zeit der Destillation gekommen. Man schritt daher zur Destillation der Maische, welche jetzt ein specifisches Gewicht = 4,3 Proc. Saccharometer zeigte. Der Destillationsertrag war folgender: 297 Quart Spiritus à 84½ Proc. Tr. = 25096,5 Quartprocente 382 Quart Lutter à 87/10 Proc Tr. = 3323,5 Quartprocente ––––––––––––––––––––––––– In Summa = 28420 Quartprocente. Hieraus ergab sich nun, daß 100 Pfd. der angewandten Mehlmischung ergaben 1015 Quartproc. Alkohol. In 100 Pfd. der Mehlmischung waren enthalten 20 Pfd. Malzmehl. Nimmt man mit Trommer an, daß 1 Pfd. Malz 12 Quartproc. Alkohol gibt, so haben wir in Abrechnung zu bringen 20 × 12 = 240 Quartproc. Alkohol –––––––––––––––––––– demnach gaben 80 Pfd. Maismehl = 775 Quartproc. Alkohol, mithin 1 Pfd. Maismehl 9,69 Quartproc. Alkohol. Die Gährung der Maische fand statt in 6188 Quart Gährraum. Daraus berechnet sich, daß aus 1 Quart Gährraum 4,59 Proc. Alkohol gewonnen, und daß in 100 Quart Gährraum circa 45,25 Pfd. Mehlmischung gemaischt worden sind. Es ist mehrfach angegeben, daß bei der Gährung der Maismaische sich auf der Oberfläche der Maische ein schön rosenrothes fettes Oel abscheide. Sowohl bei der Ausführung vorstehend beschriebenen Versuches, als auch in Ungarn, dem Vaterlande der Maisbrennerei, war ich nicht im Stande auch nur eines Atomes von diesem Oele habhaft zu werden. Der in diesem Versuche gewonnene Maisspiritus zeichnete sich durch einen überaus weichen und angenehmen Geschmack aus. Der Geschmack tritt erst dann recht hervor, wenn man den Spiritus auf etwa 40 Proc. Tr. mit Wasser verdünnt. II. Ueber den Hülsengehalt und den Mahlverlust des Mais. Zur Beantwortung einiger calculatorischen Fragen war die Bestimmung des Hülsengehaltes und des Mahlverlustes beim Mais erforderlich. Ich habe hierüber eine kleine Versuchsreihe ausgeführt, welche ich, da sie ein mercantilisches und technisches Interesse besitzt, nachstehend veröffentliche. In allen verzeichneten Versuchsfällen wurde der Mais auf gleiche Weise behandelt: er wurde sehr fein geschroten; das Schrot lief durch einen rotirenden Gazecylinder und wurde hier in Hülse, Gries und Mehl zerlegt; dann wurden Hülse und Gries nochmals über die Mühle und durch den Cylinder laufen gelassen, und der hierdurch in Mehl verwandelte Gries dem beim ersten Mahlen erhaltenen Mehle beigemischt. Mehl Hülse Mithin Mahlverlust A. 4031 Pfd. Mais gaben 3713 Pfd. 225 Pfd. 93 Pfd. B. 4400 Pfd. Mais gaben 4083 Pfd. 230 Pfd. 87 Pfd. C. 4400 Pfd. Mais gaben 4107 Pfd. 207 Pfd. 86 Pfd. D. 4702 Pfd. Mais gaben 4354 Pfd. 260 Pfd. 88 Pfd. ––––– –––––––– –––––––– –––––––– 17533 Pfd. Mais gaben 16257 Pfd. 922 Pfd. 354 Pfd. Daraus berechnet sich, daß 100 Pfd. Mais durchschnittlich Hülse 5,26 Proc. Mahlverlust 2,02 Proc. geben. Gorham und Balling fanden 3 Proc., Vauquelin 3,5 Proc. Hülse.