Titel: Ueber galvanische Fällung des Eisens; von Dr. Carl Stammer.
Autor: Karl Stammer [GND]
Fundstelle: Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XXXVII., S. 116
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XXXVII. Ueber galvanische Fällung des Eisens; von Dr. Carl Stammer. Stammer, über galvanische Fällung des Eisens. Die ersten auf galvanischem Wege erzeugten Eisenplatten waren meines Wissens — übereinstimmend mit Bouilhet's Angabe in diesem Journal Bd. CLXXXIX S. 478 (zweites Septemberheft 1868) — die, welche Hr. Liet erhielt. Dieselben waren Abdrücke von, zum Zwecke des Fayencebedruckens vertieft gestochenen Kupferplatten und wurden in der Fayencefabrik des Hrn. Boch in Siebenbrunnen bei Luxemburg nach einem Verfahren dargestellt, welches damals patentirt werden sollte. Eine solche Eisenplatte kam in meinen Besitz; sie war von vorzüglichster Beschaffenheit und wurde von mir im Jahre 1849 in Liebig's Laboratorium in Gießen untersucht. Da der Erfinder des Verfahrens Liet dasselbe geheim hielt, so interessirte ich mich damals nur für die chemische Seite der Sache und namentlich für die Frage, ob auf diesem Wege reines Eisen in zusammenhängender Form dargestellt werden könne. Die Analyse ergab allerdings nur äußerst geringe Spuren Kohlenstoff in dem, übrigens außerordentlich harten und ziemlich spröden Eisen, so daß es meines Erachtens keinem Zweifel unterlag, daß man durch Anwendung solcher galvanisch erzeugter Platten als Anoden beim zweiten oder dritten Niederschlage reines Eisen in Platten werde erhalten können. Ich machte später noch einen Versuch, dieses Eisen durch Glühen in Kohlenoxydgas zu kohlen, welcher auch den erwarteten günstigen Erfolg lieferte, indem das Metall darnach alle Eigenschaften des besten Stahles erkennen ließ und namentlich die für seine Benutzung so nachtheilige Sprödigkeit verloren hatte. Im Jahre 1850 und 1851 nahm ich die Versuche zur galvanischen Herstellung von Eisenplatten wieder auf, nachdem es sich herausstellte, daß in Siebenbrunnen das Verfahren verloren gegangen war und keine zusammenhängende Platte mehr erhalten werden konnte. Die der Société d'Encouragement in Paris durch Hrn. Boch vorgelegte Platte ist, soviel damals zu erfahren war, die einzige fehlerfreie gewesen, welche man erzielt hatte; freilich waren die angewandten Mittel der einfachsten Art und hatten wenig mit denjenigen gemein, welche man jetzt als allein zum Ziele führend zu betrachten geneigt scheint. Nach den sehr geringfügigen Andeutungen, welche ich darüber erhalten hatte, setzte ich die Versuche längere Zeit und zwar so weit fort, daß ich die zu beobachtenden Vorsichtsmaßregeln zur Genüge kennen lernte, erhielt auch größere und kleinere Plattenstücke, habe aber die Versuche, anderweitiger Beschäftigungen halber, nicht ganz zu Ende geführt und will hier nur in wenig Worten das Erlangte darlegen. Als Element diente ein etwas modificirtes Becquerel'sches, wie man es damals vorzugsweise zur Herstellung von Kupferplatten benutzte: Zink in Schwefelsäure, Kupferplatte in Kupfervitriollösung, Diaphragma von Schweinsblase. In die Leitung dieses galvanischen Apparates, welcher in seiner Benutzung ungestört blieb und fortwährend Kupferplatten niederschlug, wurde nun das Gefäß zum Niederschlagen der Eisenplatte vermittelst Kupferdrähten eingeschaltet und also gleichzeitig eine Kupfer- und eine Eisenplatte erhalten. Ich habe damals diese Einrichtung des Apparates für wesentlich gehalten und bin noch jetzt geneigt, den constanten Strom von der Stärke wie er erhalten wurde, als nothwendiges Erforderniß für das Gelingen anzusehen. Als Eisenlösung diente reinster Eisenvitriol, den ich eigens zu diesem Zwecke mit möglichster Sorgfalt und so frei wie möglich von Oxyd darstellte; diese Lösung wendete ich sehr concentrirt an und erhielt sie so durch eingehängte Krystalle. Die Anode war ein Eisenblech von gleicher Größe wie die Kupferplatte. DieselbeDiese war nur mit einem schwachen Ueberzug von Stearin versehen, damit sich die Eisenplatte leicht ablöste. Die Entfernung zwischen den beiden Platten war von wesentlichstem Einfluß auf das Gelingen: die erste Ablagerung des Eisens geschah bei einer Entfernung der Platten von etwa 1 Zoll stets in vorzüglicher Beschaffenheit, dann aber wechselte diese meist plötzlich und ich erhielt schwarze, poröse und weiche Schichten, deren chemische Zusammensetzung ich nicht untersucht habe, und deren Entstehung sich nur dadurch vermeiden ließ, daß man die Platten allmählich einander näherte, bis sie endlich nur noch ein paar Linien entfernt waren. Außerdem mußten die, auch neuerdings störend aufgetretenen Luftblasen von Zeit zu Zeit entfernt werden; dieß bewirkte ich einfach durch häufiges Ueberfahren der sich niederschlagenden Platte mit einer Federfahne. Hierbei konnten die Platten beliebig herausgenommen und die fortschreitende Auflösung und Fällung des Eisens leicht beobachtet werden. Ich habe damals die nothwendigen Bedingungen, außer dem Gesagten darin erkannt, daß: 1) die Eisenvitriollösung möglichst rein und oxydfrei, und 2) der Strom ein sehr constanter sey. Um weiter die Umstände genauer zu ermitteln, fehlte mir damals namentlich ein Rheostat, aber ich glaube, daß die so sehr einfache Weise, wie der Versuch ausgeführt wurde, ein Beweis dafür ist, daß es durch richtige Beherrschung der Stromstärke gelingen müsse, das Ziel in vollkommenster Weise zu erreichen. Die vielfachen ganz befriedigenden Resultate, welche ich damals mit unvollkommenen Mitteln erreichte, sind mir ein sicherer Beweis dafür. Ich hoffe, daß ich durch Mittheilung dieser Notizen denjenigen, welche sich für die Sache interessiren, einige Dienste erweisen werde, und möchte fast glauben, daß es durch Benutzung derselben gelingen wird, die jetzt angewandten Methoden erheblich zu vereinfachen.