Titel: Verfahren zur fabrikmäßigen Darstellung reiner Salzsäure; von P. W. Hofmann in Dieuze.
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LI., S. 241
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LI. Verfahren zur fabrikmäßigen Darstellung reiner Salzsäure; von P. W. Hofmann in Dieuze. Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1868, Nr. 21. Hofmann, Verfahren zur Darstellung reiner Salzsäure. Für verschiedene technische Zwecke ist es sehr erwünscht, Salzsäure zu haben, die sowohl von Schwefelsäure als auch von Chlor und Eisen frei ist. Ich glaubte zuerst dieselbe darstellen zu können, indem ich die Condensationsgefäße, welche zur Gewinnung im Großen dienen, etwas abänderte. In Dieuze, wie in vielen anderen chemischen Fabriken condensirt man die Salzsäure in Flaschen von circa 200 Liter Inhalt, von denen an jedem Ofen etwa 60 angebracht sind. Diese Flaschen stehen unter einander in doppelter Verbindung: nämlich oben um das Gas und in der Mitte um die Flüssigkeit circuliren zu lassen. Ich unterbrach nun diese letztere Verbindung für die letzten 10 Flaschen, und füllte sie bis zu einem Drittel ihres Inhaltes mit destillirtem Wasser, in der Hoffnung, daß die ersten 50 Flaschen alle Verunreinigungen der Salzsäure zurückhalten halten würden. Mein Erstaunen war groß, als ich nach einigen Tagen bemerkte, daß gerade die letzten Flaschen die größten Mengen Schwefelsäure enthielten. Später angestellte Versuche ergaben, daß wasserfreie Schwefelsäure, welche gasförmig über Wasser geleitet wird, von demselben nur mit Schwierigkeit absorbirt wird. Ich mußte mich deßhalb zur fabrikmäßigen Darstellung reiner Salzsäure nach einem anderen Wege umsehen. Ich fülle zu diesem Zwecke ein Gefäß mit doppelt-durchbohrtem Thonstöpsel bis auf ein Drittel seines Volums mit roher Salzsäure und lasse durch einen verschließbaren Trichter Schwefelsäure von 1,848 spec. Gew. hinzufließen. Es entweicht sofort Salzsäuregas, das in einer Woulf'schen Flasche gewaschen und in einem Gefäß mit destillirtem Wasser absorbirt wird. Die Salzsäureentwickelung ist sehr regelmäßig und von geringer Wärmeentwickelung begleitet. Sie hört erst dann auf, wenn die Schwefelsäure das spec. Gewicht 1,566 erreicht hat. Die zu Grunde liegende Reaction besteht einfach darin, daß die concentrirte Schwefelsäure der Salzsäure Wasser entzieht und sie als Gas entwickelt. Da bei dieser Darstellungsweise kein anderer Verlust eintritt als derjenige, welchen die Verdünnung der Schwefelsäure von 1,848 auf das spec. Gewicht 1,566 veranlaßt, so lassen sich die Kosten derselben leicht berechnen. Die verdünnte Schwefelsäure enthält nur 0,32 Proc. Salzsäure. Sie kann deßhalb entweder concentrirt oder zur Fabrication von schwefelsaurem Natron benutzt werden. Die Kosten der Concentration einer Säure vom spec. Gewichte 1,566 auf eine solche vom spec. Gewicht 1,848 betragen 1 Franc für 100 Kilogramme, und da 100 Kilogramme Schwefelsäure 40 Kilogramme Salzsäure vom spec. Gew. 1,181 liefern, so beträgt der Kostenpreis der reinen Salzsäure somit per 100 Kilogramme nur 2 1/2 Frcs. mehr als der Werth der rohen Säure.