Titel: Ueber die Beziehungen zwischen Wasserstoff und Palladium; von Thomas Graham, königl. Münzmeister in London.
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXXXIV., S. 382
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LXXXIV. Ueber die Beziehungen zwischen Wasserstoff und Palladium; von Thomas Graham, königl. Münzmeister in London. Vorgetragen in der Sitzung der Royal Society vom 14. Januar 1869. – Aus der Chemical News, vol. XIX p. 52; Januar 1869. Graham, über die Beziehungen zwischen Wasserstoff und Palladium. Schon öfters ist die auf chemische Gründe sich stützende Ansicht aufgestellt worden, daß das Wasserstoffgas der Dampf eines höchst flüchtigen Metalles sey. Bei dieser Ansicht drängt sich der Gedanke von selbst auf, daß das Palladium mit dem von ihm absorbirten Wasserstoffe eine Legirung jenes flüchtigen Metalles bildet, in welcher die Flüchtigkeit des einen Elementes durch seine Vereinigung mit dem anderen aufgehoben ist, und die ihr metallisches Ansehen beiden Bestandtheilen in gleichem Maaße verdankt. Inwiefern diese Ansicht in den Eigenschaften der in Rede stehenden zusammengesetzten Substanz ihre Stütze findet, wird aus der nachstehenden Untersuchung der Eigenschaften jenes Elementes sich ergeben, welches, sobald es seinen metallischen Charakter annimmt, füglich mit dem Namen Hydrogenium bezeichnet werden kann. Die Dichtigkeit (das spec. Gewicht) des Palladiums wird durch Verschlucken seines 800- bis 900fachen Volums Wasserstoffgas merklich vermindert; doch läßt sich die Größe dieser Veränderung nach der gewöhnlichen Methode durch Eintauchen in Wasser nicht genau bestimmen, indem dann eine ununterbrochene, offenbar durch den Contact mit der Flüssigkeit veranlaßte Entwickelung von kleinen Wasserstoffgasbläschen stattfindet. Indessen verändern sich die linearen Dimensionen des mit dem Gase beladenen Palladiums so bedeutend, daß sich die Differenz leicht durch Messung bestimmen und sonnt die Dichtigkeit berechnen läßt. Palladium in Drahtform läßt sich leicht mit Wasserstoff beladen, wenn man dieses Gas auf der Oberfläche des Metalles in einem, verdünnte Schwefelsäure enthaltenden Galvanometer entwickelt.M. s. S. 210 in diesem Bande des polytechn. Journals (erstes Februarheft 1869). Die Länge des Drahtes sowohl vor als nach einer Absorption läßt sich in beiden Fällen auf die Art finden, daß man ihn jedesmal mittelst desselben mäßigen Gewichtes, welches eine bleibende Ausdehnung nicht hervorbringen kann, auf einem flachen getheilten Maaßstabe aufspannt. Der bei den nachstehenden Versuchen benutzte Maaßstab war in Hundertstelzoll getheilt; mittelst eines Nonius ließen sich noch Tausendstel ablesen. Auf diese Weise wurde die Entfernung zwischen zwei, auf der Oberfläche des Drahtes in der Nähe seiner beiden Enden als Marken eingerissenen seinen Querlinien bestimmt. Erster Versuch. – Der zu demselben angewendete Draht war aus geschweißtem Palladium gezogen worden und zeigte sich hart und elastisch. Sein Durchmesser betrug 0,462 Millimeter; das sehr sorgfältig bestimmte specifische Gewicht war 12,38. Der Draht wurde an jedem Ende zu einer Schlinge zusammengedreht und die Marke in der Nähe einer jeden Schlinge gemacht. Diese Schlingen wurden mit Lack überzogen, so daß die Gasabsorption des Drahtes auf die gemessene Länge zwischen beiden Marken beschränkt blieb. Um den Draht anzuspannen und geradezurichten, wurde die eine Schlinge befestigt und die andere mit einer über eine Rolle gehenden und ein Gewicht von 1,5 Kilogrm. tragenden Schnur verbunden; dieses Gewicht war genügend, den Draht gerade zu spannen, ohne eine merkliche Dehnung hervorzubringen. Die Absorption des Wasserstoffes durch den Draht wurde dadurch bewirkt, daß derselbe als negative Elektrode einer kleinen, aus zwei Zellen von je einem halben Liter Inhalt bestehenden Bunsen'schen Batterie angewendet wurde. Die positive Elektrode bestand in einem dicken Platindraht, welcher neben dem Palladiumdraht (nach dessen ganzer Länge) in einem hohen, mit verdünnter Schwefelsäure gefüllten Gefäße angebracht wird. An der Oberfläche des Palladiumdrahtes sammelt sich demzufolge Wasserstoff an. Ich ließ diesen Vorgang anderthalb Stunden währen, weil ich fand, daß eine längere Dauer desselben zu einer weiteren Vermehrung des vom Drahte absorbirten Gasvolums nicht merklich beiträgt. Hierauf ward der Draht wiederum gemessen und die Zunahme seiner Länge notirt. Schließlich wurde der Draht mit einem feinen Tuche getrocknet, an den markirten Querlinien abgeschnitten, und der mit Wasserstoff beladene Theil in einem langen engen, mittelst eines Sprengel'schen Aspirators luftleer erhaltenen Glasrohre erhitzt. Auf diese Weise wurde die ganze Menge des verschluckten Wasserstoffes aufgefangen und gemessen; das Volum desselben wurde durch Rechnung auf 760 Millimet. Barometerstand und 0° C. Temperatur reducirt. Die ursprüngliche Länge des exponirten Palladiumdrahtes betrug 609, 144 Millimet. (23,982 Zoll engl.); sein Gewicht 1,6832 Grm. Er absorbirte das 936 fache seines Volums an Wasserstoff, welcher 128 Kubikcentimeter maß und folglich 0,01147 Grm. wog. Bei der schließlichen Austreibung des Gases aus dem Metalle stellte sich der durch directe Wägung bestimmte Verlust zu 0,01164 Grm. heraus. Nach der Absorption maß der Draht 618,923 Millimeter, somit hatte seine Länge um 9,779 Millimet. (0,385 Zoll engl.) zugenommen. Die Vergrößerung der Lineardimensionen entspricht einer Zunahme von 100 auf 101,605; die Vergrößerung des kubischen Inhaltes unter der Annahme daß die Ausdehnung in allen Richtungen gleich ist, von 100 auf 104,908. Gehen wir von der Voraussetzung aus, daß die beiden Metalle ohne eine Volumveränderung sich mit einander verbanden, so würde die Legirung dem Volum nach bestehen aus: Palladium     100 Vol. oder   95,32 Vol. Hydrogenium     4,908     4,68 ––––––– ––––––– 104,908 100,00 Die Expansion, welche das Palladium erleidet, stellt sich, wenn man sie als Volumveränderung nur dieses einen Metalles betrachtet, als die größte heraus, welche von irgend einer denkbaren physikalischen Kraft hervorgerufen wird, da sie sechzehnmal stärker ist als die Ausdehnung des Palladiums beim Erhitzen von 0° bis 100° C. Die Dichtigkeit des Drahtes nach der Absorption ergibt die Berechnung von 12,3 auf 11,79 vermindert. Ferner wie 100 sich verhält zu 4,91, so verhält sich das Volum des Palladiums (0,1358 Kub. Centim.) zu dem Volum des Hydrogeniums (0,006714 K. C.). Dividiren wir endlich das Gewicht des Hydrogeniums (0,01147 Grm.) durch sein Volum in der Legirung (0,006714 K. C.), so finden wir für: die Dichtigkeit des Hydrogeniums      1,708. Das specifische Gewicht des Hydrogeniums kommt somit nach diesem ersten Versuche demjenigen des Magnesiums (= 1,743) sehr nahe. Die Austreibung des Wasserstoffes aus dem Drahte ist stets von einer sehr großen Zusammenziehung desselben begleitet. Als der Wasserstoff durch mäßige Hitze ausgetrieben wurde, gieng der Draht nicht bloß auf seine ursprüngliche Länge zurück; während er vor der Absorption 609,144 Millim. maß und nach derselben um 9,77 Millim. länger geworden war, hatte er nach Austreibung des Wasserstoffes nur noch 599,444 Millim. Länge, war also um 9,70 Millim. kürzer geworden als er vor dem Versuche gewesen. Die Verkürzung ist eine bleibende. Die Dichtigkeit des Palladiums nahm nicht zu, sondern verminderte sich gleichzeitig ein wenig, nämlich von 12,38 auf 12,12; ein Beweis, daß die Contraction des Drahtes nur in der Längenrichtung desselben stattfindet. Wird ein so mit Wasserstoff chargirter Draht mit Magnesiapulver eingerieben (um die Flamme leuchtend zu machen), so verbrennt er wie ein gewichster Faden, wenn er an einer Lampenflamme angezündet wird. Zweiter Versuch. – Ein anderes Stück desselben Palladiumdrahtes wurde auf die gleiche Weise mit Wasserstoff chargirt. Die erhaltenen Resultate waren nachstehende: Ursprüngliche Länge des Palladiumdrahtes 488,976 Millim. Länge desselben nach der Absorption von 867,15 Volumen Gas 495,656     „ Lineare Verlängerung     6,68       „     „              „        auf 100     1,3663   „ Kubische Ausdehnung auf 100     4,154     „ Gewicht des Palladiumdrahtes     1,0667 Grm. Volum desselben     0,08072 K. C. Volum des verschluckten Wasserstoffgases   75,2 K. C. Gewicht desselben     0,00684 Grm. Volum des Hydrogeniums     0,003601 K. C. Aus diesen Resultaten berechnet sich die Dichtigkeit des Hydrogeniums zu 1,898. Dritter Versuch. – Der zu demselben verwendete Palladiumdraht war neu und wurde vor dem Chargiren mit Wasserstoff durch Ausglühen gut getempert; dann wurde er am negativen Pole zwei Stunden lang exponirt, wornach er sich nicht weiter verlängerte. Es wurden folgende Resultate erhalten: Ursprüngliche Länge des Palladiumdrahtes 556,185 Millim. Länge desselben nach der Absorption von 888,303 VolumenWasserstoffgas 563,632     „ Lineare Verlängerung     7,467     „     „             „           auf 100     1,324     „ Kubische Ausdehnung auf 100     4,025     „ Gewicht des Palladiumdrahtes     1,1675 Grm. Volum desselben     0,0949 K. C. Volum des verschluckten Wasserstoffgases   84,3 K. C. Gewicht desselben     0,007553 Grm. Volum des Hydrogeniums     0,003820 K. C. Aus diesem Resultate berechnet sich die Dichtigkeit des Hydrogeniums zu 1,977. Wir mußten bei dieser Erörterung annehmen, daß die beiden Metalle bei ihrer Verbindung sich weder ausdehnen noch zusammenziehen, sondern ihr ursprüngliches Volum behalten; Dr. Matthiessen hat nämlich gezeigt, daß bei der Bildung von Legirungen die Metalle annähernd ihre ursprüngliche Dichtigkeit behalten. Bei dem ersten der beschriebenen Versuche wurde wahrscheinlich das Maximum der Absorption (935,67 Volume) erreicht. Mit irgend einer geringeren Wasserstoffmenge läßt sich das Palladium durch Abkürzung der Dauer der Exposition chargiren (329 Volume Wasserstoff wurden binnen zwanzig Minuten absorbirt); man hat hierbei Gelegenheit zu beobachten, ob die Dichtigkeit des Hydrogeniums constant bleibt, oder ob sie dem Verhältniß des in die Legirung eintretenden Wasserstoffes entsprechend variirt. In der nachstehenden Uebersicht, welche die bereits beschriebenen drei Versuche einschließt, sind nur die wesentlichen Punkte angegeben: Anzahl der Volume desverschluckten Wasserstoffes. Lineare Ausdehnungin Millimetern. Dichtigkeit desHydrogeniums. von zu 329 496,189 498,552 2,055 462 493,040 496,520 1,930 487 370,358 373,126 1,927 745 305,538 511,303 1,917 867 488,976 495,656 1,898 888 556,185 563,652 1,977 936 609,144 618,923 1,708 Wollten Wir nur den ersten und den letzten Versuch in Vergleich ziehen, so würde sich ergeben, daß das Hydrogenium merklich dichter wird, wenn es in der Legirung bloß in geringer Menge zugegen ist. Der letzte der in vorstehender Uebersicht angeführten Versuche ist aber vielleicht ein ausnahmsweise, denn alle übrigen ergeben eine ziemliche Gleichförmigkeit der Dichte. Nach sämmtlichen Versuchen, mit Ausnahme des letzten, ist die mittlere Dichtigkeit des Hydrogeniums 1,952 oder beinahe 2,0. Diese Gleichförmigkeit spricht zu Gunsten der zur Bestimmung der Dichte des Hydrogeniums befolgten Methode. Als Theile von demselben Palladiumdrahte wiederholt mit Wasserstoffgas chargirt, und von demselben durch Erhitzen wieder befreit wurden, ergab sich, daß die Zusammenziehung des Metalles stets fortdauerte. Auf die nachstehenden, durch wandelbare Wasserstoffmengen verursachten Verlängerungen folgten nach dem Austreiben des Wasserstoffes die verzeichneten Verkürzungen: Verlängerung. Verkürzung. Versuch I.      9,770 Millim.     9,70 Millim. II.      5,765     6,20 III.      2,360     3,14 IV.      3,482     4,95 –––––––   23,99 Der ursprünglich 609,144 Millim. lange Palladiumdraht hatte demnach durch viermaliges Austreiben des Wasserstoffgases eine bleibende Verkürzung um 23,99 Millim., also eine Verminderung seiner ursprünglichen Länge um 5,9 Proc. erlitten. Wie man sieht, sind die Verkürzungen im Ganzen bedeutender, als die ihnen vorangehenden, durch den Wasserstoff bewirkten Verlängerungen, namentlich wenn vom Drahte viel weniger Wasserstoff absorbirt worden ist. Mit einem anderen Drahtstücke wurde die Contraction durch öfters wiederholtes Austreiben des Wasserstoffes bis zu 15 Proc. getrieben. Das specifische Gewicht des Drahtes nach seiner Contraction war 12,12; eine allgemeine Verdichtung des Metalles hatte somit Nicht stattgefunden. Der Draht zieht sich nur in der Richtung seiner Längsachse zusammen. Bei den im Vorstehenden beschriebenen Versuchen wurde der Wasserstoff aus dem Palladium dadurch ausgetrieben, daß man dasselbe in einem mittelst eines Sprengel'schen Aspirators evacuirten Glasrohre zur mäßigen Rothgluth erhitzte; das Gas wurde jedoch auch auf andere Weise entfernt, indem man nämlich den chargirten Draht als positive Elektrode anwandte, so daß sich auf seiner Oberfläche Sauerstoff entwickelte. Unter diesen Umständen bildet sich ein dünnes Häutchen von Palladiumoxyd auf dem Drahte, durch welches jedoch die Extraction und Oxydation des Wasserstoffes nicht beeinträchtigt wird. Die Länge des Drahtes betrug in diesem Falle: Differenz: vor der Absorption 443,25 Millim. nach der Absorption des Wasserstoffes 449,90 Millim. + 6,65 Mill. nach dem Austreiben des letzteren 437,31 Millim. – 5,94 Mill. Somit ist die Mitwirkung einer höheren Temperatur zur Entstehung der Verkürzung nicht erforderlich. Aus diesem Versuche ergibt sich auch, daß ein starker Wasserstoffgehalt durch Exposition des Drahtes am positiven Pole vollständig entfernt werden kann (im vorliegenden Falle waren dazu vier Stunden erforderlich, und der Draht gab dann beim Erhitzen im Vacuum kein Wasserstoffgas mehr ab). Der Draht, welcher wiederholt mit Wasserstoff chargirt worden war, wurde nochmals zur Absorption eines Maximums von Wasserstoff benutzt, um zu ermitteln ob er in Folge der früheren bedeutenden Verkürzung sich nun durch den Wasserstoff leichter und mehr verlängert oder nicht. Selbst nach mehrmaligem Chargiren des verkürzten Drahtes wurde jedoch eine Extra-Verlängerung nicht beobachtet und die Ausdehnung blieb in dem gewöhnlichen Verhältnisse zu der Menge des absorbirten Wasserstoffes. Die Dichtigkeit des Drahtes wurde schließlich zu 12,18 gefunden. Es wurde ferner beobachtet, daß der durch Erhitzen verkürzte Draht noch in anderer Beziehung eine Veränderung erlitten hatte Wenn nämlich das Gas durch Erhitzen ausgetrieben wird, so verliert das Metall einen großen Theil seines Absorptionsvermögens für Wasserstoff. Der letztgedachte Draht, wurde, nachdem er bereits sechsmal in der angegebenen Weise behandelt worden, wiederum zwei Stunden lang mit Wasserstoff chargirt, wobei er nur 320 Volume, und bei einem nochmaligen Versuche 330,5 Vol. des Gases verschluckte. Demnach war das Absorptionsvermögen des Palladiums auf ungefähr den dritten Theil seines Maximums reducirt worden. Der verkürzte Draht läßt sich jedoch in dieser Beziehung verbessern, indem man ihn mittelst Hindurchleitens eines von einer Batterie erzeugten elektrischen Stromes zu voller Rothgluth erhitzt. Das Absorptionsvermögen wurde dadurch bei einem Versuche auf 425 Volume, bei einem zweiten auf 422,5 Vol. erhöht. Bei wiederholtem Austreiben des Wasserstoffes spaltet sich der Draht der Länge nach, nimmt eine fadige Structur an und verliert seinen Zusammenhang in hohem Grade; namentlich war dieß der Fall, wenn der Wasserstoff durch Elektrolyse in einer sauren Flüssigkeit ausgezogen worden, wobei ein ziemlich bedeutender Theil des Palladiums von der Säure gelöst wurde. Indessen erhielt das Metall sein volles Absorptionsvermögen wieder, da es nun über 900 Vol. Gas condensirte. Ferner wurde der Einfluß bloßen Temperns des Palladiumdrahtes (durch Erhitzen in einem Porzellanrohre bis zur vollen Rothgluth) auf dessen Länge ermittelt. Der zu dem Versuche benutzte Draht war vor dem Ausglühen 556,075 Millim., nach dieser Operation 555,875 Millim. lang; folglich hatte eine geringe Verkürzung von 0,2 Millim. stattgefunden. Bei einem zweiten, mit einem gleich langen Stücke neuen Drahtes ausgeführten Glühversuche dagegen ließ sich eine Veränderung in der Längendimension nicht beobachten. Uebrigens wird Palladiumdraht durch solches Tempern in seinen physikalischen Eigenschaften nur sehr wenig verändert, da er seine ursprüngliche Härte und Elasticität zum größten Theile beibehält. 2. Zähigkeit (Tenacität). Neuer, dem zuletzt erwähnten gleicher Palladiumdraht, von welchem 100 Millimet. 0,1987 Gramme wogen, zerriß bei zwei mit verschiedenen Stücken desselben angestellten Versuchen bei einer Belastung von 10 und von 10,17 Kilogrm. Zwei andere mit Wasserstoff gesättigte Stücke von demselben Drahte zerrissen bei 8,18 und 8,27 Kilogr. Belastung. Daraus ergeben sich folgende Werthe: Zähigkeit des Palladiumdrahtes 100,00         „      der Palladium-Wasserstoff-Legirung   81,29. Somit wird die Zugfestigkeit des Palladiums durch die Verbindung mit dem Wasserstoff vermindert, jedoch nicht in bedeutendem Grade. Es fragt sich, ob der der Legirung noch bleibende Festigkeitsgrad mit irgend einer anderen Ansicht als mit derjenigen vereinbar ist, daß der zweite Bestandtheil an sich selbst einen Grad von Zugfestigkeit besitzt, wie ein solcher sich nur bei Metallen findet. 3. Elektrisches Leitungsvermögen. Hr. Becker, mit dieser Art von Untersuchungen sehr vertraut, prüfte einen Palladiumdraht vor und nach dem Chargiren mit Wasserstoff im Vergleich zu einem Neusilberdrahte von gleicher Stärke und gleicher Länge bei 10,5° C. auf sein Leitungsvermögen. Für dasselbe wurden, das Leitungsvermögen des reinen Kupfers = 100 gesetzt, folgende Werthe gefunden: Reines Kupfer 100,00  Palladium 8,10  Legirung von 80 Kupfer + 20 Nickel 6,63  Palladium + Wasserstoff 5,99. Legirungen besitzen gewöhnlich ein geringeres Leitungsvermögen als ihre einzelnen Bestandtheile. Das Leitungsvermögen der aus Palladium und Wasserstoff bestehenden Legirung ist um 25 Proc. geringer als dasjenige des reinen Palladiums, jedoch immer noch so bedeutend, daß es für den metallischen Charakter des zweiten Bestandtheiles spricht. – Dr. Matthiessen hat die obigen Resultate bestätigt. 4. Magnetismus. Faraday gibt als Resultat aller seiner Versuche an, daß Palladium zwar schwach, aber wirklich magnetisch ist, und er stellte dieses Metall an die Spitze der jetzt als paramagnetisch bezeichneten Metalle. Indessen fand er, daß dieser schwache Magnetismus des Palladiums sich nicht auch auf dessen Salze erstreckt. Bei Wiederholung solcher Versuche wurde ein Hufeisen-Elektromagnet aus weichem Eisen von beiläufig 15 Centim. (6 Zoll engl.) Höhe benutzt, welcher, wenn er durch vier große Bunsen'sche Elemente erregt wurde, 60 Kilogrm. tragen konnte (also ein Inductionsmagnet von sehr mäßiger Kraft). Das Instrument kam mit seinen Polen aufwärts gerichtet zur Anwendung; jeder derselben war mit einem kleinen quadratischen Stücke von weichem Eisen versehen, welches seitlich, einem kleinen Amboß ähnlich, in eine Spitze endigte. Das zu untersuchende Palladium wurde zwischen diesen Spitzen in einem aus Papier bestehenden und an drei feinen Coconfäden von 3 Decimet. Länge befestigten Bügel aufgehängt, und das Ganze mit einer Glasglocke bedeckt. An dem Papiere ward ein Glasfaden befestigt, welcher sich als Index auf einem in Grade getheilten, an die Glasglocke angeklebten Papierkreise bewegte. Als das Metall, ein längliches Stück von galvanisch niedergeschlagenem Palladium von etwa 8 Millim. Länge und 3 Millim. Breite, in aequatorealer Lage (d.h. mit seinen Enden von den Polen des Elektromagneten abgewendet) zur Ruhe gekommen war, wurde der Magnet durch Verbindung mit der elektrischen Batterie erregt. Das Palladium wurde um nur 10° von seiner aequatorealen Lage abgelenkt, indem der Magnetismus der Torsion des seidenen Aufhängfadens entgegenwirke. Dasselbe Palladiumstück wurde, nachdem es 604,6 Volume Wasserstoff absorbirt hatte, durch den Elektromagneten um 48° von seiner Aequatoreallage abgelenkt, worauf es zur Ruhe kam. Als dann das Gas ausgetrieben und das Palladium wieder in aequatoreale Lage zwischen den Polen gebracht worden, wurde es nicht im Geringsten abgelenkt. Somit wird der schwache natürliche Magnetismus des Palladiums durch seine Absorption von Wasserstoff deutlich verstärkt. Ferner wurde ein solches galvanoplastisch dargestelltes Palladiumstückchen in eine Nickellösung von 1,082 spec. Gewicht, welche bekanntlich magnetisch ist, eingetaucht, worauf eine Ablenkung von 35°, also geringer als bei wasserstoffhaltigem Palladium, beobachtet wurde. Dasselbe Palladiumstück wurde dann sorgfältig gewaschen und mit einer Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydul von 1,048 spec. Gew. imprägnirt, von welcher das Metall 2,30 Proc. seines Gewichtes zurückhielt; hierauf ergab sich eine Ablenkung des Palladiums von 50°, welche also fast ebenso stark war, als die von der Wasserstoff-Legirung verursachte. Nachdem das Metall mit einer stärkeren Lösung desselben Salzes (von 1,17 spec. Gew.) getränkt worden war, betrug die Ablenkung 90° und das Palladium war achsial gerichtet. Palladium in Drahtform, sowie als Folie gab, in denselben Apparat gebracht, dessen mäßige Empfindlichkeit unter diesen Umständen eher ein Vortheil war, keine Ablenkung; als es aber dann mit Wasserstoff chargirt wurde, gab es stets eine Ablenkung von beiläufig 20°. Dieses Resultat blieb unverändert, als das Metall vor dem Versuche zur Entfernung jeder etwa vorhandenen Spur von Eisen mit Salzsäure gewaschen wurde. Als Palladium, welches aus dem Cyanid reducirt, sowie solches welches durch Unterphosphorigsäure gefällt war, in einem Glasröhrchen in den Apparat gebracht wurde, zeigte es keinen merklichen Magnetismus, erlangte aber solchen stets, nachdem es Wasserstoffgas absorbirt hatte. Aus diesen Thatsachen geht hervor, daß das Hydrogenium magnetisch ist, eine Eigenschaft, welche ausschließlich auf die Metalle und deren Verbindungen beschränkt ist. Dieser Magnetismus ist dagegen beim Wasserstoffgas nicht zu bemerken, welchem sowohl von Faraday als von E. Becquerel seine Stelle am Ende der Reihe der diamagnetischen Substanzen angewiesen wurde. Man kann diesem Gase seinen Platz auf der Grenze zwischen der paramagnetischen und diamagnetischen Gruppe anweisen. Der Magnetismus erlischt aber bei Einwirkung von Wärme so leicht, daß die magnetischen Eigenschaften eines Metalles wohl gänzlich verschwinden können, wenn dasselbe geschmolzen oder verflüchtigt wird, wie es sich beim Wasserstoff in Gasform zeigt. Da das Palladium in der Reihe der paramagnetischen Metalle hoch steht, so muß das Hydrogenium aus derselben ausgeschieden werden und seine Stelle in der Gruppe der eigentlich magnetischen Körper, neben Eisen, Nickel, Kobalt, Chrom und Mangan einnehmen. 5. Verhalten in höherer Temperatur. Bei der leichten Durchdringbarkeit des erhitzten Palladiums für Wasserstoffgas ist anzunehmen, daß dieses Element vom Metalle selbst bei Hellrothglühhitze zurückgehalten wird. Denn das Hindurchdringen des Hydrogeniums durch das Palladium ist der Cementirung zu vergleichen, somit ein Molecularproceß, zu dessen Zustandekommen Zeit erfordert wird. Die ersten Versuche, den Wasserstoff auf seinem Wege durch das rothglühende Metall zu fixiren, bestanden darin, Wasserstoffgas durch ein äußerlich im Vacuum befindliches Palladiumrohr hindurchzuleiten und dann rasch einen Strom von Kohlensäuregas in das Rohr zu leiten, in welchem man dasselbe erkalten ließ. Als darauf das Metall nach der gewöhnlichen Methode untersucht wurde, konnte in ihm kein Wasserstoff gefunden werden. Die kurzdauernde Einwirkung der Kohlensäure scheint hinlänglich gewesen zu seyn, das Gas zu verdrängen. Als aber Palladiumfolie in einer Wasserstoffgasflamme zur Rothgluth erhitzt und durch Eintauchen in Wasser plötzlich abgekühlt wurde, fand sich, daß das Metall eine geringe Wasserstoffmenge verschluckt hatte. Ein Metallvolum von 0,062 K. C. gab 0,080 K. C. Wasserstoffgas ab; demnach betrug die Menge des absorbirten Wasserstoffgases, kalt gemessen, das 1,306 fache vom Volum des Metalles, was bei Rothglühhitze dem drei- bis vierfachen Volum des Metalles entspricht. Auch Platin gab, auf dieselbe Weise behandelt. Wasserstoffgas ab, freilich nur in sehr geringer Menge (0,06 vom Volum des Metalles). Es ergibt sich aus diesen Versuchen, daß die Durchdringung der beiden Metalle von Wasserstoff auf Absorption beruht und daß es nicht nöthig ist zur Erklärung dieser Erscheinung eine poröse Structur oder dergleichen anzunehmen. Das Hydrogenium unterscheidet sich auch hinsichtlich seiner chemischen Eigenschaften von gewöhnlichem Wasserstoff. Die Palladiumlegirung fällt aus einer Lösung von Quecksilberchlorid metallisches Quecksilber und Calomel, ohne daß sich Wasserstoffgas entwickelt; das Hydrogenium zersetzt also das Quecksilberchlorid, was der Wasserstoff nicht thut. Dieß erklärt, weßhalb Stanislaus Meunier den im Meteoreisen absorbirt enthaltenen Wasserstoff durch Behandlung des ersteren mit Quecksilberchloridlösung nicht auffinden konnte, da dieser Wasserstoff gleich dem Eisen selbst verzehrt wurde, indem er Quecksilber ausfällte. – Hydrogenium in Verbindung mit Palladium vereinigt sich mit Chlor und Jod im Dunkeln, reducirt Eisenoxydsalze zu Oxydulsalzen, verwandelt Kaliumeisencyanid in Kaliumeisencyanür und besitzt stark desoxydirende Eigenschaften. Es ist die active Form des Wasserstoffes, wie Ozon die active Form des Sauerstoffes ist. Aus den im Vorstehenden mitgetheilten Untersuchungen ergeben sich folgende Schlußfolgerungen: In dem mit Wasserstoff gesättigten Palladium existirt eine Verbindung von Hydrogenium und Palladium, in einem Verhältnisse welches gleichen Aequivalenten beider Körper nahe kommt. Beide Substanzen sind starr, metallisch und von weißer Farbe. Die erwähnte Legirung enthält ungefähr 20 Volume Palladium mit 1 Volum Hydrogenium verbunden. Die Dichtigkeit des Hydrogeniums ist beiläufig 2, etwas größer als die des Magnesiums, mit welchem das Hydrogenium einige Analogie besitzen dürfte. Das Hydrogenium gehört zu den magnetischen Metallen. Diese Thatsache hat möglicherweise Bedeutung für das Vorkommen von Hydrogenium im Meteoreisen, in Gemeinschaft mit gewissen anderen magnetischen Metallen.