Titel: | Versuche über die Bereitung von Wein bei Ausschluß der atmosphärischen Luft, ausgeführt zu Montrabech bei Lézignan im Aude-Departement (Frankreich); von L. de Martin. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXXXIX., S. 412 |
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LXXXIX.
Versuche über die Bereitung von Wein bei
Ausschluß der atmosphärischen Luft, ausgeführt zu Montrabech bei Lézignan im
Aude-Departement (Frankreich); von L. de
Martin.
Aus dem Comptes
rendus, 1868. t. LXVI p. 863.
de Martin, über Weinbereitung bei Luftausschluß.
Die Weine, welche von mir einerseits bei Luftabschluß, andererseits nach dem
gewöhnlichen Verfahren, sowohl in dem zum landwirtschaftlichen Betriebe im Großen
dienenden, als auch in einem zu den Versuchen bestimmten besonderen Keller bereitet
wurden, sind jetzt vollständig abgezogen und die gemachten Beobachtungen erscheinen
mir so wichtig, daß ich dieselben im Interesse der Weinproducenten veröffentlichen
zu müssen glaube, wenn auch bezüglich mehrerer der für die Praxis wichtigen Details
der Resultate noch Manches zu vervollständigen bleibt.
A. Versuche
in dem zum gewöhnlichen Betriebe dienenden Keller.
Im September 1867 wurden neun Apparate an Gebinden angebracht, deren kleinstes 125
und deren größtes 270 Hektoliter Inhalt hatte. Dieser Apparat besteht in einem aus
Zink, Eisenblech oder Kupfer angefertigten Rohre von etwa 3 Centimet. Durchmesser,
welches an einem Ende mit Talg und einem Korke in das Spundloch des Fuders
eingekittet wird, mit dem anderen Ende dagegen etwa 5 Centimeter tief in ein mit
Wasser gefülltes Gefäß eintaucht Denselben Zweck würde ein an beiden Enden mit einem
kleinen Metallansatz versehenes Kautschukrohr, von gleichem Durchmesser wie das
Metallrohr, erfüllen.
Die Lese und das Keltern währt, vom 17. September bis 21. Oct. 1867. Die Gährung in
den mit ihrem Apparate versehenen Bottichen beanspruchte im Durchschnitte 18, im
Minimum 16 und im Maximum 20 Tage. Das Abziehen des Jungweines auf die ebenfalls mit
den Apparaten verbundenen Gebinde dauerte vom 4. bis zum 21. October. Die Apparate
wurden auf die einzelnen Gebinde aufgesetzt, sobald letztere gefüllt waren, und erst
im März 1868, nach der ersten Einwirkung des starken Frostes, abgenommen, zu welcher Zeit der Wein in
dem zum landwirthschaftlichen Betriebe dienenden Keller abgezogen wurde.
Dieser Wein zeigte nun alle von mir in den Jahren 1865 und 1866 an nach diesem
Verfahren bereiteten Weinen beobachteten Eigenschaften, welche ich in meiner zu
Montpellier im August 1867 erschienenen Broschüre „über die Weinbereitung bei Luftausschluß“ hervorgehoben
habe.Sur la fabrication des vins à l'abri du
contact de l'air, Montpellier 1867, Coulet
éditeur.
Die nach dieser Methode gewonnenen Weine hatten mehr Farbe, mehr Arom, mehr
Alkohol, größere Klarheit, stärkeren Glanz etc., als die auf gewöhnliche Weise
bereiteten. Das entstandene Geläger war sehr dick und zeigte einen festeren
Zusammenhang als bei den nach dem gewöhnlichen Verfahren bereiteten Weinen, so daß
es sich durch Bewegen der Flüssigkeit nicht so leicht aufrühren ließ. Unter allen
anderen auf dem Gute erzeugten Weinen nahmen diese Producte den ersten Rang ein.
Interessant ist nachstehende Beobachtung.
Eine ziemlich bedeutende Menge (150 Hektoliter) des bei Luftausschluß vergohrenen
Weines wurde beim Abziehen des Jungweines im October 1867 auf ein Gebinde umgefüllt,
welches von ihm nicht voll wurde. Um diesen Wein nun nicht mit anderem, nach der
gewöhnlichen Methode bereitetem versetzen zu müssen, sah ich mich genöthigt, ihn in
ein kleineres Faß einzufüllen, welches in demselben Vergährkeller, aber in
ziemlicher Entfernung (von 51 Meter) stand. Dazu wurden, wie gewöhnlich, bewegliche,
aufeinander schiebbare Metallröhren benutzt; ich hatte jedoch angeordnet, daß das
Endstück derselben auf dem Boden des Reservoirs der zum Heben des Weines in das Faß
dienenden tragbaren Pumpe ausmünden solle. Der aus dem zu entleerenden Fasse
auslaufende Wein ergoß sich unmittelbar in den vorher mit dem gleichen Weine
gefüllten Pumpenbehälter, ohne mit der Luft und den in derselben suspendirten Sporen
(Keimen) irgendwie in Berührung zu kommen. Beim Abziehen erwies sich dieser Wein
vorzüglicher als die auf gleiche Weise dargestellten, welche ebenfalls hatten
umgefüllt werden müssen, wobei jedoch nicht dieselben Vorsichtsmaßregeln beobachtet
worden waren.
B. Versuche
im Experimentirkeller.
Von sämmtlichen, sowohl den bei Luftausschluß bereiteten, als den zur Vergleichung
mit denselben bestimmten, auf gewöhnliche Weise erzeugten Weinen wurde ein Stückfaß
von ungefähr 5 Hektoliter in den zur Beobachtung des weiteren Verhaltens, des Reifens etc.
der Weine bestimmten Experimentirkeller gebracht.
Die Sperrapparate für derartige Fässer von 5 bis 10 Hektoliter Inhalt bestehen
einfach aus doppelt U förmig gebogenen Glasröhren von 1
Centimet. Durchmesser, deren untere Biegung eine genügende Wassermenge zum Absperren
der Communication zwischen den verticalen Schenkeln enthält. Man steckt diese Röhren
in den zum Verschließen des Spundloches bestimmten Pfropf und dichtet mit Talg ab.
Ein solches Rohr bildet einen Sicherheitsapparat, einen in den chemischen
Laboratorien sehr häufig angewendeten hydraulischen Spund; die aus dem Fasse
entweichenden Gase pressen die kleine Flüssigkeitssäule, mit welcher sie in
Berührung kommen, von innen nach außen und von oben nach unten zusammen, dringen
durch sie hindurch und treten dann in die Atmosphäre aus; da nun der Druck aufhört,
so spielt das Wasser die Rolle eines beweglichen Stopfens, sinkt auf seinen
ursprünglichen Stand zurück und verschließt die Röhren wie vorher.
Der Wein von neun dieser Mustergebinde war bei Luftausschluß bereitet worden; ein
einziges derselben verblieb ohne Glasapparat. Der in letzterem enthaltene Wein,
welcher aus beinahe ganz denselben Trauben und unter denselben Gährungsverhältnissen
erzeugt worden war, erwies sich als der fehlerhafteste von allen übrigen, bei
Luftausschluß vergohrenen Weinen. Es scheint daraus hervorzugehen, daß es nicht
hinreicht, die Weine bei Luftabschluß zu bereiten, sondern daß sie auch nach der
Gährung bei Abschluß der atmosphärischen Luft aufbewahrt werden müssen.
C. Fernere
Versuche.
Ich blieb im Jahre 1867 in Montrabech nicht bei der Erzeugung des Weines in Fudern
und Stückfässern stehen, sondern füllte auch Muster von verschiedenen Weinsorten des
großen gemeinsamen Gährungskellers auf große Flaschen von 15 Liter Inhalt, welche,
etwa vierzig an der Zahl, vor Lichtzutritt geschützt, in demselben
Experimentirkeller aufgestellt wurden, in welchem die vorhin (unter B) besprochenen Gebinde lagen. In Folge ihrer
Durchsichtigkeit konnte man die in diesen Glasflaschen stattfindenden Vorgänge sehr
gut beobachten.
Diese Weine wurden, ohne die Flaschen aufzurühren, mit Hülfe eines Glas- oder
Kautschukhebers abgezogen. Ich beobachtete dabei 1) daß der Wein, bis zum Boden
hinab, klar war und daß er an den Seitenwandungen nur wenig abgesetzt hatte; 2) daß
die Bodensätze aus zwei Theilen bestanden, zwischen denen eine Flüssigkeitsschicht
sich befand, welche in
Folge der durch das Abziehen des Weines verursachten Erschütterung der oberen
Schicht des Bodensatzes etwas trübe erschien.
Bekanntlich haben die großen Glasflaschen meistens einen kegelförmig nach oben oder
innen gekehrten Boden. Derselbe bildete den Kern für die obere Schicht dieses
Bodensatzes, welche sich unregelmäßig strahlenförmig vom Mittelpunkte nach der
Peripherie zu ausbreitete und eine feste, harte, zähe Lage bildete, die die Flasche
bis zur Spitze des gedachten Kegels ausfüllte. Unter dieser Schicht, unmittelbar auf
dem Flaschenboden, lag ein pulverförmiger, sandiger, aus aneinanderklebenden
Theilchen bestehender, den gewöhnlich sich bildenden ähnlicher, aber scharf
begrenzter Bodensatz. Zwischen dieser unteren und der festen oberen Schicht des
Gelägers befand sich eine geringe Menge einer Flüssigkeit, welche nur durch die
Erschütterungen der festen Bodensätze getrübt wurde, sobald dieselben mit der
Mündung des Hebers in Berührung kamen.
Die obere feste Schicht oder Haut war 2 bis 3 Millimet. stark, und mußte, um aus den
Flaschen entfernt werden zu können, zerbrochen werden.
Nach meiner Ueberzeugung ist diese so rasche und so reichliche Bodensatzbildung in
den bei Luftabschluß bereiteten Weinen, welche ich bereits seit 1862 bei Anwendung
dieser Methode beobachtet habe, für die weinproducirenden Länder von der größten
Wichtigkeit. In den Stückfässern und anderen Gebinden läßt sich ihre raschere
Entstehung nicht wohl beobachten; in den zur Vermeidung der Einwirkungen des Lichtes
im Dunkeln aufbewahrten Glasflaschen dagegen kann man die verschiedenen Stadien
ihrer Bildung leicht verfolgen.
Aus dieser Beobachtung ergibt sich, daß sich die bei Ausschluß der atmosphärischen
Luft erzeugten Weine weit leichter halten werden, da sie schon beim ersten Abziehen
einen bedeutenden Theil der fremdartigen, für ihre Haltbarkeit nachtheiligen
Bestandtheile abgegeben haben. Demzufolge wird ein öfters wiederholtes, mit der
nöthigen Vorsicht und zur richtigen Zeit ausgeführtes Abziehen oder Umfüllen
hinreichen, um die nach dem besprochenen Verfahren erzeugten Weine binnen kürzerer
Zeit zum sofortigen Verbrauche geeignet zu machen.