Titel: | Ueber Evacuations-Brunnen; von H. W. Schulz. |
Autor: | H. W. Schulz |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XCVI., S. 448 |
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XCVI.
Ueber Evacuations-Brunnen; von H. W. Schulz.
Mit einer Abbildung auf Tab. IX.
Schulz, über Evacuations-Brunnen.
Es ist kein seltener Fall, daß Erfindungen von einigem Werthe zu gleicher Zeit von
verschiedenen Personen, welche unabhängig von einander ihren Weg verfolgen, gemacht
werden, und daß in der Folge sich ein erbitterter Streit über die Priorität
derselben erhebt.
Ohne dem Hrn. Ingenieur und Professor A. Donnet in Lyon
(13, place Louis XVI) das Verdienst der Priorität für
die Erfindung des Principes der in der Ueberschrift genannten Brunnen bestreiten zu
wollen, da derselbe nach einer Mittheilung im Jahrgang 1867 dieses Journals, Bd.
CLXXXIV S. 453, bereits Anlagen mit Erfolg ausgeführt hatte, als ich noch an den
Versuchen im Kleinen über die praktische Nutzbarmachung der durch Zufall (bei der
fruchtlosen Bemühung ein nasses Bohrloch zum Felsensprengen mittelst einer Pumpe zu
entleeren) erweckten Idee laborirte, muß ich dennoch das geringere Verdienst für
mich in Anspruch nehmen, unabhängig von dem Hrn. Donnet,
dasselbe Princip, nämlich das der Luftverdünnung in geschlossenen Brunnen zur
Vermehrung des natürlichen Wasserzuflusses, bearbeitet, und nach vielen
Schwierigkeiten und kostspieligen Experimenten das Problem der sicheren praktischen
Verwerthung gelöst zu haben und zwar glaube ich behaupten zu können, daß es mir
gelungen ist, darin einen höheren Grad der Vervollkommnung erreicht zu haben als Hr.
Donnet, wenigstens so weit mir dessen Arbeiten aus
dem nachstehenden Berichte bis jetzt bekannt geworden sind.
Letzterer findet sich im Bulletin de la Société
d'Encouragement, December 1868, S. 709 und ist von Hrn. Tresca als Mitglied einer vom Ministerium ernannten
Commission zur Begutachtung des von Hrn. Donnet in einem
Annexe der Pariser Welt-Ausstellung ausgeführten Brunnens erstattet.
Dieser Bericht erklärt die (aus oben angeführter Mittheilung dieses Journals als
bekannt vorausgesetzte) Construction des Brunnens und führt die Wirkung der
Einrichtung auf das Gesetz der communicirenden Röhren zurück, auf deren einem
höheren Ende dadurch, daß in dem anderen eine Luftleere hergestellt, der
hydrostatische Druck um die Wirkung einer Atmosphäre vermehrt wird. Eine fernere
Wirkung dieser Einrichtung bestehe in der Bildung einer Drainage, welche durch die
Aussaugung der
kleinen, mit mancherlei, den Zufluß erschwerenden Hindernissen gefüllten Canälchen
entstehe, und diese könne an und für sich schon als ein großer Vortheil betrachtet
werden, wenn es ermöglicht würde, sie offen zu erhalten. Dieß hänge aber, wie leicht
einzusehen, von der Beschaffenheit, namentlich von dem Grade der Durchlässigkeit des
Bodens ab, indeß sey die Bemerkung von Wichtigkeit, daß die unter richtigen
Verhältnissen günstige Auflockerung nicht wohl ununterbrochen aufrecht zu erhalten
sey, da die für eine gegebene Wassermasse nöthige Zuflußgeschwindigkeit sich im
Verhältnisse der erweiterten Zwischenräume sehr schnell vermindern müsse, so daß
dieselbe bald auf das Maaß reducirt seyn würde, welches bei der früheren
Unzulänglichkeit des Brunnens stattgefunden habe.
Das Donnet'sche System ermögliche nun eine bedeutende
Vermehrung des Wasserzuflusses in wasserarmen Brunnen, wobei es allerdings vorkommen
könne, daß durch die vorerwähnte Drainage und durch die Wirkung der Luftleere, die
in der Nähe liegenden Brunnen momentan trocken gelegt würden, was jedoch nur in
Städten oder bei allzunaheliegenden Brunnen zu befürchten sey; in der Folge würden
aber durch die Bildung der Verbindungscanälchen auch die mit einander
correspondirenden Brunnen auf die Dauer verbessert.
Die Commission stellte an dem am Ufer der Seine ausgestellten Brunnen im October 1867
verschiedene Versuche an. Derselbe war mit einer 1,24 Met. weiten und 1,50 Met.
hohen Eisenblechglocke versehen deren Deckel zur Aufnahme des Saugrohres einer
doppelten Dampfpumpe diente; letztere machte bei 4 1/2 Atmosphären Ueberdruck 80
Umgänge per Minute und förderte 5 Liter Wasser per Hub.
Der erste Versuch wurde bei geschlossenem Brunnen einige Stunden hindurch gemacht,
wobei die Pumpe ununterbrochen ein Wasserquantum von 400 Liter per Minute ergab.
Beim zweiten Versuche öffnete man die Glocke, senkte das Saugrohr bis auf den Grund
der letzteren und beobachtete während des unausgesetzten Ganges der Pumpe das
allmähliche Fallen des Wasserspiegels.
Dasselbe betrug:
nach
den
ersten
4 1/2
Minuten
0,3 Met.
= 339 Liter Wasser
„
„
nächsten
2
Minuten
0,1 Met.
= 113
„ „
„
„
„
2
„
0,15 Met.
= 169
„ „
Beim dritten Versuche setzte man die Pumpe außer Thätigkeit und notirte das stetige
Steigen des Wassers. Dieses betrug:
nach
den
ersten
6 1/2
Minuten
0,13 Met.
= 146,9 Liter
„
„
nächsten
6
„
0,07 Met.
= 79,1 „
nach
den
nächsten
6
Minuten
0,05 Met.
= 56,5 Liter
„
„
„
7
„
0,05 Met.
= 56,5 „
„
„
„
3
„
0,025 Met.
= 28,2 „
Aus diesen Resultaten und noch deutlicher aus der darnach angefertigten graphischen
Darstellung gehe hervor, daß das zwar mit dem nahen Flusse in Verbindung stehende
Wasser doch nicht schnell genug hätte zufließen können, um die 400 Liter per Minute fördernde Pumpe zu speisen, sondern daß dieß
nur allein durch das Donnet'sche Verfahren möglich
gewesen sey.
Zur Feststellung der allgemeinen Resultate und des Werthes der Erfindung, sowie ihres
Einflusses auf die mechanische Wirkung der dabei zur Verwendung kommenden Kraft,
theilt die Kommission noch nachstehende Ausführungen des Hrn. Donnet mit.
Ein Brunnen in Lyon, welcher vor der Anwendung des luftdichten Verschlusses nicht
genügte, um 400 Liter Wasser per Minute zu liefern,
wurde durch denselben bis zu einer dreifachen Ergiebigkeit gebracht; ein ebenso
glänzendes Resultat sey in Reims erzielt worden, wo noch der erschwerende Umstand
hinzukam, daß das sehr veränderliche Niveau des Wasserstandes in dortiger Gegend es
nöthig machte, die Pumpe tief genug einzubauen, um auch beim niedrigsten
Wasserstande die gewöhnliche Saughöhe nicht zu überschreiten. Damit nun das
Hochwasser die Pumpe nicht überschwemme, und man zu jeder Zeit zu den Ventilen
gelangen könne, was ein wesentliches Erforderniß sey, wurde dieselbe durch eine
wasserdichte Umgebung geschützt.
Was nun den Grad des Nutzeffectes der zur Bewegung nöthigen Kraft betreffe, so hält
die Commission dafür, daß die Donnet'sche Einrichtung auf
denselben ebensowohl vergrößernd als verringernd einwirken könne; Ersteres
jedenfalls dann, wenn die kleinen Zuflußcanälchen trotz der stark vergrößerten
Durchflußmenge dieselben Dimensionen wie vorher behielten, da alsdann der hemmende
Einfluß der letzteren mit der ersteren wachsen müsse; indeß lasse sich das
Gegentheil als Wirkung des Donnet'schen Verfahrens
erwarten, und dann würde die Erweiterung der Drainage in den meisten Fällen einen
reichlichen Ersatz dagegen bieten. Der durch Glocke und Pumpe verursachte Widerstand
würde zwar ohne Zweifel im Vergleich zu gewöhnlichen Brunnen vermehrt, aber auf der
anderen Seite würde durch den erleichterten Zufluß des Wassers und das Steigen
desselben durch sich selbst, eine leichtere Aufsaugung ermöglicht, welche man, wie
bei dem Brunnen in Reims, noch durch Tieferstellung der Pumpe erhöhen könne. Da man
durch Anwendung der Glocke die Höhe der Filtrirschicht vermindere, so habe man
darauf zu achten, daß
das zu durchdringende Terrain einen hinreichenden Grad von Durchlässigkeit besitze,
um durch die dadurch hervorgebrachte Verengung den freien Durchfluß des Wassers
nicht zu verhindern.
Am Schlusse des Berichtes glaubt sich die Commission zu der Annahme berechtigt, daß
das auf rationellen Principien beruhende Donnet'sche
Verfahren wohl in allen Fragen wegen Vermehrung der Zuflüsse in Brunnen eine
einfache Lösung, die zugleich Querschnitt und Tiefe derselben wesentlich zu
vermindern gestatte, an die Hand geben, und eine regelmäßige und reichliche
Ergiebigkeit sichern dürfte.
Die beigegebene Zeichnung, Fig. 22, zeigt die
Anwendung des Donnet'schen Verfahrens in drei
verschiedenen Fällen:
bei A
die Anwendung einer Centrifugalpumpe,
bei B
die einer gewöhnlichen Gartenpumpe, und
bei C
die tiefere Einbauung einer gegen Hochwasser zu schützendenPumpe (wie
in Reims), zu welchem Zwecke D ein
falscher,mit hydraulischem Mörtel aufgeführter Brunnen ist.
Bei E ist die Construction der Glocke ersichtlich;
dieselbe kann sowohl aus Betonmauerwerk mit Metallplattenverschluß, als auch von
Eisenblech hergestellt werden.
F ist eine den Obertheil der Glocke erhöhende
Verkleidung von Cement.
G Abdeckung des Brunnens mit Mannloch H.
Die von der Commission in dem vorstehend seinem Hauptinhalte nach mitgetheilten
Berichte, auf Grund der von ihr gemachten Beobachtungen gezogenen Schlüsse, werden
zum Theil von meinen vielfach gewonnenen Erfahrungen bestätigt, zum Theil aber auch
widerlegt.
Es ist richtig, daß die Wirkung des Evacuationsverfahrens unter gewissen und zwar den
meisten Bodenverhältnissen eine Auflockerung der Filtrirschicht herbeiführen wird,
und daß eine solche der Bildung neuer Quellen günstig ist. In vielen Fällen würden
jedoch die durch das heftige Herbeiströmen des Wassers mitgerissenen kleinen
Schlamm- und Sandtheilchen eine fortwährende Verunreinigung desselben zur
Folge haben und dadurch dasselbe für die meisten Zwecke unbrauchbar machen, zugleich
auch die maschinellen Theile so anfüllen, daß dieselben außer Function gesetzt und
einer oft zu wiederholenden Reinigung unterworfen werden müßten.
Bei einer solchen Anlage in einer feinen Sandschicht, in welcher eine 10 Fuß mächtige
Fließsandbank zu durchdringen war, wurde nicht allein Glocke, Centrifugalpumpe und
sämmtliche Röhren in wenigen Stunden mit Sand gefüllt und dadurch die Thätigkeit
unterbrochen, sondern
das Terrain fing auch auf mehrere Ruthen Entfernung um den Brunnen herum auf eine so
bedenkliche Weise an zu rutschen, daß die naheliegenden Gebäude ernstlich gefährdet
wurden.
In solchen und ähnlichen Fällen ist also die von der Commission gewünschte
Auflockerung mit geeigneten Mitteln zu verhindern.
Hierzu bediene ich mich eines eigens dazu construirten Filters, dessen
Dauerhaftigkeit sehr bedeutend ist und dessen Reinigung, wenn sie nach jahrelangem
Gebrauche einmal nöthig werden sollte, durch eine einfache mechanische Vorrichtung,
welche vom Terrain aus zu handhaben ist, geschieht, ohne dazu den ganzen Apparat
außer Thätigkeit setzen zu müssen.
Einer anderen Behauptung des Berichtes, daß durch die Herstellung einer Communication
(in Folge der Evacuation) mit benachbarten Brunnen auch diese nach einer nur
momentanen Trockenlegung auf die Dauer verbessert würden, muß ich ebenfalls
entgegentreten, da ich die Erfahrung gemacht habe, daß mehrere hundert Meter von
einer von mir ausgeführten Brunnenanlage entfernte Brunnen dauernd trocken gelegt,
und selbst noch nach einer Vertiefung von mehreren Metern bei Entnahme von größeren
Wasserquantitäten aus jener in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Die von der Commission angestellten Versuche constatiren eine anhaltende Förderung
von 400 Liter Wasser per Minute bei geschlossenem
Brunnen.
Vergleicht man dieses Resultat mit den Notirungen nach Oeffnung der Glocke, so ergibt
sich, daß bei gleichmäßiger Förderung der Pumpe das Niveau im Brunnen in 8 1/2
Minuten um 0,55 Met. fiel, so daß bei einer Weite von 1,2 Met. das Verlustquantum
621 Liter oder per Minute 73 Liter betrug. Da die Pumpe
ohne Evacuation arbeitete, daher keine Zuflußvermehrung stattfand, so betrug der
freie Zufluß 400 – 73 = 327 Liter durchschnittlich per Minute bei einem hydrostatischen Druck von 0,183 Met. Die Vermehrung
während der Evacuation belief sich demnach nur auf circa
ein Fünftel des ohnedem schon vorhandenen Wasserzuflusses, ein bei der unmittelbaren
Nähe des Flusses auffallend geringes Resultat. Hiermit stimmt das beim dritten
Versuche notirte langsame Wachsen, welches nur einen durchschnittlichen Zufluß von
13 Liter per Minute ergibt, wenig überein; es läßt sich
dieß nur aus dem sehr geringen hydrostatischen Druck erklären. Wesentlich günstiger
stellt sich das bei den Ausführungen in Lyon resp. Reims erreichte Resultat heraus,
wodurch eine dreifache Vermehrung constatirt wird.
Der Ansicht der Commission, daß durch den erleichterten Zufluß und durch das von
selbst steigende WasserAtteindre par elle-même un niveau plus
élevé...., den durch Glocke und Pumpe verursachten Widerständen gegenüber, die Aufsaugung
weniger schwierig werde, was noch durch, das tiefere Einbauen der Pumpe vermehrt,
also dadurch eine Kraftersparniß erzielt werden könnte, vermag ich mich nicht
anzuschließen. Die Erleichterung des Zuflusses ist eine Folge der Aussaugung und
erfordert einen bedeutenden Kraftaufwand, kann auch, nach der eigenen Ansicht der
Commission, nach Aufhören der Kraft nicht wohl erhalten werden; ferner kann ein
Steigen des Wassers „von selbst“ nicht stattfinden; ist die
Ursache desselben ein hydrostatischer Druck, so wirkt dieser bei offenen Brunnen in
gleicher Weise; ist es aber eine Folge der Evacuation, so wird diese erst durch die
Arbeit der Maschinen bewirkt und erfordert eine entsprechende Kraft; und zuletzt ist
es klar, daß der durch Niedrigerstellung einer Saug- und Druckpumpe auf der
einen Seite erzielte Gewinn, auf der anderen Seite (hier der Druckhöhe) wieder als
Mehrarbeit in Abrechnung kommt.
Eine große Schwierigkeit verursacht die sichere und genau richtige Einbauung der
Glocke bei größeren Anlagen, noch mehr die Eindichtung bei stark zuströmendem
Wasser; ferner die vollständige Evacuation derselben, wozu die von Hrn. Donnet vorgeschlagenen Pumpen gewöhnlicher Construction
wenig, nach einigem Verschleiß fast gar nicht geeignet sind.
Es ist mir gelungen, die beiden ersteren Uebelstände durch eine mechanische
Vorrichtung so zu beseitigen, daß die ganze Operation in kürzester Zeit mit größter
Sicherheit ausgeführt werden kann, und zur möglichst vollkommenen Evacuation eine
Combination von mehreren Pumpen besonderer Construction zur Anwendung zu bringen,
welche vereint besser den verschiedenen Functionen der Luftverdünnung und der
Wasserhebung zu genügen vermögen. Nähere Mittheilungen hierüber, sowie über das
vorerwähnte Filter zu machen, verbietet mir mein, durch kein Patent geschütztes
Interesse.
Die von mir erzielten Resultate betreffs der Vermehrung der Zuflüsse betrugen in
mehreren Fällen das Achtfache, wie dieß unter anderen die Herren Proll und Lohmann in Hagen,
sowie die Herren Dr. List und
Consentius, deren Gutachten ich am Schlusse folgen
lasse, bezeugen. Die höchste bisher beobachtete Vermehrung betrug das
Einundzwanzigfache des freien Zuflusses.
Der für die Herren Wrede und Sohn in Aschersleben im vorigen Jahre gefertigte Brunnen ergab bei Tag und
Nacht fortgesetztem Pumpen nach mehreren Monaten noch regelmäßig dreißig Kubikfuß
(927 Liter) per Minute und zwar, trotzdem derselbe nur
durch feinsten Sand (zum größten Theil Fließsand) gesenkt wurde, krystallklares
Wasser.
Die Kosten eines Evacuationsbrunnens werden sich stets geringer stellen, als die
eines gewöhnlichen Brunnens, sofern beide gleiche Ergiebigkeit haben sollen,
abgesehen davon, daß dieß bei letzterem in den meisten Fällen unausführbar seyn
wird, so z.B. wenn eine wasserabschließende Thon-, Mergel- oder
Felsschicht die nöthige Vertiefung verhindert.
Es bleibt mir nun nur noch übrig einer anderen Art der Anwendung meines Verfahrens
Erwähnung zu thun, welche von der größten Wichtigkeit für den Braunkohlenbergbau zu werden verspricht.
Ein fast überall bei letzterem vorkommender, schwer zu besiegender Feind ist der
Triebsand. Die durch eine mächtige Schicht vorzunehmende Schachtarbeit geht nur
äußerst langsam und schwierig vor sich, und die größte Vorsicht und Achtsamkeit
vermag nicht immer die Gefahr eines Einbruches und Senkungen zu verhüten.
Mit Anwendung meines Verfahrens, verbunden mit dem vorerwähnten Filter (welches dem
Wasser freien Durchlaß gestattet, während es selbst die feinsten Sandkörnchen
zurückhält) wird durch eine energische Aussaugung die Trockenlegung der zu
durchschneidenden Sandschicht ermöglicht und in Folge dessen die sonst so schwierige
Arbeit leicht und rasch in trockenem Sande zu vollenden seyn. Es ist im Werke, im
Laufe des nächsten Sommers die erste Anwendung zu machen und werde ich mir erlauben,
seiner Zeit die gewonnenen Resultate und gemachten Erfahrungen in dieser Zeitschrift
mitzutheilen.
In Bezug auf das nachstehende Gutachten der beiden Sachverständigen bemerke ich noch,
daß der in Rede stehende Brunnen 21 Fuß tief von der Kellersohle meines Wohnhauses
an, in Thonschiefer abgeteuft wurde und von Anfang an so ungenügend Wasser lieferte,
daß er fast ganz außer Gebrauch kam. Eine Erweiterung erlaubte das darüber stehende
Gebäude nicht, und eine Vertiefung in den mindestens einige Hundert Fuß tiefen, fast
senkrecht einfallenden Thonschieferfelsen hatte wenig Aussicht auf Erfolg, würde
aber keinenfalls die aufzuwendenden Kosten gelohnt haben. Vor etwa drei Jahren
wandte ich mein Evacuationsverfahren an und seitdem liefert der Brunnen unausgesetzt
reichlich Wasser.
Vor dem Versuche war während 10 Stunden ununterbrochen ohne Evacuation das
Wasserniveau auf dem möglich niedrigsten Punkt erhalten worden, so daß das Saugrohr
nur eben die Oberfläche des Wassers berührte.
Am 24. October 1868 wohnten die Unterzeichneten einigen Versuchen
bei, welche die Leistungsfähigkeit eines Brunnens im Hause des Hrn. H. W. Schulz in Hagen (Westphalen) darlegen sollten. Der Brunnen war nach Angabe
des Hrn. Schulz nach seiner Methode und zwar so
eingerichtet, daß man beliebig mit und ohne Evaluation des Brunnenkessels arbeiten
konnte. Durch vorhergegangenes Pumpen war das Wasserniveau so weit gesenkt, daß die
Pumpe während der Versuche Luft und Wasser förderte.
Beim ersten Versuche stellte Hr. Schulz die Evaluation ab, und wurde in 12 Minuten ein Eimer, welcher 12
Quart faßte, gefüllt, während die Pumpe von 2 Mann in Bewegung gesetzt, 68 Hübe per Minute machte.
Beim zweiten Versuch stellte Hr. Schulz die Evacuation her, und wurde bei derselben Hubzahl derselbe Eimer
in 4 Minuten 15 Secunden gefüllt.
Beim dritten Versuche arbeiteten 3 Mann bei Evacuation
mit größtmöglicher Geschwindigkeit an der Pumpe, und wurde derselbe Eimer jetzt in 1
1/2 Minuten gefüllt.
Da Unterzeichnete sich berechtigt glauben, die Leistungsfähigkeit
des Brunnens umgekehrt proportional der bei jedem Versuche erforderlichen Zeit zu
setzen, so hatte der Brunnen mit Evacuation und 68 Touren per Minute 2,8 mal so viel Wasser geliefert als ohne Evacuation, und als
zugleich die Geschwindigkeit vermehrt wurde, steigerte sich die Leistungsfähigkeit
des Brunnens bis zum Achtfachen.
Paul Consentius,Civilingenieur in Hagen.
Dr.
C. List,Lehrer der königlichen
Prov.-Gewerbeschulein Hagen.