Titel: | Ueber die Vertheilung des Stickstoffgehaltes in der Kartoffelknolle; von B. Dietzell. |
Autor: | B. Dietzell |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. LXII., S. 233 |
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LXII.
Ueber die Vertheilung des Stickstoffgehaltes in
der Kartoffelknolle; von B. Dietzell.
Dietzell, über die Vertheilung des Stickstoffgehaltes in der
Kartoffelknolle.
Die ältere Vorstellung, daß den sogen. proteinartigen Körpern die
Krystallisationsfähigkeit mangele, hat vor 22 Jahren durch Reichert's EntdeckungC. B. Reichert: Beobachtungen über eine
eiweißartige Substanz in Krystallform, in Müller's Archiv für physiologische und pathologische Chemie und
Mikroskopie, 1849 S. 197. der Eiweißkrystalle im Blute des Meerschweinchens den ersten erfolgreichen
Stoß erlitten. So sehr man sich, namentlich wohl von Seite der Chemiker, der neuen
Auffassung widersetzte, häufte sich jedoch im Laufe der Jahre Thatsache auf Thatsache, so daß
selbst der hartnäckigste Zweifel zuletzt wankend werden mußte, obgleich bis zur
Stunde die Frage nicht zu einem eigentlichen Abschlusse durch Beweis gelangt
ist.
Nicht nur, daß zahlreiche einzelne Fälle bekannt wurden, wo proteinartige Körper,
sowohl pflanzlichen als thierischen Ursprunges, in Krystallformen auftraten, haben
sich selbst bereits mehrere natürliche Gruppen dieser früher kategorisch geleugneten
Proteinoidkrystalle gebildet. Eine solche Gruppe umfaßt die aus dem Thierblut
erhaltenen Hämatokrystalline und ihre zahlreichen Verwandten, eine andere die sogen.
Aleuronkrystalle Hartig's. Dieser Forscher hatte i. J.
1855v. Mohl und v. Schlechtendal's botanische Zeitung, 1855, 50stes Stück, S.
881. im Inhalte der verschiedensten Samen, meistens neben Oel, eigenthümliche im
äußeren Ansehen den Stärkmehlkörnern ähnliche Körperchen aufgefunden, die sich
jedoch von letzteren durch ihre Löslichkeit in Wasser, in Folge welcher sie auch bis
dahin übersehen worden waren, leicht unterschieden und außerdem durch die üblichen
Reagentien ihre proteinartige Natur unzweifelhaft zu erkennen gaben. Hartig bezeichnete dieselben als Klebermehl oder Aleuron
(von αλευϱον Weizenmehl). Im
Jahre daraufv. Mohl und v. Schlechtendal's botanische Zeitung, 1856, N. 15, S. 263. fand Hartig, daß diesen eigenthümlichen Gebilden
nicht selten Krystallform zukomme; dieses war unter Anderem bei der Muscatnuß, bei
der Paranuß (Bertholletia excelsa), bei Nicotiana sanguinea der Fall. Im ersteren Falle
erschienen die Aleuronkrystalle als Oktaeder, bei der Paranuß als Rhomboeder, bei
der Nicotiana als Würfel.
Eine dritte Gruppe solcher krystallisirter Proteinkörper umfaßt die Dotterplättchen
in den Eiern der Knochensische, Schildkröten und Lurche, resp. die Ichtidin-,
Emydin- und Ichtinkörner.
Zu allen diesen gesellten sich nun noch in Folge jüngerer Entdeckungen (1858) ein
paar, wieder für die Pflanzenphysiologie besonders interessante ähnliche Gebilde,
nämlich das von Radlkofer
L. Radlkofer: über Krystalle proteinartiger Körper
pflanzlichen und thierischen Ursprungs, Leipzig bei Wilhelm Engelmann 1859; woselbst auch die betreffende
Quellenliteratur mit großem Fleiße zusammengestellt ist. aufgefundene Phytokrystallin, analog dem Hämatokrystallin benannt, in den
Kernen der Epitelialzellen der jungen befruchteten Samenknospe u.s.w. von Lathraea Squamaria und endlich wohl als das
zugänglichste von allen derartigen Beispielen Cohn's
Proteinkrystalle in den Kartoffeln, welche allerdings ihrer Form nach bereits 1845
von Bailey
American Journal of
Science and Arts, conducted by Pr. Silliman
and B. Silliman
jun., New-Haven 1845, vol.
XLVIII p. 17: On the
crystals
found in plants: p. 31: – thus beautiful little cubes occur sparingly among the
search globules in the tubers of the of potato – –
– – The crystals in potato and onion
may possibly be one of the phosphates of lime, as phosphoric acid has
been detected in both these vegetables. beobachtet wurden, deren nähere Beschreibung und Aufdeckung ihrer
proteinartigen Natur jedoch das Verdienst Cohn's
bleibt.37. Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur,
Breslau 1858, und Erdmann's Journal für
praktische Chemie, 1860, Bd. LXXX S. 129.
Handelt es sich lediglich darum, die Existenz derselben durch den directen Anblick zu
vergegenwärtigen, so eignet sich dazu am besten die in der Schale gekochte
Kartoffel. Zieht man die äußere Korkschale, ähnlich wie beim Genusse derselben,
behutsam ab, so wird dadurch die sogen. Rindenschicht, welche sich von dem
eigentlichen Mark der Kartoffel durch einen etwas beträchtlicheren Zusammenhang
auszeichnet, bloßgelegt, von welcher man nun mit einiger Vorsicht leicht größere
Stücke, die alsdann eine welche zusammenhängende Haut darstellen, parallel der
Korkschale ablösen kann. Diese Rindenschicht ist der eigentliche Sitz der in Rede
stehenden Krystalle Cohn's. Bringt man ein solches
Häutchen auf den Objectträger des Mikroskopes, so gewährt dasselbe mit seltenen
Ausnahmen, wo die Krystalle fehlen, einen sehr zierlichen Anblick, indem in der
oberen Lage an Stärkmehl armer oder davon ganz freier Parenchymzellen je ein (selten
zwei) sehr regelmäßig gestalteter Krystallwürfel sichtbar wird.Die Krystalle finden sich in den zwei bis drei Lagen umfassenden Zellen,
welche nach Schacht (Bericht an das kgl.
Landes-Oekonomie-Collegium, über die Kartoffelpflanze und
deren Krankheiten; Berlin bei E. Wiegandt 1856 S.
3) die Vermehrung der Korkzellen von Innen (der Knolle) her bestreiten und
sind in gut gelungenen Radialschnitten so leicht sichtbar, daß man jetzt
kaum begreift wie sie Schacht hat übersehen
können, da seine bildliche Darstellung doch viel kleinere Details
wiedergibt. Auch fand sich an den von mit untersuchten Kartoffeln der
Gefäßbündelring (Cambiumring; Verdickungszweig, Schacht; Hauptgefäßbündelsystem, Nobbe)
niemals so nahe an der Oberfläche wie die Abbildung Schacht's (a. a. O. Taf. II Fig. 9), gemäß der Reduction der
Vergrößerungsangabe und den Dimensionen der Zellen etwa 0,6 Millimeter,
– darstellt, sondern meist wohl um das Zehnfache weiter nach dem
Inneren. Weiter nach dem Inneren der Kartoffelknolle werden die Parenchymzellen immer
reicher an Stärkekörnern, wie auch diese letzteren an Größe zunehmen, so daß die
tiefer gelegenen mit Stärkmehl ganz ausgefüllt erscheinen. Nach Cohn's Messung haben die Krystallwürfel 0,007 bis 0,013
Millimeter Seite.
Ueber ihre proteinartige Natur kann nach dem Verhalten gegen Reagentien nicht wohl
ein Zweifel obwalten. Sie werden durch Jodkalium-Jodlösung gelb gefärbt.
Ebenso durch Salpetersäure, wobei die Färbung durch Kalizusatz in Brandgelb
übergeht, Xanthoproteinsäure
Mulder's. Das Millon'sche
ReagensSalpetrige Säure enthaltendes salpetersaures Quecksilberoxydoxydul, erhalten
durch Auflösen von Quecksilber im gleichen Gewichte Salpetersäure von 1,41
specif. Gewicht und Verdünnen auf das doppelte Volumen. (E. Millon, sur un réactif propre aux
composés protéiques, Comptes rendus, t. XXVIII p. 40). färbt sie ziegelroth, concentrirte (rohe) Salzsäure bei schwachem Erwärmen
violett. Diese letztere Reaction mit Salzsäure kommt unter den Eingangs erwähnten
Verwandten Gebilden nur noch dem Phytokrystallin Radlkofer's und nach Maschke
O. Maschke: über den Bau und die Bestandtheile der
Kleberbläschen in Bertholletia (Erdmann's Journal
für praktische Chemie, Bd. LXXIX S. 148. – v. Mohl und v. Schlechtendal's botanische
Zeitung, December 1859). den Aleuronkrystallen zu, so daß diese Körper nach dieser Richtung eine
eigene Gruppe bilden. Concentrirte Schwefelsäure färbt die Krystalle Hellroth, indem
aus der vorhandenen Stärke Zucker entsteht, und dann also die Bedingungen für die
bekannte Proteinreaction vorhanden sind.
Für die ächt krystallinische Natur dieser Körper spricht, daß Maschke wenigstens die Aleuronkrystalle der Paranuß aus der wässerigen
Lösung umzukrystallisiren vermochte. Ebenso hat sich RadlkoferA. a. O. S. 117.
von der Umkrystallisirbarkeit der Ichthidinplättchen überzeugt.
So sehr alle diese Daten für die proteinartige Natur der in Rede stehenden Krystalle
nun aber auch reden, so ist es doch immer zu bedauern, daß eine eigentliche –
quantitative – Analyse derselben, eben wegen der Unmöglichkeit das
erforderliche Material zu isoliren, noch nicht durchzuführen war, wie auch Radlkofer
A. a. O. S. 138. sagt: „Ebenso läßt über ihre proteinartige Natur einerseits ihr
Verhalten zu allen den Agentien, welche die bekannten eiweißartigen Körper in
charakteristischer Weise verändern – – – kaum einen
Zweifel. Andererseits fehlt uns jedoch der directe Nachweis ihrer proteinartigen
Zusammensetzung, welchen uns nur die Waage zu geben vermag und den jene
Reactionen nie ersetzen können.“
Wenn die Isolirung dieser interessanten Krystallbildungen
in der Rindenschicht der Kartoffel nun auch noch vielleicht länger ein unerfüllter
Wunsch bleiben dürfte, so muß nach der anderen Seite der Umstand, daß das Vorkommen
derselben auf die äußere Schicht der Knolle beschränkt ist, auf die leicht durch den
analytischen Versuch zu controlirende Vertheilung des Stickstoffgehaltes in dieser
von wesentlichem Einflusse seyn, und diese soliden
proteinartigen Körper müssen den Stickstoffgehalt jener Schicht in namhafter Weise
erhöhen. Aehnlich wie die Getreidekörner, deren oberste Zellenlage unter der
Corticalschicht der Epidermis (resp. Pigmentschicht) durch vorwiegende
Proteinsubstanzen und Fett ausgezeichnet ist, und welcher nach innen dann erst die eigentlich
stärkmehlführenden Zellen folgen, ähnlich hätte also auch die Kartoffel unter der
Korkhaut eine solche proteinführende Zellenschicht.
Ich stellte mit daher die Aufgabe, durch gewichtsanalytische Bestimmung die Frage zu
entscheiden: ob und in welchem Grade der Stickstoffgehalt der
Rindenschicht der Kartoffelknolle denjenigen der inneren Marksubstanz
überwiege. Man mußte in diesen Ermittelungen aber auch zugleich eventuell
einen weiteren Wahrscheinlichkeitsgrund zur Annahme der proteinartigen Natur für die
Cohn'schen Krystalle gewinnen, und wenn man dieselben
auch nicht als einen eigentlichen Beweis dafür ohne Weiteres ausnutzen kann, so
erlangen sie doch mit den angeführten qualitativen Reactionen zusammengehalten eine
bestimmtere Bedeutung.
Wegen der leichteren Präparation verwandte ich in diesen Versuchen, in der Schale gesottene Kartoffeln. Dieselben, zwei verschiedene
Sorten, wurden alsdann von der Korkschale befreit und darauf die unmittelbar unter
der letzteren befindliche Rindenschicht, nach vorhergegangener mikroskopischer
Prüfung, vorsichtig losgetrennt, wobei alle Aufmerksamkeit darauf verwendet wurde:
dieselbe, unterstützt durch ihren etwas größeren Zusammenhang, möglichst frei von
der inneren Substanz zu erhalten.Ich betone nochmals, daß diese sehr charakterisirte, etwa 0,5 Millim. dicke
Schicht nicht bis zum Cambium reicht, und habe daher bei Anführung der
analytischen Belege für die übrige Masse nicht den Ausdruck Mark gebraucht, sondern den allgemeinen Inneres, in welchem der Gefäßbündelring u.s.w.
mit inbegriffen ist. Beide Materialien, sowohl die Rindenschicht als auch das Innere, wurden nun
vorläufig, zuletzt im grobgepulverten Zustande, bei 100° C. getrocknet, dann
aber je eine kleinere Menge davon, behufs der eigentlichen Bestimmung der
Trockensubstanz, im Trockenrohre bei 110° C. (mittelst durch Thermostaten
regulirtem Oelbade) und im getrockneten Luftstrom zur Constanz gebracht. Der Rest
der Materialien wurde wohlverschlossen zur Entnahme der Proben für die weiteren
Bestimmungen reservirt.
Mit diesen beiden Materialien wurde sodann die Stickstoffbestimmung durch Verbrennen
mit Natronkalk und Auffangen des entwickelten Ammons in Normalschwefelsäure
ausgeführt, und dabei folgende Resultate erhalten:
Nr. I.
A. Rindenschicht.
Substanz
vorläufig getrocknet
3,5762 Grm.
Von demsel. Material zur Trockenbestimmung
Constant bei 110° C.
2,2389 „2,088
„
D.h. Subst. z. Stickstoffbest. trocken bei
110° C.
(3,5762 . 2,088)/2,2289 Grm.
Vorgeschlagene Normalschwefelsäure
20 K. C.
Normalkali zurück
14,4 K. C.
oder durch Ammoniak neutralisirt
5,6 K. C.
Also Stickstoff
5,6 . 0,014 Grm.
u. Proteinoide in 100 Gew. Th. Trockensubst.
(100 . 2,2389 . 5,6 . 0,014 . 6,25)/(3,5762 . 2,088) = 14,68 Proc.
Der Stickstoffgehalt der die Proteinkrystalle führenden Rindenschicht nähert sich
also dem für Gerste, Hafer, Roggen bekannten, deren Nährwerth ein viel höherer als
der der Kartoffeln ist.
Vergleichen wir hiermit nun den Stickstoffgehalt des Inneren der Kartoffel:
B. Inneres.
Substanz
vorläufig getrocknet
3,173 Grm.
Von demsel. Material zur Trockenbestimmung
Constant bei 110° C.
2,6275 „2,392 „
D.h. Trockensubst. zur Stickstoffbestimmung
(3,173 . 2,392)/2,6275 Grm.
Vorgeschlagene Normalschwefelsäure
20 K. C.
Normalkali zurück
16,8 K. C.
D.h. durch Ammon neutralisirt
3,2 K. C.
Also Stickstoff
3,2 . 0,014 Grm.
u. Proteinoide in 100 Gew. Th. Trockensubst.
(100 . 2,6275 . 3,2 . 0,014 . 6,25)/(3,173 . 2,392) = 9,70 Proc.
GöbelGöbel, Agriculturchemie; dritte Auflage,
durchgesehen und umgearbeitet von R. Wagner, S.
338. gibt den Gehalt an stickstoffhaltigen Substanzen für „weiße
Kartoffeln“ zu 9,94, für „blaue“ zu 7,63
Procenten an. Ritthausen
Erdmann's Journal für praktische Chemie, 1855,
Bd. LXVI S. 302. fand für weiße Speisekartoffeln 9,91 und für weiße mecklenburgische
Kartoffeln 8,61 Procente desselben.
Setzt man in den gefundenen Daten den Gehalt an Proteinkörpern in der Rindenschicht
gleich Eins, so wird der des Inneren der Kartoffel zu 0,661, oder das Innere der
Kartoffel enthielt nur zwei Drittel von der relativen Menge an Proteinsubstanzen,
die sich in der Rindenschicht vorfand.
Zu einem ganz ähnlichen Ergebnisse führten die Bestimmungen mit einer anderen Sorte
Kartoffeln. Es wurden nämlich gefunden:
Nr. II.
A. Rindenschicht.
Substanz bei
110° C. constant
3,3331 Grm.
Vorgeschlagene Normalschwefelsäure
20 K. C.
Normalkali zurück
14,6 K. C.
D.h. durch
Ammon neutralisirt
5,4 K. C.
oder
Proteinkörper
5,4 . 0,0875 Grm.Man leitet gewöhnlich den Werth für die Proteinsubstanzen, deren
Stickstoffgehalt zu 16 Proc. angenommen, aus dem letzteren durch Multiplication mit 6,25
(= 100/16)ab, wofür man also zuerst den Stickstoffgehalt, wenn man
nach dieser analytischen Methode verfährt, durch Multiplication der
von Ammon gesättigten Kubikcentimeter Normalsäure mit 0,014 (für
Gramme; 14 für Milligramme) berechnen muß. Es ist jedoch offenbar
bequemer, wenn man die durch Ammon neutralisirten Kubikcentimeter
direct mit 0,0875, dem ein für allemal ausgerechneten constanten
Factor 0,014 . 100/16 oder 0,014 . 6,25, multiplicirt, wodurch man
dann die Menge der stickstoffhaltigen Substanzen ohne
Zwischenrechnung erfährt.
und Proteinkörper in 100 Gew. Th.
Trockensubstanz
(100 . 5,4 . 0,0875)/3,3331 = 14,16 Proc.
und analog:
B. Inneres.
Substanz bei
110° C. constant
3,1315 Grm.
Vorgeschlagene Normalschwefelsäure
20 K. C.
Normalkali zurück
16,6 K. C.
D.h. durch Ammon neutralisirt
3,4 K. C.
oder Proteinkörper
3,4 . 0,0875 Grm.
und Proteinkörper in 100 Gew. Th.
Trockensubstanz
(100 . 3,4 . 0,0875)/3,1315 = 9,50 Proc.
Auch in diesem Versuche war also der Gehalt an Proteinsubstanzen in der Rindenschicht
viel beträchtlicher als in dem Inneren der Kartoffel, und setzt man den ersteren
wieder gleich Eis, so wird der des Inneren der Kartoffel zu 0,671. Hier betrug der
relative Stickstoffgehalt in dem Inneren um ein Geringes mehr als zwei Drittel von
dem der Rindenschicht. Nimmt man umgekehrt den Stickstoffgehalt des Inneren als
Maaßeinheit an, so wird derjenige der Rindenschicht in Versuch I zu 1,51 und in
Versuch II zu 1,49. Die Rindenschicht enthält also im Mittel das Anderthalbfache an
stickstoffhaltigen Substanzen von den im Inneren sich findenden.
Es ergibt sich hieraus die Einbuße an Nährkraft, welche geschälte Kartoffeln durch
das Schälen erleiden müssen, und der höhere Werth der Kartoffelschale als
Futtermittel. Mit diesem Mehrgehalte an stickstoffhaltigen Bestandtheilen dürfte auch der
kräftigere Geschmack der in der Schale gerösteten oder gesottenen Kartoffeln im
Zusammenhang stehen. Hunde, welche das Innere der Kartoffel verschmähen, fressen
häufig noch gern die Schalen.
Bemerkenswerth ist es, daß wir nach dem gewöhnlichen Gebrauch bei der Zubereitung der
Kartoffel als Speise gerade die nahrhafteste Partie durch das Schälen entfernen.
Eine andere Frage ist, ob der größere Stickstoffgehalt in der Rindenschicht der
Kartoffel die Verarbeitung derselben als Gährmaterial beeinflußt?
In Prof. Fraas'
„Natur der Landwirtschaft“ (1867, bei Cotta) Bd. I S. 432, Tab. II und III, findet sich – nach dem
Vorbilde im Report of Patent office of Washington für
Mais – eine Darstellung in Farbedruck, die Vertheilung anschaulich machend
von Kalk, Eiweiß, Phosphorsäure, und je resp. damit zusammenfallend Stärke dichter
gelagert, Stärke dünner gelagert, Wasser und Gummi. Der durch diesen Farbedruck zur
Anschauung gebrachte Querschnitt der Kartoffelknolle müßte gemäß vorliegender
Mittheilung unter der Korkschale, der Rindenschicht entsprechend, eine schmale die
stickstoffreichste Partie repräsentirende Einfassung erhalten.
Während der Nährwerth der Kartoffelschale (Rindenschicht) durch die obigen Angaben
direct übersehen werden kann, ist es für die Beurtheilung des Einflusses, welchen
das Schälen der Kartoffel auf den Nährwerth derselben im geschälten Zustande ausübt,
noch nothwendig das Mengenverhältniß zwischen Rindenschicht und Innerem zu kennen.
Eine Kartoffel, welche ganz aus Rindenschicht bestünde, würde allerdings auch einen
um die Hälfte größeren Nahrungswerth besitzen; da die Rindenschicht indeß nur sehr
dünn ist, sagen wir im Mittel 0,5 Millimeter, so muß die Herabstimmung des
Durchschnittsgehaltes an Proteinsubstanzen der ganzen Kartoffel durch die Entfernung
der Rindenschicht nur gering ausfallen.
Ich habe daher an einer Knolle von mittlerer Größe der obigen Kartoffelsorte Nr. II
dieses Mengenverhältniß zwischen Rindenschicht und Innerem noch besonders ermittelt.
Die sorgfältig abgelöste Rindenschicht betrug bei 110° C. getrocknet 0,777
Grm. Das zugehörige Innere wog vorläufig getrocknet 48,724 Grm., und von diesem
Material lieferten 4,604 Grm. bei 110° C. getrocknet 4,1205 Grm. Die gesammte
vorläufig getrocknete innere Kartoffelsubstanz würde also 43,639 Grm.
Trockensubstanz entsprechen. Die ganze (von der Korkschale befreite) Kartoffel setzt
sich in ihrer Trockensubstanz also zusammen aus 43,639 Grm. Innerem und nur 0,777
Grm. Rindenschicht, oder in 100 Gewichtstheilen Kartoffeltrockensubstanz finden
sich 1,75 Procente Rindenschicht und 98,25 Procente Inneres; so daß wir für die
Betheiligung der Proteinsubstanzen beider Materialien an der procentischen
Zusammensetzung der ganzen (trockenen) Kartoffel folgenden Ueberblick erhalten:
Rindenschicht
1,75 Gew. Th.
von
14,16 Proc.
u.
also
mit
0,24 Gew. Th.
Proteinkörper
Inneres
98,25
„
„
9,5 „
„
„
„
9,34 „
„
–––––
––––
Ganze Kartoffel
100,00 „
„
„
9,58 „
„
Die relative Stickstoffentnahme durch das Schälen ist also nicht so bedeutend als man
vielleicht beim ersten Anblick der oben mitgetheilten analytischen Belege erwartet
hätte. Während man in 100 Gewichtstheilen geschälter Kartoffel 9,50 Gewichtstheile
Proteinsubstanzen disponibel hat, finden sich in der nicht geschälten 9,58 Procente.
Hingegen ist die Nährkraft der Schale selbst, da sich in ihrer geringen Menge der
ganze Unterschied im Stickstoffgehalte beider Materialien anhäuft, wie gesagt, ein
um die Hälfte größerer als der des Inneren.
Es war allerdings zunächst nur die Aufgabe gegenwärtiger Mittheilung, über die
Vertheilung des Stickstoffgehaltes zwischen Rindenschicht und Mark (in unserem
Sinne) der Kartoffelknolle einen Aufschluß zu geben; aus den bekannten Daten bei dem
Getreide, wo die zunächst unter der Corticalschicht liegenden Zellen neben
Proteinsubstanzen auch vorwiegend Oel führen, drängte sich jedoch zu sehr die Frage
heran: ob ein ähnliches Verhältniß nicht auch für die gleichfalls durch einen
höheren Stickstoffgehalt ausgezeichnete Rindenschicht der Kartoffel Geltung habe,
als daß ich nicht auch hierin mit durch den directen Versuch hätte einen Aufschluß
verschaffen sollen.
Es wurde daher von den Materialien der obigen Kartoffelsorte Nr. II noch je eine
Probe im continuirlich wirkenden ExtractionsapparateGelehrte Anzeigen der k. bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1860, Nr.
9. mit wasserfreiem Aether ausgezogen. Nach dem Verdunsten des Aethers
hinterblieb ein öliges Residuum, welches an Wasser nur unbeträchtliche Mengen
fremder Beimischungen abgab und nach Abzug dieser (wofür man die wässerige Lösung
wieder zur Trockene brachte und das Gewicht des Rückstandes bestimmte) zu folgenden
Zahlenwerthen führte:
A. Rindenschicht.
Substanz bei 110° C. constant
6,168 Grm.
Oel
0,0408 „
D.h. Oel aus 100 Gew. Th. Trockensubstanz
0,66 Proc.
B. Inneres.
Substanz bei 110° C. constant
6,213 Grm.
Oel
0,024 Grm.
D.h. Oel aus 100 Gew. Th. Trockensubstanz
0,38 Proc.
Nimmt man hier wieder den relativen Fettgehalt der Rindenschicht als Einheit an, so
wird derjenige des Inneren zu 0,573 und umgekehrt ergibt sich der der Rindenschicht,
bezogen auf den des Inneren als Einheit, zu 1,74. Es bestätigte sich also unsere
Vermuthung und fand sich der höhere Stickstoffgehalt mit dem höheren Oelgehalte
vereinigt. Auch nähert sich das Verhältniß des relativen Oelgehaltes in beiden
Materialien ziemlich dem oben für den Stickstoff gefundenen, jedoch ist die
Abweichung nach beiden Extremen eine etwas größere, obwohl nicht derartig, daß
dadurch der Existenz eines constanten Verhältnisses zwischen der Menge der
Proteinsubstanzen und dem Fettgehalte im eigentlichen Sinne widersprochen würde.
Man hat nämlich:
Proteinoide
Fett
Proteinoide auf1 Gew. Th. Fett
Rindenschicht
14,16
0,66
21,45
Inneres
9,50
0,38
25,00
Es nähert sich also das Verhältniß zwischen stickstoffhaltigen Substanzen und Fett in
beiden Materialien sehr einem mittleren von etwa 23 Gewichtstheilen Proteinkörpern
auf 1 Gewichtstheil Fett. Eine nähere Bestimmung desselben lag jedoch außerhalb der
mit im Vorliegenden gesteckten Grenzen, und würden dafür umfassendere
Versuchsreihen, ausgeführt mit größeren Substanzmengen, erforderlich seyn. Auch die
unorganischen Bestandtheile zeigten sich in der Rindenschicht besonders angehäuft,
denn während das Innere der Kartoffel (obige Nr. II) davon nur 4 Proc. der
Trockensubstanz lieferte, ergab die Rindenschicht 7,6 Proc., so daß der Unterschied
hier noch größer ist als für Proteinsubstanzen und Oel. Der Aschengehalt der von der
Korkschale befreiten Kartoffel ergibt sich darnach zu 4,06 Procenten. Von einem
besonderen Interesse würde noch die Frage seyn, ob, ähnlich wie nach W. Mayer
Ergebnisse landwirthschaftlicher und agricultur-chemischer Versuche an
der Station des bayerischen landwirtschaftlichen Vereines in München, I.
Heft S. 47. in den Cerealien, auch hier in den beiden differenten Substanzen ein
constantes Verhältniß zwischen dem Stickstoffgehalt derselben und der
Phosphorsäuremenge ihrer Aschen obwalte.
München, im Reischauer'schen
Laboratorium, Juli 1869.