Titel: | Ueber das Schwefeleisenkalium und dessen Bildung bei der Fabrication des gelben Blutlaugensalzes; von C. Preiß. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. LXXXII., S. 307 |
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LXXXII.
Ueber das Schwefeleisenkalium und dessen Bildung
bei der Fabrication des gelben Blutlaugensalzes; von C. Preiß.
Im Auszug aus dem
Journal für praktische Chemie, 1869, Bd. CVII S. 10.
Preiß, über Schwefeleisenkalium und dessen Bildung bei der
Blutlaugensalzes-Fabrication.
Nach mehreren mißlungenen Versuchen habe ich zur Darstellung des Kaliumeisensulfids
(Schwefelkalium-Schwefeleisens) den Nächstliegenden Weg eingeschlagen,
dasselbe direct durch Zusammenschmelzen seiner Bestandtheile, resp. Schwefel, Eisen
und Kalium in Form von Potasche zu bereiten. Durch mannichfache Abänderung der
Gewichtsverhältnisse der einzelnen angewendeten Substanzen und der beim Schmelzen
angewendeten Temperatur gelangte ich schließlich dazu, ein Präparat zu erzielen,
welches constante Zusammensetzung besaß und auch unter dem Mikroskop sich als
vollkommen gleichartig erwies.
Behufs der Darstellung dieser Substanz werden 5 Gewichtstheile Schwefel, 5 Th.
kohlensaures Kali und 1 Th. Eisen (als durch Wasserstoff reducirtes Eisen oder
Eisenfeile) innig gemengt und in einem bedeckten Tiegel einer langsam steigenden
Hitze ausgesetzt; nachdem die erste heftige Reaction beendigt ist, wobei ein starkes
Aufschäumen stattfindet, weßhalb die Schmelzgefäße nur bis zur Hälfte mit dem
Gemische gefüllt seyn dürfen, und die Masse ruhig fließt, verstärkt man das Feuer
und erhält durch etwa eine Stunde helle Rothgluth. Von der hinreichend hohen
Temperatur ist überhaupt das ganze Gelingen der Operation abhängig; nur wenn
hinreichend starkes Feuer gegeben wurde, erhält man ein Präparat, welches frei von
einer dem krystallisirten Sulfid beigemengten amorphen Substanz ist. Sodann läßt man
langsam erkalten, weicht die halbmetallisch glänzende, oft messinggelb gefärbte
Schmelze mit Wasser auf und befreit den unlöslichen Rückstand von den löslichen
Theilen vorerst durch Decantiren und schließlich durch Auswaschen auf dem
Filter.
Schon beim Decantiren kann man erkennen, ob die Darstellung gelungen ist oder nicht. Im
ersteren Falle klärt sich nämlich die mit dem Rückstande aufgerührte Flüssigkeit
sehr rasch binnen einigen Minuten, und bleibt dabei farblos, höchstens gelblich
gefärbt von aufgelöstem Kaliumpolysulfid; im anderen Falle beansprucht das
vollständige Absetzen Stunden, ja oft Tage und das Waschwasser färbt sich dabei mehr
oder weniger grün.
Bei dem nachherigen Pressen zwischen. Fließpapier und möglichst raschem Trocknen bei
100°C. oxydirt sich die bei hinreichend hoher Temperatur erzielte Substanz
nicht oder nur sehr schwach, wogegen die bei geringer Hitze gebildete sich während
dieser Operation braungelb färbt und durch die oxydirende Wirkung der Luft den Glanz
verliert.
Dasselbe krystallisirte Product kann durch ähnliche Behandlung eines Gemenges von
schwefelsaurem Kali, Eisen, Schwefel und Kohle erhalten werden.
Das so erhaltene Kaliumeisensulfid bildet nadelförmige Kryställchen von bis 5 Millim.
Länge und starkem halbmetallischem Glanz, röthlich violett gefärbt mit einem Stich
in's Gelbliche, in dieser Richtung überhaupt stark an das krystallisirte
übermangansaure Kali erinnernd; unter dem Mikroskop erscheinen die einzelnen
Individuen als platte, vierseitige, oft unter einander der Länge nach verwachsene
Prismen mit geraden Enden.
Für das specifische Gewicht, dieses mittelst eines Pyknometers ermittelt, ist als
Durchschnittszahl mehrerer Bestimmungen 2,563 gefunden worden.
Behufs der quantitativen Analyse wurde das Sulfid in einer mit Glasstöpsel
verschließbaren Flasche mit rother, rauchender Salpetersäure behandelt und aus der
Lösung der Schwefel als schwefelsaurer Baryt, das Eisen als Hydrat gefällt, das
Kalium theils als schwefelsaures Kali, theils nach vorherigem Ueberführen in
Kieselfluorkalium durch Titriren mit Natronlauge bestimmt. Das Mittel der Resultate
dreier Analysen (von Producten verschiedener Darstellungen) ist folgendes:
Berechnet.
Schwefel
39,90
40,25
Eisen
35,34
35,22
Kalium
24,16
24,53
––––––––––––––
99,40
100,00
Diese Zahlen stimmen am besten mit der empirischen Formel KFe²S⁴
überein; die rationelle Formel scheint KS, Fe²S² zu seyn.
Beim Erhitzen in einer unten zugeschmolzenen Röhre verändert sich das Sulfid nicht;
bei Luftzutritt erhitzt verliert es aber den Glanz und wird roth durch gebildetes
Eisenoxyd. An trockener Luft aufbewahrt verändert es sich nicht, wogegen bei
Anwesenheit von Feuchtigkeit das schöne Aussehen bald verloren geht.
In Wasser, sowohl kaltem als auch kochendem, ist die Verbindung unlöslich; von verdünnten Säuren wird dieselbe zwar anfangs heftig
angegriffen, nach einiger Zeit hört aber die Einwirkung fast vollständig auf.
Concentrirte Salzsäure zersetzt sie unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff und
Ausscheiden von Schwefel. Beim Kochen mit Lösungen von Alkalien, kohlensauren und
Schwefelalkalien, erfolgt keine Veränderung. Beim Digeriren mit einer Lösung von
Cyankalium in gelinder Wärme wird dieses in Ferrocyankalium übergeführt (nebenbei
bildet sich auch etwas Schwefelcyankalium); nebstdem ist in der Flüssigkeit
Schwefelkalium enthalten, während der Niederschlag schließlich bloß aus
Schwefeleisen besteht.
Behandelt man das beschriebene Schwefeleisenkalium mit einer kochenden Lösung von
schwefligsaurem Natron, so verliert es seine krystallinische Beschaffenheit, wird
voluminös, schleimig, und ist in diesem Zustande so leicht oxydirbar, daß bei
gewöhnlichem Operiren nach dem Auswaschen und Trocknen eine schon zum größten Theile
durch den Sauerstoff der Luft veränderte Substanz resultirt. Dieses neue
Umwandlungsproduct hat außerdem die Eigenschaft, in Wasser mit grüner Farbe löslich
zu seyn. Das Schwefligsäuresalz wandelt sich bei der erwähnten Operation theilweise
in Unterschwefligsäuresalz um. Dieser letzte Proceß kann uns einen Anhaltspunkt
bieten zur näheren Erkenntniß der Natur des oben erwähnten amorphen Stoffes, welcher
dem krystallisirten Sulfid beigemengt ist, wenn die Temperatur bei der Bereitung
nicht hinreichend hoch und lang genug andauernd war; derartige Producte sind nämlich
ebenfalls voluminös, setzen sich aus der Flüssigkeit schwer ab, färben kochendes
Wasser, manchmal auch schon kaltes, grün und oxydiren sich an der Luft ungemein
rasch. Die obige Umwandlung des schwefligsauren Natrons in unterschwefligsaures
erfolgt auf Unkosten des Fe²S³, welches 1 Aeq. Schwefel abgibt, so daß
der Rückstand als eine Verbindung von Einfach-Schwefelkalium mit
Einfach-Schwefeleisen angesehen werden kann.
Im Allgemeinen bildet sich um so mehr des krystallisirten Sulfids, je höher die
Temperatur, um so mehr des amorphen, je niedriger dieselbe bei der Darstellung des
Präparates gehalten wurde.
Daß beim Schmelzprocesse behufs der Fabrication von gelbem Blutlaugensalz alle
Bedingungen zur Bildung von Kaliumeisensulfiden gegeben sind, ist leicht ersichtlich
und deren factische Bildung dabei auch längst außer allen Zweifel gesetzt. Auf eine
Erscheinung bei diesem Betriebe will ich aber noch speciell aufmerksam machen, weil sie
mit den im Vorhergehenden entwickelten Thatsachen zusammenhängt. Die Rohlaugen,
sogenannte Blutlaugen, sind je nach dem Schmelzgange lichter oder dunkler, resp.
weingelb bis grün gefärbt, mehr oder weniger trübe, abgesehen von der dunkleren
Färbung, welche dieselben überhaupt mit dem zunehmenden Alter einnehmen. Die Ursache
dieses Wechsels der Farbe und Klarheit der wässerigen Auszüge ist nach dem Gesagten
in der wechselnden Bildung von löslichem und unlöslichem Kaliumeisensulfid zu
suchen. Sind die Laugen grünlich, dann hat sich neben letzterem auch das erstere
gebildet, durch das schwierige Absetzen desselben bleiben sie trübe; die Temperatur
im Ofen war während des Schmelzprocesses nicht hinreichend hoch, damit im
Zusammenhange auch eine kleinere Ausbeute an Blutlaugensalz, indem uns die Praxis
lehrt, daß die Schmelzhitze einen bedeutenden Factor in diesem Fabricationszweige
ausmacht. Bei schön weingelben, klaren Laugen hat sich bloß unlösliches Doppelsulfid
gebildet, die Ofentemperatur war hinreichend hoch, damit im Zusammenhange eine
größere Ausbeute an Salz. Aus eigener Erfahrung kann ich dieses Verhältniß zwischen
Laugenfärbung und Ausbeute nur bestätigen, natürlich vorausgesetzt, daß bei den
anderen Operationen, als Auslaugen etc. unter sonst gleichen Umständen gearbeitet
wurde.
Beim Zerschlagen der erkalteten aus dem Ofen gezogenen Schmelze hatte ich zeitweilig
Gelegenheit, in den Poren derselben mittelst der Loupe kleine Partien einer Substanz
zu beobachten, welche vollständig das Ansehen der von mit beschriebenen
krystallisirten Verbindung besaß.
Die Bildung des Schwefeleisenkaliums erklärt auch theilweise den Verlust an
Kalisalzen, der sich in der Blutlaugensalz-Fabrication ergibt, indem der beim
Auslaugen durch Cyankalium unzersetzt gebliebene Theil desselben das Kalium in
unlöslicher Form zurückhält und somit in die Auslaugerückstände hinüberzieht; bei
längerem Liegen der letzteren an der Luft wird die Verbindung durch Oxydation
zersetzt, das Alkali in Form von Schwefelsäuresalz in Freiheit gesetzt und kann als
solches mittelst Wasser ausgezogen werden.
Aehnlich den Kaliumsulfiden lassen sich auch krystallisirte Verbindungen der anderen
Alkalimetalle, besonders des Natriums und Lithiums darstellen, obschon die Bereitung
der unlöslichen Verbindungsform der letzteren größere Schwierigkeiten darbietet, als
dieß bei dem betreffenden Kaliumsalz der Fall ist.
Prag, den 20. April 1869.