Titel: Ueber einige Mittel zur Beseitigung des Stoßens siedender Flüssigkeiten; von Hugo Müller.
Fundstelle: Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XIV., S. 40
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XIV. Ueber einige Mittel zur Beseitigung des Stoßens siedender Flüssigkeiten; von Hugo Müller. Aus Chemical News, vol. XIX p. 53; Juli 1869. Müller, über Beseitigung des Stoßens siedender Flüssigkeiten. Die durch das Stoßen mancher Flüssigkeiten beim Destilliren oder Kochen verursachten Unannehmlichkeiten haben schon öfters die Aufmerksamkeit der Chemiker auf sich gezogen und zur Verhütung dieser Erscheinung sind mancherlei Mittel in Vorschlag gebracht worden. Bekannt ist der Nutzen, welchen Stückchen von Platinblech, Holzkohle, gebranntem Thone und anderen porösen Substanzen zur Erreichung dieses Zwecks gewähren, und unter gewissen Umständen sind diese Mittel auch ganz genügend; es kommen jedoch im Laboratorium sehr häufig Fälle vor, wo dieselben nicht anwendbar sind. Vor etwa zwei Jahren gab Pietro Pellogio Polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S. 519. eine sehr einfache Vorrichtung an, welche als sehr zweckmäßig empfohlen wurde. Dieselbe besteht aus einem mäßig weiten Glasrohr, welches durch den Kork in der Tubulatur der Retorte geht und bis beinahe auf den Boden derselben hinabreicht, an seinem oberen Ende aber rechtwinkelig gebogen und zu einem Capillarrohre ausgezogen ist. Ich habe diese Vorrichtung geprüft und gefunden, daß sie ganz ohne Wirkung blieb; kurz darauf wurden die von mir erhaltenen negativen Resultate durch G. Hager (pharmaceutische Centralhalle, Bd. IX S. 105) bestätigt. Kürzlich empfahl E. Winkelhofer Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1869, Nr. 8; polytechn. Journal Bd. CXCIII S. 30. zu demselben Zwecke die Anwendung eines elektrischen Stromes, welcher eine Zersetzung der Flüssigkeit einleitet, in deren Folge eine Gasentwickelung stattfindet, und das Sieden ganz regelmäßig und ohne Unterbrechung von Statten geht. Dufour benutzt bekanntlich das gleiche Mittel zu einem anderen Zwecke. Leider setzt die Anwendung des elektrischen Stromes voraus, daß die zu destillirende Flüssigkeit ein hinlänglich guter Leiter für die Elektricität ist, so daß derselben, wenn dieß nicht der Fall ist, eine Substanz zugesetzt werden muß, durch welche sie leitend wird. Dadurch wird aber die Brauchbarkeit dieses sonst ganz zweckentsprechenden Verfahrens sehr beschränkt und dieß veranlaßt mich zu der Mittheilung einiger anderer Mittel, welche ich vielfach und stets mit dem besten Erfolge angewendet habe. Wo die Einführung irgend einer fremdartigen Substanz in die zu destillirende Flüssigkeit nicht erwünscht ist, setze ich in den Kork des Retortentubulus eine zu einem langen Capillarrohr ausgezogene Glasröhre ein, so daß dieselbe auf dem Boden des Gefäßes fest aufsitzt. Das obere Ende der Glasröhre ist mittelst eines Kautschukrohres mit einem Kohlensäure- oder Wasserstoff-Entwickler oder mit einem mit Luft gefüllten Gasometer verbunden, so daß während des Destillationsprocesses eins von diesen Gasen in einem langsamen, aber ununterbrochenen Strome durch die Flüssigkeit hindurchstreicht. Dadurch wird alles Stoßen vermieden und die Destillation geht mit der größten Leichtigkeit von Statten. Für gewöhnliche Zwecke habe ich es indeß zweckdienlicher gefunden, in die zu destillirende Flüssigkeit ein kleines Stückchen Natriumamalgam oder, falls dieselbe sauer ist, ein Stückchen Natriumzinn zu bringen. Bekanntlich gehört Methylalkohol zu den am schwierigsten zu destillirenden Flüssigkeiten; setzt man ihm aber ein Stückchen Natriumamalgam oder Natriumzinn zu, so läßt er sich ohne die geringste Unbequemlichkeit destilliren. In einem Falle fand ich, daß über 400 Gramme Methylalkohol ganz ruhig und ununterbrochen überdestillirten, ohne daß die Wirksamkeit eines Stückchens Natriumzinn, welches nur 0,060 Grm. wog, erschöpft wurde. Es dürfte wohl kaum nöthig seyn, zu erwähnen, daß die Wirkung des Natriumamalgams und Natriumzinnes von einer während des Destillationsprocesses stattfindenden, zwar schwachen, aber ununterbrochenen Entwickelung von Wasserstoffgas herrührt.