Titel: Ueber die Bestimmung des Schwefels und Gypses in der Knochenkohle; von E. Reichardt, Professor in Jena.
Fundstelle: Band 194, Jahrgang 1869, Nr. LVI., S. 241
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LVI. Ueber die Bestimmung des Schwefels und Gypses in der Knochenkohle; von E. Reichardt, Professor in Jena. Reichardt, über die Bestimmung des Schwefels u. Gypses in der Knochenkohle. Ueber die Wichtigkeit der Ermittelung des Gypsgehaltes der Knochenkohle für die Verwendung derselben insbesondere bei der Zuckerfabrication ist wohl nur zu schweigen; mit Recht legt man auf diese Bestimmung einen großen Werth. Die Ausführung der Untersuchung geschieht in der Regel durch Kochen mit Salzsäure und Bestimmen der nunmehr gelösten Schwefelsäure, oder durch wiederholtes Kochen mit einer Lösung von chemisch reinem kohlensaurem Natron. Heidepriem (Zeitschrift für die Rübenzucker-Industrie, Bd. XVI S. 652) gibt der letzteren Methode den Vorzug, obgleich auch nach der ersteren bei einigermaßen Vorsicht ganz genaue Resultate erhalten werden. Zu dem Versuche ist wegen der leicht vorkommenden Verschiedenheit der Kohlenstücke nicht zu wenig zu nehmen, circa 10 Grm. und in feingepulvertem Zustande. Wendet man Salzsäure an und kocht etwa 1 Stunde lang mit Luftstrom im geschlossenen Glase, so kann man leicht die Kohlensäure gleichzeitig bestimmen, das Schwefelwasserstoffgas u.s.w. 1) 10 Grm. einer gebrauchten und auf Gyps zu prüfenden Knochenkohle gaben mit Salzsäure behandelt 0,268 Proc. schwefelsauren Kalk (CaO, SO³); eine zweite Prüfung nach gleicher Methode ergab 0,260 Proc.; mit kohlensaurem Natron gekocht, wurden genau wieder 0,268 Proc. erhalten. 2) Eine zweite, gleichfalls auf Gyps zu untersuchende Knochenkohle ergab 0,15 Proc. CaO, SO³. H. Schulz gibt als Minimum bei 15 verschiedenen BetriebskohlenZeitschrift für die Rübenzucker-Industrie, Bd. XVI S. 707. 0,28, als Maximum 1,41 Procent Gyps an. Zur Prüfung des gesammten Schwefelgehaltes der Knochenkohle ließ ich gleichzeitig noch andere Methoden anwenden, und so namentlich das Glühen mit reinem Salpeter und Bestimmen der Schwefelsäure in der angesäuerten Lösung des Schmelzrückstandes. Obige Kohle von 0,268 Proc. Gehalt an schwefelsaurem Kalk ergab sodann, gleichfalls auf CaO, SO³ berechnet: a) 1,46 Proc., b) 1,2 Proc.; die zweite Kohle, welche 0,15 Proc. Gyps nach der üblichen Methode ergeben hatte, erwies nunmehr: a) 0,325 Proc., b) 0,332 Proc. 10 Grm. der ersten Kohle wurden verascht und die Asche auf Schwefelsäure geprüft; die Berechnung ergab 1,3 Proc. CaO, SO³. 3) Eine selbstdargestellte Knochenkohle, welche schon mehrere Jahre in der Sammlung aufbewahrt war, ergab bei der Bestimmung mit Salpeter 0,434 Proc. CaO, SO³. 4) Es wurde nunmehr von einem Rindsknochen frische Kohle dargestellt und 20 Grm. derselben in feingepulvertem Zustande so oft wiederholt mit verdünnter Salzsäure behandelt, bis zuletzt gar nichts mehr in Lösung überging; auf die Kohle berechnet, wurden nun 0,14 Proc. Gyps erhalten. Der völlig getrocknete Rückstand der möglichst mineralfreien Kohle wog 3,5 Grm. = 17,4 Proc. der neuen, ungebrauchten Kohle. Mit Salpeter geschmolzen und auf die ursprüngliche Kohle berechnet, wurden abermals 0,315 Proc. CaO, SO³ erhalten, in Summa 0,455 Proc.; d.h. Schwefel und Schwefelsäuregehalt auf wasserfreien schwefelsauren Kalk berechnet. 5) 20 Grm. einer gebrauchten, bei der Zuckerfabrication ausgeschossenen, verworfenen Knochenkohle gaben an Salzsäure ab 0,747 Proc. CaO, SO³. Die Kohle war wiederum möglichst vollständig von Mineralsubstanzen durch Säure befreit worden, der Kohlenrückstand wog ganz trocken 2,14 Grm. = 10,7 Proc. der ursprünglichen Knochenkohle und ergab mit Salpeter geschmolzen noch 0,4708 Proc. CaO, SO³ oder in Summa 1,2178 Proc. Bei dem Wiederbeleben, Glühen, der Knochenkohle muß stets etwas Kohlenstoff verloren gehen; die frisch dargestellte Kohle ergab 17,5 Proc. Kohlenstoff, d.h. solchen, welcher an Salzsäure gar nichts mehr abgab, die gebrauchte und gewiß oft wiederbelebte Kohle nur 10,7 Proc., obgleich hier natürlich auf eine gleichmäßige Beschaffenheit kein Anspruch gemacht werden kann. Die durch Salzsäure vom löslichen Gyps befreiten Knochenkohlen ergaben bei den verschiedenen Versuchen einen weiteren Schwefelgehalt, auf wasserfreien Gyps berechnet: 1) 0,932 bis 1,192; 2) 0,175 bis 0,182; 4) 0,315; 5) 0,4708; 3) gab überhaupt 0,434 Proc. CaO, SO³; 4) 0,455 Proc.; beide völlig ungebrauchte, selbstdargestellte Kohlen erweisen demnach sehr nahe stehende Resultate. Nach den Untersuchungen von Mulder enthält Chondrin 0,38 Proc. Schwefel, v. Bibra erhielt im Mittel einer Reihe Versuche 0,216 Proc.; die von letzterem untersuchte reine Knorpelsubstanz gab an Säure durchaus keine Schwefelsäure ab und enthielt überhaupt keine Asche mehr. Die neu dargestellte Knochenkohle 4) enthielt circa 17,5 Proc. Kohlenstoff (3,5 Grm. von 20 Grm. Kohle), und diese 3,5 Grm. Kohle gaben nach Berechnung auf CaO, SO³ 0,063 Grm. = 1,8 Proc. oder 0,42 Proc. Schwefel, ein Gehalt, welcher sehr gut mit den Resultaten v. Bibra's und Mulder's bei Chondrin übereinstimmt. Kohle 5) ergab in 20 Grm. nur 2,14 Grm. = 10,70 Proc. Kohlenstoff und diese 2,14 Grm. gaben in Rechnung 0,094 Grm. CaO, SO³ = 4,4 Proc. = 1,03 Proc. Schwefel, eine 2 1/2 Mal höhere Zahl, als bei der neu dargestellten Kohle. Bei den verschiedenen Einwirkungen auf die Knochenkohle im Gebrauche, wie bei der Wiederbelebung u.s.w., ist der Schwefelgehalt sicher nicht ganz außer Rechnung zu stellen; er kann namentlich mit zur Bildung von Schwefelcalcium u.s.w. dienen und deßhalb wurde derselbe auch der üblichen Vergleichung wegen mit als CaO, SO³ in Rechnung gestellt; die zwischen 4) und 5) gestellte Vergleichung führt aber zu der Annahme einer Vermehrung des Schwefelgehaltes während des Gebrauches und der verschiedenen Manipulationen mit der Kohle. Folgerungen aus diesen wenigen Versuchen zu machen, würde zu rasch gegriffen seyn; es mag genügen, darauf hinzuweisen. Die so oft auszuführenden Analysen von Knochenkohle werden gewiß auch in dieser Beziehung bald Aufschluß geben. Die Bestimmung des Schwefels mit reinem Salpeter ist übrigens sehr leicht auszuführen: Man zerkleinert eine größere Menge Knochenkohle möglichst fein und nimmt sodann 0,5 bis 1 Grm. des feinen Pulvers zur Analyse, mischt dieselben mit der 2- bis 3fachen Menge Salpeters sehr gut zusammen und trägt in kleinen Mengen in einen rothglühenden Porzellantiegel ein, jedesmal rasch denselben mit dem Deckel schließend; zuletzt glüht man noch einige Minuten bis zur völligen Verbrennung des Kohlenstoffes und ruhigerem Schmelzen der Masse. Letztere gießt man sofort in eine silberne oder eiserne oder Platinschale, um den Tiegel zu retten, welcher sonst bei dem Erkalten stets zertrümmert wird. Die Masse wird mit Wasser und Salzsäure bis zum starken Vorwalten längere Zeit erwärmt, namentlich auch, um etwa vorhandene salpetrige Säure zu entfernen, dann stark verdünnt, filtrirt und direct durch Chlorbaryum gefällt. Man kann das Schmelzen sogleich auf einer 4flammigen Gaslampe oder Berzeliuslampe vornehmen. (Zeitschrift des Vereines für die Rübenzucker-Industrie im Zollverein, Mai 1869, S. 327.)