Titel: Weiteres über Montigny's Infanterie-Kanone u. Gatling's Batterie-Geschütz.
Fundstelle: Band 194, Jahrgang 1869, Nr. LXIV., S. 294
Download: XML
LXIV. Weiteres über Montigny's Infanterie-Kanone u. Gatling's Batterie-Geschütz. Mit einer Abbildung auf Tab. VII. Ueber Montigny's Infanterie-Kanone und Gatling's Batterie-Geschütz. Der zu London erscheinende Engineer“ liefert in der Nummer vom 23. Juli d. J.1869 unter der Ueberschrift the Belgian Mitrailleuse neben einer historischen Abhandlung über mehrrohrige Geschütze eine nach officieller Photographie ausgeführte Zeichnung von Montigny's Infanterie-Kanone, welche, in Fig. 16 reproducirt, nachträglich als Illustration zu der im Artikel „über die belgische und französische Infanterie-Kanone“ in diesem Journal Bd. CLXXXVIII S. 403 gegebenen Beschreibung des ersteren dieser beiden Geschütze dienen möge. Das zu Berlin erscheinende „Militär-Wochenblatt“ enthält in der Nummer vom 14. August d. J. eine dem „Kamerad“ Nr. 153 entnommene Berichterstattung über am 9. Juli d. J. auf der Simmeringer Haide vorgenommene Schießversuche mit Revolver- und Repetirgeschützen, deren Resultate den oben bezeichneten Artikel hinsichtlich der belgischen Infanterie-Kanone sowie das in diesem Journal Bd. CLXXXVII S. 200 mitgetheilte Referat über Gatling's Batterie-Geschütz weiter ergänzen lassen. Die betreffende Mittheilung lautet: „Der Versuch wurde mit drei Gatling-Kanonen und einem Mitrailleur von Montigny und Christophe vorgenommen, und hatte die vergleichende Erprobung der Leistungsfähigkeit dieser Geschütze zum Zwecke. Von den Gatling-Kanonen hat die erste 1'' Kaliber und 6 Läufe, die zweite 0,5'' Kaliber und 10 Läufe, die dritte 0,12'' Kaliber und 10 Läufe. Der Mitrailleur hatte 37 Läufe nach der Construction bei dem Werndl-Gewehr; das Verschlußstück konnte mittelst eines Kniehebels nach vorn und rückwärts bewegt werden. Die besonders hergestellten Laffetten waren Blocklaffetten, für den Mitrailleur aus Holz, für die Gatling-Kanonen aus Eisenblech. An Munition wurden metallene Patronenhülsen mit Centralzündung verwendet, und zwar bei Gatling Nr. 1 amerikanische Originalhülsen aus Messing mit österreichischem Geschützpulver und einem Geschoß von Blei-Antimon-Legirung gefüllt; bei Gatling Nr. 2 tombakene Hülsen, nach dem System Smidt in Wien erzeugt, mit österreichischem Gewehrpulver und Geschossen aus reinem Weichblei; bei Gatling Nr. 3 Patronen nach dem System Berdan, deren Messinghülsen, Geschoß und Fettspiegel in Amerika erzeugt waren, mit österreichischem Gewehrpulver; bei dem Mitrailleur: zwei Patronengattungen, die eine die beim Werndl-Gewehr eingeführte Patrone, die andere mit einer längeren, den cylindrischen Theil des Geschosses umfassenden Hülse, um die Transportfestigkeit der Patrone zu erhöhen. Als Ziel dienten zwei je 9 Klafter lange und 9 Fuß hohe Scheibenplanken. Zuerst wurden aus jedem Geschütz 1–2 Probeschüsse gethan, und hierauf ein Schnellfeuer während einer Minute abgegeben. Auf 1200 Schritt gab das Schnellfeuer in einer Minute folgende Resultate: Geschützgattung. Anzahl derSchüsse. Treffer. Procente. Gatling-Kanone Nr. 1   66   21 31                „             Nr. 2 235 104 44                „             Nr. 3 191 151 79 Mitrailleur 240   74 30 Bemerkt wird dabei, daß zur Bedienung des Mitrailleur auf dieser Distanz ungeübte Leute verwendet worden sind, so daß das Maximum von 400 Schuß pro Minute nicht erreicht werden konnte. Die geringe Trefferzahl wird daraus erklärt, daß durch das zuerst unbemerkte Zurückgehen der Richtschraube eine größere Elevation des Rohres verursacht wurde. Bei der Gatling-Kanone Nr. 1 kamen Patronen-Deformationen und Klemmungen des Verschluß-Mechanismus, in Folge der unrichtigen Lagerung der Patrone in dem Ladeausschnitt des Verschlusses vor, welche die Feuerschnelligkeit beeinträchtigte.“ Im Anschlusse an obenerwähnte historische Abhandlung über mehrläufige Geschütze, deren Rohre bei unter sich gewöhnlich paralleler Lage theils wie bei den Orgelgeschützen nebeneinander, theils bündel- oder auch schachbretförmig um ein mittleres Rohr herum gruppirt liegen, versucht der betreffende Artikel des Engineer auch noch eine weitere Classification dieser Geschützarten dadurch anzubahnen, daß er sie je nachdem ihre Rohre gleichzeitig oder nacheinander abzufeuern sind, in Lagen-Geschütze (volley guns) und Kartätsch-Geschütze (mitrailleuses) einzutheilen vorschlägt, welche letztere Bezeichnung jedoch nur dann eine annähernde Berechtigung haben kann, wenn der Streuungskegel des aus einrohrigem schwerem Geschütze abgegebenen Kartätschschusses sich durch eine entsprechende Richtungsänderung des betreffenden Revolver- resp. Repetirgeschützes beim Schießen mit demselben nachahmen läßt. Stade, im October 1869. Darapsky.

Tafeln

Tafel Tab. VII
Tab. VII