Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 194, Jahrgang 1869, Nr. , S. 353
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Miscellen. Miscellen. Scott's Räderformmaschine. Ueber die in diesem Heft S. 292 beschriebene sogenannte Scott'sche Formmaschine für Zahnräder theilte Hr. Civilingenieur E. Kayser in Breslau der Redaction des polytechnischen Centralblattes mit, daß genau eine solche Maschine bereits am 11. October 1839, also vor circa 30 Jahren, dem kgl. Fabriken-Commissarius J. G. Hofmann zu Breslau von der preußischen Regierung patentirt worden ist, und daß die Maschine seit jener Zeit in der großen Maschinenbauanstalt von G. H. v. Ruffer zu Breslau, an deren Spitze Hofmann damals als technischer Leiter stand, im praktischen Gebrauch gewesen ist und dort täglich in ihrer Anwendung gesehen werden kann. (Polytechnisches Centralblatt 1869 S. 1265.) Benutzung des luftfreien Wassers zur Kraftübertragung auf sehr weite Strecken. Hr. Aurel Anderssohn Inhaber der Bleiröhrenfabrik der Firma E. F. Ohle's Erben in Breslau) theilte in einem in der Sitzung des Breslauer Bezirksvereines deutscher Ingenieure vom 27. März d. J. gehaltenen Vortrage mit. daß er während der letzten zwei Jahre auf weiten Reisen Kenntniß in Bezug auf die Anwendung stark belasteten Wassers zur Kraftübertragung auf weite Strecken hin sich verschafft habe und sowohl die Resultate des Erfahrenen, als hauptsächlich seine eigenen auf viele Versuche basirten Forschungen hätten ihn zu der festen Ueberzeugung gebracht, daß reines Wasser, unter Luft- und Wärmeausschluß unzusammendrückbar, deßhalb durch mechanischen Druck unerwärmbar, folglich das geeignetste, Kraftverluste ersparende Mittel zur Transmission auf sehr weite Strecken hin seyn müsse. Im gewöhnlichen Leben spreche man noch von etwas Elasticität im Wasser, weil die Erscheinung der Adhäsion an den Röhrenwänden unter dem Luftdrucke unserer Atmosphäre uns irre führt. Bei höherem Drucke fällt diese sogenannte Reibung, diese sogenannte Adhäsion fort. Zu weiteren Versuchen habe er für seine Fabrik zwei vorzügliche Federmanometer von Schäffer und Budenberg angeschafft, jedes bis auf 500 Atmosphären Druck, und habe dazu 6000 Fuß (1880 Meter) Röhren von 1/4 Zoll (6 Millimet.) lichter Weite und 1/4 Zoll Wandstärke gearbeitet; über die bei je 100 Fuß liegenden Stöße wurden stärkere Bleirohrmuffe geschoben und gut verlöthet. Mit diesen starken Apparaten konnte er bis 110 Atmosphären Druck experimentiren. Den Anwesenden wurde die Kraftfortpflanzung im Wasser unter einem Drucke von 30 bis 40 Atmosphären gezeigt, und ergab sich dabei zwischen dem Auftreten dieses Druckes am Anfange und Ende des Rohres ein Zeitraum von etwas unter einer Secunde. Der geringe Zeitverlust rührt noch von den Luftperlen her, welche sich in einzelnen Höhenpunkten des langen Rohres befinden. Durch einen zweiten Versuch wurde dann bewiesen, daß dasselbe Wasserquantum in einem schräg aufgestellten Rohre, aus welchem die Luft ganz entwichen ist, gar keinen Zeitverlust ergebe. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1869, Bd. XIII S. 401.) Mittel zur Erhaltung einer Eisdecke in Fabrikcanälen, zur Verhütung des Grundeises; von Joseph Thoma, Ingenieur in Memmingen. In einer Fabrik, welche nur durch einen kurzen Zuleitungscanal von der Donau aus betrieben wird, machte ich im Winter 1857 auf 1858 folgende Beobachtungen und Erfahrungen: Da bei den Turbinen kein Leerlauf vorhanden war. so mußte bei der Abstellung derselben das Wasser über das vorhandene Wehr seinen Abfluß nehmen; dadurch wurde im Winter der Oberwasserspiegel während der Nacht beim kleinen Wasserstand um 5–6'' erhöht. Der Wasserspiegel bedeckte sich bei ruhigem Stand natürlich mit Eis. Wenn nun am Morgen die Arbeit begann, so senkte sich nach und nach der Wasserspiegel auf das Niveau des Wehres, und die an den Canalufern angefrorene Eisdecke brach zusammen und die Eisstücke mußten mittelst Handwerkzeugen aufgefischt werden, um die Turbinen im Gang erhalten zu können. Sobald diese mühevolle Arbeit beendigt war, kam bei kaltem Wetter regelmäßig bald darauf das Grundeis nach. Dadurch wurde sehr oft der Fabrikbetrieb gänzlich gestört, indem die Leit- und Radschaufeln der Turbinen verstopft wurden. Diese regelmäßig auf einander folgenden Erscheinungen bewiesen hinlänglich, daß das Grundeis, welches die Donau mit sich führte, unter der Eisdecke verschwunden war, und daß es sich bloß um die Erhaltung der Eisdecke handelte, um das Zufließen des Grundeises zu verhüten. Um letzterem Uebelstand abzuhelfen, fertigte ich einen Floß von geringen mit Zwischenräumen an einander befestigten Bretern, welcher 1' schmäler, und so lang als der Canal war; dieser wurde auf den Canal gelegt, und oben am Canaleinlauf zu beiden Seiten mit Ketten, um das Fortschwimmen zu verhindern, befestigt. So wurde die Eisdecke, welche sich während der Nacht gebildet hatte, auf der Wasserfläche schwimmend getragen, indem das Eis sich von den Canalufern, ohne zu brechen, trennen konnte, und der Zufluß des Grundeises wurde verhindert. Diese Einrichtung bewährte sich überall, wo ich solche seitdem anwendete; sie ist höchst einfach und billig, und verdient gewiß die Aufmerksamkeit der Wasserwerksbesitzer. Zur Erreichung desselben Zweckes bedeckt man den Canal öfters ganz mit Bretern und bedeckt diese mit Dünger oder Tannenreis etc., welches Verfahren jedoch viel kostspieliger und zugleich unsicherer ist, indem der Canal gegen die Kälte nicht so hermetisch abgeschlossen werden kann, wie dieß durch die schwimmende Eisdecke der Fall ist. Daß in vielen Gegenden große Anstrengungen gegen die Eisbrocken und Grundeis aufgewendet werden müssen, beweist eine Einrichtung, welche bei dem Canalbau der Spinnerei Atzenbach im badischen Wiesenthal getroffen worden. Nach vielen gemachten Plänen wurde dort derjenige des Professors Redtenbacher und Constructeurs Trück angenommen, nach welchem der Canal schlangenförmig durch einen Berg bis vor die Fabrik geführt wurde, wornach durch die Wärme die Bildung des Grundeises nicht möglich wurde. Diese Anordnung entsprach natürlich vollkommen, verursachte jedoch gegen den offenen Canal bedeutende Kosten. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1869, Nr. 45.) Bedingungen zur Bildung des Spiegeleisens. Diese sind nach v. Carnap folgende: 1) Der Schmelzpunkt der schlackengebenden Bestandtheile darf nicht weit von dem des Roheisens seyn, weil, wenn letzteres eher schmilzt als die Schlacke, dasselbe zu sehr dem oxydirenden Einflusse der Kohlensäure ausgesetzt ist und kohlenstoffärmer wird. Manganhaltige Erze begünstigen die Entstehung des Spiegeleisens, weil ein Mangangehalt das Eisen strengflüssiger macht und eine leichtflüssige Schlacke entsteht, deren Schmelzpunkt mit der des Roheisens zusammenfällt. Die gewöhnlichen manganfreien Eisensorten sind leichtflüssiger als die dabei fallenden Kalk- und Thonerdeschlacken und werden daher beim Abschmelzen durch die Kohlensäure leichter entkohlt. 2) Der Punkt im Gestell, in welchem sich die Schmelztemperatur befindet, darf nicht zu hoch über der Zone der höchsten Temperatur, also über der Formebene liegen, damit das Roheisen nicht einen zu großen von Kohlensäure erfüllten Raum zu durchlaufen hat, ferner weil das Spiegeleisen in der Formgegend über seinen Schmelzpunkt erhitzt werden und bei Graphitausscheidungen in graues Roheisen übergehen würde. 3) Die Schlacke muß sich bei Kohksöfen dem Singulosilicat von Kalk und Thonerde möglichst nähern, welches durch Manganoxydul hinreichend leichtflüssig gemacht worden. Dazu ist ein starker Kalkzuschlag, auch die Anwesenheit von Magnesia vortheilhaft. Die Gründe für diese Erfordernisse und namentlich das Verhalten der Thonerde sind noch nicht recht aufgeklärt. 4) Möglichst schwefel- und phosphorfreie Erze. 5) Mehr geräumige, als kleine zusammengezogene Gestelle zur Beförderung der Kohlung. Diese Bedingungen sind bei Kohksöfen leichter als bei Holzkohlenöfen zu erfüllen und gelingt in ersteren die Bildung von Spiegeleisen sicherer. In den alten Siegener Hohöfen ließ sich nur Spiegeleisen in Folge des hohen Mangangehaltes der Spatheisensteine produciren, deren Porosität im gerösteten Zustande die Reduction des Mangans und die Kohlung des Eisens begünstigte, deßgleichen der hohe Mangangehalt die Entstehung einer manganreichen, wenig oxydirenden Schlacke, in Folge dessen ein manganreiches Roheisen entstand. Seit Anwendung eines stärkeren Kalkzuschlages und kräftigeren Gebläses bei stark erhitztem Winde ist der Mangangehalt der Schlacken von 30 auf 10 Proc. herabgegangen. Da der Werth des Spiegeleisens mit dem Mangangehalt wächst, so sucht man letzteren zu vermehren durch erhöhte Pressung und Temperatur des Windes, Vermehrung des Kalk- und Magnesiagehaltes der Schlacken und Anwendung von Erzen, welche leicht reducirbares Manganoxyd enthalten. Zu Charlottenhütte im Siegenschen hielt bei 300° C. Windtemperatur erblasenes Spiegeleisen 8–10 Proc., bei 100° 3–4 Proc. Mangan. Es läßt sich der Mangangehalt des Roheisens nicht beliebig vermehren. Bei wenig Mangangehalt der Beschickung geht dasselbe vollständig in's Roheisen, bei viel Mangan theilt es sich gleichmäßig zwischen Roheisen und Schlacke bis zu einer gewissen Grenze, über welche hinaus alles Mangan in die Schlacke geht, welche dann reducirend wirkt und einen kälteren, die Bildung von Spiegeleisen nicht begünstigenden Ofengang herbeiführt. Man kennt noch nicht genau den Zustand, in welchem das Mangan im Erz vorhanden seyn muß, um ein recht manganreiches Roheisen zu geben. Nicht überall hat der Zusatz von nicht geröstetem Erz günstigen Erfolg gegeben. (Wieck's illustrirte Gewerbezeitung, 1869, Nr. 38.) Eine in Palladium-Wasserstoff geprägte Medaille. In der Sitzung der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin vom 11. October d. J. legte der Präsident Hr. Prof. A. W. Hofmann eine in Palladium-Wasserstoff geprägte Medaille vor, welche Graham nur wenige Tage vor seinem Tode Hrn. Magnus, der sich gerade in London befand, für ihn eingehändigt hatte. Die Medaille hat die Größe eines Zweigroschenstückes; sie trägt auf der einen Seite das Bildniß der Königin von England, auf der anderen den Namen Graham mit der Randschrift Palladium-Hydrogenium 1869. Eine die Medaille begleitende Notiz besagt, daß dieselbe 147 Kubikcentimeter oder 900 Mal ihr eigenes Volum Wasserstoff enthält. Da die Medaille etwas mehr als ein Millimeter Dicke hat, so ist demnach eine Wasserstoffsäule von nahezu Meterhöhe in derselben condensirt. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1869, Nr. 15.) Bemerkungen zu Frémy's Abhandlung über hydraulische Mörtel; von A. Schulatschenko. Nach der von Frémy in seiner letzten Abhandlung (polytechn. Journal Bd. CXCII S. 53) ausgesprochenen Ansicht ist jeder hydraulische Cement ein Gemenge von Puzzolane und Kalk; er gibt an, daß es ihm gelungen sey, durch Behandeln mit Lösungsmitteln (Zuckerwasser, verdünnte Säuren u. dergl.) dieses Gemenge zu trennen. Nun hat aber Feichtinger nachgewiesen, daß Wasser aus Cementen nicht nur freien Kalk, sondern auch gebundenen aufnimmt, und selbst die verdünntesten Säuren entziehen den Cementen sämmtlichen Kalk. Der Verfasser hat diesen Versuch wiederholt und vollkommen bestätigt gefunden. Nach fünftägigem Behandeln mit verdünnter Salzsäure (1 : 20) in der Kälte war von einem englischen Portland-Cement nur noch reine Kieselerde übrig geblieben. Aber selbst wenn es Frémy gelungen wäre, bloß den Kalk auszuziehen, ohne das Silicat zu zersetzen, so beweist doch der Umstand, daß das rückständige Silicat auf Kalkzusatz erhärtet, keineswegs die Richtigkeit von Frémy's Cementtheorie. Wie die inzwischen vielfach bestätigten Versuche von Fuchs beweisen, bedarf es zum Erhärten nur, daß die Kieselerde sich im gelatinösen Zustande befinde. Endlich sprechen viele Thatsachen geradezu gegen Frémy's Theorie. An den Ufern des Wolchow wird ein Mergel zur Cementfabrication verwendet, dessen Zusammensetzung der Verfasser bestimmte, wie folgt: CaO, CO² = 63,84 MgO, CO² = 5,78 Fe²O³ und Al²O³ = 3,22 CaO, SO³ = 0,32 HO = 1,04 In HClunlöslich SiO²Al²O³Fe²O³KO und NaO ==== 18,162,023,561,66 –––––––––– 99,60. Bei vorsichtigem Glühen wird daraus ein graues Product erhalten, welches, mit Wasser übergossen, sich lebhaft erwärmt, aufschwillt, und zuletzt zu einem Pulver zerfällt, offenbar also freien Kalk enthält (die gelöschte Masse erstarrt langsam unter Wasser). Wird derselbe Mergel heftiger geglüht, so erhält man ein Product, welches sich mit Wasser nicht mehr erwärmt und auch nicht zerfällt, sondern unter Wasser rasch eine bedeutende Härte erlangt. Wir haben demnach zweierlei Cemente zu unterscheiden: solche, welche freien Kalk enthalten (Roman-Cemente nach Winkler) und für welche Fuchs die Theorie des Erhärtens gegeben hat, und solche, welche keinen freien Kalk enthalten (Portland-Cemente nach Winkler) und deren Erhärtungsproceß noch nicht sicher ermittelt ist. Nach Rivot, Kuhlmann u.a. tritt hierbei eine Wasserbindung der beim Brennen entstandenen Silicate ein; nach Winkler, Michaelis u.a. (s. polytechn. Journal Bd. CXCI S. 287) zerfällt hingegen das gebildete Silicat in einfachere Silicate. So viel steht indessen fest, daß durch die Wirkung des Kalkes auf die Puzzolane allein das Erhärten der Cemente sich nicht erklären läßt. Michaelis glühte einen bereits vollkommen erhärteten Cement, und erhielt ein Product, welches unter Wasser ebenso vollkommen erhärtete, als vorher. (Zeitschrift für Chemie, 1869 S. 281.) Zweckmäßigste Bereitungsweise des chlorigsauren Gases; von Moritz Brandau. Man löst in gelinder Wärme 10 Theile reines Benzol in 100 Theilen Schwefelsäurehydrat, verdünnt mit 100 Theilen Wasser und bringt hierzu nach dem Erkalten 12 Theile zerriebenes reines chlorsaures Kali. Die Entwickelung beginnt schon bei gewöhnlicher Temperatur, man erwärmt aber am besten sofort im Wasserbade bis zu einer 50° Cels. nicht übersteigenden Temperatur. Der Apparat besteht am besten aus einem Kolben mit langem, nicht zu weitem Halse, auf dem das Gasleitungsrohr eingeschliffen ist, um die Berührung des Gases mit Kork zu vermeiden. (Annalen der Chemie und Pharmacie, 1869, Bd. CLI S. 342.) Gründung einer Anlage zur Beschaffung von billigem Gas für Heizzwecke zu Berlin. In den letzten Jahren sind verschiedenartige Gasfeuerungen vielfach in Gebrauch gekommen und würden solche sicher wegen ihrer Reinlichkeit und Bequemlichkeit noch weit mehr Verwendung finden, wenn nicht einerseits das gewöhnliche Leuchtgas zur ausgedehnteren Verwendung als Heizmaterial zu theuer wäre und andererseits Gaserzeugungsapparate, wie sie z.B. Siemens in Verbindung mit seinen bekannten Regenerativ-Oefen verwendet, beim Betrieb im Kleinen nicht ungenügende Resultate gäben. Die Beschaffung von billigem Gas für Heizzwecke erscheint demnach sehr wünschenswerth und ist es von Interesse, daß die Gründung einer solchen Anlage zur Beschaffung von Heizgas für Berlin unter technischer Leitung der HHrn. C. Westphal und Alb. Pütsch jetzt im Werk ist. Man beabsichtigt, das Gas in Fürstenwalde, 5 Meilen von Berlin, aus Braunkohlen darzustellen und dann in einer Röhrenleitung nach der Hauptstadt zu schaffen. Es sollen dazu in Fürstenwalde 12 Retortenhäuser von je 105' Länge und 62' Tiefe mit 70 Oefen zu je 10 Retorten gebaut werden: die Retortenöfen sollen mittelst Siemens'scher Regenerativ-Feuerungen geheizt werden. Zur Beförderung des in Condensatoren von Theer, Wasser etc. gereinigten Gases nach Berlin ist eine Röhrenleitung von 4' Weite bestimmt, in welche das Gas mittelst 4 Gebläsemaschinen von je 7' 7 1/2'' Durchmesser und 6' Hub gepreßt wird. Die Gebläse werden durch 4 Dampfmaschinen von 5 3/4' Hub und 6' Hub betrieben, deren jede 360 Pferdekräfte hat, aber bis zu 500 Pferdekräften leisten kann. Der Gasdruck in der Leitung soll 16' Wasser oder circa 7 Pfd. pro Quadratzoll betragen, da dieser verhältnißmäßig hohe Druck die Anwendung von Röhren mit geringerem Durchmesser gestattet und auch sonst vortheilhafter erscheint als ein schwächerer. Die Leitung soll aus 1/4'' starkem Eisenblech hergestellt und über dem Boden hingeführt werden, wobei sie in geeigneten Zwischenräumen von gemauerten Pfeilern getragen werden soll, so daß sie leicht untersucht und reparirt werden kann. Bei 16' Wasserdruck wird die Leitung 407 Kubikfuß Gas pro Secunde abführen. In Berlin soll das Gas in 12 Gasometern von je 154' Durchmesser und 40' Höhe, also je circa 750,000 Kubikfuß Fassungsraum, angesammelt werden, um dann nach den verschiedenen Theilen der Stadt ganz ähnlich wie Leuchtgas vertheilt zu werden. Nach den Versuchen von Dr. Ziurek läßt sich aus den Fürstenwalder Braunkohlen ein für Heizzwecke sehr gut geeignetes Gas darstellen. Bei einem specifischen Gewicht von 0,5451 besteht dasselbe aus: Wasserstoff 42,36 Proc. Kohlenoxyd 40,00 Sumpfgas 11,37 Stickstoff 3,17 Kohlensäure 2,01 condensirbare Kohlenwasserstoffe 1,09 –––––––––––– 100,00 Proc. Wenn diese Mischung beim Betrieb regelmäßig erhalten werden kann, so dürfte das Gas seinem Zweck vollständig entsprechen; 3000 Kubikfuß desselben sind nach den Versuchen in Bezug auf Heizkraft gleich einer Tonne preuß. Braunkohle oder gleich 1/3 Tonne Steinkohle. Es soll in Berlin zu circa 5 Sgr. pro 1000 Kubikfuß verkauft werden, wornach also die Heizkraft einer Tonne Steinkohlen nicht höher als 1 1/2 Thlr. zu stehen käme. Die Werke sind vorläufig auf eine jährliche Production von 9500 Mill. Kubikfuß oder circa 2 2/3 Mill. täglich berechnet, wodurch der Bedarf an Heizmaterial etwa für die halbe Stadt gedeckt werden würde. Das Unternehmen wird wahrscheinlich anfänglich mit manchem Vorurtheil zu kämpfen haben; doch wird es sich wohl trotzdem bald Bahn brechen, sofern es richtig geleitet und nicht bloß zur Förderung von Privatinteressen benutzt wird. (Deutsche Industriezeitung, 1869, Nr. 43.) Anwendung von Asphaltguß auf Bretfußböden, um die Fortpflanzung des Feuers bei Bränden zu verhindern. Vor einigen Monaten wurden von E. Flachat und Noisette in einer der Niederlagen der allgemeinen Omnibus-Compagnie zu Paris interessante Versuche über die Anwendung von Asphaltguß zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Branden durch die Bretfußböden der Fourage-Magazine und Speicher abgeführt. Zwei Tischplatten aus Tannenholz, von 4 Meter in's Gevierte und 27 Millimet. Dicke, welche von vier 1 Met. hohen Füßen getragen waren, wurden an die freie Luft gestellt und mit einer Asphaltschicht von 15 Millimet. Stärke überzogen, welche nicht unmittelbar auf die Breter, sondern auf eine zuvor über dieselben gelegte, 25 Millimet. starke Schicht von Töpferlehm gegossen wurde. Alsdann unterhielt man ein sehr starkes Holzfeuer auf jeder dieser Tafeln während fünf Viertelstunden. Der Asphalt erweichte, die in demselben enthaltenen ätherischen Oele verdampften an den mit dem Feuer in Berührung befindlichen Stellen und die von denselben herrührenden kleinen Strahlen weißen Dampfes entzündeten sich. Nachdem hierauf die Asche und die Kohlenstückchen beseitigt worden waren, zeigte sich der Asphalt nur in der obersten Schicht von 2 bis 4 Millimeter Stärke ein wenig verändert. Die nach dem Brande der obersten Schicht Hinterbliebene Kalkkruste hatte also hingereicht um die übrige Asphaltschicht vor der Einwirkung des Feuers zu schützen. Es ist bemerkenswerth. daß die dünne Schicht von 2 bis 4 Millimeter, obgleich durch das Verschwinden eines Theiles der ätherischen Oele verändert, noch genug von denselben enthielt, um nach dem Erkalten ihre Härte wieder anzunehmen. Alsdann wurde der Asphalt beseitigt und der Töpferlehm entblößt. Dieser hatte nicht die geringste Veränderung erlitten; nachdem er entfernt worden war, zeigte sich, daß die darunter befindlichen Breter durch das Feuer gar nicht gelitten hatten und man die Hand auf denselben liegen lassen konnte, so daß sie nicht über 35 bis 40° C. erwärmt seyn konnten. Nach diesem ersten Versuche zündete man unter einem der beiden Tische ein starkes Feuer an; dasselbe ergriff zunächst die hölzernen Träger, auf welchen die Tischplatte ruhte, und dann die untere Fläche der Tischbreter. Da aber die Flamme keinen Ausgang nach oben durch die Stellen, wo die Breter fest und dicht mit einander verbunden waren, gewinnen konnte, so mußte das Feuer weiterhin wirkungslos bleiben, zumal die Füße, nachdem sie in Flammen aufgegangen waren, die Tischplatte nicht mehr trugen, diese folglich auf das Feuer herabsank und dasselbe erstickte. Diese beiden Versuche, welche im Kleinen die Wiederholung eines großen Schadenfeuers sind, von welchem kurz vorher ein bedeutendes industrielles Etablissement heimgesucht worden war, haben die unerwartete Thatsache außer Zweifel gesetzt, daß der Asphalt, auf einer Unterlage von Lehm aufgegossen, das wirksamste Mittel ist, um die Fortpflanzung des Feuers zu verhindern, dasselbe mag einen Bretfußboden von unten oder von oben angreifen. Bereits hat die Direction der Pariser Omnibusse angeordnet, daß in den sämmtlichen der Gesellschaft gehörenden Fourage-Magazinen die Dielen mit einer 25 Millimet. dicken Schicht von Töpferlehm und auf dieser mit einer 15 Millimet. dicken Asphaltschicht überzogen werden. So überzogene Bretfußboden könnten auch mit dem größten Vortheil für Spinnereien und andere industrielle Etablissements, sowie für die Magazine brennbarer Gegenstände eingeführt werden. In den Privathäusern würde eine bloße Asphaltschicht im Fehltram unter dem Bretfußboden die Fortpflanzung des Feuers von einer Etage zur darüber befindlichen verhindern. Sind die Dielen eiserne, so wirken auch hier die Lehm- und Asphaltschichten als schlechte Wärmeleiter günstig, indem das Metall nur durch eine mehrstündige intensive Kohlengluth so weit erhitzt werden könnte, daß sein Widerstand sich beträchtlich vermindert. Schließlich verdient noch bemerkt zu werden, daß das Gewicht dieser Lehm- und Asphaltschichten eine Verstärkung der für die gewöhnlichen Dielen gebräuchlichen Balkenlagen nicht erfordert. (Bulletin de la Société d'Encouragement, Mai 1869, S. 307.) Phosphorsaure Salze in der Färberei. Der Apotheker Collas in Paris ließ sich in Frankreich die Anwendung von phosphorsauren Salzen als Beize für Färberei und Druckerei patentiren. Er nimmt dazu die Garne oder Stoffe durch eine schwache Lösung irgend eines phosphorsauren Salzes in einer Säure und dann durch das Färbebad oder durch ein alkalisches Bad, durch welches das phosphorsaure Salz auf den Garnen oder Stoffen fixirt wird; die so vorbereiteten Stoffe können dann mit Theerfarben oder thierischen oder pflanzlichen Farbstoffen gefärbt oder bedruckt werden. Ebenso kann man auch die mit phosphorsauren Salzen behandelten Stoffe vor dem Färben oder Drucken durch eine gerbstoffhaltige Lösung nehmen. Um z.B. in dunklen Farben zu färben, bringt man die Garne oder Stoffe in eine 30–40° C warme klare Abkochung von 1 Kilogrm. Sumach in 4 1/2 Liter Wasser, windet aus, bringt 20 bis 30 Minuten lang in eine 4° Baumé starke Lösung von phosphorsaurem Kalk in einer Säure, windet darin aus und wäscht, worauf mit Anilinfarben, namentlich Purpur, gefärbt werden kann. Zum Färben mit unlöslichen Farben taucht man die Stoffe in ein 25–30° C. warmes Gemisch von gallertartigem phosphorsaurem Kalk mit einer wässerigen Gelatinelösung. Cochenillelack kann man nach diesem Verfahren darstellen, indem man in einen filtrirten Cochenilleaufguß gallertartiges phosphorsaures Kalkhydrat einrührt. Alfraise legt im Moniteur industriel dieser Anwendung des sehr billigen gallertartigen phosphorsauren Kalkes wegen dessen Eigenschaft, die Farbstoffe zu absorbiren und sich mit denselben zu verbinden, große Wichtigkeit bei. Er glaubt, daß derselbe vielfach anstatt des Weinsteins und wegen seiner Eigenschaft, bei 100° C. unlöslich zu werden, vielleicht in einzelnen Fällen, namentlich für billige Artikel, anstatt des Albumins werde angewendet werden können. Auch für die Darstellung von Farblacken sey dieser Körper sehr beachtenswert!), da er mit vielen Farbholzlösungen andere Lacke gebe als Thonerde, und mit einigen Metalloxyden, z.B. Kupfer- und Kobaltoxyd, sehr schöne blaue Lacke liefere. Vielleicht lasse sich auch Cochenillecarmin dadurch herstellen, daß man eine Lösung von gallertartigem phosphorsaurem Kalk in Salzsäure oder Essigsäure oder Alaun oder Weinstein mit einer Cochenillelösung vermische. (Deutsche Industriezeitung.) Reaction auf Kirchbranntwein; von Dr. G. Leube jun. in Ulm. Als Erkennungsmittel für ächten Kirschbranntwein wird von O. Desaga geraspeltes Guajakholz empfohlen (polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 247). Ich habe bei mehreren Proben die Empfindlichkeit des Reagens bestätigt gefunden, dabei aber folgende Beobachtung gemacht: Bringt man in ein gewöhnliches Probirröhrchen eine Messerspitze voll Guajakholz und übergießt dieses mit dem Kirschbranntwein, so daß das Röhrchen ungefähr zur Hälfte gefüllt ist, so entsteht bei ächtem Kirschbranntwein alsbald die dort erwähnte blaue Färbung, verschwindet aber durch Schütteln sofort wieder und kommt auch nach längerem Stehen nicht wieder zum Vorschein. Es ist also zum Gelingen der Reaction nöthig, daß man zuerst das Guajakholz in das Probirröhrchen bringt und ruhig mit dem Kirschgeist übergießt und nicht in letzterem Guajakholz unter Umschütteln einträgt. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie, Bd. XVIII S. 440.) Fettbildung in der Milch und im Käse. Nachdem die HHrn. Pettenkofer und Voit nachgewiesen haben, daß bei den Fleischfressern überhaupt jede Fettbildung, welche nicht durch die Aufnahme von Fetten ihre Erklärung findet, aus Zersetzung des Eiweißes der Nahrung stamme, überzeugte sich Hr. Kemmerich davon, daß auch Eiweißstoffe, welche den Körper verlassen haben, Fette bilden. Er fand, daß der Fettgehalt der Milch in den ersten Tagen zunimmt, während die Menge des Eiweißes geringer wurde. Diese Fettbildung in der an der Luft freistehenden Milch war jedoch bedingt durch die Entwickelung von Pilzsporen. Wurden die Keime derselben durch Erhitzen der Milch auf 100° C. zerstört, und außerdem durch passenden Verschluß dafür Sorge getragen, daß wohl die Luft, aber keine Pilzkeime zur Milch gelangen konnten, so nahm der Fettgehalt der Milch ab; das Fett wurde durch die Luft oxydirt und kein neues als Ersatz gebildet. Ganz analoge Vorgänge finden statt bei der Fettbildung im Käse. Auch hier wird einerseits durch die atmosphärische Luft die vorhandene Buttermenge verringert, andererseits unter der Einwirkung der sich entwickelnden Pilze aus dem Eiweiß Butter gebildet. Je nach dem Ueberwiegen des einen oder anderen Processes steigt oder fällt der Fettgehalt des alten Käses. In der Praxis, sagt Hr. Kemmerich am Schlusse seiner Mittheilung im Augustheft von Pflüger's Archiv für Physiologie, hat man längst das richtige Verfahren erkannt, die Fettbildung beim Reifen des Käses in dem gewünschten Maaße zu steigern. Will man recht fetten Handkäse erzeugen, so bedarf man vor Allem sehr kühler und nicht zu trockener Keller, ferner verpackt man die kleinen Käse fest zusammen, um den Zutritt der Luft etwas zu hindern. (Naturforscher, 1869 Nr. 44.) Unterdrückung des Straßenstaubes mittelst Chemikalien. In England wurde im vorletzten September ein Patent auf die Anwendung einer Zusammensetzung zerfließlicher Salze genommen, mittelst welcher man den Straßenstand unterdrücken könnte. Verflossenen Sommer wurden denn nun auch zahlreiche Versuche gemacht, diese Erfindung zu erproben, und dieselben sind allenthalben zur größten Zufriedenheit ausgefallen. Man nimmt an, daß es jährlich bei 100 Pfd. Sterl. kostet die Straßen Londons zu bespritzen, und trotz dieser enormen Auslage vermag man den Straßenstaub dennoch nicht zu bewältigen. Und gerade das Bedürfniß von etwas Wirksamerem hat den Anstoß zu dieser Erfindung gegeben. Die Composition besteht aus 1/2 bis 1 Pfund Chlorcalcium (sogenanntem salzsauren Kalk) und Chlornatrium (Kochsalz), und 1 Gallon (10 Pfd.) Wasser. Die Salze werden in den Karrenkasten geworfen und dann das Wasser darauf gegossen. Sobald derselbe voll ist, lösen sich dann allmählich die Salze. Diese Lösung soll, nach den Berichten über die Versuche welche in London angestellt worden sind, besonders wirksam seyn auf macadamisirte Straßen, indem sie das Material so verhärtet und sich anschließen macht, daß, wenn es vollkommen trocken ist, durchaus kein Staub von denselben bei gewöhnlichem Verkehr entstehen kann. Der leichte Staub, den man immer auf der Oberfläche von Straßen sieht, welche bloß mit Wasser bespritzt zu werden Pflegen, fehlt hier ganz und gar. Die Oberfläche bleibt fest und nichts von der Abnutzung ist zu sehen. Die Straßen werden daher viel dauerhafter gemacht, während diese Chlorverbindungen keiner Fäule unterworfen sind, mithin zugleich mit der Wasserersparniß sogar eine sanitarische Wirkung auf die Luft erreicht wird, was zusammen insbesondere für größere Städte von größter Bedeutung ist. Die Inhaber von Kaufläden längs der Straßen, in denen diese Composition zur Anwendung kam, sind mit den gemachten Versuchen außerordentlich zufrieden. Sie bezeugen, daß in ihren Läden, welche sonst von Stand angefüllt waren, nun auch nicht ein Theilchen desselben sich mehr finden läßt, und daß, während an Sonntagen die übrigen Straßen in Staub gehüllt sind, sie ganz und gar von diesem Uebelstande sich bewahrt sehen. Die obengenannten Chlorverbindungen sind wohlfeil und man kann sie in großen Quantitäten erlangen; mithin scheint kein besonderes Hinderniß in der Anwendung dieses Mittels zu bestehen, den lästigen Staub zu unterdrücken, und Versuche können daher allenthalben leicht angestellt werden. (Gemeinnützige Wochenschrift, Nr. 47.) Thymol als neues Desinfectionsmittel. A. Paquet empfiehlt als ein der Carbolsäure in manchen Beziehungen vorzuziehendes Desinfectionsmittel das Thymol Ein Stearopten aus dem ätherischen Oele von Ptychotis Ajowan, einer Umbellifere und officinellen Pflanze Ostindiens. (sogenannte Thymiansäure). Aus verschiedenen Beobachtungen, welche er mittheilt, geht hervor, daß das Thymol in unverdünntem Zustande ein Aetzmittel ist, welches namentlich zur Vertilgung von Warzen und zum Causterisiren von hohlen Zähnen, wobei es keinen Schmerz erregt und den Athem mit einem weit angenehmeren Geruch imprägnirt als die Carbolsäure, zu empfehlen ist. In wässeriger Lösung (1 : 1000) wirkt es bei Geschwüren von schlechter Beschaffenheit nicht ätzend (die Kranken geben als Wirkung nur ein kühlendes Gefühl an), sondern als antiputrides (vor Fäulniß schützendes) Mittel, wobei es nicht allein den unangenehmen Geruch beseitigt, sondern den Geschwüren selbst eine bessere Beschaffenheit verleiht und deren Heilung beschleunigt. Auch bei putriden Processen in den der Injection zugänglichen Körperhöhlen leistet die nämliche Solution günstige Dienste. Daß das Thymol in der That ein fäulnißwidriges Mittel ist, geht aus Injectionsversuchen hervor, welche Paquet mit einer Mischung von 4 Grm. Thymol, 2 Grm. Anilin, 4 Grm. Tannin und 100 Grm. Glycerin behufs der Conservation von Eingeweiden und Gliedmaßen anstellte und wodurch es ihm gelang, dieselben im normalen Volumen und normaler Färbung Monate hindurch zu erhalten, ohne daß sie Spuren von Verwesung zeigten. Zur Anwendung des Mittels in letzterer Richtung ist, wie Paquet selbst hervorhebt, der theure Preis desselben, obschon das Thymol bekanntlich noch, außer im Thymianöl, in anderen Oelen, z.B. dem Monardaöl vorkommt, hinderlich, während dieser für die verdünnten Lösungen kaum in Betracht kommt, so daß, wenn sich Paquet's Angaben über die antiseptischen Eigenschaften des Thymols bestätigen, der Gebrauch desselben, indem es die Inconvenienzen der Carbolsäurebehandlung in Hinsicht des namentlich der unreinen Phenylsäure zukommenden Uebelgeruches beseitigt, in der Praxis wohl Verbreitung finden wird. (Aus dem Bulletin générale de Thérapeutique, durch Neues Jahrbuch der Pharmacie, Bd. XXXII S. 44.)