Titel: Zur Eggertz'schen colorimetrischen Kohlenstoffprobe.
Fundstelle: Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XL., S. 136
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XL. Zur Eggertz'schen colorimetrischen Kohlenstoffprobe. Ueber die Eggertz'schen colorimetrischen Kohlenstoffprobe. Gruner redet in seiner ausgezeichneten Abhandlung über die Darstellung des StahlesUebersetzt von Kupelwieser in dem berg- und hüttenmännischen Jahrbuch der Bergakademien zu Przibram, Leoben und Schemnitz 1869, Bd. XVIII S. 33–147. der Eggertz'schen Probe (polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 116) sehr das Wort und empfiehlt dieselbe wegen ihrer Zuverlässigkeit den französischen Stahlfabrikanten bei folgender Ausführungsweise: Man wiegt 0,1 Grm. der durch ein Sieb mit 0,004 Met. weiten Oeffnungen hindurchgegangenen feinen Stahlspäne genau ab und löst dieselben in einem kleinen Glascylinder von 0,1–0,12 Met. Höhe und 0,01–0,012 Met. Weite in chlorfreier Salpetersäure von 1,2 spec. Gew. (24° Baumé). Bei einem Chlorgehalt würde die Eisenlösung gelb erscheinen. Bei geringem Kohlenstoffgehalt des Stahles genügen 1,5–2,0 Kubikcentimeter Säure, bei bedeutendem Kohlenstoffgehalt, z.B. in weißem Roheisen, 4–5 Kubikcentimeter. Sobald die Späne mit der Säure in Berührung gebracht sind, mag man letztere auf erstere gießen oder erstere in letztere werfen, löst sich das Eisen unter Aufwallen und beinahe augenblicklich, und es schwimmen dann in der Flüssigkeit mehr oder weniger dunkle Flocken herum, welche zur völligen Auflösung einer Erhitzung im Wasserbad bei 80° C. mittelst Gases oder einer regulirten Weingeistlampe bedürfen. Als Wasserbad verwendet man einen Porzellantiegel von 0,07–0,08 Met. Höhe, 0,025 bis 0,03 Met. hoch mit Wasser gefüllt, in welches neben dem Probecylinder ein Thermometer eintaucht. Man muß immer bei gleichen Temperaturen und unter gleichen Umständen arbeiten, und kann mehrere Proben gleichzeitig neben einander machen. Während die dunkeln Flocken sich nach und nach unter Gasentwickelung vertheilen, färbt sich die Flüssigkeit in gleichem Verhältniß dunkler, bis nach 2–3 Stunden die Lösung vollendet ist und alle Gasentwickelung aufhört. Sollten trotzdem noch schwarze unlösliche Punkte sich zeigen, so rühren dieselben von Graphit her. Behufs der Abkühlung taucht man den Lösecylinder in kaltes Wasser, gießt seinen Inhalt in eine in Kubikcentimeter getheilte Bürette aus und fügt so viel destillirtes Wasser hinzu, bis man die Färbung der Normallösung erreicht, welche sich in einem Glase von gleichem Durchmesser und gleicher Wandstärke befindet. Bei der Beobachtung hält man die Gläser gegen das einfallende Licht oder gegen ein Blatt weißes Papier und kann 1–2 Zehntel-Kubikcentimeter leicht unterscheiden, somit den Kohlenstoffgehalt bis auf 0,01–0,02 Proc. bestimmen. Die Normalflüssigkeit erhält man durch Lösung von Normalstahl mit auf analytischchemischem Wege ermitteltem Kohlenstoffgehalt, die man auf so viele Kubikcentimeter verdünnt, als der Stahl Zehntelprocente Kohlenstoff enthält. Als Vorsichtsmaßregeln sind zu beobachten, daß man beim Lösen nicht über 80° C. geht, weil sonst die Flüssigkeit bei höherer Temperatur blässer und bei viel niedrigerer Temperatur zu dunkel wird. Da die Farben im Verlaufe von einigen Tagen blasser werden, so ist die Vergleichung an demselben Tage vorzunehmen, an welchem die Lösung erfolgte, oder man muß die Normallösung oft erneuern. Ihre Anfertigung mittelst eines Normalstahles geschieht in oben angegebener Weise. Man kann sich jedoch auch eine ihre Färbung mit hinreichender Sicherheit behaltende Normalflüssigkeit dadurch herstellen, daß man schwachgebrannten und in Alkohol gelösten Zucker entsprechend mit Wasser verdünnt und mittelst einer Normalstahllösung die alkoholische Flüssigkeit controllirt. Dieselbe zeigte nach 8–10 Monaten immer noch den richtigen Farbenton, war jedoch etwas blasser geworden. Bei sehr geringem Kohlenstoffgehalt im Stahl (z.B. 0,1–0,4–0,5 Proc. im Homogeneisen) erhält man eine blassere Lösung als die Normalflüssigkeit, in welchem Falle letztere so weit verdünnt wird, daß jedem Kubikcentimeter 0,05–0,03 Proc. Kohlenstoff entsprechen. Bei Untersuchung von Martinstahl erhielt man nach der Eggertz'schen Probe fast denselben Kohlenstoffgehalt, wie durch die Analyse mit Brom. Erstere kann auch für Roheisen angewandt werden, wird aber um so weniger genau, je mehr der Kohlenstoffgehalt wächst. Spiegeleisen von St. Louis mit 4,04 Proc. Kohlenstoff nach der Analyse, ergab nach der Eggertz'schen Probe 4,00 Proc. Soll ein Graphitgehalt bestimmt werden, so löst man 5–10 Grm. Material in verdünnter Salpetersäure bis zum vollständigen Verschwinden der Gasentwickelung auf, filtrirt den Graphit und Silicium enthaltenden Rückstand ab, verbrennt ersteren und bringt das Gewicht des Siliciums in Abzug. Die Eggertz'sche Probe leistet ganz vorzügliche Dienste auf Werken, die bei Verarbeitung fortwährend gleicher Rohmaterialien Stahl liefern, welcher nur durch den Kohlenstoffgehalt verschieden ist. Dagegen lassen sich aber z.B. Stahlsorten von verschiedenem Ursprunge mittelst dieser Probe nicht vergleichen, da auch andere Substanzen (Schwefel, Kupfer, Phosphor, Silicium) die Qualität des Stahles wesentlich verändern können, namentlich hinsichtlich Härte und Festigkeit, während Härte und Zähigkeit auch hauptsächlich vom Kohlenstoffgehalt abhängen. (Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1869, Nr. 52.)