Titel: | Selbstthätig wirkende elektrische Ausrückvorrichtung für Strumpfwirkerstühle, von Radiguet und Lecêne in Paris. |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. LXXXII., S. 304 |
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LXXXII.
Selbstthätig wirkende elektrische
Ausrückvorrichtung für Strumpfwirkerstühle, von Radiguet und Lecêne in Paris.
Nach Professor Alcan's Bericht im Bulletin de la Société
d'Encouragement, September 1869, S. 513.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Radiguet und Lecêne’s Strumpfwirkerstühle mit
selbstthätig wirkender elektrischer Ausrückvorrichtung.
Die neuen Constructionen der StrumpfwirkerstühleAlcan, Études sur les arts textiles
à l'exposition universelle de 1867: S. 206 u.s.w. zielen durchaus auf eine wesentliche Erhöhung ihrer Leistungsfähigkeit hin;
dadurch tritt aber die Nothwendigkeit einer selbstthätig wirkenden
Ausrückvorrichtung für
solche Maschinen um so dringender hervor, als bei der gesteigerten Geschwindigkeit
ein Fehler schwer bemerkt, für die Abhülfe eines zu spät beobachteten Fehlganges zu
viel Zeit, überhaupt eine sorgfältigere Beaufsichtigung dieser Stühle erforderlich
wird.
Radiguet und Lecêne
(124, Boulevard Mont-Parnasse in Paris) haben
bereits auf der Welt-Ausstellung von 1867 eine selbstthätig wirkende
Abstellvorrichtung an einem Circularstuhl aufgestellt,In Alcan's citirtem Werke S. 282. welche mit Hülfe einer elektrischen Batterie in Thätigkeit gesetzt wurde und
nach dem fachmännischen Ausspruche Alcan's in der That
der vollsten Berücksichtigung der betreffenden Fabrikanten werth erscheint. Das
Princip dieser Ausrückung läßt sich für alle Wirkerstühle, sowie auch für andere
Maschinen zur Verarbeitung der Faserstoffe verwenden, wetzhalb Referent es für
angezeigt hält, die Details der Construction so weit zu besprechen, als es die
citirte Quelle gestattet.
Dem Princip dieser Abstellvorrichtung zu Folge wird die Bewegung des Stuhles fast
momentan unterbrochen im Falle der Faden reißt, eine Nadel unrichtig functionirt,
sey es daß sie zu viel Maschen faßt oder die zu haltende Masche fallen läßt. Das
Mittel hierzu bietet der elektrische Strom von einer aufzustellenden kleinen
Batterie; der Strom, unterbrochen während dem normalen Gang der Maschine, wird selbstthätig durch die vorhandenen Fehleranzeiger geschlossen, wodurch entweder der Antriebsriemen auf eine
Leerscheibe geschoben oder auch die Kuppelung der Antriebsscheibe mit der Hauptwelle
der Maschine gelöst wird.
Die Kosten der Aufstellung einer kleinen elektrischen Batterie sind so gering,Vier Elemente nach der Combination von Marié-Davy mit schwefelsaurem Quecksilberoxydul
(polytechn. Journal Bd. CLXXXI S.
170) genügen für circa fünfzig Stühle
und stellen sich die Unterhaltungskosten jener pro Stuhl und Tag nicht ganz auf 1 Centime. die Unterhaltung derselben bietet so wenig Beschwerden, daß die allenfalls
herrschende Voreingenommenheit gegen die Anwendung einer elektrischen Batterie, wie
dieß das Beispiel mehrerer französischer Wirkwaarenfabriken beweist, bald überwunden
seyn wird. Die Resultate haben sehr befriedigt und es stellte sich heraus, daß mit
der Einführung dieser Ausrückvorrichtung eine Person genügte, wo früher zwei oder
drei zur Beaufsichtigung nöthig waren.
In Figur 1 ist
in 1/6 wirklicher Größe das Wesentlichste eines Circularstuhles mit der Ausrückung I, den Fehleranzeigern II und III dargestellt, welche letztere (wie erwähnt)
durch Schließung des elektrischen Stromes sofort den Stillstand der Maschine
herbeiführen.
Die Ausrückung ist mit I bezeichnet und in Fig. 2 und 3 in der Seiten-
und Rückansicht in der halben Naturgröße gezeichnet.
Der Anzeiger für das Reißen eines Fadens – Fadenbruchanzeiger – ist in der Gesammtansicht bei II und im Detail
in Fig. 4,
5 und 6 in 1/3 der
wirklichen Größe dargestellt; Fig. 4 zeigt die vordere
Ansicht, Fig.
5 Längsansicht und Schnitt, endlich Fig. 6 den Schnitt nach
der Linie α, β der Fig. 5.
Bei III endlich findet man den Anzeiger jener Fehler, welche von der Nadel in der
Maschenbildung begangen werden; wir nennen deßhalb denselben kurz Fehlmaschenanzeiger. Im Grundriß und in der Seitenansicht
gezeichnet, ist derselbe in Fig. 7 und 8 ebenfalls in 1/3
wirklicher Größe näher zu erkennen.
I. Ausrückung (Fig. 1, 2 und 3).
Die Gestellplatte A der Ausrückvorrichtung ist an dem
Stuhl festgeschraubt; der Ausrückhebel B, B', drehbar
bei C gelagert, hält in der gezeichneten Stellung den
Kuppelungstheil E in Verbindung mit jenem der
Antriebsscheibe M, daher die Bewegung ungehindert auf
die Wirkmaschine übertragen wird. Wie aus den Abbildungen zu entnehmen, wird der
Hebel B, B' in dieser Stellung nur durch den vorn
hakenförmig gebogenen Hebel G, G' erhalten; denn fällt
dieser durch die Bewegung der zugespitzten Stange I, I'
nach rechts, in die punktirt angedeutete Lage, so wird auf B,
B' die Feder F derart wirksam, daß die
Kuppelung der Scheibe M sofort gelöst wird.
I, I' bildet den Anker eines kleinen Elektromagneten H, welcher an die Platte A
festgemacht ist und mit der Batterie einerseits durch den in der Klemmschraube K festgestellten Draht t.,
andererseits durch die von den bezeichneten Fehleranzeigern II und III kommenden
Leitungsdrähte in Verbindung gesetzt ist.
So oft also durch die Function der Fehlerindicatoren der Strom geschlossen wird, wird
der Anker I angezogen, G'
fällt, B wird frei und die Ausrückung erfolgt.
Es hängt demnach von der Wirkungsart der Fehleranzeiger ab, in wie weit die
aufgestellte Aufgabe zu erreichen ist. So viel aus der vorstehenden Quelle zu
verstehen ist, functionirt der Fadenbruchanzeiger (eine solide Ausführung
vorausgesetzt) am raschesten und sichersten, was aus dem Grunde nöthig ist, weil im
Falle eines unbemerkten Fadenbruches die ganze Arbeit von den Nadeln abfallen
würde.
II. Fadenbruchanzeiger (Fig. 1, 3, 4 und 5).
Dieser ist am Stuhl mit Hülfe eines Stängelchens Y
festgemacht. Das Strickgarn Q ist nach Art der Kötzer
aufgespult und passirt, ehe es zum Fadenführer der Maschine gelangt, die hakenförmig
gebogenen Drähte P, welche sich im freien Zustand sehr leicht um die fixe Achse R drehen können. Sie werden zu dieser Drehung durch Blattfedern
angetrieben, welche an dem festgestellten Drahte S
angebracht, gegen jeden Haken P sich anlegen.
Nur die Spannung des Fadens bedingt die aufrechte Lage
des betreffenden Hakens P und derselbe fällt
unverzüglich nieder, sobald der durch ihn geführte Faden abreißt, indem dadurch die
Spannung des Fadens aufhört, was die momentane Schließung des elektrischen Stromes
resp. die Ausrückung des Stuhles zur Folge hat, wie nachstehend ersichtlich
wird.
In der Büchse N aus Horn befinden sich zwei Stahllamellen
O, O', jedoch – wie in Fig. 6 – außer
Contact, wenn sämmtliche Zaken P sich in der normalen
Lage befinden. Fällt nur einer derselben wegen
Fadenbruches nieder, so trifft er das doppelt umgebogene, im Mittelpunkte der Büchse
N
leicht drehbar gelagerte Stängelchen T, an dessen Ende im Inneren der Büchse das Kupferstück
U äquilibrirend angebracht ist. Der niedergehende
Haken veranlaßt daher eine Drehung von T resp. U, so daß der mit dem Stück U verbundene Daumen V gegen die Feder O drückend, den Contact der Stahllamellen O, O', folglich die Schließung des Stromes, die
Ausrückung hervorrufen wird.
Der Batteriedraht wird bei W eingeklemmt; die
Klemmschraube X leitet den Draht zur Ausrückvorrichtung
I. Diese Klammern W und
X stehen natürlich in leitender Verbindung mit den
bezüglichen Lamellen O und O'.
III. Fehlmaschenanzeiger (Fig. 1, 7 und 8).
Der Anzeiger jener Fehler, welche an der Nadel bei der Maschenbildung vorkommen
können, ist in Verbindung mit der Säule s (Fig. 1)
concentrisch mit der Stuhltrommel befestigt und mit der Batterie einerseits durch
den in e festgeklemmten Draht, andererseits mit der
Ausrückung I durch den bei f
sich anschließenden Draht leitend verbunden.
Das Tragstück a (Fig. 7 und 8) hat eine horizontal und
vertical stehende Wandfläche; es ist unter dem Nadelbett knapp (1 Millim.) unter die
Nadeln angebracht.
Sobald aus irgend einem Grunde die Masche von der Nadel
nicht abgleitet, wodurch die nächste Maschenbildung ausbleibt (indem nur
Schlingen in dem Haken der Nadel sich ansammeln würden), erleidet diese Nadel (von
dem im Uebrigen weiterschreitenden Gestrick) einen Zug nach abwärts, und wenn sie
bei der Rotation über dieses Tragstück a gelangt,
bedingt sie die sofortige Stromschließung und demzufolge die Ausrückung der
Antriebsscheibe M. (Diese Stelle ist in unserer Quelle
nicht deutlich genug.)
An dem Tragstück a ist um den Zapfen c drehbar der Fühler b aus
Messing angebracht, in der Ruhelage durch Elfenbeinscheibchen von dem Tragstück
vollkommen isolirt. Vor dem Fühler b streicht das Gestrick hart vorbei. Das Abfallen einer Masche von der Nadel hat zur Folge, daß an dieser Stelle in
der Arbeit ein Loch entsteht, der Fühler deßhalb von derselben bei der Umdrehung des
Nadelkörpers erfaßt und mitgenommen wird, bis er gegen die verticale Metallwand des
Tragstückes a anschlägt, den Stromkreis schließt und den
Stillstand der Maschine veranlaßt.
Dieß ist im Wesentlichen die Einrichtung der Ausrückvorrichtung im Zusammenhang mit
den Fehleranzeigern; es ist nur noch die Aufstellung derselben kurz zu
besprechen.
An der Riemenscheibe M ist das Kuppelstück mit nur einem
unter 45° gestellten Zahn versehen, damit die Ausrückung möglichst rasch und
ohne große Reibung vollzogen werden kann. Der Ausrückhebel B umfaßt das Gleitstück E mittelst zweier
Zapfen D, D (Fig. 3) in der Mittellinie
der Achse, mit welcher jenes durch Feder und Nuth verbunden ist. Die Antriebsscheibe
M selbst dreht sich lose und wird mit der Achse
verkuppelt, wenn das Gleitstück E
durch Einstellungdurch Schiefstellung des Hebels B, B' angedrückt wird.
Der Fadenbruchanzeiger (appareil révélateur des
fils cassés) ist zwischen den Spulen und dem Fadenführer des
Circularstuhles eingeschaltet und derart festgestellt, daß die Drahthaken P (wegen der leichten Beweglichkeit vom Constructeur danseurs genannt) beim eintretenden Reißen der
durchgezogenen Fäden sofort niederfallen.
Das Tragstück a des Fehlmaschenanzeigers (appareil révélateur des aiguilles trop
chargées et des trous ou mailles coulées) ist mit dem Lineal
g unter einem der Schieberädchen des Stuhles
angebracht, so daß die horizontale Platte 4 bis 5 Millimeter weit unter dem
Nadelkörper, circa 1 Millimeter unterhalb der Nadelebene
liegt.
Von den beiden Polen der Batterie gehen zwei Hauptdrähte ab, mit welchen die
einzelnen, zu den verschiedenen Apparaten jedes Stuhles führenden Zweigdrähte
leitend verbunden sind.
Die Batterie besteht aus einer entsprechenden Anzahl von Marié-Davy'schen Elementen; diese Kombination, welche in
Frankreich vielfach angewendet wird, besteht bekanntlich in
Zink-Kohlen-Elementen, bei denen die Kohle in einen Brei von
angefeuchtetem schwefelsaurem Quecksilberoxydul eingesenkt, das Zink dagegen mit
reinem Wasser umgeben wird.
J. Z.