Titel: Notizen über Eisfabrication; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Autor: Robert Schmidt
Fundstelle: Band 195, Jahrgang 1870, Nr. CXLVII., S. 523
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CXLVII. Notizen über Eisfabrication; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. Schmidt, über Eisfabrication. Für manche Fabricationszweige, wie z.B. in der Bierbrauerei, sind bekanntlich bedeutende Mengen Eis erforderlich, von dessen gehöriger Quantität sehr wesentlich die Güte des Productes abhängt. In nördlichen Gegenden friert es in jedem Jahre genügend, um das nöthige Eis rechtzeitig sammeln und für solche Zwecke aufbewahren zu können; dieß ist jedoch mit geringerer Sicherheit in mittleren und noch weniger in südlichen Graden der Fall, daher man, um der Natur zu Hülfe zu kommen, in neuerer Zeit Maschinen construirt hat, mittelst deren man überall und zu jeder Jahreszeit Eis fabriciren kann. Die zur Massenproduction von Eis bewährteste Maschine ist die von Carré in Paris erfundene. Dieselbe ist ihrer Construction nach seit ihrem Bestehen in vielen Fachzeitschriften beschrieben worden (in diesem Journal, 1863, Bd. CLXVIII S. 171), und kann daher im Allgemeinen als bekannt vorausgesetzt werden. Uebrigens wird diese Maschine in neuerer Zeit auch in mehreren deutschen Fabriken gebaut. Viel weniger ist bis jetzt in technischen Zeitschriften die für die Praxis so wichtige Frage zur Erörterung gekommen, zu welchem Preise die Carré'sche Maschine das künstliche Eis liefert. Im verflossenen Jahre ward ich nun von den HHrn. Brauereibesitzern Gebr. Dieterich in Düsseldorf beauftragt, ihnen bei Ankauf einer größeren Carré'schen Eismaschine zum technischen Gebrauch mit Rath und That beizustehen, und hierdurch bin ich in Stand gesetzt worden, auf die oben gestellte Frage nähere Auskunft zu ertheilen, was im Nachfolgenden geschehen soll. Von den zwei in Deutschland bestehenden Fabriken, welche Eismaschinen als Specialität bauen, wählte ich die Firma Vaaß und Littmann in Halle a. S., weil ich von dieser Fabrik die bessere praktische Ausführung einer derartigen Maschine erwartete. Die genannte, sowie auch andere in- und ausländische Fabriken bauen Eismaschinen in verschiedenen Größen, und geben als Maaß dafür an: das stündliche Eisquantum welches eine Maschine zu liefern vermag. Hier handelte es sich um eine Maschine welche stündlich 4 Ctr. Eis zu produciren im Stande ist. Außer anderen bekannten Daten kommt in Bezug auf den Preis des Eises in Betracht: der Preis des Salmiakgeistes und des Chlorcalciums; ersteren haben wir pro Ctr. mit 14, letzteren pro Ctr. mit 4 Thlr. in Rechnung gestellt. Wir geben im Nachfolgenden die Rechnung, woraus sich der Preis von 1 Ctr. Eis entnehmen läßt. Das Jahr nehmen wir in der Rechnung zu 300, den Monat zu 25 Tagen, den Arbeitstag zu 12 Stunden an, und setzen, wie schon oben erwähnt, einen Eisapparat mit einer stündlichen Production von 4 Ctr. voraus. I. Capitalanlage für eine Eismaschine nebst Nebenausgaben. Thlr. Sgr. Pfd. Eismaschine 6000 Fracht von Halle a. S. nach Düsseldorf               140 Einmauerung des Kessels   110 Montirungskosten     90 –––––––––––––––– Capitalsumme 6340 II. Betriebskosten des Apparates pro Tag. 10 Proc. Amortisation des Capitals: 6340 . 1/20 . 1/300         2   3 5 Proc. Zinsen des Capitals: 6340 . 1/10 . 1/300 1   1   6 Bedienung: 2 Mann à 15 Sgr. 1 Salmiakgeist, täglich 3 Pfd., à Ctr. 14 Thlr. 12   6 Chlorcalcium, täglich 3 Pfd., à Ctr. 4 Thlr.   3   6 Kohle zur Kesselheizung, täglich 3 Ctr., à 10 Sgr. 1 Betriebstraft für das Kühlwasser, 1 1/2 Pferdekraft,  à Pfdrkr. 20 Sgr. 1 ––––––––– Betriebssumme 6 20   6 In Silbergroschen beträgt die Summe 200 1/2 Sgr. Es werden täglich an Eis erzeugt 4 × 12 Ctr., und hiernach kostet der Ctr. Eis 200 1/2 : 4 × 12 = 4 1/5 Sgr. Dieses Resultat, welches aus Angaben hervorgegangen die ich von den HHrn. Vaaß und Littmann empfieng, stimmt auch mit den Resultaten überein, welche die HHrn. Gebr. Dieterich in Düsseldorf mir nach ihren praktischen Erfahrungen mitzutheilen die Güte hatten. Der Preis bei Beschaffung natürlichen Eises wird im Allgemeinen variiren, er wird abhängig seyn von dem Pacht welcher für Benutzung des betreffenden Wassers zu zahlen ist, und von der Entfernung desselben bis zur Brauerei. Der Brauereibesitzer wird hiernach leicht calculiren können, in welcher Weise er sich sein nöthiges Eis am billigsten beschaffen kann.