Titel: Das Bleichen der Garne und Gewebe mit übermangansaurem Kali und Natron; von Anton Pubetz, technischer Chemiker in Prag.
Autor: Anton Pubetz
Fundstelle: Band 195, Jahrgang 1870, Nr. CLIV., S. 555
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CLIV. Das Bleichen der Garne und Gewebe mit übermangansaurem Kali und Natron; von Anton Pubetz, technischer Chemiker in Prag. Pubetz, über Bleichen der Garne u. Gewebe mit übermangansaurem Alkali. 1. Das Bleichen der Garne und Gewebe aus Baumwolle, Flachs und Hanf. Die zu bleichenden Gewebe oder Garne werden mittelst heißen Wassers gereinigt, dann in einem alkalischen Bade entfettet. Hierauf taucht man sie in ein Bad, welches entweder bloß eine Lösung von Uebermangansäure oder die eines übermangansauren Salzes enthält, welche Lösung mit einem Salze, als schwefelsaure Magnesia, schwefelsaures Natron etc., versetzt wird. Nach diesem Eintauchen, welches wenigstens 15 Minuten dauern muß, nimmt man die zu bleichenden Stoffe heraus und bringt sie in Bäder, worin schweflige Säure enthalten ist. In diesen Bädern werden die zu bleichenden Garne oder Gewebe so lange gelassen, bis der sie überziehende Lack von Manganoxyd gänzlich aufgelöst ist; alsdann werden die Garne oder Gewebe rein gewaschen. Ist das zu bleichende Garn oder Gewebe noch nicht hinreichend weiß, so wird es nochmals in ein Bad von übermangansaurem Kali oder Natron getaucht, gewaschen und abermals in ein zweites Bad, welches schweflige Säure enthält, eingetaucht, um schließlich gewaschen zu werden. Diese Behandlung der Stoffe mit diesen zweierlei Bädern wird so oft wiederholt, bis sie vollständig gebleicht sind. Ein Bleichbad, welches je nach der Natur der zu entfärbenden Faser, 4–10 Pfd. übermangansaures Kali oder Natron enthält, reicht hin um 200 Pfd. Garne oder Gewebe von Baumwolle, Flachs oder Hanf zu bleichen. Die Darstellung der verschiedenen Bleichbäder geschieht hier auf dieselbe Art, wie bei der Wolle angegeben wird. Ein Garn oder Gewebe aus Flachs oder Hanf bestehend, ist etwas schwerer zu bleichen als ein Gewebe aus Baumwolle. Zum Weißwaschen nimmt man hier Schmierseife. Erklärung des chemischen Vorganges beim Bleichen der Garne und Gewebe aus Baumwolle, Flachs oder Hanf etc., mit übermangansaurem Alkali. – Durch das Eintauchen der vegetabilischen oder thierischen Fasern in die Lösung des übermangansauren Kalis oder Natrons, schlägt sich das Manganoxyd in Form eines fein vertheilten Ueberzuges auf die Faser nieder. Sobald man die mit diesem Ueberzuge versehenen Fasern der Wirkung einer reducirenden Substanz aussetzt, wie z.B. der schwefligen Säure, so wird das Manganoxyd in Manganoxydul übergeführt. Da die Manganoxydulsalze in Wasser löslich sind, so läßt sich nun dasselbe durch das nachfolgende Waschen von der Faser entfernen. 2. Das Bleichen der Garne oder Gewebe aus Wolle. Das Verfahren des Bleichens ist dasselbe wie für Garne oder Gewebe aus Baumwolle, Flachs oder Hanf, nur mit dem Unterschiede daß die alkalische Lauge hier durch eine schwache Seifenlösung ersetzt wird. Bereitung des schwefligsauren Bades. Um die wässerige schweflige Säure darzustellen, verfährt man wie folgt: Man mengt wasserfreies schwefelsaures Eisenoxydul mit Schwefel, bringt diese Mischung in ein eisernes cylindrisches Gefäß, erhitzt dasselbe mittelst eines Kohlenfeuers bis zur schwachen Rothglühhitze und verbindet die Oeffnung des Gefäßes mit einem Leitungsrohr. Aus letzterem leitet man die schweflige Säure in ein Gefäß, in welchem reines gewöhnliches Wasser enthalten ist. Dieses Gefäß muß gut verschlossen seyn. Eine Maaß Wasser absorbirt 30–40 Maaß schwefligsaures Gas. Beim nachherigen Bleichen wird das Bad auf 25–30° C. erwärmt. Diese Temperatur ist nach meinen vielen Versuchen am wirksamsten. Die Bereitung des schwefligsauren Bades geschieht in einem besonderen Gefäße; man gießt in das Wasser so viel von der flüssigen schwefligen Säure als nothwendig ist um die braune Farbe der Garne oder Gewebe, nämlich das an der Faser festhaftende Manganoxyd zu zerstören. Das Bleichen des Garnes oder Gewebes erfolgt sehr rasch und ist nach 30 Minuten vollzogen. Bereitung des übermangansauren Salzbades. Das übermangansaure Kali oder Natron ist für das Bleichen vortheilhafter im flüssigen Zustande anzuwenden, da der Bleichproceß sofort vorgenommen werden kann. Auf 100 Pfd. gut entfetteter Schafwolle müssen 4 Pfd. übermangansaures Kali oder Natron mit 1 1/3 Pfd. schwefelsaurer Magnesia versetzt werden. Man nimmt dazu gewöhnlich ein Faß, welches zu diesem Zwecke hinreichend Raum bietet, gießt 4 Pfd. flüssiges übermangansaures Kali oder Natron hinein und setzt nun dieser Lösung 1 1/3 Pfd. aufgelöste schwefelsaure Magnesia zu, rührt das Bad gut durch und hängt oder legt den zu bleichenden Stoff locker ein. Das Bad hat eine schöne purpurrothe in's Violette ziehende Farbe, welche verschwindet nachdem sich das Manganoxyd auf dem Garne oder Gewebe als ein gelblichbrauner Ueberzug niedergeschlagen hat. Ist die Farbe des Bades in eine ziemlich wasserhelle verwandelt, so ist auch die Zeit des Einhängens oder Eintauchens der Waare abgelaufen; nun nimmt man das Garn oder Gewebe aus dem Bade heraus und bringt es sogleich in das schwefligsaure Bad. Für die sofortige Vollbleiche der Schafwolle ist ein größeres Quantum von übermangansaurem Kali oder Natron anzuwenden und das Bad handwarm herzustellen, da sonst der Farbstoff sich von der Wollfaser nicht so leicht trennt. Auch muß das schwefligsaure Bad etwas stärker gegeben werden. Nach dem Bleichen hat das Auswaschen zu erfolgen, worauf man die behandelte Wolle in ein Bad bringt, welches aus 48 Pfd. Wasser, 1 1/2 Pfd. Schmierseife und 3/4 Pfd. Salmiakgeist (Aetzammoniak) von 0,9 spec. Gewicht besteht. Alles muß gut gemischt seyn. Dieses letzte Bad verhindert das Vergilben der Garne oder Gewebe. Bereitung der Schmierseife. Zur gewöhnlichen im Handel vorkommenden Schmierseife setzt man 1/5 ihres Gewichtes zerriebenes schwefligsaures Natron. Auf 10 Theile warmen Wassers von 25–30° C. nimmt man 1 Th. dieser Compositionsseife, worin die Stoffe gehörig gewaschen werden. 3. Das Bleichen der Seide. Die Reinigung der Seide in Form von Garnen oder Geweben muß sehr sorgfältig geschehen. Ist die Seide durch Seifenbäder gehörig gereinigt, so gibt man ein übermangansaures Salzbad und bringt sie, nachdem die Flüssigkeit gut abgelaufen ist, in das schwefligsaure Bad, worauf sie binnen kurzer Zeit gebleicht ist; hierauf wird sie gut gewaschen. Nachträgliche Bemerkungen. 1) Ist das zu bleichende Garn oder Gewebe hartnäckig zu bleichen, so bringt man es in ein Bad von verdünnter Salzsäure, bedeckt das Gefäß und läßt den Stoff 1 Stunde darin liegen, worauf derselbe herausgenommen, mit Wasser gut gewaschen und wie ich angegeben habe, weiter verfahren wird. Um die verdünnte Salzsäure zu erhalten, nimmt man auf 20 Theile Wasser 1 Th. Salzsäure. 2) Da das übermangansaure Kali theurer ist als das übermangansaure Natron, das letztere aber dieselbe Wirkung erzeugt wie das übermangansaure Kali, so wendet man in der Regel zum Bleichen der Garne und Gewebe von Baumwolle, Flachs, Hanf, Schafwolle und Seide nur das übermangansaure Natron an. 3) Das vorzüglichste übermangansaure Kali und Natron liefern gegenwärtig Dr. Theodor Schuchardt in Görlitz und A. Schering in Berlin. 4) Diese Bleichmethode mit übermangansaurem Kali oder Natron verdient besonders für die Lappenfärberei Berücksichtigung, weil nach dieser Methode theilweise ausgezogene indigblau gefärbte Artikel abgezogen und wieder auf eine beliebige Farbe gefärbt werden können.