Titel: Ueber die Darstellung verschiedener künstlicher Edelsteine; von M. A. Gaudin.
Fundstelle: Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XIII., S. 60
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XIII. Ueber die Darstellung verschiedener künstlicher Edelsteine; von M. A. Gaudin. Aus den Comptes rendus, t. LXIX p. 1342; December 1869. Gaudin, über Darstellung künstlicher Edelsteine. Schon seit längerer Zeit beabsichtigte ich der (französischen) Akademie eine kleine Sammlung künstlicher Edelsteine zu überreichen, und durch dieselbe die Anzahl der im Museum der Naturgeschichte bereits vorhandenen Laboratoriumproducte ähnlicher Art zu vermehren; diesen Vorsatz bringe ich nun zur Ausführung. Diese Steine stehen bezüglich ihrer Härte zwischen dem Straß und den ächten (natürlichen) Edelsteinen; sie haben zum großen Theile den Glanz und die Dauerhaftigkeit der letzteren, kurz, sie besitzen einen gewissen Grad von „Feinheit“ (Aechtheit). Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, sogen, orientalische durchsichtige Steine, d.h. solche künstliche Edelsteine darzustellen, deren Basis ausschließlich aus Thonerde besteht, weil dieser Körper so sehr geneigt ist sich zu entglasen. Ueberdieß schmilzt die Thonerde nur bei sehr hoher Temperatur; ohne vorher in einen teigartigen Zustand zu gerathen, wird sie plötzlich flüssig wie Wasser, kommt dann in's Kochen, wobei sie Funken wirft, dann verdampft sie und verschwindet rasch wie Kampher. Um der Thonerde „Ductilität“ (Zähigkeit) zu geben, muß man sie nothwendig in starkem Verhältniß mit Kieselsäure versetzen, durch welche ihr Krystallisiren verhindert wird; dieser Zusatz vermindert aber die Härte des Productes in bedeutendem Grade; obgleich diese derjenigen des Bergkrystalls nahe kommt, so kann das Product die letztere doch niemals erreichen, ohne bei dem Erkalten einen steinartigen (krystallinischen) Zustand anzunehmen: eine Erscheinung welche vorzugsweise bei der Verarbeitung großer Massen im Schmelztiegel auftritt. Bei Anwendung des Knallgas-Löthrohres und der Holzkohle als Unterlage für die zusammenzuschmelzenden Substanzen läßt sich dieser Uebelstand leichter vermeiden; dann stellt sich aber ein anderer ein: es bilden sich nämlich Blasen, die sich gewissermaßen in's Unendliche erneuern und oft in der zähflüssigen Masse eingeschlossen bleiben. Die Färbung der Steine bietet gleichfalls Schwierigkeiten dar, weil unter der Flamme dieses kräftigen Löthrohres die Umstände ganz andere sind als im Tiegel. So kann man z.B. als färbenden Bestandtheil keine von den Verbindungen benutzen, welche Gold, Silber, Palladium oder ein anderes Edelmetall enthalten, da diese Metalle sofort reducirt werden. Auch das Kupfer besitzt diese Eigenschaft in schwachem Grade; man kann es aber zu einem Proteus machen, mittelst dessen sich alle denkbaren Nüancen erzielen lassen. Die Chemiker werden sich sehr verwundern, daß sowohl das Mangan als das Nickel den künstlichen Edelsteinen constant eine orangegelbe Färbung geben. Das Chrom gibt im Reductionsfeuer ein etwas in's Grünliche ziehendes Himmelblau und im Oxydationsfeuer ein düsteres, gewissermaßen rauchiges Grün, während das Smaragdgrün sich nur mit Kupfer bei Oxydationsfeuer hervorbringen läßt. Die Exemplare, welche ich überreiche, sind folgende:   1) ein ungeschnittener Stein von perlartiger Opalfarbe;   2) ein ungeschnittener, opalartig türkisblau gefärbter Stein;   3) eine rohe Perle von grünlichblauer, der des Aquamarins ähnlicher Farbe, unten schwach entglast;   4) ein blauer Saphir;   5) ein mit Gold im Schmelztiegel bei Scharffeuer gefärbter Rubinspinell;   6) ein lichtgrüner Smaragd;   7) ein strohgelber Topas;   8) ein feurig braungelb gefärbter Topas;   9) ein großer, eirund geschnittener Aquamarin; 10) ein kleiner, tief grüner Smaragd; 11) ein den farblosen Diamant nachahmender Stein; 12) ein Chrysolith. Meine nächste Sendung wird in sehr thonerdereichen, in verschiedenem Grade entglasten Perlen (kleinen Kugeln) bestehen, welche sehr interessante Krystallisations-Erscheinungen zeigen.