| Titel: | Untersuchungen über Jama-may-Seide; von Prof. Dr. P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XIX., S. 72 | 
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                        XIX.
                        Untersuchungen über Jama-may-Seide;
                           								von Prof. Dr. P.
                              								Bolley.
                        Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, Bd.
                              									XIV S. 142.
                        Mit Abbildungen.
                        Bolley, über Jama-may-Seide.
                        
                     
                        
                           Die Jama-may-Seide (Seide des chinesischen
                              									Eichenspinners), von deren Zucht man in Europa vor einigen Jahren so große
                              									Hoffnungen hegte, welche,
                              									wie es den Anschein hat, jetzt sämmtlich zu Grabe getragen sind, kommen seit einiger
                              									Zeit vereinzelte Lieferungen sowohl aus China als aus Japan auf den europäischen
                              									Markt. Man hat, wie ich von verschiedenen Seiten vernahm, sowohl in Lyon als hier in
                              									Zürich, und wohl auch an anderen Centralpunkten der Seidenindustrie, sich vielfach
                              									Mühe gegeben, diese Seide ähnlich wie die des Maulbeerspinners zu verwenden, soll
                              									aber überall an den Schwierigkeiten gescheitert seyn, die sie beim Färben zeigt.
                           Um über dieses unerwartete Verhalten einige Aufklärung zu gewinnen, habe ich eine mir
                              									im Herbst 1868 gewordene Gelegenheit, solche Seide zu erhalten, benutzt, und eine
                              									Untersuchung vorgenommen, an der sich zwei Praktikanten meines Laboratoriums, Hr.
                              										Kind aus Schiers in Graubündten und Hr. Rebmann aus Stäfa, eifrigst betheiligten.
                           Der Cocon des Eichenspinners ist etwas größer als der gewöhnliche italienische Cocon,
                              									rauh, flockig, äußerlich grünlich, innen aber glänzend weiß.
                           Der einzelne Coconfaden besteht aus zwei Hälften, die, wie es bei jeder anderen Seide
                              									der Fall ist, der Länge nach zusammengekittet sind, wodurch ein unregelmäßiger,
                              									stellenweise elliptischer Querschnitt entsteht. Der Eichenspinnerfaden zeigt sich
                              									rauher, steifer und ungleichartiger als der von Bombyx
                                 										mori.
                           Die mikroskopische Untersuchung der
                              									Jama-may-Seide, über welche im Verlauf der vorliegenden Arbeit von Dr. J. Wiesner in Wien
                              									Einiges veröffentlicht wurde,Polytechn. Journal, Bd. CXC S.
                                       											233. nahm Hr. Dr. G. Schoch vor. Wir stellen die Resultate, welche sich einander ergänzen, hier
                              									zusammen.
                           Dr. Wiesner gibt die Breite
                              									des Jama-may-Fadens an wie folgt:
                           
                              
                                 Floretseide
                                 0,010 – 0,041,
                                 meist
                                 0,017
                                 Millim.
                                 
                              
                                 feine Seide
                                 0,017 – 0,045,
                                 „
                                 0,027
                                 „
                                 
                              
                                 Wattseide
                                 0,017 – 0,034,
                                 „
                                 0,025
                                 „
                                 
                              
                           Dr. Schoch fand die Breite
                              									des vom Cocon gewonnenen entschälten einfachen Fadens variirend zwischen 0,02 und
                              									0,046 Millim., während der von Bombyx mori eine Breite
                              									zwischen 0,015 und 0,02 Millim. hatte.
                           Ueber die Structur der Seide sagt Wiesner: „Jede Seide, selbst die gewöhnliche, besteht aus mehr
                                 										oder weniger abgeplatteten Fäden, wie man sich durch Einstellung mit der
                                 										Schraube, noch besser aber durch Querschnitte überzeugen kann. Die gewöhnliche
                                 										Seide ist nur wenig abgeplattet, die übrigen sehr stark. Der Seidenfaden ist ferner nie homogen,
                                 										sondern stets der Länge der Fäden nach parallel gestreift. Diese Streifung wird
                                 										nicht etwa dadurch hervorgerufen, daß die Fäden von Sprungflächen durchsetzt
                                 										sind, sondern, wie der Querschnitt lehrt, dadurch, daß die von Seidenleim
                                 										umschlossene Masse von zahlreichen feinen Röhren durchzogen ist, welche, im
                                 										Mikroskope dunkel erscheinend, entweder mit Luft oder einer anderen sehr schwach
                                 										lichtbrechenden Substanz gefüllt sind. An allen hier besprochenen Seidensorten
                                 										ist eine solche parallelfaserige Structur direct zu sehen. Aber auch an der
                                 										gewöhnlichen Seide ist dieselbe Structur vorhanden, wenn sie sich auch nicht
                                 										unmittelbar zeigen läßt.“
                              								
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 196, S. 74
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 196, S. 74
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 196, S. 74
                              
                           Fig. 1 und Fig. 2 sind
                              									Schnittstücke des einfachen Jama-may-Fadens bei 700-facher
                              									Vergrößerung; Fig. 2 ist ein Querschnitt in
                              									Gummierhärtung. Der Faden erscheint der Länge nach gestreift (gerippt), und die
                              									ganze Oberfläche des Querschnittes ist mit Punkten besäet, die jedoch nicht als
                              									Mündungen von Röhren zu betrachten sind. Der einzelne Faden besteht vielmehr aus
                              									einzelnen dünnen Stäben, wie man erkennt, wenn man den Jama-may-Faden
                              									mit verdünnter Natronlauge behandelt und quetscht. Er zerfällt (Fig. 3) hierbei in einzelne Faden, deren Durchmesser
                              									0,0015 Millim. ist. Die Punkte auf der Oberfläche des Querschnittes entsprechen
                              									wahrscheinlich den leeren Begrenzungen zwischen den Seidenleimschichten der
                              									einzelnen Fäden. Man kann am Faden von Bombyx mori
                              									ähnliches nicht beobachten. Wird dieser mit Chromsäure behandelt, so erscheint er
                              									ebenfalls etwas gestreift, die Streifung ist aber viel lichter, nicht überall
                              									deutlich, nicht parallel, auch nicht stets der Längsrichtung folgend, sie muß eher
                              									einer oberflächlichen Schrumpfung oder Corrosion durch das Reagens als einer
                              									Absonderung in einzelne dünne Cylinder zugeschrieben werden.
                           Es scheint demnach, daß das Spinnorgan des Eichenspinners eine siebartige
                              									Austrittsmündung für den Faden hat, was leider, weil Exemplare des Thieres selbst
                              									nicht zu beschaffen waren, nicht näher constatirt werden konnte.
                           Der Jama-may-Faden unterscheidet sich
                              									demnach sowohl durch seine Dimensionen als durch seine
                              										Structur von der gewöhnlichen Seide. Es gehen
                              									hinsichtlich der ersten Eigenschaft die Beobachtungen von Wiesner und Schoch einig; hinsichtlich der
                              									Structur treffen sie theilweise ebenfalls zusammen. Die Deutung der Punkte auf dem
                              									Querschnitt muß in Folge der hier vielfach wiederholten Zerlegung des Fadens in lose
                              									Bündel eine andere als die von Wiesner angedeutete
                              									seyn.
                           
                        
                           Die chemische
                                 									Zusammensetzung.
                           Der Aschengehalt des Cocons des Eichenspinners nach
                              									Entfernung der Larve wurde zu 8,639 Proc., derjenige von italienischen Cocons zu
                              									1,07 Proc. gefunden. Zerreißt man die flockige Hülle eines
                              									Jama-may-Cocons, so bemerkt man das Aufwirbeln feinen weißen Staubes
                              									ganz deutlich. In der Asche wurde nachgewiesen: Kalk, Magnesia, Kali, Natron,
                              									Phosphorsäure, Chlor.
                           Jama-may-Seide, Trame, zeigte einen Aschengehalt von 2,4 Proc., worin
                              									dieselben Bestandtheile gefunden wurden wie im Cocon.
                           Jama-may-Seide, die zuerst mit Alkohol und wenig Schwefelsäure
                              									behandelt, dann vollkommen mit Seife entschält worden, zeigte einen Aschengehalt von
                              									0,59 Proc., italienische Seide in gewöhnlicher Weise entschält einen solchen von
                              									0,95 Proc. Man ist also im Stande, die mineralischen Bestandtheile der
                              									Jama-may-Seide durch die angegebene Vorbehandlung größtentheils zu
                              									entziehen.
                           Die näheren Bestandtheile der gewöhnlichen Seide sind
                              									hauptsächlich der sogenannte Seidenleim und das Fibroin, wozu als dritte in
                              									einigermaßen erheblicher Menge auftretende Substanz der Farbstoff kommt. Die
                              									Untersuchung der Jama-may-Seide mußte zunächst dahin gerichtet werden, ob bei analoger
                              									Behandlung dieselben Stoffe sich ergehen, wie aus der Seide des
                              									Maulbeerspinners.
                           Es wurden mehrere Strähne Jama-may-Seide in gewöhnlicher Temperatur mit
                              									einer verdünnten – 2procentigen – wässerigen Lösung von Salzsäure 24
                              									Stunden stehen gelassen, um ihr die mineralischen Bestandtheile zu entziehen, dann
                              									in kaltem Wasser so lange gewaschen, bis die saure Reaction gänzlich verschwunden
                              									war. Die so vorbereitete Seide wurde nun mit Wasser und unter fortwährendem Ersatz
                              									des verdampften lange Zeit ausgekocht, bis die herausgenommenen Strähne nach dem
                              									Auswinden und Trocknen nicht mehr zusammenklebten. Die Lösung wurde auf dem Dampfbad
                              									concentrirt und grünliche Flocken, die sich hierbei ergaben, durch Filtration
                              									beseitigt. Der erkalteten concentrirten Lösung wurde etwas Weingeist zugesetzt,
                              									erhitzt, und kochend heiß von dem Niederschlag abfiltrirt. Aus dem Filtrat setzten
                              									sich nach Zusatz von mehr Weingeist Flocken ab, die in ihrem Ansehen und
                              									Eigenschaften mit dem gewöhnlichen Seidenleim die größte Aehnlichkeit zeigten.
                           
                              
                                 Die Elementaranalysedieser Substanz ergab:
                                 Als Mittel zweier Analysengewöhnlichen
                                    											Seidenleimeserhielt Cramer.E. Cramer, Untersuchung der Seide,
                                          													Inauguraldissertation (im Auszug im polytechn. Journal Bd. CLXXX S.
                                             											397).
                                 
                              
                                 C =   44,29
                                 C =   44,32
                                 
                              
                                 H =     5,81
                                 H =     6,18
                                 
                              
                                 N =   18,64
                                 N =   18,30
                                 
                              
                                 O =   31,26
                                 O =   31,20
                                 
                              
                                 –––––––––––
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                       
                                    											100,00
                                       
                                    											100,00
                                 
                              
                           Das Fibroin der Jama-may-Seide wurde
                              									dargestellt durch Uebergießen derselben mit fünfprocentiger Natronlauge während 24
                              									Stunden und vollkommenes Auswaschen der zwar mürbe gewordenen aber sonst nicht
                              									zerstörten Seidefäden zuerst mit Wasser, dann mit ganz schwacher Salzsäure, zuletzt
                              									wieder mit Wasser.
                           Es wurde erhalten:
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 V.
                                 
                              
                                 C =
                                 –
                                 –
                                 –
                                 48,47
                                 48,53
                                 
                              
                                 H =
                                 –
                                 –
                                 –
                                   6,84
                                   6,33
                                 
                              
                                 N =
                                 18,50
                                 18,78
                                 19,40
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Dieß beträgt im Mittel:
                           C = 48,50
                           H   = 6,58
                           N = 18,89
                           O = 26,03
                           
                           Die Analysen von Cramer für ein nach gleicher Weise aus
                              									gewöhnlicher Seide dargestelltes Fibroin ergaben im Mittel:
                           
                              
                                 C =
                                 48,60
                                 
                              
                                 H =
                                 6,40
                                 
                              
                                 N =
                                 18,89
                                 
                              
                                 O =
                                 26,11
                                 
                              
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Es besteht somit kein Zweifel, daß das Fibroin sowohl als der Leim der
                              									Jama-may-Seide identisch sind mit den entsprechenden Bestandtheilen
                              									der Maulbeerspinnerseide.
                           Die Bestimmung der relativen Menge dieser beiden Hauptbestandtheile, welche
                              									bekanntlich ziemlich unsicher ist, wurde dennoch versucht, um doch ein ungefähres
                              									Urtheil hierüber zu gewinnen.
                           Es wurde zu dem Ende Jama-may-Seide bei 110° C. getrocknet
                              									gewogen, dann mit 2procentiger Salzsäure über Nacht stehen gelassen, hierauf 24
                              									Stunden lang mit Wasser und endlich 3 Stunden lang mit Seifelösung gekocht. Zwischen
                              									jeder der drei Behandlungen wurde getrocknet und gewogen. Die Seide verlor
                           
                              
                                 in verdünnter Salzsäure
                                   6,2
                                 Proc.
                                 
                              
                                 in Wasser
                                 13,6
                                 „
                                 
                              
                                 in Seifelösung
                                   3,6
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 zusammen
                                 23,4
                                 Proc.
                                 
                              
                           und zeigte sich weich und gänzlich entschält.
                           Ein zweiter Versuch ergab 24,15 Proc. Verlust durch Entschälung.
                           Der Farbstoff der Jama-may-Seide läßt sich
                              									auf verschiedene Weise von den Fäden trennen. Wird dieselbe mit nicht zu schwachem
                              									Weingeist, oder mit verdünntem Weingeist, dem etwa 3 Proc. Salzsäure zugesetzt sind,
                              									gekocht, so erhält man grüne Lösungen. Die erstere wird am Licht nach einiger Zeit
                              									gelb, die saure hält sich lange unverändert. Durch Eindampfen der alkoholischen
                              									Lösung oder durch Versetzen der sauren mit Ammoniak und oxalsaurem Ammoniak,
                              									Abfiltriren des Niederschlages und Eindampfen scheiden sich, wenn die Flüssigkeit
                              									nur wenig Alkohol mehr enthält, grüne Tropfen aus, die gesammelt und getrocknet eine
                              									weiche amorphe Masse darstellen. Auch beim Auskochen der Seide mit Wasser scheidet
                              									sich aus dem erkalteten Decoct ein Niederschlag ab, der gesammelt und getrocknet an
                              									heißen Weingeist den grünen Farbstoff abgibt. Wird die grüne weiche Masse mit Aether
                              									behandelt, so löst sich ein Theil hiervon mit blaugrüner Farbe auf und es bleibt ein
                              									gelber Rückstand. Durch Abdampfen der ätherischen Lösung bleibt ein fester Rest, der aber eine
                              									mehr in's Gelbliche ziehende Farbe angenommen hat. Neuer Aether über diesen gegossen
                              									färbt sich wieder blaugrün und läßt eine kleine Menge gelber Substanz ungelöst. Dieß
                              									läßt sich einige Male wiederholen, so daß angenommen werden muß, der blaugrüne
                              									Farbstoff gehe beim Abdampfen in den gelben über.
                           Es ist mir wegen unzureichenden Materiales nicht gelungen, durch Schütteln mit
                              									Aether, der mit Chlorwasserstoff gesättigt worden, eine Zerlegung in einen blauen
                              									und einen gelben Farbstoff hervorzurufen, wie es Fremy
                              									bei dem sogen. Chlorophyll gethan hat, auch hat die Eisenreaction in der
                              									wiedergelösten Asche, die der Farbstoff hinterließ, nur Spuren dieses Körpers
                              									angedeutet, nichtsdestoweniger muß eine gewisse Aehnlichkeit dieses Körpers mit dem
                              									aus den Pflanzen durch Alkohol ausgezogenen grünen Pigmente zugegeben werden. Eine
                              									Abscheidung fettiger oder wachsartiger Materie aus dem grünen Körper war mir,
                              									ebenfalls wegen zu geringer Menge, unmöglich,
                           
                        
                           Hygroskopische Eigenschaft.
                           Ein Strahn Jaam-may Trame und ein anderer italienischer Trame wurden unter
                              									ganz gleichen Umständen drei Tage unter häufigerem Ausbreiten der Fäden in
                              									gewöhnlicher Luft aufgehängt, gewogen und hierauf einem getrockneten Luftstrom von
                              									110° C. ausgesetzt und unter Abschluß äußerer Luft gewogen.
                           
                              
                                 Die Jama-may-Trame verlor
                                 12,11
                                 Proc.
                                 
                              
                                   „  
                                    											italienische    
                                    											„        „
                                 11,14
                                 Proc.
                                 
                              
                           
                        
                           Fähigkeit Beize aufzunehmen.
                           Es waren mir aus einigen Seidefärbereien Muster von italienischer und
                              									Jama-may-Trame zugekommen, welche ganz in derselben Weise für Schwarz
                              									vorbereitet, d.h. mit Eisen gebeizt waren. Sie waren blasser als die gewöhnliche
                              									Seide erscheint, nachdem sie durch Eisenbeizen passirt ist. Eine Eisenbestimmung
                              									ergab mir für die Jama-may-Trame 0,81, für italienische Trame 1,32
                              									Proc. Eisenoxyd. Beide Strähne waren in der gleichen Färberei und nach dem gleichen
                              									Verfahren gebeizt worden.
                           Wenn hieraus hervorzugehen schien, daß die Jama-may Seide sich nur
                              									unvollständig beizen lasse und darum ihr Färbevermögen geringer sey, so wurde durch
                              									mehrere in verschiedenster Weise im Laboratorium angestellte Versuche diese Annahme
                              									im Allgemeinen bestätigt, wie aus Nachfolgendem hervorgeht.
                           1) Es wurde von zwei Portionen entschälter
                              									Jama-may- und italienischer Seide ein Theil zur Aschenbestimmung
                              									verwendet. Die Jama-may zeigte 1,141, die italienische 0,445 Proc. Unverbrennliches. Die
                              									andere Hälfte beider wurde zusammen gebeizt in Lösung von Eisenvitriol, der durch
                              									Salpetersäure oxydirt worden, d.h. in der von den Färbern salpeterschwefelsaures
                              									Eisenoxyd benannten Flüssigkeit. Beide wurden bei 110° C. getrocknet bis
                              									keine Gewichtsabnahme mehr erfolgte, dann eingeäschert und von dem gebliebenen
                              									Aschengehalt mit Eisenoxyd der oben angegebene Aschengehalt der entschälten Seide
                              									abgezogen:
                           Es blieb für aufgenommenes Eisenoxyd
                           
                              
                                 in der Jama-may
                                 1,458
                                 Proc.
                                 
                              
                                 in der italienischen Trame
                                 0,810
                                 Proc.
                                 
                              
                           2) In ganz ähnlicher Weise wurde mit ziemlich concentrirtem salpetersaurem Eisenoxyd
                              									gebeizt.
                           
                              
                                 Die Jama-may-Seide nahm um
                                 6,79
                                 Proc.
                                 
                              
                                 die italienische
                                 6,12
                                 Proc.
                                 
                              
                           durch Beizaufnahme zu.
                           Durch Einäschern und Abziehen des vorher bestimmten natürlichen Aschengehaltes ergab
                              									sich Eisenoxyd
                           
                              
                                 in Jama-may
                                 3,60
                                 Proc.
                                 
                              
                                 in italienischer Seide
                                 4,12
                                 Proc.
                                 
                              
                           3) Mit concentrirtem holzessigsaurem Eisen, welches jetzt vielfach für Schwerschwarz
                              									gebraucht wird, wurden ebenfalls beide Seidensorten gebeizt.
                           
                              
                                 Es nahm auf die Jama-may
                                 9,99
                                 Proc.
                                 
                              
                                 die italienische
                                 8,48
                                 Proc.
                                 
                              
                           Nach dem Einäschern und Abzug des natürlichen Gehaltes an mineralischen Substanzen
                              									zeigte sich
                           
                              
                                 in der Jama-may-Seide
                                 5,75
                                 Proc.
                                 
                              
                                 in der italienischen
                                 3,73
                                 Proc. Eisenoxyd.
                                 
                              
                           Da bei diesen Versuchen stets beide Sorten durch alle Operationen hindurch mit
                              									einander liefen und die möglichste Sorgfalt gegen Täuschungen bei den Wägungen, die
                              									so leicht durch Feuchtigkeitsaufnahme veranlaßt werden, eingehalten wurde, konnte
                              									man zur Annahme verführt werden, es stehe die Jama-may-Seide
                              									hinsichtlich ihres Vermögens Beize aufzunehmen nicht zurück gegen die italienische
                              									Seide. Unbefriedigt durch den Widerspruch, der sich zwischen der Seide die in der
                              									Färberei und derjenigen die im Laboratorium gebeizt wurde, zeigte, und gemahnt durch
                              									den Umstand, daß letztere viel mehr Eisenoxyd aufnahm als die Seide die von Färbern
                              									gebeizt und ausgewaschen war, ließ ich die Muster gebeizter Seide von den Versuchen 2,
                              									welche so ungewöhnlich viel Beize aufgenommen hatte, in lauem, fast heißem Wasser
                              									einweichen und dann längere Zeit unter mehrfachem Wechsel des Wassers auswaschen,
                              									häufig auswinden und trocknen. Ferner wurden andere Strähne mit essigsaurem Eisen
                              									gebeizt und sehr stark ausgewaschen und ausgerungen.
                           Ich erkannte auf diesem Wege, daß sich ein sehr großer Theil der Beize noch entfernen
                              									ließ und fand durch Einäschern, daß die Jama-may-Seide vom Versuche 2
                              									ziemlich weniger Eisenoxyd enthielt als die italienische.
                           
                              
                                 Anstatt
                                 3,60
                                 (Versuch 2) hatte die Jama-may
                                 0,9
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 4,12
                                       
                                    											„     2    
                                    											„     „  
                                    											italienische
                                 1,3
                                 Proc.
                                 
                              
                           Gebeizt wie Versuch 3, aber stark ausgerungen, hatte
                           
                              
                                 die Jama-may
                                 1,10
                                 Proc.
                                 
                              
                                 die italienische
                                 1,74
                                 Proc.
                                 
                              
                           nach Abzug der diesen Seidenmustern eigenen Aschen an
                              									Eisenoxyd aufgenommen.
                           Die Seide zeigte sich nach dieser Behandlung unter dem Mikroskop der ganzen Länge der
                              									gespaltenen Coconfäden nach ganz gleichmäßig mit Eisenoxyd getränkt, während die
                              									weniger sorgfältig ausgewaschene Seide (2 und 3) stellenweise ganz dunkel und
                              									verdickt aussah, und andere Stellen des Fadens blaß erschienen. Die obigen Resultate
                              									erklären sich daher aus adhärirender, durch recht sorgfältiges Ausringen
                              									entfernbarer Beize, und wurden nur darum angeführt, um zu zeigen, wie leicht
                              									Täuschungen bei derartigen Bestimmungen möglich sind.
                           
                        
                           Färbeversuche.
                           Diese wurden mit je zwei verschiedenen Seidemustern, d.h. einem Strahn
                              									Jama-may und einem Strahn italienischer Seide vorgenommen, welche zusammen
                              									gebeizt und ausgewaschen, also ganz genau derselben Behandlung unterworfen worden
                              									waren.
                           Durch Beizen mit salpetersaurem Eisenoxyd und Ausfärben in einem Gemisch zweier
                              									Lösungen von Blauholz- und Gelbholzextract wurde mit entschälter
                              									italienischer Seide ein tadelloses Rabenschwarz, mit Jama-may nur ein
                              									grauviolettes ganz ungenügendes Schwarz erhalten.
                           Durch Beizen mit holzessigsaurem Eisen und Ausfärben in gelöstem Campecheholzextract
                              									wurde das Schwarz auf der italienischen Seide sehr tiefdunkel, während dasjenige auf
                              									der Jama-may-Seide nur bläulich, keineswegs schwarz ausfiel.
                           Ganz so verhielten sich Zwirne, die mir aus verschiedenen Färbereien zukamen; sie hatten ein rohes
                              									Ansehen, zeigten sich nicht durchgefärbt und häufig war der Grundton der Farbe eher
                              									blau als schwarz zu nennen.
                           Für die Schwarzfärberei scheint sich demnach die Jama-may-Seide nicht
                              									zu eignen. Mehr befriedigende Resultate erhielt ich mit verschiedenen Anilinfarben.
                              									Blau, Roth und Violett entsprachen weit besser als die schwarzen Muster; Jodgrün
                              									erschien weniger klar auf Jama-may-Seide als auf italienischer, war
                              									aber ziemlich satt gefärbt.
                           Daß man aus diesen Ursachen folgern dürfte, die einer Beize bedürftigen Farben fänden
                              									Widerstand beim Befestigen auf die Jama-may-Seide, während die ohne
                              									solche Vermittelung niederschlagbaren anwendbar seyen, wage ich, ehe die Versuche
                              									mehr variirt und im Großen ausgeführt sind, nicht zu behaupten.
                           Unzweifelhafte Unterschiede finden statt; sie müssen, soweit aus obiger Untersuchung
                              									geschlossen werden kann, mehr auf morphologische Gründe, Structurverschiedenheiten
                              									des Fadens, wie die oben angegebenen, oder vielleicht auf physikalische, wie Härte
                              									des Fadens oder Porosität, zurückgeführt werden.