| Titel: | Ueber einen Fehler bei saccharimetrischen Bestimmungen; von E. S. Maumené. | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XX., S. 82 | 
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                        XX.
                        Ueber einen Fehler bei saccharimetrischen
                           								Bestimmungen; von E. S.
                              									Maumené.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXIX p. 1306; December
                              									1869.
                        Maumené, über eine Fehler bei saccharimetrischen
                           								Bestimmungen
                        
                     
                        
                           Behufs Bestimmung des Zuckergehaltes mittelst des Polarisationsinstrumentes setzt man
                              									den betreffenden Lösungen bekanntlich ein bestimmtes Volum (meist 1/10) Bleiessig
                              									zu, und filtrirt die farblose Lösung von dem Niederschlag ab. Die durch die
                              									Flüssigkeit hervorgebrachte Ablenkung am Instrumente wird dann um 1/10 vermehrt,
                              									womit man aber einen erheblichen Fehler begeht, auf welchen ich hier aufmerksam
                              									machen will. Die Correction um 1/10 geht von der Annahme aus, daß das Volum der
                              									zuckerhaltigen Flüssigkeit in der That um 1/10 vermehrt worden sey, was aber nicht
                              									der Fall ist, wenn der Zusatz des Bleiessigs einen festen Körper hervorbringt, in
                              									welchem kein Zucker enthalten ist, und der ein beträchtliches Volum besitzt.
                           Von 100 Kubikcentimeter Rübensaft, welchen 10 Kub. Cent. Bleiessiglösung zugefügt
                              									wurden, fließen nämlich in der Regel nicht mehr als 73,5 Kubikcentimeter ab, und es
                              									bleiben auf dem Filter etwa 36,5 K. C. oder ein Drittel des ganzen Volums. Allerdings sind diese
                              									36,5 K. C. nicht zuckerfrei, aber es ist klar, daß man die wirkliche Zusammensetzung
                              									dieser Masse genau bestimmen muß, da sie sich doch sehr erheblich von der filtrirten
                              									Lösung unterscheidet, deren Drehung unter der Annahme corrigirt wird, daß beide
                              									Antheile ganz gleich seyen.
                           Diese schwierige Frage habe ich in folgender Weise zu lösen versucht.
                           Wenn man zwei oder drei Mal geringe Mengen Wasser auf den Niederschlag bringt, so
                              									fließt die, mit der bereits abfiltrirten identische Lösung gänzlich ab, ohne die
                              									Zusammensetzung des noch sehr voluminösen Niederschlages zu beeinflussen.
                           Nachdem das Auswaschen mit destillirtem Wasser beendet ist, kann man das Volum und
                              									Gewicht des Niederschlages bestimmen; man findet, wie zu erwarten stand, daß Beides
                              									zu groß ist, als daß man diesen Umstand vernachlässigen dürfte.
                           Die oben genannten 36,5 K. C. vermindern sich durch diese Auswaschung auf
                              									10–14 K. C., je nach der Beschaffenheit der Rüben, und das Volum der zu
                              									polarisirenden Flüssigkeit beträgt sonach nicht 110, sondern 100 oder 96 K. C., je
                              									nachdem dasjenige des Niederschlages 10 oder 14 betrug. Wenn also der Saft 57 Grad
                              									rechts dreht, so liefert die gewöhnliche Correction 57 × 110/100 = 62,7,
                              									entsprechend 102,51 Grm. Zucker im Liter. In der That enthielt der Saft aber nur
                           im ersten Falle 57 × 100/100 = 57,00 = 93,19 Grm.
                           im zweiten Falle 57 × 96/100 = 54,72 = 89,47 Grm.
                           Zucker im Liter.
                           Diese Unterschiede sind aber von großer technischer Wichtigkeit, denn der erste
                              									beträgt 10, der zweite 14,6 Proc., und zwar sind sie um so wichtiger, je
                              									zuckerreicher der Saft ist.
                           Daß dieser Irrthum den Chemikern bisher entgangen
                                 										ist,Dieß ist jedoch nicht der Fall, man s. J. Welz im
                                    											Jahresbericht für Zuckerfabrication, Jahrg. VII S. 223, ferner Otto's Lehrbuch der landwirthschaftlichen
                                    											Gewerbe, Bd. II S. 454. Auch dürfte der Fehler viel geringer seyn, wie schon
                                    											aus der näheren Betrachtung des gelieferten Nachweises zu folgern ist; nach
                                    											der Bestimmung von Welz scheint er selten mehr als zwei Procent des
                                    											Zuckergehaltes zu betragen, und Otto hält auch
                                    											diese Zahl für noch zu hoch.A. d. Red. läßt sich aus mehreren Gründen erklären, von denen einer untersucht zu
                              									werden verdient.
                           Statt des Bleiessigs bedient man sich zuweilen des Bleizuckers (?), wobei der Fehler geringer ist,
                              									obwohl die Nothwendigkeit, alsdann den Zusatz mehrmals zu wiederholen, dendeu Fehler auch wieder vergrößert.
                           Jedenfalls sieht man, daß die jetzige Correction in keinem Falle beibehalten werden
                              									kann; man kann aber den Fehler in folgender einfacher Weise sehr annähernd
                              									vermeiden: Im Allgemeinen ist der Bleiniederschlag für gleichartige Flüssigkeit auch
                              									von gleichem Flüssigkeits- und Feuchtigkeitsgehalt. Bei Rübensaft enthält er
                              									ungefähr 60 Proc. Feuchtigkeit und 40 Proc. Saft, d.h. es bestehen 100
                              									Kubikcentimeter Niederschlag aus 60 K. C. zuckerfreiem
                              									wasserhaltigen Bleiniederschlag und 40 K. C. zuckerhaltiger mit der filtrirten
                              									identischer Flüssigkeit. Man bestimmt nun durch etwa zehn vorläufige Untersuchungen
                              									diese beiden Verhältnißzahlen und bedient sich ihrer bei allen nachfolgenden
                              									Bestimmungen. Der alsdann immer noch begangene Fehler ist in der Regel und nur dann
                              									nicht zu vernachlässigen, wenn eine sehr genaue Untersuchung die vollkommene
                              									Auswaschung des Niederschlages und die Analyse der Gesammtflüssigkeit nöthig
                              									macht.