| Titel: | Graphische Bestimmung des Wasserquantums in Strömen; mitgetheilt von Eduard Schmitt, Ingenieur am k. k. polytechnischen Institute in Wien. | 
| Autor: | Eduard Schmitt | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XXIII., S. 97 | 
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                        XXIII.
                        Graphische Bestimmung des Wasserquantums in
                           								Strömen; mitgetheilt von Eduard
                              									Schmitt, Ingenieur am k. k. polytechnischen Institute in
                           								Wien.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Schmitt, über graphische Bestimmung des Wasserquantums in
                           								Strömen.
                        
                     
                        
                           Im vorigen Jahrgang dieses Journals, Bd. CXCIII S.
                                 										345, habe ich unter dem Titel: „Das Messen
                                    											des Wasserquantums in Strömen“ eine dem Journal of the Franklin Institute entnommene Methode zur
                              									Bestimmung der Wassermenge zur Kenntniß gebracht, bei welcher man in der bekannten
                              									Weise das Stromprofil in mehrere verticale Streifen theilt, im Schwerpunkte eines
                              									jeden derselben die Geschwindigkeit mißt und deren Fläche mit der gemessenen
                              									Geschwindigkeit multiplicirt. Die Summe dieser Producte gibt die durch das
                              									betreffende Profil fließende Wassermenge an. Es wurde dann gezeigt, wie man mittelst
                              									des sogenannten elektrischen hydrometrischen Flügels die
                              									nothwendigen Geschwindigkeitsmessungen mit der erforderlichen Genauigkeit vornehmen
                              									kann.
                           Anschließend an diesen Aufsatz erlaube ich mir im Vorliegenden ein graphisches Verfahren mitzutheilen, um das Wasserquantum in Strömen (oder Canälen) zu bestimmen, welches in sehr einfacher Weise zu einem
                              									möglichst genauen Resultate führt. Dasselbe ist von Professor C. Culmann erfunden und versuchsweise auch an einzelnen
                              									Messungen im Rheine angewendet worden.
                           Denken wir uns ein Stromprofil Fig. 1, in welchem die
                              									horizontale Gerade AB den Wasserspiegel vorstellt.
                              									Denken wir uns ferner in jedem Wasserfaden die Geschwindigkeit des Wassers, also den
                              									Weg welchen der betreffende Wasserfaden in einer Secunde zurücklegt, normal zum
                              									Stromprofile aufgetragen, so werden die Endpunkte sämmtlicher Normalen die
                              									Oberfläche eines Körpers bestimmen, dessen Volumen uns das gesuchte Wasserquantum
                              									vorstellt. Es wird sich somit nur darum handeln, ein einfaches Verfahren zu
                              									ermitteln, den Rauminhalt dieses pro Secunde
                              									vorgeschobenen Wasserkörpers aufzufinden.
                           Zu diesem Zwecke nehmen wir in dem von uns gewählten Stromprofile mehrere, am
                              									vortheilhaftesten gleich weit von einander entfernte Punkte I, II, III, IV... X an.
                              									In diesen einzelnen Punkten stellen wir nun in verschiedenen Tiefen mittelst eines
                              									guten hydrometrischen Flügels möglichst genaue Geschwindigkeitsmessungen an. Von der
                              									Anzahl der gewählten Punkte I, II, III, IV.... X, sowie auch von der Zahl der
                              									vorgenommenen Geschwindigkeitsmessungen wird zum großen Theile die Genauigkeit des
                              									Resultates abhängen.
                           Wir stellen uns nun, wie in Fig. 2, für die einzelnen
                              									Punkte I, II, III, IV... X die gemessenen Geschwindigkeiten graphisch dar, indem wir
                              									nämlich jedesmal von 0 aus vertical abwärts die Wassertiefen als Ordinaten,
                              									horizontal nach rechts die Geschwindigkeiten als Abscissen auftragen. Jede Ordinate
                              									mit der ihr zugehörigen Abscisse wird einen Punkt bestimmen, und wir können diese
                              									Punkte durch continuirliche Curven verbinden. Diese Curven, von denen Humphreys und Abbot mit
                              									einigem Unrecht behaupten, daß sie Theile einer Parabel seyen, werden sich dann wie
                              									die in Fig. 2
                              									verzeichneten darstellen. Durch die so erhaltenen Curven ist aber der oben erwähnte
                              										pro Secunde vorgeschobene Wasserkörper bestimmt, wir
                              									brauchen uns denselben nur als Umhüllung dieser krummen Linien zu denken. Wir können
                              									aber die Oberfläche dieses Wasserkörpers noch anders fixiren. Es wird nämlich mit
                              									Hülfe der in Fig.
                                 										2 verzeichneten Curven ein Leichtes seyn, im gewählten Stromprofile für
                              									die verticalen Schnitte I, II, III, IV... X Punkte von gleicher Geschwindigkeit zu
                              									finden. Diese Punkte lassen sich dann durch continuirliche krumme Linien so mit
                              									einander verbinden, daß die Punkte einer jeden solchen Curve gleiche Geschwindigkeit
                              									besitzen. Für das gewählte Stromprofil wurden die in Fig. 1 dargestellten
                              									Curven 1, 2, 3, 4,..., 8 aufgefunden, entsprechend den Geschwindigkeiten von 0,3
                              									Met., 0,6 Met., 0,9 Met., 1,2 Met.... 2,4 Met. Um z.B. den Punkt M der Curve 6 zu bestimmen, brauchten wir nur in Fig. 2, VI von
                              									0 aus nach rechts die Geschwindigkeit von 1,8 Met. als Abscisse aufzutragen; die
                              									entsprechende Ordinate gab natürlich die Tiefe des Punktes M unter dem Wasserspiegel, somit die Lage desselben an.
                           Wir dürfen uns nun diese Curven nicht in der Ebene des Stromprofiles vorstellen,
                              									sondern müssen uns dieselben auf der Oberfläche des bereits mehrfach gedachten, pro Secunde vorgeschobenen Wasserkörpers verzeichnet
                              									denken. Diese krummen Linien haben nun immer einen gleichen Horizontalabstand oder
                              									eine Aequidistanz a = 0,3 Met., und wir können die im
                              									Stromprofile Fig.
                                 										1 verzeichneten Curven als die Projectionen der auf der Körperoberfläche
                              									verzeichneten krummen Linien betrachten. Diese in Fig. 1 erhaltenen Curven
                              									sind ebenso aufzufassen wie die Schichtenlinien einer Terrainkarte. Ebenso wie durch
                              									diese bei bekannter Aequidistanz die Konfiguration des Termins vollständig gegeben
                              									erscheint, ebenso ist auch in unserem Beispiele durch die zuletzt erhaltenen Curven
                              									der pro Secunde vorgeschobene Wasserkörper vollkommen
                              									bestimmt.
                           Um nun das Volumen desselben zu berechnen, ziehen wir immer den zwischen je zwei
                              									Curven gelegenen Körper in Betracht. Nehmen wir zunächst den durch die
                              									Profilumfangslinie 0 und die Curve 1 begrenzten Körper an, und nennen wir die von
                              									diesen Curven eingeschlossenen Flächen beziehungsweise f₀ und f₁, so wird das Volumen v₁ des von ihnen eingegrenzten Körpergürtels sehr
                              									nahe
                           v₁ = (f₀ + f₁)/2 . a
                              								
                           seyn. Ist die von der Curve 2 beschriebene Fläche f₂, so beträgt der Rauminhalt der Körperzone
                              									zwischen Curve 1 und 2
                           v₂ = (f₁ + f₂)/2 . a
                              								
                           ebenso für den zwischen Kurven 2 und 3 eingeschlossenen
                              									Körper
                           v₃ = (f₂ + f₃)/2 . a
                           . . . . . . . . . . . . .
                           endlich wird das Volumen des zwischen der vorletzten Curve n–1 und der letzten n
                              									gelegenen Körpertheiles
                           vn= (fn–1 + fn)/2 . a
                              								
                           betragen. Das Gesammtvolumen des pro Secunde vorgeschobenen Wasserkörpers oder das Wasserquantum ist
                              									somit
                           Q = v₁ + v₂ + v₃ + . .
                              									. . + vn
                           oder
                           Q = a (f₀/2 + fn/2
                              									+ f₁ + f₂ +
                              										f₃ . . . . fn–1); d.h.
                           man addire sämmtliche von den Curven 0, 1, 2, 3,....n eingeschlossenen Flächen, subtrahire davon die halbe
                              									Summe der von der ersten und der von der letzten Curve umschriebenen Flächen und
                              									multiplicire die Differenz mit der Aequidistanz.
                           Die Flächen f₀, f₁, f₂ ,...
                                 										fn kann man nun vermittelst der Simpson'schen Regel oder sonst eines geometrischen
                              									Verfahrens berechnen oder vortheilhafter mittelst eines Planimeters auffinden. Im
                              									letzteren Falle gestaltet sich die Operation besonders einfach, weil das Planimeter die Addition
                              									der einzelnen Flächen selbst vornimmt. Das Verfahren ist dann nämlich ganz einfach
                              									folgendes: Man stellt den Stift des Planimeters auf einen Punkt der ersten Curve (0)
                              									auf, macht die Ablesung und umfährt dieselbe. Nun liest man wieder ab, notirt die
                              									umschriebene Fläche (f₀) und umfährt nun der
                              									Reihe nach die folgenden Curven (1, 3, 3...) mit dem Stifte des Planimeters; erst
                              									wenn man die vorletzte (n–1) umschrieben hat,
                              									macht man wieder eine Ablesung, umfährt endlich auch die letzte (n) und liest abermals ab. Die Differenz zwischen der
                              									nach Umschreibung der letzten und der nach Umfahrung der vorletzten Curve
                              									abgelesenen Zahl gibt die Fläche (fn) an, welche von der letzten Curve eingeschlossen
                              									ist. Subtrahirt man von der Schlußablesung die zu Beginn gemachte, so gibt die
                              									Differenz die Summe der von sämmtlichen Curven (0, 1, 2, 3,.... n–1, n) begrenzten Flächen (f₀ + f₁ + f₂ + f₃ + . .
                              									. . . + fn–1 +
                              										fn). Zieht man
                              									hiervon die halbe Summe der von der ersten und letzten Curve eingeschlossenen
                              									Flächen ((f₀ + fn)/2) ab, und multiplicirt die Differenz mit der
                              									Aequidistanz a, so gibt das Product das Wasserquantum
                              										(Q).
                           In unserem gewählten Beispiele betrug die Ablesung des Planimeters bei Einstellung
                              									des Stiftes auf der Curve 0... 79,86, nach Umfahrung dieser Curve 84,48. Hierauf
                              									wurden fortlaufend die Curven 1, 2, 3, 4, 5, 6 + 7 mit dem Stifte umschrieben, die
                              									nunmehrige Ablesung des Planimeters mit 100,46 notirt, weiters die letzte Curve 8
                              									mit dem Stifte umfahren und schließlich 100,76 abgelesen. Offenbar ist nun die
                              									Fläche f₀ = 84,48 – 79,86 = 4,62 und fn = 100,76 –
                              									100,46 = 0,30; die Summe der von sämmtlichen Curven eingeschlossenen Flächen f₀ + f₁ + f₂ + f₃ + f₄ + f₅ + f₆ + f₇ + f₈ = 100,76 – 79,86 = 20,90; somit das
                              									gesuchte Wasserquantum, da a = 30 Centimeter ist,
                           30 [20,90 – (0,30 + 4,62)/2] = 553,20
                           An unserem Instrumente ist jede Fläche noch mit 6 zu multipliciren, so daß
                              									dasselbe
                           6 . 553,20 = 3319,20 Quadratcentimet. = 0,33192 Quadratmeter
                           absoluten Flächenmaaßes ergibt.
                           Die Längen des in Fig. 1 gezeichneten Stromprofiles sind in 1/35 und die Tiefen in 1/7
                              									aufgetragen, somit ist das wirkliche Wasserquantum
                           Q = 35 . 7 . 0,33192 = 81,3204 Kub. Met.
                           Dieses höchst einfache Verfahren der Aufsuchung des Wasserquantums in irgend einem Stromprofile
                              									gestattet aber auch, in möglichst genauer Weise die mittlere Geschwindigkeit v zu bestimmen. Ist nämlich die Fläche des Stromprofiles
                              										F, so ist bekanntlich
                           
                              v = Q/F.
                              
                           Es ist aber ferner auch bekannt, daß in den für die Berechnung der mittleren
                              									Geschwindigkeit gebräuchlichen Formeln immer gewisse constante Größen, gewisse
                              									Erfahrungscoefficienten vorkommen. Mit Hülfe dieser directen Bestimmung der
                              									Wassermenge und der daraus bestimmten mittleren Geschwindigkeit lassen sich nun
                              									diese Coefficienten sehr leicht auffinden.
                           Hierdurch wird es aber möglich, aus der Bestimmung des Wasserquantums für ein
                              									bestimmtes Stromprofil und einen bestimmten Wasserstand, das Wasserquantum dieses
                              									Profiles auch bei beliebigen anderen Wasserständen zu berechnen. Hat man nämlich für
                              									ein gewisses Flußprofil bei irgend einem Pegelstande die Wassermenge bestimmt, so
                              									kann man aus derselben die mittlere Geschwindigkeit berechnen. Kennt man diese, so
                              									kann man den Erfahrungscoefficient der Formel für die mittlere Geschwindigkeit
                              									bestimmen und dann, ohne jede weitere Messung im Flusse, das Wasserquantum für
                              									andere Pegelstände berechnen. Trägt man nun (Fig. 3) die Pegelstände
                              									als Ordinaten, die ihnen entsprechenden Wassermengen als Abscissen auf, so bestimmen
                              									die Endpunkte der letzteren eine Curve. Diese liefert dann ein ganz einfaches
                              									Mittel, um für ein Stromprofil bei irgend einem Pegelstande sofort das Wasserquantum
                              									daraus entnehmen zu können.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
